Sturmhaube in Form des nemäischen Löwen im Stil "alla romana antica"

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Die Sturmhaube in Form des nemäischen Löwen im Stil "alla romana antica" ist eine kleine Granitur, die aus zwei Teilen, einer Sturmhaube sowie einem Rundschild, dem sogenannten [Medusenschild Ferdinand I.|[Medusenschild]] besteht. Beide wurden von Filippo Negroli (etwa *1510-†1579 in Mailand) für Kaiser Karl V. (* 24. Februar 1500 in Gent; † 21. September 1558 im Kloster San Jerónimo de Yuste, Extremadura) gefertigt.

Beschreibung[Bearbeiten]

Bei dem Helm handelt es sich um einen Paradehelm, der im Stil "alla romana antica" gefertigt wurde. Die Helmkalotte ist aus einem Stück getrieben und mit einem hohen Kamm versehen. An beiden Seiten sind Wangenklappen mit der Hilfe von innenliegenden Scharnieren angebracht. Im inneren der Kalotte ist an der Stirn eine Verstärkungsplatte angenietet. Der Nackenschutz besteht aus drei Teilen und ist an den Enden einer Schriftrolle ähnlich umgebogen. Der Hintergrund der Dekorationen ist schwarz brüniert, die ausgetriebenen Figuren und Dekorationen sind vergoldet.

Der Helmkamm und die Kalotte sind mit figürlichen Darstellungen versehen. Der Abschluss am oberen Helmkamm ist in Form eines Seiles (engl., "roped") mit hervorstehenden Wimdungen geformt. An den Kammseiten sind jeweils die Darstellungen von zwei Tritons ausgearbeitet, die mit Keulen und Schilden bewaffnet sind und sich im Kampf miteinander befinden. Die Unterkörper sind als Fischleiber dargestellt, deren Schwänze in beide Richtungen über den gesamten Kamm verlaufen. Am hinteren, unteren Ende des Kammes sind zwei Löcher zu finden, die der Aufnahme eines Helmbuschhalters dienten, der heute nicht mehr vorhanden ist. An der Kammbasis sind weitere Löcher vorhanden, die der Anbringung von weiteren Halterungen zur Stützung des Helbuschs dienten. Auf beiden Seiten der Kalotte sind je eine weibliche Figur angebracht, die sich unterscheiden. Beide ähneln Sirenen mit einem nackten Oberkörper und einem mit Blattornamenten abgedeckten Unterkörper, der in einem Fischschwanz mit einer geteilten Endflosse endet. Der Schwanz endet spiralförmig in Ranken und einem Blütenornament. Die Figur auf der rechten Seite symbolisiert die geflügelte Siegesgöttin Victoria , die einen Lorbeerkranz in der ausgestreckten linken Hand hält, während sie in der rechten einen Palmwedel hält. Die geflügelte Figur auf der linken Helmseite stellt die Tugend des Ruhmes dar. Diese Figur spielt eine Trompete oder Fanfare und hält ebenfalls einen Palmwedel. Am Nackenende sind die Panzerplatten an den Helmkörper angenietet und mit einer dreieckigen, mit Blumenmotiven gravierten Zentralplatte versehen die in der Mitte der aufgerollten Platten liegt, die ebnfalls an beiden Seiten an die Kalotte angenietet sind. Oberhalb der gerollten Platten ist eine horizontale, durchbrochene und gravierte, vergoldete, halbrunde Leiste angebracht. Die Oberseiten der gerollten Platten sind innerhalb der aufgerollten Bereiche röhrenförmig und mit vergoldeten Blattmotiven, die Unterseiten mit gravierten und vergoldeten Arabesken versehen.

Die Helmvorderseite ist mit einem kurzen Augenschirm konstruiert, der über jedem Auge bogenförmig ist. In der Mitte wo beide Bogen über den Augen zusammentreffen ist eine Klammer befestigt, die der Fixierung des Visiers in geöffnetem Zustand dient. Die Gestaltung der Wangenklappen ist ungewöhnlich. Jede der klappen besteht aus zwei Teilen, die beide so gearbeitet sind das sie an der nach hinten gewandten Seite sehr dicht an die Helmkalotte und bei dem unteren Teil an die Ausläufer des Nackenschutzes mit seinen gerollten Enden anschließen. Ein Scharnier befindet sich zwischen den eiden Platten, die obere ist mit einem gravierten Arabesken-Medaillon versehen, wobei es so geformt ist, das es an dem gravierten und durchbrochenen Band auf der unteren Kalotte im hinteren Bereich anschließt, aber auf dem Band aufliegt und es zu einem kleinen Teil überdeckt. Die untere Wangenplatte ist mit der getriebenen Figur eines geflügelten Putten verziert, wobei der auf der rechten Seite einen Dreizack trägt, der auf der linken Seite eine Fahne mit darauf angebrachten Sternen. Die Außenseiten der Wangenplatten und der bogenförmigen Ausschnitte über den Augen werden durch ein schmales, graviertes und vergoldetes Band begrenzt.

Das Visier ist im oberen Bereich mit einer Art Diadem gestaltet, das von einer Seite zur anderen läuft, zur Mitte hin von beiden Seiten breiter werdend zuläuft und mit rechteckigen, vertikalen Durchbrüchen versehen ist, die als Sehschlitze oder Luftgeben dienen. Der obere Rand ist wiederum umgerollt und auf der Mitte des Visiers ist eine große Verzierung in Form eines Akanthus-Blattes ausgearbeitet. Die Visierscharniere sind als Blüten dargestellt. Der untere Teil des Visiers ist einem Löwenkopf gleich gestaltet. Er besteht aus Augen, Nase und dem Bereich des Oberkiefers. Die Augen sind geöffnet dargestellt, mit ausgearbeiteten Pupillen. Auf der Oberfläche sieht man Fell des Löwen sowie gut sichtbar herausgearbeitete Blutgefäße. Die Ansätze der Schurrhaare sind mit punktuellen Vergoldungen angedeutet, die Zähne sind versilbert. Im Inneren ist eine Art Teleskopstange angebracht, die mit der am unteren Rand der Helmkalotte über dem Gesicht befindlichen Klammer verbunden werden kann und so als Fixierung für das Visier gegen schließen ist. Diese Mechanik beweist die Verwendung des Helmes als reine Paradeausführung, da durch sie das Visier in verriegeltem Zustand nicht mehr geschlossen werden kann. Als weiteres bestätigt das Visier die Verwendung, da, wenn es geschlossen ist, kaum ein Ausblick nach aussen möglich ist[1], [2], [3].

Der Helm wurde zusammen mit dem dazugehörigen Medusenschild in den Sammlungen von Schloss Ambras in Österreich seit dem Tod seines Eigentümers Erzherzog Ferdinand II. (* 9. Juli 1578 in Graz; † 15. Februar 1637 in Wien) aufbewahrt. Eine frühe Darstellung findet sich in dem Buch von Francesco Terzio (* um 1523 in Bergamo; † 20. August 1591 in Rom) in dem Werk "Francisci Tertii Bergomatis Sereniss. Ferdinandi Archidvcis Avstriae ... Avstriacae Gentis imaginvm pars .... Oeniponti" von 1569. Dort ist Ferdinand II. in Rüstung abgebildet, der Helm liegt rechts zu seinen Füßen[4]. Im Inventar von Schloss Ambras ist beides im Jahre 1596 erstmalig erwähnt. Ebenfalls das Fresko in der Ahnenhalle zeigt ihn mit dem Helm, genau wie ein heute verlorenes Gemälde, wodurch er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Eigentümer des Helmes gilt.

Die Zugehörigkeit der beiden Rüstungsteile zueinander war lange umstritten. Wendelin Boeheim schrieb sie dem jugendlichen Lucio Piccinino zu. Die Historiker Boccia und Coelho bestreiten ihrer Meinung nach die Zusammengehörigkeit von Helm und Schild als Garnitur, aufgrund unterschiedlicher Dekoration und den Unterschieden zu anderen Arbeiten der Negrolis[5], während der Kurator der Wiener Sammlungen Ortwin Gamber und Christian Beaufort die Zusammengehörigkeit bestätigen[6]. Ebenfalls ist die Abstammung des Helmes von den Negrolis schwierig, da keine Beschlagmarken vorhanden sind. Ähnlichkeiten mit anderen Helmen wie dem in den Sammlungen der Wallace Collection und anderen, bestätigen ihn als Arbeit Negrolis, vor allem die Blumendekore, die eindeutig eine Arbeit Filippos sind. Unterschiede in den Gestaltungen deuten aber auf andere Plattner wie Piccinino oder Leone Leoni, einem Sculpteur, der zwei Bronzestatuen fertigte und die heute in den Sammlungen des spanischen Hofes aufbewahrt werden, auf denen der Helm, oder ein extrem ähnlicher oder fast gleicher Helm identifiziert wurde. Dieser Helm ist der am besten erhaltene der erwähnten anderen Helme und wurde nach allen anderen gefertigt. Auf dem Helm ist eine Inschrift zu finden, die jedoch nicht auf den Hersteller hinweist. Sie lautet: "VICTOR DO CAROLO VIMSA D FE. D. ALP FVD PROSTA ASTRA ÖÖDIA / TAUTA SCIPIO AEMIL. APHRICANVS / D.(ivus) IVLIVS CAE. IMP. P.(ontifex) M.(aximus) / D. AVGVSTVS CAE. IMP. / TI. CLAVDIVS CAE. AUG. IMP.". Der Helm ist 40cm hoch, 38cm lang, 20cm breit und hat ein Gewicht von 3350gr[7].

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Der Helm auf der Website des Kunsthistorischen Museum Wien, (deut., eingesehen am 11. Januar 2014)
  2. Der Schild auf der Website des Kunsthistorischen Museum Wien, (deut., eingesehen am 11. Januar 2014)
  3. Stuart W. Pyhrr, Heroic Armor of the Italian Renaissance: Filippo Negroli and his contemporaries, Illustriert von Filippo Negroli, Verlag Metropolitan Museum of Art, 1998, Seite 204-209, ISBN 978-0-87099-872-0
  4. Francesco Terzio, Francisci Tertii Bergomatis Sereniss. Ferdinandi Archidvcis Avstriae ... Avstriacae Gentis imaginvm pars .... Oeniponti, 1569, Werk in fünf Bänden, Band 2, Seite 3, Website der Universitäts und Landesbibliothek der Heinrich Heine Universität Düsseldorf, Pdf-Datei, voll einsehbar, (deut., eingesehen am 11. Januar 2014)
  5. Lionello Giorio Boccia, Eduardo Coelho, L´arte del l`armatura in Italia, Bramante Edidice, Milan 1967
  6. Ortwin Gamber, Christian Beaufort, Matthias Pfaffenbichler, Kunsthistorisches Museum Wien, Hofjagd- und Rüstkammer:Katalog der leibrüstkammer, Vol.2, Der Zeitraum 1530 bis 1560, Verlag Kunsthistorisches Museum Wien; Busto Arsizio: Bramante Editice, 1990
  7. Der Helm auf der Website des Kunsthistorischen Museum Wien, (deut., eingesehen am 11. Januar 2014)

Literatur[Bearbeiten]

  • Marina Belozerskaya: Luxury Arts of the Renaissance. Getty Publications, 2005, ISBN 978-0-89236-785-6, S. 158.

Weblinks[Bearbeiten]

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