Königsberger Senioren-Convent

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SC-Meldung, Suspension der Silber-Litthuania (1866)

Der Königsberger Senioren-Convent war von 1851 bis 1935 der Senioren-Convent an der Albertus-Universität Königsberg. Sein ostpreußisches Sonderleben änderte sich mit dem Bau der Preußischen Ostbahn und endete nach der Deutschen Reichsgründung mit dem neuen Corps Normannia Königsberg.

Geschichte[Bearbeiten]

Aus Albertinas Burschenbrauch (1824) entwickelte sich bis 1848 der SC-Comment.

„Auch im Königsberger SC war [1850] die Corpsverfassung nach erfolgreichen Kämpfen endgültig durchgesetzt worden. Die Einstellung zur unbedingten Genugtuung war bei denen eindeutig, die jetzt wieder allein maßgebend waren. Nach der Erneuerung des Kartells wurde der SC-Komment überarbeitet und bestimmt, daß ‚jede Forderung ohne vorhergegangenen Touche ziehend sein‘ solle. Alle dem widersprechenden Beschlüsse wurden ausdrücklich aufgehoben. Es sollte dadurch erreicht werden, daß überflüssige ‚Versengungen‘ bei SC-Veranstaltungen aufhörten (Loch-Lippold, S. 71). Damit wurde gleichzeitig ein Schritt zur späteren Bestimmungsmensur gemacht, d. h. bis die Forderung ohne Angabe eines Grundes durch die Bestimmung im Chargiertenconvent ersetzt wurde.“

Siegfried Schindelmeiser

Am 30. Juni 1851 bildeten die drei Corpslandsmannschaften einen SC. 1863 gehörten Ost- und Westpreußen nicht zum Deutschen Bund; das „Reich“ war Ausland. Vom Kösener SC-Verband wussten die Königsberger Studenten kaum etwas. Da sich die drei Corpslandsmannschaften Masovia, Baltia und Silber-Litthuania gegenseitig in Verruf gesteckt hatten, fochten die Masuren mit den Tuchlittauern und den Germanen. Als das einvernehmliche Paukverhältnis mit den Germanen in die Brüche ging, riefen die Alten Herren der drei Corps die Senioren bei Blöß hinter der Universität zusammen. „In fröhlichster Stimmung“ wurde der Verruf aufgehoben und ein Senioren-Convent gegründet. Masovia wählte Franz Heyer zum Vertreter bei den Verhandlungen über einen SC-Comment, der „vieles uns nicht so Passende des Kösener S.C. ausschaltete“.[1] Als erstes Königsberger Corps erklärten die Silber-Litthauer dem Vorort Berlin am 15. Januar 1864 ihren Beitritt zum KSCV.

Am 31. Mai 1865 – zur Zeit des Kösener Congresses – steckte der SC die drei Burschenschaften Gothia, Germania und Arminia in Verruf.[2] Auf dem oKC 1865 vertrat der Masure Gustav Friderici den Königsberger SC. Auch Masovia und Baltia wurden in den KSCV aufgenommen.[1]

1873 schloss das Corps Normannia Königsberg sich dem SC an. Eher wilhelminisch als ostpreußisch orientiert, drängte es den SC zur Anpassung an die Corps „im Reich“. So gaben die Königsberger Corps 1875 den Albertus (Couleur) an der Studentenmütze auf. Zum SC kamen 1876 das Corps Hansea Königsberg und 1894 die Landsmannschaft Littuania. Von 1876 bis 1880 war Masovia als ältestes Corps nicht im SC. 1882 war Normannia als jüngstes Corps für ein halbes Jahr allein im SC.

Dreimal stellte der Königsberger SC den Vorsitzenden des oKC: Baltia 1874, Hansea 1894 und Littuania 1913. Im Ersten Weltkrieg verloren Masovia 42, Baltia 19, Hansea 22 und Littuania 34 ihrer Mitglieder. Außerdem fielen 3 Normannen.[3]

Die studentische Fechtwaffe war der Korbschläger. Die Chargenzeichen waren x, xx, xxx.

Harte Zeiten[Bearbeiten]

Königsberger SC (1910)

Seit dem Eintritt der Landsmannschaft Littuania in den SC (1894) schwelte der Anciennitätskonflikt. Wie schon 1895 und 1898 stellte das Corps Littuania 1913 den Antrag, den 29. Januar 1829 als Stiftungsdatum der Corpslandsmannschaft Lithuania führen zu dürfen. Sie stieß (abermals) auf den geschlossenen Widerstand der anderen Corpsburschen-Convente. Im Verlauf der Redeschlachten wurden PP-Suiten gestürzt. Der inaktive Littauer Busch überbrachte den drei anderen Corps eine Chargenforderung auf Schläger.[4] Gestritten wurde auch darüber, ob Littuania alte Angehörige der Corpslandsmannschaft und der Silber-Litthuania in ihrer Corpsliste als Alte Herren führen durfte. Hierüber wurde schließlich ein Vergleich geschlossen.[3]

Im Januar 1920 beantragte Littuania erneut die Rückdatierung. Die Folge waren neun Chargenforderungen auf Schläger und 24 Paare PP. Obendrein erhob der CC Klage auf SC-Verruf der anderen Corpsburschen. Der oKC 1921 lehnte Littuanias Ansinnen ab. Im November 1927 wollte Littuania festschreiben lassen, in Einladungen zu Stiftungsfesten auf 1894 und 1829 zu verweisen. Dass Masovia in einer Denkschrift widersprach, veranlasste Littuania, den beteiligten CC eine Chargenforderung auf Pistolen zu überbringen. Das Ehrengericht bewilligte sie. Wilhelm Fabricius, der Vorsitzende des Ausschusses für Rückdatierungen, hatte sich der Sache Littuania c/a Königsberger SC persönlich angenommen. Die Verhandlung führte zu lebhaften Erörterungen, brachte jedoch keine Entscheidung. In einem Vergleich wurde Littuania der Verweis auf beide Stiftungsjahre zugestanden. Dafür verzichtete sie auf die Rückdatierung. Durch diesen Vergleich erledigten sich auch die bewilligten Pistolenforderungen.[3]

Nach der Zahl ihrer Aktiven waren Masovia und Littuania in der Zwischenkriegszeit zwei- bis dreimal so stark wie Baltia oder Hansea. Immer wieder gerieten sie aneinander:

„In der zweiten Hälfte des Sommersemesters wurden 48 Partien gefochten, davon 33 CB-Partien, 3 Rezeptionen und 12 F-Partien. Unter den gefochtenen CB-Partien befinden sich acht PP-Partien, die den Abschluß einer langen ununterbrochenen Reihe von PP-Partien gegen Masovia bilden. Masovia eröffnete das PP aus einem ganz geringfügigen Grund am 25. Nov. 1926. Es wurden eine Schlägerchargenforderung, zehn persönliche Forderungen und 104 PP-Partien gefochten, insgesamt 117 Partien.“

Fechtbericht der Littauer (SS 1929)

NS-Zeit[Bearbeiten]

Baltia geriet sehr früh in das Visier der Nationalsozialisten. In der Altherrenschaft heillos zerstritten, brachte sie auch die drei anderen Corps gegen sich auf. Am 1. März 1934 baten ihre AH-Vorsitzenden Max Blunck einzugreifen. Der Littauer Alfred Funk zwang Baltia zur Suspension am 6. März 1934. Masovia suspendierte am 28. Oktober 1935, Littuania am 17. Mai 1936 und Hansea am 7. Juli 1936. Nur zwei von acht Kameradschaften fanden Unterstützung von Alten Herren der Königsberger Corps, die Liebenberg durch Masuren und die Tannenberg durch Littauer.


Erben[Bearbeiten]

„Albertina München“ mit vier Farben (1949/50)

In der Nachkriegszeit erwogen die vier Königsberger Corps die Gründung eines Nachfolgecorps in München. Masovia ging eigene Wege; mit dem rekonstituierten Corps Palaiomarchia Halle begründete sie im Januar 1950 den gemeinsamen Corpsburschen-Convent der Palaiomarchia-Masovia zu Kiel. Zwei Monate später entstand das Corps Albertina Hamburg.

SC-Lied[Bearbeiten]

Siegfried Schindelmeiser (1901–1986) schrieb in den 1970er Jahren die Erinnerung an Königsberg. Das ungesungene Studentenlied wurde 2010 bei der Neuausgabe seines Lebenswerks entdeckt. Zugleich ein Preislied auf Ostpreußens Provinzialhauptstadt und sein Blutgericht, läßt es sich ohne weiteres nach Heidelberg du Jugendbronnen oder Nicht der Pflicht nur zu genügen singen.

Königsberg am Pregelstrande,

Preußens alte Krönungsstadt
In dem deutschen Vaterlande
Man dich oft vergessen hat:
Keine Rebenhügel winken
Von den Ufern deines Stroms,
Nicht des Südens Sterne blinken
Auf die Dächer deines Doms.

Fröhlicher Studentenjahre
Heitrer Schauplatz bleibst du doch.
Bleichen auch die blonden Haare,
Lebt dein Bild im Herzen noch:
Ferner die Gedanken kreisen
Um dein Schloß und seinen Teich
Und im Ohr erklingen Weisen
Aus der Hufen grünem Reich.

Wo in Gärten Mädchen sitzen,
Wenn das Tageslicht entfloh’n,
Blaue Augen blinkend blitzen
Auf den schlanken Musensohn:
Bei Musik und sel´gem Plaudern
Wie im Flug die Zeit verrinnt,
Bis nach wiederholtem Zaudern
Dich zum Aufbruch mahnt das Kind.

Ja die Zeiten sind verklungen,

Alle Spuren längst verweht.
Was die Alten einst gesungen,
In der Jugend aufersteht.
Wie der Wind die Meereswogen
Immer wieder wirft ans Land,
Kommt die neue Zeit geflogen:
Und auch sie hat nicht Bestand.

Doch im Schloß im kühlen Keller
Fließt ein edler Rebensaft;
Und die Herzen schlagen schneller,
Zecht dort alte Bruderschaft:
Offene Gespräche schlingen
Ihren Kranz um einst und jetzt
Und zu immer neuen Dingen
Wird der Geist im Flug versetzt:

Burschenehre, Schlägerklänge,
Edle Pferde, heller Strand;
Mädchenlachen, Festgedränge,
Ernste Arbeit, Vaterland!
Und der Wein verdrängt die Jahre,
Und beredt die Lippe spricht:
„Trinken bleibt das einzig Wahre!
Bringt ein Hoch dem Blutgericht!“

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Hochspringen nach: 1,0 1,1 Franz Heyer: Wie kam die Masovia in den Kösener S.C.? Monatsbericht des Corps Masovia Nr. 3, 1. Januar 1920
  2. Hochspringen Kösener Meldung an den Vorort Erlangen
  3. Hochspringen nach: 3,0 3,1 3,2 S. Schindelmeiser, Bd. 2
  4. Hochspringen wohl Egon Busch, Assessor in Leipzig, gefallen 1915 in der Champagne; Kösener Corpslisten 1930, 88, 708

Literatur[Bearbeiten]

  • Ludwig Biewer: Studentisches Leben an der Universität Königsberg von der Wende zum 19. Jahrhundert bis zum Nationalsozialismus. In: Udo Arnold (Hrsg.): Preußen als Hochschullandschaft im 19./20. Jahrhundert. Nordostdeutsches Kulturwerk, Lüneburg 1992, S. 45–86.
  • Rüdiger Döhler: Der Seniorenconvent zu Königsberg. Ostpreußen und seine Corps vor dem Untergang, in Einst und Jetzt:
Teil I: Bd. 52 (2007), S. 147–176. ISSN 0420-8870
Teil II: Bd. 54 (2009), S. 219–288. ISSN 0420-8870
  • John Koch: Einhundert Jahre Königsberger Corpsstudententums. Deutsche Corpszeitung, 45. Jg. (1929), S. 376–378.
  • Eduard Loch: Geschichte des Corps Masovia 1830–1930. Königsberg 1930.
  • Siegfried Schindelmeiser: Die Albertina und ihre Studenten 1544 bis WS 1850/51 und Die Geschichte des Corps Baltia II zu Königsberg i. Pr. (1970–1985). Erstmals vollständige, bebilderte und kommentierte Neuausgabe in zwei Bänden mit einem Anhang, zwei Registern und einem Vorwort von Franz-Friedrich Prinz von Preussen, hg. von Rüdiger Döhler und Georg von Klitzing, München 2010, ISBN 978-3-00-028704-6
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