Rüstungsgarnitur

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Garnitur für Ross und Reiter im Cleveland Museum of Art

Als Rüstungsgarnitur bezeichnet man eine Zusammenstellung gleich gestalteter Rüstungsbestandteile, die aber alle einer Verwendung als spezialisierter Rüstung dienen, die jeweils auf einen bestimmten Turniertyp oder Präsentationszweck abgestimmt ist.

Beschreibung[Bearbeiten]

Zu Beginn des 16. Jahrhundert änderten sich die ritterlichen Strukturen sowie auch das Kriegsgeschehen. Durch das Aufkommen der ersten Schusswaffen verloren die Rüstungen immer mehr an Bedeutung. Die Bedeutung der Rüstungen veränderte sich vom Kriegsgerät zu einem Luxusartikel der nicht mehr dem Kampf, sondern dem Prestige der Träger diente, sowie zur Verwendung beim ritterlichen Turnier.

Aufgrund der verschiedenen Turnierformen war es nötig mehrere, auf das jeweilige Turnier zugeschnittene Rüstungen zu besitzen. Dies erwies sich jedoch als extrem teuer.

Um dies zu umgehen, entwickelte man sogenannte „Garnituren“, das heißt eine Rüstung, die als Grundstock diente, sowie auf die einzelnen Turnierarten zugeschnittene Wechsel- und Austauschteile, vergleichbar einem Baukastenprinzip. Die Wechsel- und Austauschteile wurden je nach Bedarf auf die Grundrüstung aufgesetzt und verschraubt. Somit hatte man für das jeweilige Turnier die passende Rüstung. Bestanden die ersten Garnituren nur aus wenigen Teilen so wurden sie im Laufe des 16. Jahrhunderts vervollkommneter und umfangreicher. Die späteren Garnituren bestanden aus bis zu 87 Einzelstücken.[1]

Die Vorteile die daraus entstanden, waren erstens ein Einsparen unnötiger finanzieller Mittel, sowie das die Wechsel- und Austauschstücke alle im Dekor zueinander passten. Durch die Einsparung hoher Geldbeträge bei der Verwendung mehrerer Rüstungen konnte man nun die Garnitur prunkvoller ausstatten lassen. Es entstanden dadurch zum Teil sehr hochwertige Rüstungen die von den bekanntesten Plattnern hergestellt wurden und die, obwohl sie als Prunkrüstungen dienten, trotzdem voll kampffähig waren.[1] Ein wichtiger Punkt bei diesen Rüstungen war der Auftritt bei offiziellen Anlässen und Veranstaltungen. Der Träger konnte sein Prestige extrem steigern, je prunkvoller und aufmerksamkeitserregender seine Rüstung gestaltet war. Bekannte Beispiele sind die „Adlergarnitur“ des Plattners Konrad Seusenhofer, die „Rosenblattgarnitur“ sowie die Garnitur des Earl of Pembroke. Dabei wurde in „Große Garnituren“ und „Reihengarnitur“ unterschieden.

Große Garnitur[Bearbeiten]

Die großen Garnituren, wie etwa die Adlergarnitur bestanden aus bis zu 87 Einzelteilen (Harnischteile und Rosspanzer) die untereinander austauschbar waren und aus denen sich bis zu 12komplette Rüstungen unterschiedlicher Verwendung zusammenstellen ließen.

Reihengarnitur[Bearbeiten]

Diese bestand aus vier Turnierharnischen und einem Rosszeug, die je nach Bedarf für die Turnierarten ausgewählt werden konnten (beispielsweise die Rosenblattgarnitur): einen Feldküriss für das Scharmützel, einen Küriss für das Turnier (den Gruppenkampf), eine Rüstung für das Plankengestech (den Zweikampf zu Pferd) und einen sogenannten Kempfküriss mit Reifenrock (Tonnenrock) für den sportlichen Zweikampf zu Fuß

Benamung[Bearbeiten]

Die Benamung der Garnituren erfolgte manchmal nach ihrem berühmten Träger, zumeist aber nach dem verwendeten Haupt- oder Themenmotiv. Bei der „Rosenblattgarnitur“ ist das Haupt- oder meistverwendete Motiv eine Rose, deren Blüten und Blätter.

Der Begriff „Garnitur“ gilt ebenfalls für Schwerter, Pistolen und andere Waffen die paarweise, verschiedenen Typs oder in höherer Anzahl aber mit gleichem Dekor, zueinander passend angefertigt werden.

Eine weitere Verwendung für „Garnitur“ findet man bei den japanischen Rüstungen. Bei diesen bezeichnet es die vollständige Rüstung, das heisst, Brust- und Rückenpanzer (Do), Oberschenkelpanzer (Sode) und (Haidate), Unterschenkelpanzer (Sune-Ate), Schuhe (Kōgake- und Kusari-Tabi), Socken (Kekutsu), Schulterpanzer ((Tōsei)), Achselschutz (Waki-Biki), Armpanzer mit Handpanzerung (Kote), Handschuhe (Yugake), Helm (Kabuto), Halsschutz (Nodowa), Gesichtsmaske (Mempō), Umhang (Jin-Baori) und Schwerter (Katana) und (Wakizashi) mit Bogen (Yumi) und Lanze (Yari).[2]

Siehe auch[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

  • Roberto Capucci, Christian Beaufort-Spontin, Kunsthistorisches Museum Wien, Roben wie Rüstungen, Verlag Kunsthistorisches Museum Wien, Das Bundesministerium, 1990, ISBN 978-3-900926-07-6, Seite 86, 111, 225
  • Verein für Historische Waffenkunde, Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde, Verlag W. de Gruyter. Seite 34, 36
  • Kunsthistorisches Museum Wien, Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien, Band 80, Verlag A. Holzhausen, 1984, Seite 56,xi, xiii
  • Edmund Jacoby, Die visuelle Weltgeschichte des Mittelalters, Gerstenbergs visuelle Enzyklopädie, Verlag Gerstenberg, 2005, Seite 177, ISBN 978-3-8067-4594-8

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 Beschreibung der „Adlergarnitur“ sowie Hintergrundinformationen auf der Website des Kunsthistorischen Museum Wien
  2. Susanne Winkler, Günter Düriegl: Historisches Museum der Stadt Wien, Samurai und Bushido: der Spiegel Japans : Nagoya und die Einheit des Reiches 1550-1867. Eigenverlag der Museen der Stadt Wien, Wien 1999, ISBN 978-3-85202-140-9, S. 75.
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