Schoßkindkinokarte

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Die Schoßkindkinokarte war ein österreichischer Tarif in Wiener Kinos, der am 1. Jänner 1964 abgeschafft wurde.

Durch diesen Tarif wurde sanktioniert, dass sich die Eltern des Kindes einen Film ansehen und zeitgleich ihren Aufsichtspflichten nachkommen konnten.[1]

Bereits in der ersten Republik Östereich, war das Jugendschutzrecht bundesländerweise gesondert geregelt.

14. September 1926 bau-feuer- und sicherheitspolizeiliche Vorschriften für die Vorführung von Laufbildern[Bearbeiten]

Der Leitfaden für Kinooperateure und Kinobesitzer von Dr. Paul Schrott, Regierungs-Oberbaurat, Honorardozent an der Technischen Hochschule in Wien Sechste, umgearbeitete und verbesserte Auflage erschienen im Springer-Verlag Wien GmbH 1928, gibt im Anhang den §8 der Verordnung des Wiener Stadtsenats als Landesregierung vom 14. September 1926, Pr. Z. 4180, betreffend bau-feuer- und sicherheitspolizeiliche Vorschriften für die Vorführung von Laufbildern wieder.

  • §8 Jugendverbot
  • 1 Vorführungen von Laufbildern in Kinematographentheatern dürfen als Zuschauer nur Personen beiwohnen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Die Mitnahme von Schoßkindern (bis zum vollendeten 3. Lebensjahr) ist gestattet.
  • 2 Über die ausnahmsweise Zulassung für Personen, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, entscheidet der Magistrat auf Grund der im §7 angeordneten Vorführung nach Anhörung eines Beirates, der vom Bürgermeister als Landeshauptmann aus Fachleuten auf dem Gebiet der Erziehung und Jugendfürsorge zusammengesetzt wird.[2]

Himmler - Verordnung[Bearbeiten]

Nach dem Anschluß traten am 15. Juni 1938 durch das de:Reichskulturkammergesestzgebung in der Ostmark die einschlägigen reichsdeutschen Bestimmungen in Kraft. Grundlegende deutsche Rechtsquelle war der § 11 des Lichtspielgesetztes vom 16. Februar 1934. Dessen Regelung entsprach inhaltlich in etwa dem bisher geltenden Wiener-Jugendschutzrecht, doch fiel nun dessen einzigartige Bestimmung auf, wonach Kinder unter sechs Jahren in Begleitung Erziehungsberechtigter uneingeschränkt alle Filme sehen durften, auch jugendverbotene. [3]

Am 27 . September 1963 beschloss der Wiener Landtag ein Gesetz zum Schutze der Jugend[Bearbeiten]

Dieses trat zum 1. Jänner 1964 in Kraft.

In den 1950 Jahren gab es Pauschalurteile, welche die Jugend als kinosüchtig, aggresiv und aus Radaubrüdern bestehend beurteilten. Pädagogen versuchen sich ein klares Bild zu machen aber noch fehlten wissenschaftliche Erhebungen. Untersuchungsergebnisse aus dem Ausland ließen sich nicht einfach mit ihren Schlußfolgerungen übernehmen.

1953 untersuchte die Arbeitsgemeinschaft "Jugend und Film" beim Landesjugendreferat Wien unter Edith Rauser[4] an Hand von 25.000 Fragebogen, die in Klassen aller Schultypen ausgegeben wurden, welche Rolle der Kinobesuch spielte. Großstadtjugend und Kino: 1953. Eine zweite aufschlußreiche Untersuchung entstand unter Benützung von Schüleraufsätzen über die Freizeit der Hauptschüler. Der de:Österreichischer Buchklub der Jugend erforschte auf breiter Basis die Lesegewohnheiten, Leserwünsche und - urteile von Kindern und Jugendlichen. Diese beiden Untersuchungen, erschienen im de:Verlag Jugend & Volk.

Sie zeigten: Der überwiegende Teil der Kinder und der Jugendlichen war vielseitig interessiert und konsumierte alles , was Erwachsene , vor allem die Eltern , Lehrer Seelsorger, Erzieher und Jugendführer, ihnen zugänglich machten. Eine der Schlußfolgerungen aus diesen Untersuchungen war, das die Jugend einer sicheren Führung willig folgte, dass diese Führung aber nur allzu oft fehlte, äußerte de:Leopold Rosenmayr 1962 und 1963. Es ging darum einerseits die Jugend vor der sittlichen Gefährdung zu schützen und andererseits die erwachsene Generation aufzuklären. Die sogenannte Schmutz- und Schundgesetz vom 31 . März 1950 ermöglichte es, für bestimmte Druckwerke eine Verbreitungsbeschränkung auszusprechen und damit zu verhindern , daß sie offen ausgestellt und Kindern oder Jugendlichen zum Kauf angeboten wurden.

1955 trat das Wiener Kinogesetz in Kraft , das die Vorführung von Filmen vor Kindern und Jugendlichen nur dann gestattet, wenn der Wert des aufzuführenden Streifens eine solche Ausnahme rechtfertigt und eine schädliche Wirkung auf Jugendliche nicht zu befürchten ist.

Damit war eine gesetzliche Handhabe gegeben, nicht nur die Darstellung von Verbrechen und Unzüchtigkeiten, sondern auch die Cartoons mit ihrer Peng-Sprache von der Jugend fernzuhalten. Für den Abwehrkampf gegen den Schund im Film und in den Druckwerken hatte eine breite Öffentlichkeit wenig Verständnis. Sie wurde als Zensur, Einschränkung der Pressefreiheit und die Freiheit der Person wahrgenommen. Es wurde vermittelt dass es sich um Erziehungsmaßnahmen, um den Schutz von Heranwachsenden handelt.

Die gefühlsrohe, zynische Schilderung von Verbrechen und die sinnlose, verdummende Inhaltslosikeit der Heftchen, Comics und Micky-Maus-Zeitungen wurde belehrend ins Feld geführt. Die aufwändige Durchsicht der Flut von Schmutz und Schund übernahm der de:Österreichischer Buchklub der Jugend.

Es gelang die heimische Produktion dieser Machwerke zu unterbinden; die Einfuhr konnte nicht verhindert werden.[5] Es verschwanden die Männer die in ihrem Buchladen den Schülern zerfetzte Schundhefte anboten.

Die unsichere Haltung und die Ratlosigkeit der breiten Öffentlichkeit gegenüber den Jugendproblem dokumentiert sich auch in der Tatsache, daß bis zum Jahre 1963 die sogenannte „Himmler - Verordnung“ – unter den besonderen Gegebenheiten der Kriegssituation entstanden – in Kraft blieb.

Erst 1963 konnte der Wiener Landtag das Wiener Jugendschutzgesetz beschließen. So gut und fortschrittlich dieses Gesetz auch war, es bedurfte des Verständnisses der Erwachsenen , der Eltern , Lehrer , Seelsorger , Jugendführer , der Beamten der Polizei und auch der Betriebsräte, damit es wirksam wurde.


1957 Kinokartenverkauf in Wien[Bearbeiten]

Monat 1957 Erwachsene Kinder Schoßkinder
Jänner 4603887 131070 15975
Feber 4254104 115316 16232
März 4543100 132465 16497
April 3882054 91236 12760
Mai 3862493 80537 11542
Juni 2822864 55608 6636
Juli 2768403 41452 6090
August 3410189 51491 8953
September 4071068 91143 13366
Oktober 3794411 91147 12844
November 3855501 118683 10859
Dezember 3951360 127293 12151

[6]

Einzelhinweise[Bearbeiten]

  1. Hochspringen Unsitte der Schoßkinder im Kino. Die Eltern möchten sich gerne diesen oder jenen Fim ansehen, haben aber niemanden, der ihnen während dieser Zeit das Kind beaufsichtigen würde, und so nehmen sie diese als Schoßkinder, für die sie dann die sogenannte Schoßkinderkarte kaufen, mit. vgl. Franz Zöchbauer, Karl Schlechta, Jugend und Film: Ergebnisse einer Untersuchung, Verlag Lechte, 1960, 203 S., S. 55; *1. Jänner: Schoßkinderverbot tritt in Kraft.
    • 8. Jänner: österreichische Filmrundschau erscheint.
    • 29. Jänner bis 9. Februar: Fernsehübertragung der Olympischen Winterspiele in Innsbruck.
    • 18. Februar: Gründung des Österreichischen Filmmuseums.
    • 4. März: Schichtarbeiterprogramm des Fernsehens 2-mal wöchentlich. vgl.:Filmkunst, Österreichische Gesellschaft für Filmwissenschaft, Kommunikations- und Medienforshung, 1963, [1]
    S.18[2]
  2. Hochspringen Paul von Schrott,Leitfaden für Kinooperateure und Kinobesitzer, 1928, S. 164[3]
    Leitfaden für Kinooperateure und Kinobesitzer.pdf
  3. Hochspringen Klaus Christian Vögl, Angeschlossen und gleichgeschaltet: Kino in Österreich 1938–1945, S. 194
  4. Hochspringen Edith Rauser , Dr . phil ., Professor , Leiterin des Landesjugendreferates Wien im Kulturamt der Stadt Wien . Studium der Germanistik , Anthropologie , Leibesübungen , bis 1947 im Unterricht tätig an Realgymnasien in Wien , seit 1947 im Landesjugendreferat Wien mit außerschulischer Jugenderziehung betraut, Mitglied von Filmkommissionen, Leiterin der Arbeitsgemeinschaft Jugend und Film und Jugend und Fernsehenan
  5. Hochspringen Fünf Welser Honoratioren–Bezirkshauptmann Merl, Vizebürgermeister Mayerhofer, Stadtpfarrer Raster, Hauptschuldirektor Zöpfl und Oberlehrer Hummer hatten im März 1960 de:Bravo (deutsche Zeitschrift) in einem Atemzug mit Comics als „minderwertige“ Lektüre bezeichnet und Welser Buchhandlungen und Zeitungsverkäufer aufgefordert, vom Verkauf Abstand zu nehmen. Der Münchner „Bravo“-Verlag klagte dar aufhin d ie Welser Bürger auf Geschäftsstörung und verlangte den Widerruf ihrer Behauptung. [4]
  6. Hochspringen Beiträge zur österreichischen Statistik, S.129[5][6]