Louis Hein

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Louis Hein (* 11. Februar 1893 in Hannover; † 1962 in Großburgwedel) war als SS-Obersturmführer und Angehöriger der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) Lagerleiter des Arbeitserziehungslagers Liebenau[1]. Wegen seiner Gräueltaten gegenüber den Gefangenen wurde er der „Henker von Liebenau“ genannt.[2]

Laufbahn[Bearbeiten]

Nach der Schule nahm er als Sohn eines Kaufmanns eine Ausbildung als Kaufmann auf. Im Ersten Weltkrieg diente er als Soldat. Danach arbeitete er in der Firma seines Schwagers. Es folgte eine Beschäftigung als Kaufmann bei mehreren Betrieben in der Tabakbranche.[3] Politisch orientierte er sich bei den Nationalsozialisten und wurde im Jahre 1930 Mitglied der SA und der NSDAP. Im Jahre 1935 trat er in den Polizeidienst beim Polizeipräsidium Hannover. Diesen Dienst beendete er 1938, um einen eigenen Handel für Spirituosen und Lebensmittel zu eröffnen, was aber nach einem Jahr von ihm beendet wurde.[3] Am 1. September 1939 trat er der Allgemeinen SS als SS-Untersturmführer bei. In Hannover führte er einen Kraftfahrsturm der SS, um dann in Celle die SS-Standarte 17 zu leiten. Bei den städtischen Betriebswerken in Hannover betätigte er sich ab 1939 als Wachführer bis Ende 1940.[4] Im Jahre 1940 wurde er Angehöriger der Gestapo der Staatspolizeistelle Hannover (Stapo Hannover). Von dort wurde er nach mehreren Wochen zur Stapo-Nebenstelle Nienburg versetzt.[5] Zum ersten Leiter des Arbeitserziehungslagers Liebenau (auch: Polizeigewahrsamlager genannt) wurde er im Dezember 1940 ernannt. Seine Gräueltaten gegenüber Gefangenen nahmen solche Ausmaße an, dass zwei Gestapobeamte der Stapo Hannover, darunter der Beamte Christian Heinrichsmeier, eine Beschwerde gegen Hein einreichten.

Es war aber bezeichnend für die brutalen Verhaltensweisen bei der Stapo Hannover, dass der stellvertretende Leiter der Stapo Hannover Josef Stüber eine Untersuchung eher gegen die Beschwerdeführer einleitete. Sie hätten „gebräuchliche Erziehungsmaßnahmen“ als Misshandlungen dargestellt und sich als „Weichmänner“ erwiesen.[2] Während seiner Dienstzeit im AEL Liebnau will ihn ein Häftling als ehemaliger SS-Mann im KZ Buchenwald erkannt haben. Hein selber behauptete vor anderen Häftlingen, er wäre bei der SS im KZ Mauthausen und KZ Sachsenhausen gewesen.[3]

Schon zwei Jahre nach seinem Amtsantritt im AEL Liebenau wurde er im Jahre 1942 abgelöst. Im Zusammenhang mit Unterschlagungen von Lebensmitteln im Lager, in die er verwickelt sein sollte – so behauptete er später –, sei er mehrere Wochen von der Gestapo in Haft genommen worden. Gegen Kriegsende war er im Jahre 1944 Angehöriger der Waffen-SS in Hamburg-Langenhorn. Seine Gefangennahme durch die britischen Streitkräfte führten ihn in das Internierungslager Westertimke und Fallingbostel.

Nachkriegszeit[Bearbeiten]

Aus dem Lager Fallingbostel floh er im März 1947 in die sowjetisch besetzte Zone, wo er sich mit falschen Ausweisen eine neue Identität als Wilhelm Schulz verschaffte.[4] Danach ging er nach Hannover-Misburg, wo er bei der Deurag-Nerag[6] als Hilfsarbeiter tätig war. Als er im Februar 1948 seine Frau in Isernhagen aufsuchte, wurde er in Gewahrsam genommen und der britischen Militärpolizei übergeben und ins Lager Fallingbostel verbracht. Von dort brach er wiederum aus. In Duisburg-Meiderich sucht er sich eine neue Arbeit unter dem Namen Franz Grote.

In der Bundesrepublik Deutschland wurde am 31. Dezember 1949 ein Straffreiheitsgesetz[7] erlassen, das bestimmte Straftaten nicht mehr zur Verfolgung hinstellte. In Kenntnis dieser Möglichkeiten stellte sich Hein im März 1953 der Polizei in Hannover. Allerdings erfüllten sich seine Hoffnungen auf Straffreiheit nicht. Er wurde von der Spruchkammer Bielefeld zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Seine Tätigkeiten im AEL Liebenau standen nicht zur Verhandlung.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Arbeitserziehungslager Liebenau
  2. 2,0 2,1 Hans-Dieter Schmid: 'Anständige Beamte' und 'üble Schläger' – Die Staatspolizeistelle Hannover. In: Gerhard Paul, Klaus-Michael Mallmann (Hrsg.): Die Gestapo: Mythos und Realität. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1995, ISBN 3-534-12572-X, S. 133–160, hier: S. 157 (586 S.).
  3. 3,0 3,1 3,2 Andrea Tech: Arbeitserziehungslager in Nordwestdeutschland 1940–1945 (= Bergen-Belsen-Schriften. Band 6). Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2003, ISBN 3-525-35134-8, S. 116–117 (331 S.).
  4. 4,0 4,1 Gregor Espelage, Das "Arbeitserziehungslager" (AEL) Liebenau. Ein Lager der Firma Wolff & Co. mit Unterstüttzung der Gestapo Hannover, in: KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hrsg.), Die frühen Nachkriegsprozesse, Bremen 1997, S. 93-109, hier: S. 105
  5. Gabriele Lotfi: KZ der Gestapo: Arbeitserziehungslager im Dritten Reich. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-596-15134-1, S. 81 (451 S.).
  6. Deurag-Nerag in der deutschsprachigen Wikipedia
  7. Straffreiheitsgesetz vom 31. Dezember 1949 in der deutschsprachigen Wikipedia
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