Walter Helfsgott

Aus MARJORIE-WIKI
Wechseln zu: Navigation, Suche

Walter Ernst Helfsgott (* 11. Januar 1911 in Barschdorf, Schlesien; † 23. Juli 1980 in Düsseldorf) war Kriminaloberkommissar und SS-Hauptsturmführer.[1] Nach seiner Einstellung bei der Polizei in Breslau gehörte er nach dem Überfall auf die Sowjetunion dem Einsatzkommando 6 der Einsatzgruppe C mit dem Einsatzgebiet der besetzten Gebiete an. Er führte zeitweise das Sonderkommando 1005 B und kam danach zur Einsatzgruppe z.b.V. Iltis. Nach 1945 war er in den 1950er-Jahren in der Organisation Gehlen tätig.

Ausbildung und Laufbahn[Bearbeiten]

Als Sohn eines Landwirts in Barschdorf bei Liegnitz in Schlesien besuchte er für zwei Jahre die örtliche Volksschule. Von 1919 bis 1929 absolvierte er die Oberrealschule in Liegnitz, an der er auch die Reifeprüfung ablegte. Danach nahm er an einem Lehrgang an einer Handelsschule teil und nahm eine Tätigkeit in einer Auskunftei in Liegnitz auf. Im Frühjahr 1930 begann er das Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Wien. Danach wechselte er an die Universität Breslau. Er unterbrach das Studium wegen einer achtwöchigen schwarzen Ausbildung bei der Reichswehr im Winter 1931/1932. Nach dieser Unterbrechung setzte er das Studium an der Universität Jena fort. Dort betätigte er sich von 1933 bis 1934 bei der SA bei der Wehrsportausbildung am SA-Hochschulamt. Für seine Mitgliedschaft in der SA vom 18. Mai 1933 bis 10. Oktober 1934 erhielt er eine Bescheinigung, wobei er den Dienstgrad Rottenführer verliehen bekam. Nach 1945 stellte er diese Bescheinigung als unrichtig hin.[2]

Wegen wirtschaftlicher Probleme brach er 1934 sein Studium nach sechs Semestern ab. Im Herbst 1934 meldete er sich freiwillig zum Wehrdienst in der Reichswehr. In Hofgeismar diente er ein Jahr bei einer Nachrichtenabteilung. Sein Dienstgrad war Gefreiter der Reserve und Reserveoffiziersanwärter. Anfang 1936 nahm er eine Beschäftigung bei der Allianz-Versicherung als Volontär auf. Diese beendete er Mitte 1937 als Versicherungsinspektor. Seine Neigung war, zur Kriminalpolizei eine Laufbahn aufzunehmen. Zu diesem Zweck hatte er sich im Januar 1937 einer Eignungsprüfung am Deutschen Polizeiinstitut in Berlin-Charlottenburg unterzogen. Zum Dienst in der Kriminalpolizei war eine Mitgliedschaft in der NSDAP notwendig, so dass er am 1. Mai 1937 Mitglied wurde.

Am 19. Juli 1937 trat er eine Stelle als Kriminalkommissaranwärter bei der Kriminalpolizeileitstelle Breslau an. Im Jahre 1938 nahm er an einer zweimonatigen Reserveübung bei der Wehrmacht teil, wobei er den Dienstgrad eines Wachtmeisters der Reserve und Offiziersanwärters hatte. An der Führerschule der Sicherheitspolizei und des SD, dem umbenannten vorherigen Deutschen Polizeiinstituts, in Berlin-Charlottenburg besuchte er den Kriminalkommissar-Lehrgang von Oktober 1938 bis Juni 1939. Am 16. Dezember 1938 wurde er, wie die anderen Lehrgangsteilnehmer, in die SS aufgenommen. Nach bestandener Lehrgangsprüfung wurde er zum Hilfskriminalkommissar und SS-Untersturmführer ernannt. Am 7. Februar 1940 erfolgte auf seiner Dienststelle in Breslau die Beförderung zum Kriminalkommissar. Zum SS-Obersturmführer wurde er am 20. April 1941 befördert. Beim Ausbruch des 2. Weltkrieges am 1. September 1939 hatte er sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet. Diese Meldung wurde aber abgelehnt, weil er bei der Kriminalpolizei als unabkömmlich (uk) eingeordnet wurde. Seit Juni 1941 gehörte er der Sicherheitspolizei (SiPo) in Breslau an.[3]

Einsatz bei der Einsatzgruppe C[Bearbeiten]

Am 13. August 1942 wurde zum Einsatz in den besetzten Gebieten der Sowjetunion bei der Einsatzgruppe C in Kiew unter dem Kommando des SS-Gruppenführers Dr. Max Thomas[4] einberufen. Dort wurde er beim Stab für die sogenannte Bandenbekämpfung eingesetzt. Danach erfolgte seine Versetzung Anfang September zum Einsatzkommando 6 (Ek 6) nach Rostow. Spätestens vom 15. September 1942 übernahm er die Führung eines Teilkommandos bei Schachty bis zum Januar 1943. Dort leitete er Exekutionen an Gefangenen, auch an Juden. Danach übernahm er nach einem Heimaturlaub im Februar 1943 in Mariupol die Ausbildung von einheimischen Hilfswilligen (Hiwis). Diese führte er nach der Ausbildung ab März 1943 bei Kämpfen gegen Partisanen im Gebiet der Pripjet-Sümpfe.

Sonderkommando 1005 B und Einsatzgruppe "Iltis"[Bearbeiten]

Um die Osterzeit 1944 erfolgte seine Abkommandierung nach Riga zum Sonderkommando 1005 B (Sk 1005 B), dessen Führung er von Fritz Zietlow[5] übernahm. Dieses Kommando hatte sogenannte Enterdungsarbeiten vorzunehmen. Unter diesem Tarnbegriff verbarg sich die Bergung von Leichen, die nach Massenhinrichtungen durch Sondereinheiten der SS und der SS-Polizei in Massengräbern beerdigt wurden. Um die Spuren dieser Verbrechen zu tilgen, wurden Hilfskräfte damit beauftragt, die Leichen zu bergen und danach zu verbrennen. Nach Beendigung dieser Bergungsarbeiten wurden die Hilfskräfte vom SK 1005 B unter der Leitung von SS-Standartenführer Rudolf Lange[6] oder einem Beauftragten erschossen, um eventuelle spätere Zeugen zu beseitigen.

Nach Auflösung des SK 1005 B wurde er mit anderen Angehörigen des Sk 1005 B als z.bV.[7]-Einsatzgruppe "Iltis" im Grenzgebiet von Österreich und Jugoslawien als Führer eines Teilkommandos zur Bekämpfung von Partisanen für den Zeitraum von etwa sechs Monaten eingesetzt. In dieser Zeit wurde er am 9. November 1944 zum SS-Hauptsturmführer befördert.[8]

Gefangenschaft und Nachkriegszeit[Bearbeiten]

Am 11. Mai 1945 geriet Helfsgott in englische Gefangenschaft, wobei er in Italien interniert wurde. In den Lagern von Tarent und Rimini traf er Fritz Zietlow und Arthur Harder wieder, die er vom Sk 1005 B kannte. Seine Entlassung erfolgte im Juni 1947. Er nahm in einem Lager für Torf aus Mooren in Hannover eine Beschäftigung an. Danach betätigte er sich in einer Versicherung, als Vertreter für Werbung. In Burgdorf wurde er Geschäftsführer eines Einzelhandelsverbandes.[9]

Bei seiner Entnazifizierung im Ausschuss von Lüneburg gab er lückenhafte Auskünfte über seine Tätigkeiten im Osten an, so dass er 1949 als Entlasteter in die Gruppe V eingestuft wird. Für die Firma Siegert & Co. GmbH arbeitete er von November 1951 bis November 1954 in Hamburg. Diese Tätigkeit schien aber nur zur Tarnung zu bestehen. Denn von November 1950 bis 30. November 1954 war er als V-Mann für die Organisation Gehlen (V-7041; Decknamen: Werner Hassel, Werner Heller, Willi Hillmann)[10] im Raum Hamburg tätig.

Wieder wollte er eine Tätigkeit bei der Kriminalpolizei aufnehmen. Deshalb nahm er im Jahre 1950 einen Kontakt zur Polizei in Nordrhein-Westfalen auf. Erst gegen Ende 1954 gelang es ihm mit gefälschten Daten in seinem Lebenslauf und inkorrekten Angaben in eidesstattlichen Erklärungen von alten Kameraden der Kriminalpolizei, eine Wiedereinstellung als Kriminalkommissar zu erreichen. Es gelang ihm sogar, eine Tätigkeit beim Landeskriminalamt in Düsseldorf aufzunehmen, wo er zum Kriminaloberkommissar befördert wurde.

Dann holte ihn im November 1961 seine SS-Vergangenheit ein. Die Staatsanwaltschaft Hamburg verhörte ihn als Zeuge im Verfahren gegen den ehemaligen SS-Oberführer Erich Ehrlinger[11]. In diesem Zeitraum nahm die Staatsanwaltschaft Wuppertal Ermittlungen gegen Helfsgott wegen seiner Führung eines Teilkommandos vom Ek 6 auf. Am 8. Januar 1962 wurde er verhaftet und blieb bis zum 15. Dezember 1964 in Untersuchungshaft. Das Landgericht Wuppertal verurteilt ihn am 7. August 1963 wegen Beihilfe zum Mord an 40 Juden zu einer Haft von vier Jahren und drei Monaten (Az. LG Wuppertal 12 Ks 1/62 und BGH 2 StR 121/64). Doch das Urteil erlangte bis 1967 keine Rechtsfähigkeit, so dass er bis Dezember 1967 in Freiheit blieb. Erst im Januar 1968 wurde das Urteil vollzogen. Inzwischen betätigt er sich bei einem Handelshaus für Kraftfahrzeuge in Düsseldorf in der Rechtsabteilung.[12]

Danach nahm die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen ihn und Fritz Zietlow Ermittlungen wegen der Erschießung von Häftlingen im Rahmen des SK 1005 B. Doch er verteidigte sich mit Angaben, die ihm das Landgericht Stuttgart in der Verhandlung nicht hinreichend widerlegen konnte. Deshalb wurde er im Urteil vom 13. März 1969 freigesprochen (Az: LG Stuttgart Ks 22/67 und BGH 1 StR 462/70).

Siehe auch:

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Hochspringen C.F. Rüter et al. (Hrsg.): Justiz und NS-Verbrechen. Band XXXI. München 2004, Lfd. Nr. 701, S. 693–793 (uva.nl [abgerufen am 29. September 2017]).
  2. Hochspringen C.F. Rüter et al., Justiz und NS-Verbrechen, Band XXII, Amsterdam 1981, S. 506-507
  3. Hochspringen Christina Ullrich: "Ich fühl' mich nicht als Mörder": die Integration von NS-Tätern in die Nachkriegsgesellschaft. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-23802-6, S. 327 FN 16 (354 S.).
  4. Hochspringen Max Thomas in der deutschsprachigen Wikipedia
  5. Hochspringen Fritz Zietlow in der deutschsprachigen Wikipedia
  6. Hochspringen Rudolf Lange (SS-Mitglied) in der deutschsprachigen Wikipedia
  7. Hochspringen z.b.V. ist die Abkürzung für "zur besonderen Verwendung"
  8. Hochspringen C.F. Rüter t al., Justiz und NS-Verbrechen, Band XXXI, München 2004, S. 708-710
  9. Hochspringen Christina Ullrich: "Ich fühl' mich nicht als Mörder": die Integration von NS-Tätern in die Nachkriegsgesellschaft. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-23802-6, S. 255 (354 S.).
  10. Hochspringen Research Aid: Cryptonyms and Terms in Declassified CIA Files als PDF-Datei
  11. Hochspringen Erich Ehrlinger in der deutschsprachigen Wikipedia
  12. Hochspringen Christina Ullrich: "Ich fühl' mich nicht als Mörder": die Integration von NS-Tätern in die Nachkriegsgesellschaft. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-534-23802-6, S. 254–256 (354 S.).
Info Sign.svg Dieser Artikel ist im Marjorie-Wiki entstanden.