Paraderüstung Philip II. von Spanien

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Philipp II., die Rüstung tragend, von Alonso Sánchez Coello um 1570

Die Paraderüstung Philip II. von Spanien ist eine in Deutschland gefertigte Prunk- oder Paraderüstung, die für Philip II.. Der Plattner der die Rüstung 1549-1550 herstellte, war Desiderius Helmschmid (* 1513; † nach 1578) aus Augsburg, einer der besten Plattner seiner Zeit. Die Gravuren, Vergoldungen und Treibarbeiten übernahm der Nürnberger Goldschmied Jörg Sigman (* um 1527; † 1601).

Beschreibung[Bearbeiten]

Die Paraderüstung Philip II. von Spanien wurde als „Kleine Garnitur“ mit einer geringen Anzahl von Verstärkungsteilen. Die Rüstung besteht aus einer geschlossenen Sturmhaube, Brust- und Rückenpanzer, ganzem Armzeug, Tassetten, einer Schamkapsel, dem Beinzeug und Eisenschuhen. Auch ein Prunkschild gehört zur Garnitur, das aber erst später, am 15. April 1552 fertiggestellt wurde.

Der Brust- und Rückenpanzer ist vom Stil her ein Panzer des Anime Typs, das heißt, dass er aus vertikal untereinander angeordneten, einzelnen Stahlbändern besteht, die durch Nieten beweglich miteinander verbunden sind. Die Achseln und die Tassetten sind geschoben gestaltet, wobei die Tassetten zerlegbar sind und in vier unterschiedlichen Längen getragen werden können. In der längsten Trageweise reichen sie bis an die Kniepanzer. Die Eisenschuhe, der Ringkragen, die Panzerhandschuhe und die Zehenkappen die an dem Beinschutz aus Kettenrüstung befestigt werden, sind wahrscheinlich nicht mehr erhalten. Erhalten sind aber noch ein zweiter Ringkragen, zwei kleinere Ellbogenpanzer (Ellbogenkacheln) die zum Tragen mit der Kettenrüstung gedacht sind, zwei eng anliegende Beinschienen, ebenfalls zu tragen mit der Kettenrüstung sowie eine Rossstirn und ein Sattel.

Dekoration[Bearbeiten]

Die gesamte Rüstung ist mit Dekorationen verziert, die durch Ätzen, Treiben und Gravieren gestaltet wurden, wobei dem Ätzen der Vorzug gegeben wurde. Die Dekorationen wurden zum Teil vergoldet, was sich gegen den durch Wärmebehandlung besonders abhebt.

Die Dekorationen sind in breiten Bändern gestaltet die vertikal über die Rüstung verlaufen. Die Bänder begrenzen zum Teil die einzelnen Bestandteile der Rüstung oder unterteilen sie in unverzierte Felder. Die Kanten der Platten sind nach innen umgerollt und so gestaltet, das sie den Eindruck eines Lorbeerkranzes umwunden mit Stoffbändern erwecken. Die getriebenen und gravierten Darstellungen enthalten unter anderem Abbildungen von Nymphen, Satyren, unbekleidete oder in antiken Kostümen gekleidete Figuren, imperiale, zweiköpfige Adler, Masken, Girlanden und Kartuschen.

Manche Stellen der Rüstung, die am ehesten auffällig sind oder schneller in den Blickpunkt fallen, sind in aufwändigerer und feinerer Ausführung gestaltet. Zu diesen zählen die Kalotte der Sturmhaube, die Ellbogen- und Kniepanzer, sowie auch das Schild. Hier sind die Figuren und Darstellungen in einem eher erzählenden Zusammenhalt gestaltet. Die Darstellungen auf der Sturmhaube und dem Schild stellen zwei klassische Zweikämpfe dar, worin Medaillons mit den allegorischen Darstellungen des Sieges, der Stärke, der Weisheit und des Friedens enthalten sind. Auf dem Prunkschild sind diese Medaillons besonders ausgeprägt, wobei an den Rändern noch Jagdszenen eingefügt sind. Zwei der Dekorationen weisen auffällig auf eine Beziehung zum Träger der Rüstung hin. Auf dem Ringkragen sowie der Brust und den Schulterpanzern ist die Abbildung des Orden vom Goldenen Vlies angebracht, sowie das Wappen Philip II. auf einem kleineren Wappenschild auf der Stirnfläche der Rossstirn.

Alle Rüstungsteile sind mit Beschlagmarken datiert und signiert, was die äußerst gelungene Zusammenarbeit der beiden Künstler, dem damals schon berühmten Desiderius Helmschmid und dem jungen, noch unbekannten Goldschmiedes Jörg Sigman darstellt, die beide aus Augsburg stammten. Die Beschlagmarke Helmschmids ist auf der Sturmhaube vorn am Helm angebracht und lautet „DESIDERIO-COLMAN-IN-AUGUSO 1550“, direkt daneben die Initialen Sigmans mit „I.S.“. Auf der Rückseite im Nackenbereich nochmals die Initialen „I.S. 1549“. Auf dem Sattel findet sich die Beschlagmarke der Stadt Augsburg, eine Tanne, sowie das Beschlagzeichen Helmschmids, ein Turnierhelm mit einem fünfzackigen Stern direkt darüber. Auf der Schildmitte wieder ein Spruch, kreisförmig angeordnet „DESIDERIUS-COLMAN-CAYS-MAY-HARNASCHMACHER-AUSGEMACHT-IN-AUGUSTA-DEN 15-APRILIS-IM-1552-IAR“ (übersetzt: „Desiderius Colman, Harnischmacher seiner imperialen Majestät, fertigte [dies] in Augsburg am 25. April 1552“). Wohl einzigartig ist diese Menge von Signaturen an einer Rüstung, die wohl auch den Stolz der beiden Künstler widerspiegelt.

Herkunft[Bearbeiten]

Diese Garnitur ist die einzige im Werk Desiderius Helmschmid und er muss sie wohl als eine Art Beweis für die Überlegenheit seiner eigenen handwerklichen Fähigkeiten gegenüber der wohl stärksten Konkurenz, der berühmten mailänder Plattnerdynastie der Negroli Familie gesehen haben. Diese Rivalität hat er auch in die Fertigung der Garnitur einfließen lassen und einen Hinweis darauf gegeben. Auf dem Schild ist ein Bulle dargestellt, der einen Soldaten mit seinen Hörnern rammt, auf dessen Schild der Name "NEGROL" (Negroli) zu lesen ist. Jörg Sigman schrieb im Jahre 1550 einen Brief an Philip II. in dem er Philip bittet bei den Stadtoberen Zeugnis für eine Kunst abzulegen, das er zwei Jahre an der Garnitur gearbeitet habe und er Wert darauf lege, dass er seine technischen Meisterqualitäten durch ihn bestätigt zu finden, er schrieb „por la experiecia de la obra se aclara su sciencia“ (übers. „… für die Erfahrung aus dieser Arbeit die seine Fähigkeiten geschärft haben“). Philip II. wird diese extrem teure Garnitur ebenfalls sehr geschätzt haben. Der Preis betrug damals die außerordentliche Summe von 3000 Gold- Escudos. Die Garnitur spiegelt die Art von Klassizismus die sein Vater bevorzugte und mit dem er im Juli 1540 bis zum Mai 1551 Nürnberg besuchte.

Verlorene Garniturteile[Bearbeiten]

Die fehlenden Teile der Garnitur sind noch im Inventar der Armeria Real im Jahre 1549 verzeichnet und danach gehörten noch ein Bart passend zur Sturmhaube, ein zweiter Ringkragen, halbe Schulterpanzer statt mit geschobenen Armplatten mit Ärmeln aus Kettenrüstung, wozu auch die schon erwähnten Ellbogenpanzer passten, zwei Plattenteile um die Tassetten zu verlängern, sowie die Zehenkappen und die Panzerhandschuhe. Solche kleinen Garnituren bei Paraderüstungen wurden dazu benutzt verschieden Zusammenstellungen an den Arm- und Beinpanzerungen zu ermöglichen. Statt der Plattenrüstung wurden an diesen Stellen Kettenpanzerung gewählt oder aber zivile Kleidung war zu sehen. Der erhaltene Ringkragen ist so gestaltet, dass er ohne die Rüstung auch an ziviler Kleidung getragen werden konnte. Die Dekoration des Goldenen Vlieses ist so gearbeitet, dass sie nicht zu sehen ist wenn dieser Rinkragen am Brustpanzer getragen wird, da auf diesem ebenfalls eine Abbildung des Ordens mit der Ordenskette existiert, die direkt unterhalb der Halsöffnung angebracht ist. Das Schild ist ohne Trageriemen ausgerüstet und war es wohl auch nie, woraus man schließen kann das es nie benutzt wurde. Die Wangenplatten des Burgonets gingen ebenfalls in der Mitte des 19. Jahrhunderts verloren und diejenigen, die heute am Helm befestigt sind, wurden von dem spanischen Schmied und Metallarbeiter Plácido Zuloaga (* 1834; † 1920) rekonstruiert. Das Verbleiben der verlorenen Teile ist nicht bekannt. Sie verschwanden zur gleichen Zeit aus der Armeria Real wie die Rossstirn und die anderen vier Teile der Garnitur. Zum Teil ist nachweisbar, dass die Teile in verschiedenen französischen Sammlungen gesehen wurden und sie danach vermutlicherweise in das Musée de l’Armée in Paris gelangten. König Alfonso XIII. von Spanien äußerte 1914 den Wunsch der Rückgabe an die französische Regierung, mit deren freundlicher Mithilfe die Rückgabe auch zustande kam.[1]

Schwert[Bearbeiten]

Zu der Prunkgarnitur wurde ein Schwert gefertigt, das passend zur Rüstung und ihrer Dekoration gestaltet wurde. Das Schwert wird heute in der Real Armería de Madrid aufbewahrt (Inv.-Nr. G47). Die Klinge des Schwertes hat einen diamantförmigen Querschnitt mit einem kurzen Hohlschliff unterhalb des Heftes. Kurz darunter ist auf jeder Seite eine lateinische Inschrift angebracht. Die eine lautet „PRO FIDE ET PATRIA. PRO CHRISTO ET PATRIA. INTER ARMA SILENT LEGES SOLI DEO GLORIA“ (dt. „Für Glaube und Land. Für Christus und Land. Zwischen den Waffen schweigen die Gesetze. Ehre sei Gott allein“). Der zweite Spruch auf der entgegengesetzten Seite lautet „PVGNA PRO PATRIA. PRO ARIS ET FOCIS; NEC TEMERE, NEC TIMIDE, FIDESED CVI VIDE§“. (dt. „Kämpfe für dein Land. Für dein Haus und deine Feuerstellen, weder zaghaft noch vorschnell. Glaube. Aber das scheint.“ ?). Die Beschlagmarke des Herstellers verweist auf Clemens Horn aus Solingen. Das Heft ist äußerst kunstvoll in einem Relief in Goldgravur erstellt und im Stil der italienischen Renaissance. Die an der Parierstange auslaufenden Parierelemente und Griffbügel sind in der Form von Karyatiden gestaltet. Das Heft selbst ist im Querschnitt viereckig und mit drei großen, geschliffenen Bergkristallen verziert, die in goldene, gravierte Fassungen eingesetzt sind. Am Eindrucksvollsten ist der Knauf gestaltet. Er ist aus zwei Voluten geformt, die zwischen sich den Kopf eines alten Satyren einklemmen. Das Gesicht des Satyren zeigt deutlich sichtbar den Ärger den er empfindet. In den Rundungen der Voluten ist je ein Genius eingefügt die auf Fruchtgirlanden stehen, welche auf der Rückseite von dem Gott Vertumnus gehalten werden. Kurz darunter ist eine Kartusche angebracht, die Herkules im Kampf mit dem Nemëischen Löwen zeigt.[2]

Literatur[Bearbeiten]

  • Calvert Frederick: Spanish Arms and Armour, Being a Historical and Descriptive Account of the Royal Armoury of Madrid. BiblioBazaar, 2009, ISBN 978-1-110-30831-6, S. 118–123, Tafel 50, 50a, 50b (englisch).

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Antonio Domínguez Ortiz, Concha Herrero Carretero, José-A. Godoy: Resplendence of the Spanish Monarchy: Renaissance Tapestries and Armor from the Patrimonio Nacional. Metropolitan Museum of Art, 1991, ISBN 978-0-87099-621-4, S. 155–164 (englisch).
  2. Calvert Frederick: Spanish Arms and Armour, Being a Historical and Descriptive Account of the Royal Armoury of Madrid. BiblioBazaar, 2009, ISBN 978-1-110-30831-6, S. 128 (englisch).
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