Soziale Arbeit
![]() |
In der Wikipedia existiert ein Artikel unter gleichem Lemma, der jedoch von diesem in Art und/oder Umfang abweicht. |
Soziale Arbeit, auch als Sozialarbeit bezeichnet, ist jener Bereich der „Fürsorge und Sozialhilfe“, der weitgehend methodisch und professionell betrieben wird.
Inhaltsverzeichnis
[Verbergen]Aufgabe und Ziel der Sozialarbeit[Bearbeiten]
Soziale Arbeit hat das Ziel, die Lebenssituation von Menschen zu verbessern, die in ihrem bisherigen Verhalten ganz oder zum Teil den geltenden sozialen Normen nicht entsprechen. Sie soll aber auch deren soziale Verhaltensweisen und Einstellungen verändern. Was aus dem Rahmen sozialer Normen herausfällt, unterliegt ebenso zeitgemäßen, gesellschaftlichen Definitionen, wie auch die Art und Weise, in der die Norm-Entsprechung wieder hergestellt werden kann bzw. soll. Sozialarbeit spielt eine Hauptrolle im Wandel sozialer und kultureller Normen. Soziale Arbeit soll sich nicht nur auf materielle und psychische Hilfen in kritischen Einzelfällen beschränken, sondern auch gesellschaftliche Ursachen und Verflechtungen sozialer Notlagen und Meidungen verfolgen und diese in ihrem Handeln berücksichtigen. Insbesondere die staatlichen, gemeinwirtschaftlichen und privaten Sozialverbände und deren Führungspositionen stehen mit ihrer Sozialen Arbeit gesellschaftlich in der Verantwortung, Zustände und Entwicklungen in den Sozialsystemen zu analysieren und sozial- und wirtschaftspolitische Konzepte vorzutragen, mit denen soziale Notlagen überwunden bzw. abgewendet werden können. „Soziale Arbeit ist eine Profession, die sozialen Wandel, Problemlösungen in menschlichen Beziehungen sowie die Ermächtigung und Befreiung von Menschen fördert, um ihr Wohlbefinden zu verbessern. Indem sie sich auf Theorien menschlichen Verhaltens sowie sozialer Systeme als Erklärungsbasis stützt, interveniert Soziale Arbeit im Schnittpunkt zwischen Individuum und Umwelt/Gesellschaft. Dabei sind die Prinzipien der Menschenrechte und sozialer Gerechtigkeit für die Soziale Arbeit von fundamentaler Bedeutung.“[1] Die Soziologin Silvia Staub-Bernasconi hat formuliert, dass die wissenschaftliche Aufarbeitung innerhalb sozialer Arbeit eine ethische und sozialpolitische Bewertung der gesellschaftlichen Situation beinhaltet.[2] Entscheidend für diese Bewertung sind der „Ethikkodex der Sozialen Arbeit“ sowie die Menschenwürde. Dies macht die Soziale Arbeit, nach Staub-Bernasconi, zu einer Profession der Menschenrechte, die politisch unabhängig sein muss.[3]
Unentgeltliche und ehrenamtliche Sozialarbeit[Bearbeiten]
Im Bereich der Sozialen Arbeit werden ehrenamtliches, freiwilliges und bürgerschaftliches Engagement oft synonym verwendet.[4] Dabei müssen die Ressourcen der „Ehrenamtlichen“ in kollektiver Zusammenarbeit professionell unterstützt und begleitet werden. Professionelle Sozialarbeit kann sicherstellen, dass komplexe Problemlagen in den verschiedenen Handlungsfeldern mit grundlegendem Beschreibungs-, Erklärungs-, Handlungs- und Erfahrungswissen richtig erkannt werden, die auf der Basis ethischer Prinzipien und beruflicher Kompetenzen zielgerichtete Handlungsstrategien erfordern. Die Sozialwissenschaftlerin Gisela Jakob betont, dass es in vielen Handlungsfeldern und Organisationen ausdrücklich zum Berufsauftrag der Sozialarbeiter gehört „bürgerschaftliches Engagement“ zu fördern. Ein Beispiel ist § 11 Abs. 1 SGB VIII, der vorsieht, dass Angebote der Jugendarbeit junge Menschen unter anderem zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und sozialem Engagement hinführen sollen.[5] Gisela Jakob vertritt die Auffassung, dass die Bezahlung freiwilligen Engagements der Kultur des „bürgerschaftlichen Ehrenamtes“ schade und zudem die berufliche Sozielarbeit entwerte. Sie plädiert daher für eine klare begriffliche Trennung zwischen „bürgerschaftlichem Engagement“ und sozialer Erwerbsarbeit, bei der stundenweise bezahlte Einsätze ebenso wie ein mit hohen Aufwandsentschädigungen entlohntes Engagement als nebenberufliche Tätigkeit und somit als Erwerbsarbeit eingestuft werden.</ref> Die Integration von '-freiwillig Engagierten in die soziale Arbeit und die Abgrenzung der Aufgaben der einbezogenen Personalgruppen zählt sie zur Organisationsentwicklung, die bei der Geschäfts- und Organisationsleitung verortet ist, und betont die Bedeutung einer professionellen Freiwilligenkoordinierung.[4]
Soziale Arbeit in Familien[Bearbeiten]
Die in unbezahlter Familienarbeit erbrachten Leistungen würden in Geldwert gemessen etwa ein Drittel des Sozialprodukts moderner Industriegesellschaften ausmachen.[6] Familienarbeit ist i. d. R. keine Erwerbstätigkeit, sie beinhaltet aber einen erheblichen Arbeitsanteil in sozialen Handlungsfeldern. Das betrifft u. a. die häuslichen Erziehungs-, Bildungs- und Pflegeleistungen.[7] Wenn häusliche Arbeiten durch angestellte Personen gegen Entgelt erledigt werden (siehe Hauspersonal), sind die darin enthaltenen sozialen Tätigkeiten sinngemäß der entlohnten sozialen Arbeit zuzurechnen, auch wenn dafür meist keine einschlägige berufliche Qualifikation dokumentiert ist. Die häusliche soziale Arbeit ist eine jener Branchen, in welcher besonders viele Erwerbstätige ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung und unversichert gegen Unfälle oder Krankheit beschäftigt sind.
Berufliche soziale Arbeit[Bearbeiten]
Soziale Arbeit als Wissenschaft[Bearbeiten]
Die wissenschaftliche „Lehre der sozialen Arbeit“ vereinigt Kenntnisse aus anderen Bezugswissenschaften, insbesondere aus der Gerontologie, den Kulturwissenschaften, der Ökonomie, Pädagogik, Psychologie, den Politikwissenschaften, der Betriebswirtschaft, aber auch aus der Medizin, dem Sozialrecht und der Soziologie. Durch die Verbindung dieser unterschiedlichen Bezugswissenschaften erhalten das Studium und die Theorien Sozialer Arbeit eigene Perspektiven und ein vielschichtiges professionelles Profil. In allen Hoch- und Fachschulen die das Studium Soziale Arbeit in Deutschland anbieten, werden folgende Fachgebiete gelehrt:
- Geschichte der Sozialen Arbeit,
- Theorien der Sozialen Arbeit,
- Methoden der Sozialen Arbeit,
- Sozialrecht,
- Organisationslehre,
- Empirische Sozialforschung.
Darüber hinaus gibt es verschiedene Vertiefungsbereiche in aufgaben- und klientelbezogenen Fachrichtungen, wie deviantes Verhalten, Jugendarbeit, Seniorenarbeit, klinische Sozialarbeit etc. Die üblichen Abschlüsse sind „Diplom-Sozialpädagoge“ und „Diplom-Sozialarbeiter“. Neue Bezeichnungen im Zuge des Bologna-Prozesses sind „Sozialpädagoge/in (B.A.)“ und „Sozialarbeiter/in (B.A.)“.[8] Die erziehungswissenschaftlichen Hochschulabschlüsse „Diplom-Pädagoge“ mit der Fachrichtung Soziale Arbeit wurden inzwischen in Masterstudiengänge (M.A.) überführt. Im Bereich Soziale Arbeit existieren an deutschen Hochschulen und Universitäten viele Bachelor- und Masterstudiengänge zur Sozialen Arbeit, wobei das Bachelorstudium im Vergleich zum Diplom- bzw. Masterstudiengang um ein Praxissemester reduziert ist. Durch den Bologna-Prozess ist in der Berufspraxis damit zu rechnen, dass immer mehr Absolventen mit Masterabschluss die Arbeit aufnehmen, was zu einer verstärkten Akademisierung der Sozialen Arbeit führen wird.
Sozialberufe[Bearbeiten]
Die Friedrich-Ebert-Stiftung formulierte in ihrer Reihe Grundwissen Kommunalpolitik, dass die Begriffe „Sozialpädagogik“ und „Sozialarbeit“ zunehmend synonym verwendet und gemeinsam unter den Begriff „Soziale Arbeit“ gefasst werden, weil deren Aufgaben „das zentrale Ziel der ‚sozialen Sicherung‘ verfolgen und für Angebote, Dienste und Veranstaltungen stehen, die beraten, bilden, erziehen, helfen und pflegen, und schließlich gleiche oder ähnliche Konzepte, Methoden und Verfahren beinhalten“.[9] Aus gesellschaftlicher Perspektive ist Soziale Arbeit, neben den sozialen Aufgaben von Elternhaus, Schule, Gesundheitswesen, Arbeitsförderung, Polizei, Justiz etc., im Wesentlichen in Sozialverbänden und staatlichen Sozialeinrichtungen institutionalisiert. Unabhängig von der speziellen beruflichen Qualifikation, erfordern Tätigkeiten im sozialen Handlungsfeld von den darin tätigen Personen ein ausgeprägtes ethisches Sozialverhalten und Hilfsbereitschaft. Zur Ausübung von Sozialberufen gibt es außer den o. g. wissenschaftlichen Ausbildungen ein Vielzahl staatlich anerkannter Ausbildungsberufe, wobei die schulischen Ausbildungen im Sozialwesen in Deutschland teilweise auch landes- oder kirchenrechtlich unterschiedlich geregelt sind.
Ausbildungsberufe (Auswahl)[Bearbeiten]
- Sozialassistent/Sozialhelfer
- Erzieher/in[10]
- Heilerziehungspfleger/in[11]
- Fachkraft für Pflegeassistenz[12] (vormals u. a. Fachkraft für Hauswirtschaft und Sozialpflege)
- Sozialpädagogischer Assistent/Kinderpfleger[13]
- Hauswirtschaftsassistent/Hauswirtschaftshelfer[14]
- Religions- und Gemeindepädagoge an kirchlichen Missionsschulen zugleich Teil der Ausbildung zum Diakon/Kachet in evangelischen Kirchen[15]
Des Weiteren kann man in Deutschland mit einem Hochschulabschluss auf dem Gebiet der Sozialen Arbeit zusätzliche Ausbildungen absolvieren, z. B. zum Psychotherapeuten[16] für „Kinder und Jugendliche“ „Senioren“ oder „Langzeitarbeitslose“. Häufig haben in Sozialberufen tätige Menschen auch spezielle andere therapeutische Zusatzausbildungen, die sie für die Arbeit etwa mit Suchtkranken qualifizieren.
Literatur[Bearbeiten]
- Rudolf Bieker, Peter Floerecke (Hrsg.): Träger, Arbeitsfelder und Zielgruppen der Sozialen Arbeit. Kohlhammer, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-17-021380-7.
- Stefan Borrmann: Soziale Arbeit mit rechten Jugendcliquen. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-34823-X.
- Ernst Engelke, Stefan Borrmann, Christian Spatscheck: Theorien der Sozialen Arbeit. Eine Einführung. 6. Auflage. Lambertus, Freiburg im Breisgau 2014, ISBN 978-3-7841-2122-2.
- Ernst Engelke, Christian Spatscheck, Stefan Borrmann: Die Wissenschaft Soziale Arbeit – Werdegang und Grundlagen. Lambertus, Freiburg im Breisgau 2009, ISBN 978-3-7841-1893-2.
- Michael Galuske: Methoden der Sozialen Arbeit. 10., erweiterte Auflage. Juventa, Weinheim / München 2013, ISBN 978-3-7799-1441-9.
- Bettina Hünersdorf: Der klinische Blick in der Sozialen Arbeit. Systemtheoretische Annäherungen an eine Reflexionstheorie des Hilfesystems. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-531-16322-2.
- Bernhard Rathmayr: Armut und Fürsorge. Einführung in die Geschichte der Sozialen Arbeit von der Antike bis zur Gegenwart. Verlag Barbara Budrich, Opladen 2014, ISBN 978-3-8474-0161-2.
- Brigitta Michel-Schwartze: Methodenbuch Soziale Arbeit. Basiswissen für die Praxis. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-15122-9.
- Winfried Noack: Sozialpädagogik. Ein Lehrbuch. Lambertus, Freiburg im Breisgau 2001, ISBN 3-7841-1335-4.
- Jan V. Wirth: Lebensführung als Systemproblem – Entwurf einer Theorie der Lebensführung. PH Freiburg, Freiburg im Breisgau 2013 (Dissertation; PDF; 3,0 MB
Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]
- Hochspringen ↑ Soziale Arbeit: Dienstleistung oder Menschenrechtsprofession? Zum Selbstverständnis Sozialer Arbeit in Deutschland mit einem Seitenblick auf die internationale Diskussionslandschaft. (PDF) Abgerufen am 9. September 2023.
- Hochspringen ↑ Silvia Staub-Bernasconi: Soziale Arbeit als Handlungswissenschaft. Verlag Barbara Budrich, Opladen / Toronto 2018, ISBN 978-3-8385-4793-0, S. 111 ff.
- Hochspringen ↑ Silvia Staub-Bernasconi: Menschenwürde - Menschenrechte - Soziale Arbeit. Die Menschenrechte vom Kopf auf die Füsse stellen, Verlag Barbara Budrich, Opladen, Berlin & Toronto 2019. ISBN 978-3-8474-0166-7, Seite 83–97.
- ↑ Hochspringen nach: 4,0 4,1 Gisela Jakob: Ehrenamt – bürgerschaftliches Engagement oder Lückenbüßer für Facharbeit in Zeiten leerer Kassen? In: Vortrag bei der Tagung Überleben in der psychosozialen Arbeitder Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (DGSP) und der Hochschule Darmstadt am 19. Mai 2015 in Darmstadt. Abgerufen am 9. September 2023.
- Hochspringen ↑ Kritisch sieht Gisela Jakob die Ausweitung gering bezahlter ehrenamtlicher Tätigkeiten, etwa durch Minijobs und erhöhte Aufwands- oder Übungsleiterpauschalen, da dies einen Niedriglohnbereich mit prekären Arbeitsverhältnissen schaffe und professionelle Standards unterlaufe.
- Hochspringen ↑ Sheila Lewenhak: The Revaluation of Women’s Work. Earthscan Publ., 1992.
- Hochspringen ↑ Die fehlende Sozialversicherung bei häuslicher Familienarbeit ist eine Ursache der geschlechterbezogenen Lücke in der Altersvorsorge (Gender-Pension-Gap).
- Hochspringen ↑ sozialpädagogikstudium.com (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
- Hochspringen ↑ Reiner Prölß: Kapitel 8 der Reihe Grundwissen Kommunalpolitik. Friedrich-Ebert-Stiftung, abgerufen am 9. September 2023. S. 11–12.
- Hochspringen ↑ Ausbildungsberuf „Erzieher/in“ (Berufsbild der Bundesagentur für Arbeit)
- Hochspringen ↑ Ausbildungsberuf „Heilerziehungspfleger/in“ (Berufsbild der Bundesagentur für Arbeit)
- Hochspringen ↑ Berufsbild Fachkraft – Pflegeassistenz (Bundesagentur für Arbeit)
- Hochspringen ↑ Berufsbild Sozialpädagogische/r Assistent/in / Kinderpfleger/in
- Hochspringen ↑ Berufsbild Hauswirtschaftsassistent/in und Hauswirtschaftshelfer/in
- Hochspringen ↑ Missionsschule
- Hochspringen ↑ Psychotherapeut/in – Hochschulberuf, Tätigkeit nach dem Studium. (Berufsbild der Bundesagentur für Arbeit)