Joseph Beuys/Rezeption

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Joseph Beuys (1921-1986) zählt zu den wichtigsten aber auch umstrittensten Künstlern der deutschen Nachrichkriegszeit und hatte sowohl als Lehrer und Professor der Düsseldorfer Kunstakademie immanenten wie vehementen Einfluß auf seine Schüler und Weggefährten (u. a. Jörg Immendorff, Sigmar Polke oder Imi Knoebel) und viele weitere nachfolgende Künstler wie auch in seinem politischen und anthroposophischen Engagement, das er vom erweiterten Kunstbegriff zur selbstdefinierten sozialen Plastik auf sämtliche Lebensbereiche des Menschen mit allen Konsequenzen erweiterte:

„Wie wir die Welt, in der wir leben, formen und gestalten: Plastik ist ein evolutionärer Prozeß, jeder Mensch ein Künstler“

Joseph Beuys

Alle Ansätze zur Rezeption des Beuyschen Werks können nur als Interpretation der Zeitdokumenten von und über Joseph Beuys aufgebaut werden. Auf Basis der zahlreichen unterschiedlichen und voneinander abweichenden Biographien und Informationen über Beuys in Literatur, Internet und Ausstellungskatalogen[1] kann man die Mutmaßung anstellen, das Beuysche Werk ist von einem Gleichnis aus Aufbau und Vernichtung, Leben und Tod durchzogen, was der Künstler, der seine Jugend im Krieg verbrachte, sowohl aus eigenen Erfahrungen wie als Mahnmal auch auf das soziale Leben übertragen hatte und ausweitete, indem er sich politisch engagierte und auf die Mißstände der Soziobiologie, des Naturschutzes und des allgemeinen Humanismus hinwies und u.a. zur Gründung der Grünen beitrug.

Inhaltsverzeichnis

Lebenslauf-Werklauf[Bearbeiten]

In seinem bereits früh angelegten „Lebenslauf-Werklauf“ charakterisierte Beuys sowohl sich selbst wie jeden Menschen, der etwas Schöpferisches oder einen kreativen Gedanken entwickelt zum Kunstwerk. Beuys skizzierte diesen „Lebenslauf-Werklauf“ in Grundzügen in seinen Partituren genannten Werkzeichnungen bereits in den 1950er Jahren und formulierte dieses Gedankengerüst 1961 erstmals als noch relativ unbekannter Künstler der aufkommenden deutschen Fluxus-Bewegung in seinem „Lebenslauf-Werklauf“. Anlässlich des Festivals der Neuen Kunst in Aachen verfasste Joseph Beuys 1964 in eigener Sache diesen "Lebenslauf/Werklauf" als Druckwerk, das er fünf Jahre später für eine Ausstellung im Kunstmuseum Basel erweiterte. Diese Partituren waren teils handschriftlich, teils maschinengeschriebene Werkzeichnungen und Skizzen.

In seinem „Lebenslauf-Werklauf“ reflektierte Beuys stets auf eigene Erfahrungen in dem er das Gleichnis „Leben=Werk“ erstellt. Das Werk des Joseph Beuys war, wie auch bei vielen anderen Künstlern, immer von persönlichen Erlebnissen und daraus resultierenden Metaphern wie Leid, Liebe, Tod, Leben und Verlust usw. verknüpft.

Gegenbilder[Bearbeiten]

Beuys zog gern Parallelen in seinen Werken, die er als Gegenbilder bezeichnete oder betitelte. Dies mag aus einer Kindkeitserfahrung stammen, die der junge Beuys in der Stadt Kleve hatte mit der er viel verband: Straßenbahnen und ihre Gleise. In seiner Installation Straßenbahnhaltestelle zitierte er sowohl die Parabel der einzelnen Lebensabschnitte wie Haltestellen, gepaart mit optischen Eindrücken der Kindheit, als auch die unendliche Parallele der nebeneinanderlaufenden Schienen. Dies kann als "Links das Leben, rechts das Werk, bzw. umgekehrt" interpetiert werden. Eine weitere Impression waren die Kriegserlebnisse des Luftwaffensoldaten Beuys mit der sogenannten „Tatarenlegende“, die seine spätere Materialsprache, polemisch als „Fett- und Filzkünstler“ bezeichnet, prägen sollte. Das Beuysche Werk ist von Gegensätzen und Aggregatzuständen durchzogen: Wärme ↔ Kälte, Leben ↔ Tod, fest ↔ flüssig usw.; all dies findet sich auch in seiner Materialsprache. In seinen Notationen ist für das Jahr 1946 die erste warme Ausstellung vermerkt, die erste Ausstellung von Kälte sei bereits 1945 über die Bühne gegangen. Den „Lebenslauf-Werklauf“ per se erweiterte Beuys später sporadisch in Ausstellungskatalogen.[2]

Materialsprache[Bearbeiten]

Als Bildhauer experimentierte Joseph Beuys gern mit der „Verformbarkeit“,der Metamorphose der Elemente; waren es anfangs Holzschnitt, Steinhauerei oder Bronzen erweiterte er den Begriff und erkor schlußendlich Fett (wahlweise auch Margarine) zu einem seiner bevorzugten Materialien, weil es sowohl flüssig wie fest gut zu bearbeiten war und mutmaßlich auch einen provokanten Ekel in der Öffentlichkeit evozierte und bei Aktionen leicht einzusetzen war. Hier könnte die Parabel "Aktion = Bewegung (Krankheit)" die in eine "Installation = Stillstand (Heilung)" oder einem „zur Ruhe kommen” herzugezogen und formuliert werden. Überdies bevorzugte Beuys das Spiel mit der Induktion, was in seinen Aktionen wie EURASIENSTAB oder Plight deutlich wird: Ein Gegenstand wird in einem gestischen Ritus „aufgeladen“ um anschließend wieder (endgültig) in Filz oder Segeltuch isoliert zu werden. Bei EURASIENSTAB handelt es sich um einen Kupferstab; Kupfer ist eines der leitendsten Elemente. In der Installation Plight wird ein Klavier -also ein Schallerzeuger - durch Filzbahnen isoliert und quasi „stumm“ gemacht. Joseph Beuys arbeitete stets mit dem Spiel der Materialien: Er verwendete Quecksilberthermometer, die durch ihre Temperaturabhängigkeit stets im Fluß (Fluxus) sind[3]

Beuys notierte diese Parallelen gerne in seinen Partituren (Beispiel): Bildkopf − Bewegkopf ↔ Der bewegte Isolator. Das Begriffspaar Bildkopf und Bewegkopf findet sich zum ersten Mal in einer Zeichnung von 1965.

Sehr deutlich wird dieses Spiel mit den Gegensätzen, Materialien und Elementen sowie Leben und Tod in Beuys’ letzter Installation: Dem Palazzo Regale in Neapel (1985). Hier finden sich noch einmal sämtliche Elemente des Beuyschen Werks in zwei Vitrinen wieder: Fett, Filz, Musikinstrumente und weitere Gegenstände die das Werk des Künstlers bestimmten; alles wurde indes von blinden Spiegeln an den Wänden nicht reflektiert und deutete auf das persönliche Vanitas des bereits von Krankheit gezeichneten Künstlers hin.

Betrachtungen zur Person[Bearbeiten]

Joseph Beuys wird bis heute stets sehr ambivalent diskutiert: Sowohl als Künstler wie auch als streitbarer politisch denkender und handelnder Mensch. Mit der neuartigen und provokanten „Inszenierung“ seiner Kunst und einer nonkonformistischen Lehrmethode als Kunstprofessor polarisierte er das, nach Beuys, innerlich zerrissene „kranke“ Deutschland der 1960er und 1970er, das durch Nationalsozialismus, Mauerbau und Terrorismus noch immer „seine Wunde“ zeigte. Der kriegsmüde Beuys stemmte sich in seinem Werk offensichtlich gegen einen zerrissenen, nach seiner Meinung weiterhin innerlich zugemauerten Staat, der sich nach Freiheit verzehrte. In der Öffentlichkeit taten ihn damals viele als Scharlatan ab, der, unter anderem wie von der Presse polemisierend dargestellt, „nur Fett in die Ecken der Museen schmieren konnte“, andere glorifizierten ihn als Kunstgott. So extrem sich Beuys in seinen Aktionen und politischen Anschauungen auch zeigen mochte, so soll er indes als Privatperson ein sehr normaler Mensch und liebevoller Familienvater gewesen sein.

So titelte Der Spiegel, anlässlich der Beuys Guggenheim Retrospektive in New York im November 1979:

Künstler Beuys: Der Größte – Weltruhm für einen Scharlatan? [4]

Diese Fragestellung reflektiert deutlich, dass zu der damaligen Zeit in Deutschland vorherschende Meinungspektrum, das die Auszeichnung durch die Retrospektive des Guggenheim anerkennt und zugleich in Frage stellt und überleitet zu der oftmals verwendeten Bezeichnung Scharlatan, die sich zu einem Teil auf die Entwicklung und Aktzeptanz der Modernen Kunst in der westlichen Welt und des weiteren dem rituellen Charakter seiner Aktionskunst begründet.

Beuys war im pazifistischen Sinn agitatorisch und eloquent: Als Kunstprofessor hatte er einen sehr starken Einfluss auf seine Studenten und verstand es, geübt durch seine öffentliche Auftritte und durch sein Charisma, auf humorvoll-charmante Weise zu überzeugen. Beuys Theorien prägten die darauf folgenden Künstler. Er forderte stets einen freien Geist und eine eigene (selbst-)kritische Denk- und Sichtweise. Im Prinzip betrachtete er somit selbst seine eigene Lehrtätigkeit als Kunstobjekt, indem er neue Künstler „gestaltete“, aber sie nicht nach seinem Willen formte. Er vermittelte seinen Studenten eine quasi anarchische Sicht auf die Kunst und das „Leben in und mit der Kunst“ und forderte dabei stets eine politische, aber auch kritisch dividierende Denkweise.

In einem Interview sagte der Beuys-Sammler Franz Joseph van der Grinten auf die Frage, was Beuys für ein Mensch war: „Ein außerordentlich liebenswerter, freundlicher Mensch. Und sehr geduldig. Kein Gesprächspartner war ihm zu gering ...[5]

So freundlich und liebevoll Beuys auch auf andere Menschen und seine eigene Familie zugehen mochte, desto feindlicher und weniger liebevoll ging er mit sich selbst um: Er forderte seinem Körper alles ab und gelangte in seinen Aktionen oft an eigene physische Grenzen und betrieb damit akuten Raubbau an seiner Gesundheit: Das Stemmen und Bewegen eines 50 kg schweren Kupferstabes in der Aktion Eurasienstab beispielsweise; der Mangel an Schlaf und stundenlanges Stehen oder kräftezehrende tagelange Performances wie I like America and America likes Me erschöpften mehrfach die Energie des zwar kräftigen aber hageren Künstlers; hinzu kamen die Anforderungen seiner Lehrtätigkeit und der politischen Aktivitäten. „Ich kenne keine Wochenenden” soll Beuys einmal gesagt haben. Manchmal soll er vor Erschöpfung im Stehen eingeschlafen sein. „Wie ein Pferd...” war sein selbstironisches Zitat.[6] Die Konsequenz war schließlich 1975 ein Herzinfarkt, der den Künstler kurzfristig in seine Schranken wies; dennoch arbeitete Beuys weiter und konzipierte nach kurzer Genesung weitere neue Projekte.

In Film- und Videoaufnahmen seiner Aktionen zeigt Beuys eine kontemplative Konzentration. Seine Gesichtszüge wirken dabei im Ablauf einer Performance ebenso meditativ wie eingefroren. Wie andere Künstler dieser Zeit, z. B. Gilbert & George, verwandelte er sich quasi selbst in seine eigene agierende Plastik, wurde selbst zum Teil seines Werkes. In dem zwanzigminütigen Filmdokument zu der Aktion Eurasienstab in Antwerpen 1969 lässt sich die Art und Weise, wie Joseph Beuys in seinen Aktionen agierte und wie er die Materialien vor Ort handhabte, studieren. Beuys baute symbolische Gesten in seine Handlungen ein und sprach und gestikulierte auch in privaten Interviews oder bei Vorlesungen gern mit vollem Körpereinsatz, um seine Standpunkte zu vermitteln.

Persönliche Motive und Ziele[Bearbeiten]

In den 1950er Jahren lag der Schwerpunkt seiner Arbeiten auf Zeichnungen, in den er überwiegend den Mensch, Natur und Mythologie thematisierte. 1956 begann eine Sinn- und Schaffenskrise. Beuys litt unter schweren Depressionen. Er zog sich zunehmend zurück und isolierte sich. Die mehrmonatige „Feldarbeit“ auf dem Bauernhof der Familie van der Grinten in Kranenburg im Jahre 1957, in der Beuys einerseits den Acker bestellte, andererseits mehrere Partituren (Werkzeichnungen), plastische Konzepte und Zeichnungen anfertigte, markierte eine grundlegende künstlerische Zäsur. Über die Krise, bei der wahrscheinlich die Ereignisse und Erfahrungen im Krieg (Siehe auch: Kriegszeit (1941–1945) nachwirkten, sagte Beuys:

Ich glaube, diese Phase war für mich eine der wesentlichsten insofern, als ich mich auch konstitutionell völlig umorganisiert habe; [...] Der Initialvorgang war ein allgemeiner Erschöpfungszustand, der sich allerdings schnell in einen regelrechten Erneuerungsvorgang umkehrte. Die Dinge in mir mußten sich völlig umsetzen, es mußte bis in die Physis hinein eine Umwandlung stattfinden. Krankheiten sind fast immer auch geistige Krisen im Leben, wo alte Erfahrungen und Denkvorgänge abgestoßen beziehungsweise zu durchaus positiven Veränderungen umgeschmolzen werden. [7]

In den 1960er Jahren kamen, auch im Umkreis der Fluxus-Bewegung, rituelle Aktionen hinzu. Naturwissenschaftliche Kenntnisse und Studien führten Beuys Ende der 1960er Jahre zu erheblichen Bedenken gegen ein zu einseitiges Wissenschaftverständnis und zu der Ansicht, dass der Erfahrungssatz zur erkenntnistheoretischen Begründung nicht ausreichte.[8]

Joseph Beuys äußerte sich hierzu:

1958 und 1959 wurde die gesamte mir zur Verfügung stehende Literatur im naturwissenschaftlichen Bereich aufgearbeitet. Damals konkretisierte sich verschärft ein neues Wissenschaftsverständnis in mir. Durch Recherchen und Analysen kam ich zu der Erkenntnis, daß beide Begriffe Kunst und Wissenschaft in der Gedankenentwicklung des Abendlandes diametral entgegenstehen, daß aufgrund dieser Tatsache nach einer Auflösung dieser Polarisierung in der Anschauung gesucht werden muß und daß erweiterte Begriffe ausgebildet werden müssen. [9]

Von besonderer Bedeutung war hierbei die von Rudolf Steiner gefaßte Idee der Sozialen Dreigliederung. Diese beschreibt die Grundstruktur einer Gesellschaft, in der die Koordination nicht zentral durch den Staat oder eine Führungselite erfolgt, sondern in der drei selbst verwaltete und relativ autonome Subsysteme (Wirtschaftsleben, Geistesleben, Rechtsleben) sich gegenseitig die Waage halten.

Im politischen Denken, [...] gilt es die Dreigliederung so schnell wie möglich Wirklichkeit werden zu lassen. Diese Idee muß aus dem Menschen herausgeholt werden, da sie in jedem einzelnen in verschiedenem Grade vorgebildet ist. Sie muß stehen als die freie Leistung des Menschen selbst. [10]

Beuys, der in den bestehenden westlichen Gesellschaften eine Form von Scheindemokratie mit ungerechten Gesellschaftsstrukturen sowie einer bestehenden Umweltproblematik erblickte, vertrat die Auffassung, dass diese in eine soziale, verantwortungsbewusste, demokratische, ökologieorientierte Gesellschaft umgewandelt werden sollte, in der jeder sein Können, in den Dienst der Gemeinschaft stellt.

Nach Beuys Meinung war die Kunst die einzig evolutionäre Kraft, aus der sich gesellschaftliche Verhältnisse ändern können.[11]

Auf die Frage wie sich die Gesellschaftliche Utopie entwickelt hat, antwortete Beuys:

Ich habe die Kunst als Ausgangspunkt genommen, um gesamtgesellschaftliche Veränderungen zumindest in die Diskussion zu bringen: Der Kunstbegriff erweitert sich auf die Arbeit jedes Menschen, in die anthropologische Dimension. [12]

Nach seiner Auffassung sollten die gesellschaftlichen und kulturellen, insbesondere aber in wirtschaftlichen Bereichen, die alten und nach Beuys’ Ansicht oftmals unmenschlichen und erstarrten Formen durch neue, lebendige, geistig-seelische Gestaltung ersetzt werden. Ende der 1970er Jahre begründetet Joseph Beuys seine Erweiterung des Kunstbegriff mit dem er die unüberwindliche scheinende Trennung von Kunst und Gesellschaft aufzuheben suchte.

Eine Gesellschaftsordnung wie eine Plastik zu formen, das ist meine und die Aufgabe der Kunst. Sofern der Mensch sich als Wesen der Selbstbestimmung erkennt, ist er auch in der Lage, den Weltinhalt zu formen. [13]

Des weiteren forderte eine Erneuerung der Begriffe. Die Idee des "erweiterten Kulturbegriffs", in dem selbstverständlich Pädagogik und Bildung zentral sind, erläutert Beuys an anderer Stelle:

Es muß etwas entstehen, was den ganzen Kulturbegriff erweitert, man möchte sagen, eine Übergangsform schafft, einen Bereich schafft, wo […] etwas […] ausgebrütet wird, […] im Sinne der Erweiterung des Kulturbegriffs, der fähig ist, in alle Felder einzudringen […] als Gestaltungsbegriff, und sich zweitens auf den Menschen bezieht und nicht auf diesen verkürzten Kulturbegriff […] des modernen Kulturbetriebs. [14]

Seine beste stoffliche Entsprechung in einer Materialsprache, fand dieses Schema im Fett und Wachs. Beide werden durch Wärmezufuhr flüssig, demnach formlos und erstarren bei Wärmeentzug. Die Gegensätze von Wärme und Kälte, Evolution und Erstarrung, Kreativität und Rationalisierung setzte er ein in Objekten und Environments wie z. B. in der Honigpumpe am Arbeitsplatz.

Der totalisierte Kunstbegriff ist ja das was ich mit diesen Materialien ausdrücken wollte, der sich letztendlich bezieht auf alles, auf alles Gestalten in der Welt. Und nicht nur auf künstlerisches Gestalten, sondern auch auf soziales Gestalten, [...] oder auf andere Gestaltungsfragen und Erziehungsfragen. Alle Fragen der Menschen können nur Fragen der Gestaltung sein.[15]

Innerhalb der 1970er-Jahre führte Beuys’ persönlicher Einsatz aus sozial idealistischen Gründen unter anderem zur Gründung der Deutschen Studentenpartei, die Organisation der Nichtwähler und die Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung, sowie der Free International University (FIU).

Das wirtschaftliche Leben kann nur gedeihen, wenn es als selbständiges Glied des sozialen Organismus nach seinen eigenen Kräften und Gesetzen sich ausbildet, und wenn es nicht dadurch Verwirrung in sein Gefüge bringt, daß es sich von einem anderen Gliede des sozialen Organismus, dem politisch wirksamen, aufsaugen läßt.[16]

Joseph Beuys entwickelte zunehmend eine sehr gesellschaftsbezogene Kunst, indem sein gestalterisches Handeln sich auf den freien Menschen und den Menschen als Natur- und Gesellschaftswesen wert gelegt hat. In diesem Zeitraum verdichtete sich dies in einem sozialen erweiterten Kunstbegriff - der Sozialen Plastik, welche er innerhalb zahlreicher öffentlichen Debatten national und international ausführlich mit den Menschen diskutierte.

Im September 1979 erklärte Beuys zur Erweiterung des Begriffs Plastik:

Seit 20 Jahren arbeite ich an einem anthropologischen menschlichen Kunstbegriff, in dem jeder Mensch einbezogen ist in den Gestaltungsvorgang. Wo man also tatsächlich und mit einer wirklichen Begeisterung zu dem Ergebnis kommt: Jeder Mensch ist ein Künstler! Und das beginnt im Denken. Denn das lebendige Denken ist bereits ein skulpturaler, also bildhauerisch- formender Vorgang, und aus dieser Erkenntnis - theoretischen Wahrheit leitet sich der Mensch als ein Künstler - als Gestalter - am sozialen Organismus ab [17]

Siehe auch: Joseph Beuys 1960 bis 1980 --Zita 22:28, 11. Feb. 2007 (CET)

Filmografie / Medien[Bearbeiten]

  • EURASIENSTAB Filmfragment der Aktion, Antwerpen 1968; DVD mit Booklet, (2005)
  • Joseph Beuys: Jeder Mensch ein Künstler – Auf dem Weg zur Freiheitsgestalt des sozialen Organismus, F.I.U.-Verlag, ISBN 3-928780-52-2
  • Joseph Beuys: Eintritt in ein Lebewesen, F.I.U.-Verlag, ISBN 3-928780-51-4
  • Joseph Beuys: Aktive Neutralität Die Überwindung von Kapitalismus und Kommunismus, F.I.U.-Verlag, ISBN 3-928780-55-7

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Heiner Stachelhaus:Joseph Beuys und Götz Adriani/ Winfried Konnertz/ Karin Thomas: Joseph Beuys u. a.
  2. Kunstmagazin der Deutschen Bank; Nährende Energie, schützende Wärme: Filz und Fett als Metaphern im Werk von Joseph Beuys [1]
  3. Joseph Beuys: EURASIENSTAB
  4. Der Spiegel, Nr. 45, 5. November 1979
  5. WDR, Ein Beuys für 20 Mark - Gespräch mit Beuys-Sammler Franz Joseph van der Grinten [2]
  6. Heiner Stachelhaus: Joseph Beuys, Seite 222
  7. Götz Adriani,Winfried Konnertz, Karin Thomas. Joseph Beuys. Dumont Buchverlag, Köln, 1994.
  8. Joseph Beuys. Leben und Werk. von Götz Adriani S.42
  9. Joseph Beuys. Leben und Werk. von Götz Adriani S.44
  10. Brief von Joseph Beuys an Manfred Schradi vom 21. Oktober 1971
  11. Harlan, Rappmann, Schata, Soziale Plastik - Materialien zu Joseph Beuys, S. 104
  12. Interview mit dem Spiegel – Nr. 45, 5. November 1979, S. 268
  13. Harlan, Rappmann, Schata, Soziale Plastik - Materialien zu Joseph Beuys, S.107 zitiert Mein Kampf ist eine Plastik W.Krüger in: Kölner Stadtanzeiger, 19.10.1972
  14. Beuys 1977, S. 6
  15. Gespräch zwischen J. Beuys, B. Blume und H. G. Prager vom 15. November 1975 veröffentlicht in der Reihnische Bienenzeitung 1974
  16. Harlan, Rappmann, Schata, Soziale Plastik - Materialien zu Joseph Beuys, S.105
  17. R. Bergmann, Interview, Stuttgarter Nachrichten 22.09.1979
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