Landgesellschaft Kurland mbH

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Die Landgesellschaft Kurland mbH war eine Einrichtung, die im Januar 1918 für den Bereich von Kurland gegründet wurde, um dort hauptsächlich deutsche Bauern und Handwerker anzusiedeln. Im Zuge der Niederlage des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg und der Bürgerkriegskämpfe in den baltischen Provinzen blieben diese bis zum Jahre 1920 verfolgten Pläne erfolglos. [1]

Pläne vor 1914[Bearbeiten]

Schon vor dem Ersten Weltkrieg wurden in deutschen Regierungskreisen Pläne verfolgt, die als Ostmarkenpolitik bezeichnet werden und den Zweck hatten, den Anteil deutscher Siedler in den preußischen Ostprovinzen zu erhöhen. Diese Bestrebungen fanden in den Grenzstreifenplänen der Reichsregierung im Jahre 1914 als ein Bestandteil der Kriegsziele ihre Fortsetzung. Ein konkreter Ausgangspunkt war der Auftrag des Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg gegen Ende 1914 an seinen Unterstaatssekretär Arnold Wahnschaffe, den Regierungspräsidenten von Frankfurt/Oder Friedrich von Schwerin und Georg Ganse, dem damaligen Präsidenten der Preußischen Ansiedlungskommission, einen Bericht zur sogenannten Ostgrenzstreifenfrage auszuarbeiten. Darin sollten die Probleme gelöst werden, wenn annektierte Ostgebiete bei einem deutschen Sieg zur Besiedlung bzw. Umsiedlung führen würden.[2]

Pläne und Denkschriften[Bearbeiten]

Eine inhaltliche Erweiterung dieses Berichtes fand in einer Denkschrift bei von Schwerin statt, die ihm Bethmann Hollweg aufgetragen hatte und die im Frühjahr 1915 überreicht wurde. Darin wurde eine Annexion und Germanisierung des Gouvernements Kowno, von ganz Kurland und möglicherweise vom Gouvernement Wilna vorgeschlagen. Diese Pläne fanden ihre Fortsetzung in den Bestrebungen des Staatsrechtlers Ludwig Bernhard und des Abteilungsleiters für Politik und Verwaltung beim Oberbefehlshaber Ost Wilhelm von Gayl, der auch zu der Frage der deutschen Besiedlung des Ostgrenzstreifens eine Denkschrift anfertigte.[3]

Eine Begründung neben anderen der deutschen Siedlungstätigkeit in Kurland war die dort schon vor dem Erster Weltkrieg ansässige deutsche Minderheit. Nach einer russischen Volkszählung von 1897 wurden in Kurland 674.034 Bewohner gezählt, wovon 51.017 Deutsche waren (7,57 Prozent).[4]Weiter waren durch die Initiative von Silvio Broederich ab 1905 in Kurland etwa 10.000 Deutsche aus Russland in Kurland angesiedelt worden.[5]Während des Ersten Weltkriegs gab es zahlreiche Initiativen, die eine Annexion der baltischen Provinzen im Rahmen der deutschen Kriegsziele forderten.

Am 8. Juli 1915 wurde die sogenannte Intellektuellen-Denkschrift an den Reichskanzler Bethman Hollweg überreicht, die 1.347 Unterschriften trug und die auch für die Lostrennung der baltischen Provinzen eintrat. Mitunterzeichner waren 352 Professoren und Oberlehrer, 252 Verleger, Schriftsteller und Künstler, 158 Geistliche und Volksschullehrer, 148 Juristen, 52 Gutsherren und 40 Abgeordnete des Reichstags.[6][7]Johannes Haller übergab Ende März 1917 Bethmann Hollweg die Süddeutsche Denkschrift, die 20.000 Unterschriften trug und die die Abgliederung der drei baltischen Provinzen an das Deutsche Reich forderte.

Aktivitäten um Alfred Hugenberg[Bearbeiten]

In der zweiten Jahreshälfte von 1917 gelang es Bernhard, Erich Ludendorff für die Siedlungspläne einzunehmen. Danach kam es zu näheren Beratungen im Posener Freundeskreis[8] , der eng mit Alfred Hugenberg in Verbindung stand, da er diesem Kreis einmal angehört hatte. Bernhard erhielt den Auftrag, die Voraussetzungen für eine Besiedlung in Kurland zu erreichen und beim Landtag in Kurland eine gesetzliche Regelung dafür einzuleiten. Am 22. September 1917 tagte der außerordentliche Landtag der kurländischen Ritter- und Landschaft zu diesem Thema. In der allgemeinen Konferenz der kurländischen Ritter- und Landschaft vom 15. Dezember 1917 wurde dann beschlossen, ein Drittel des kurländischen Großgrundbesitzes zur gemeinnützigen Besiedlung abzutreten.

Eine Kommission, die aus Silvio Broederich, Baron Wilhelm von Hahn und Baron N. von Manteuffel (aus Dwersen) bestand, bereitete in Zusammenarbeit mit der Ostland GmbH die Gründung der Landgesellschaft Kurland mbH vor und am 9. Januar 1918[9] wurde der Beschluss des Gesellschaftsvertrages für die Gesellschaft mit Sitz in Berlin W 35, Schöneberger Ufer 21, verabschiedet.[10]Silvio Broederich wurde zum Direktor der Gesellschaft ernannt.

Voraussetzungen für die Gesellschaftsgründung: Neuland AG[Bearbeiten]

Der Zweck der Gesellschaft sollte hauptsächlich darin bestehen, Bevölkerungsschichten der Bauern, Handwerker und Arbeiter für die Ansiedlung zu gewinnen. Daneben wollte man auch Aussiedlungsbauern aus Russland und ehemalige Soldaten für Siedlungszwecke anwerben. Der Kauf des Landes sollte unverzüglich von der Gesellschaft vorgenommen werden. Die direkte organisatorische Ansiedlungstätigkeit sollte jedoch erst nach dem Kriege beginnen.<Dankwart Guratzsch,ebenda, S. 370 und FN 135</ref>

Um die notwendigen finanziellen Mittel für den Landkauf zur Verfügung zu stellen, wurde am 30. Mai 1918 die Neuland AG gegründet. Diese Gesellschaft hatte bis 1924 enge Beziehungen zum Hugenberg-Konzern. Die Gesellschafter der Landgesellschaft setzten sich aus bis zu drei Gruppen zusammen, die zuerst folgende Zusammensetzung bildeten[11]:

  • Gruppe 1: baltische Gutsherren und kurländische Institutionen
    • Kurländische Ritterschaft (Mitau)
    • Kurländischer Kreditverein (Mitau)
    • Kurländischer gegenseitiger Feuerversicherungsverein (Mitau)
    • Kurländische Gesellschaft gegenseitigen Kredits (Mitau)

mit einem Gesellschaftskapital von jeweils 10.000 RM.

  • Gruppe 2: Privatkapital natürlicher und juristischer Personen
    • Gustav Ramin (3.000 RM)
    • Friedrich von Schwerin (2.000 RM)

Einen Tag nach der Gründung der Neuland AG, dem 31. Mai 1918, wurde die Satzung der Landgesellschaft Kurland so angepasst, dass die Neuland AG als Gesellschafter bei der Landgesllschaft Kurland eintreten konnte. Damit änderte sich die Zusammensetzung der Gruppen der Gesellschafter wie folgt:

  • Gruppe 1: baltische Gutsherren und kurländische Institutionen
    • Kurländische Ritterschaft (Mitau)
    • Kurländischer Kreditverein (Mitau)
    • Kurländischer gegenseitiger Feuerversicherungsverein (Mitau)
    • Kurländische Gesellschaft gegenseitigen Kredits (Mitau)

mit einem Gesellschaftskapital von jeweils 10.000 RM.

  • Gruppe 2: Privatkapital einer juristischen Person
    • Neuland AG (15.000.000 RM)

Alle drei Gruppen vertraten in der Gesellschafterversammlung jeweils ein Drittel der Stimmen bezüglich des Gesellschaftskapitals. Auch waren diese Gruppen im Aufsichtsrat vertreten:

  • 1. Gruppe:
    • Baron Alexander von Rhaden (Maihof)
    • Baron Max von der Ropp (Bixten)
    • Baron Rudolf Grotthus
    • Arnold Ucke (Stirnen)
  • 2. Gruppe:
    • Friedrich von Schwerin
    • Alfred Hugenberg
    • Leo Wegener

In der Gesellschafterversammlung wurden geschäftsmäßige Gegenstände mit einfacher Mehrheit der Stimmen verabschiedet. Nur Veränderungen der Satzung des Gesellschaftsvertrages und die Auflösung der Gesellschaft mußten mit einer Mehrheit von Dreiviertel der Stimmen abgestimmt werden, wenn der entsprechende Antrag angenommen werden sollte. Damit konnten die kurländischen Gutsbesitzer von der industriellen Gruppe um Hugenberg fast immer überstimmt werden. Der Vorstand der Landgesellschaft Kurland war von Silvio Broederich und Hans Meydenbauer besetzt.[12]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Edmund Schmid, Deutsche Siedlung im I., II. und III. Reich - mit einem Anhang: Sicherung und Entschuldung der Landwirtschaft, Nationalsozialistische Bibliothek, Heft 48, München 1933, S. 23
  2. Fritz Fischer, Griff nach der Weltmacht, Düsseldorf 2002, S. 231
  3. Dankwart Guratzsch, Macht durch Organisation]], Düsseldorf 1974, S. 369
  4. Lilli Lewerenz, Die deutsche Politik im Baltikum 1914 - 1918, Hamburg 1958, S. 27
  5. Werner Basler, Deutsche Annexionspolitik in Polen und im Baltikum 1914 - 1918, Berlin 1962, S. 244
  6. Lilli Lewerenz, ebenda, S. 80
  7. Werner Basler,ebenda, S. 40
  8. Ludwig Bernhard, Der "Hugenberg-Konzern" - Psychologie und Technik einer Großorganisation der Presse, Berlin 1928, S. 3-25
  9. Dankwart Guratzsch, ebenda, S. 370
  10. Erich Keup, Landgesellschaft Kurland m.b.H. und Neuland Aktiengesellschaft, in: Archiv für innere Kolonisation, Band X., Heft 11/12, 1918, Berlin, S. 218 - 224, hier: S. 224
  11. Dankwart Guratzsch,ebenda, S. 442
  12. Verordnung betreffend Landabgabe und Siedlung in Kurland, in: Archiv für innere Kolonisation, Band X., Heft 11/12, 1918, Berlin, S. 224f. Diese Verordnung erließ der Generalquartiermeister II c Nr. 31 587 am 17. Juni 1918
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