Juristische Fakultät der Universität Kiel
Universität Kiel Juristische Fakultät | |
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Gründung | 1665 |
Trägerschaft | staatlich |
Ort | Kiel |
Bundesland | Schleswig-Holstein |
Land | Deutschland |
Leitung | Kerstin Odendahl |
Studierende | 1963 (2016)[1] |
Website | www.jura.uni-kiel.de |
Die Juristische Fakultät der Christian-Albrechts-Universität Kiel ist eine der vier Gründungsfakultäten der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.[2]
Inhaltsverzeichnis
[Verbergen]Geschichte[Bearbeiten]
Die Fakultät wurde im Jahre 1665, nach Ende des Dreißigjährigen Krieges von Herzog Christian Albrecht von Schleswig-Holstein-Gottorf gegründet. Das 1914 als Kieler Institut für Internationales Recht gegründete Walther-Schücking-Institut für internationales Recht ist das älteste Universitätsinstitut für internationales Recht in Deutschland.[3]
Kieler SchuleAls Kieler Schule bezeichnet man eine Gruppe nationalsozialistischer Rechtswissenschaftler, die in der NS-Zeit an der juristischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel gewirkt haben. Sie entstand als auf Grundlage nationalsozialistischer Gesetze in Verbindung mit der jüdischen Abstammung und/oder der nicht systemkonformen Einstellung zahlreicher Professoren der juristischen Fakultät. Diese wurden in der Folge abberufen, frühpensioniert oder durch Einflussnahme verschiedener Art verdrängt. Ihren Platz nahmen zuverlässig nationalsozialistisch gesinnte Dozenten ein.[4] Die Universität Kiel setzte sich nach 1945 wiederholt kritisch mit ihrer eigenen Geschichte zur Zeit des Nationalsozialismus auseinander.[5] Als Konsequenz aus der besonders engen Verstrickung der Hochschule in die NS-Diktatur müssen zudem seit 1946 alle in Kiel promovierten Absolventen einen Eid ablegen, demzufolge sie nur der Wahrheit (und nicht einem Regime) dienen wollen.
Wissenschaftliche Ausbildung[Bearbeiten]
Neben dem grundständigen Jurastudium mit dem Abschlussziel Erste juristische Prüfung bietet die juristische Fakultät ein als Aufbaustudium konzipiertes Master-of-Laws-Programm (LL.M.) für Studenten mit einem ausländischen Studienabschluss.[6] Formen der Lehre sind Vorlesungen, Arbeitsgemeinschaften, Moot Courts und Seminare.
Nach der Zwischenprüfung, welche regelmäßig nach dem dritten oder vierten Fachsemester abzulegen ist, können Studierende einen von zwölf Schwerpunktbereichen wählen: Zivilrechtspflege mit Ausrichtung auf Familien- und Erbrecht, Zivilrechtspflege mit Ausrichtung auf Zivilverfahrensrecht, Kriminalwissenschaften, Staat und Verwaltung, Wirtschaftsrecht mit Ausrichtung auf Arbeitsrecht, Wirtschaftsrecht mit Ausrichtung auf Steuerrecht, Wirtschaftsrecht mit Ausrichtung auf Kartell- und Urheberrecht, Wirtschaftsrecht mit Ausrichtung auf Bank- und Kapitalmarktrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung, Völker- und Europarecht, Historische und Philosophische Grundlagen des Rechts, Gesundheitsrecht.[7]
An der Fakultät wird die Fachspezifische Fremdsprachenausbildung (FFA) als Zusatzqualifikation in englischer Sprache für Jurastudierende, Rechtsreferendare und Juristen mit abgeschlossener Ausbildung angeboten.[8] Das Programm erstreckt sich über vier Semester und hat einen Umfang von 80 ECTS-Punkten.[9] Damit geht es weit über die, für die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung notwendige, Fremdsprachenausbildung hinaus.
Internationales Engagement und Kooperationen[Bearbeiten]
Die rechtswissenschaftliche Fakultät unterhält Forschungskooperationen und Programme zum Studierendenaustausch mit zahlreichen Hochschulen, NGO's, und Regierungsorganisationen. Darüber hinaus ist die Fakultät in verschiedene Exzellenzinitativen eingebunden.
Im Rahmen des Erasmus-Programms unterhält die Fakultät Partnerschaften mit derzeit 24 Universitäten aus 17 Nationen.[10] Das Paris Programm der Fakultät ermöglicht Studenten für ein oder zwei Semester das Studium am Institut Catholique de Paris.[11] Darüber hinaus ist im Rahmen eines Aufenthalts an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Genf die Erlangung des Certificat de Droit Transnational (CDT) möglich.[12] Im Ramen des Zertifikats "Osteuropäisches Recht", welches unter anderem von der juristischen Fakultät der Universität Kiel angeboten wird, kann der Erwerb vertiefter Kenntnisse über die Rechtsordnungen Osteuropas durch einen studienbegleitenden Abschluß nachgewiesen werden.[13]
Die Fakultät ist im Rahmen von Professuren im Bereich des Seerechts am international anerkannten Exzellenzcluster Ozean der Zukunft beteiligt.[14] Teile der Fakultät sind darüber hinaus für das von der Europäischen Kommission initiierte und finanzierte Exzellenzprogramm "Human Rights – MUtually Raising excellence" ausgewählt worden. Ziel des Forschungsprojektes, welches in Kooperation mit der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tallinn und des Dänischen Instituts für Menschenrechte durchgeführt wird, ist der Ausbau der internationalen Spitzenforschung im Bereich der Menschenrechte in Europa.[15]
Professoren[Bearbeiten]
Aktuelle Professuren[Bearbeiten]
Privatrecht | Strafrecht | Öffentliches Recht |
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Haimo Schack | Dennis Bock | Andreas von Arnauld |
Hartmut Oetker | Andreas Hoyer | Ino Augsberg |
Saskia Lettmaier | Manfred Heinrich | Florian Becker |
Stefan Smid | Janique Brüning | Christoph Brüning |
Michael Stöber | Sebastian Graf von Kielmansegg | |
Alexander Trunk | Nele Matz-Lück | |
Rudolf Meyer-Pritzl | Kerstin Odendahl | |
Joachim Jickeli | ||
Dorothee Einsele |
Frühere Professoren (Auswahl)[Bearbeiten]
- Robert Alexy
- Jost Delbrück
- Monika Frommel
- Gerhard Igl
- Peter Kreutz
- Werner Schubert
- Albert von Mutius
- Heinz Wagner
- Hans Hattenhauer
Institute[Bearbeiten]
- Hermann Kantorowicz-Institut für juristische Grundlagenforschung
- Walther-Schücking-Institut für Internationales Recht
- Institut für Kriminalwissenschaften
- Institut für Osteuropäisches Recht
- Institut für Wirtschafts- und Steuerrecht
- Institut für und Internationales Privat- und Verfahrensrecht
- Institut für Öffentliches Wirtschaftsrecht
Bekannte Persönlichkeiten (Auswahl)[Bearbeiten]
Mit der Juristischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sind eine Reihe von namhaften Persönlichkeiten verbunden, die an ihr studiert, geforscht oder gelehrt haben.
Justiz[Bearbeiten]
- Doris König, deutsche Rechtswissenschaftlerin und seit Juni 2014 Richterin des Bundesverfassungsgerichts
- Sibylle Kessal-Wulf, seit Dezember 2011 Richterin des Bundesverfassungsgerichts
- Alfred Söllner, deutscher Rechtswissenschaftler, von 1987 bis 1995 Richter am Bundesverfassungsgericht
- Rudolf Katz, deutscher Poliker und Jurist, ehemaliger Richter und Vizepräsident am Bundesverfassungsgericht
- Martin Drath, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht
- Karin Graßhof, ehemalige Richterin am Bundesverfassungsgericht
- Kay Nehm, von Februar 1994 bis Mai 2006 Generalbundesanwalt der Bundesrepublik Deutschland, ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof
- Wolfgang Fränkel, von März bis Juli 1962 Generalbundesanwalt der Bundesrepublik Deutschland
- Gisela Niemeyer, 1972 bis 1977 Richterin am Bundesfinanzhof sowie von 1977 bis 1989 Richterin am Bundesverfassungsgericht
- Franz Wessel, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht und am Bundesgerichtshof
- Hans-Joachim Czub, ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof
- Henning Piper, ehemaliger Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
- Reinhold Thode, von 1988 bis 2005 Richter am Bundesgerichtshof
- Herbert Arndt, von 1953 bis 1974 Richter am Bundesgerichtshof
- Ernst Dürig, Senatspräsident am Bundesgerichtshof
- Karl Mannzen, ehemaliger Generalstaatsanwalt in Schleswig-Holstein, Richter am Bundesgerichtshof und Staatssekretär des Niedersächsischen Justizministeriums
- Horst Hagen, langjähriger Richter am Bundesgerichtshof und von 1994 bis 1999 dessen Vizepräsident
- Fritz Werner, von 1958 bis 1969 3. Präsident des Bundesverwaltungsgerichts
- Maren Thomsen, ehemalige Richterin am Bundesverwaltungsgericht, seit Anfang Januar 2014 Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts Schleswig
- Martin Baring, ehemaliger Senatspräsident beim Bundesverwaltungsgericht
- Heinz Joachim Bonk, ehemaliger Richter am Bundesverwaltungsgericht
- Werner Ernst, ehemaliger Richter am Bundesverwaltungsgericht
- Ondolf Rojahn, ehemaliger Richter am Bundesverwaltungsgericht
- Ingeborg Wolff, ehemalige und erste weibliche Vizepräsidentin des Bundessozialgerichts
- Thomas Voelzke, Vorsitzender Richter am Bundessozialgericht
- Marie-Luise Hilger, ehemalige Vorsitzende Richterin am Bundesarbeitsgericht
- Anne-Gudrun Meier-Scherling, als erste Frau von 1955 bis 1971 Richterin am Bundesarbeitsgericht
- Dietmar Gosch, ehemaliger Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof
- Günter Söffing, ehemaliger Richter am Bundesfinanzhof
- Uta Fölster, seit 2008 Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes
- Heribert Ostendorf, deutscher Rechtswissenschaftler und ehemaliger Generalstaatsanwalt in Schleswig-Holstein
Politik[Bearbeiten]
- Karl Schiller, von 1966 bis 1972 Bundesminister für Wirtschaft und von 1971 bis 1972 zusätzlich Bundesminister der Finanzen
- Lauritz Lauritzen, ehemaliger Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau, Bundesminister für Verkehr und Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen, außerdem ehemaliger Hessischer Minister für Justiz
- Hans-Hellmuth Qualen, von 1963 bis 1973 Finanzminister des Landes Schleswig-Holstein
- Rudolf Titzck, deutscher Poliker, von 1971 bis 1979 Innenminister, von 1979 bis 1983 Finanzminister und von 1983 bis 1987 Präsident des Landtages von Schleswig-Holstein.
- Wolfgang Kubicki, von 1992 bis 1993 und ist seit 1996 Vorsitzender der FDP-Fraktion im Landtag von Schleswig-Holstein, seit Dezember 2013 zudem stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP
- Johann Wadephul, von 2005 bis 2009 Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag von Schleswig-Holstein und seitdem Mitglied des Deutschen Bundestages
- Norbert Brackmann, Mitglied des Deutschen Bundestages
- Walter Bartram, 4. Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein
- Helmut Lemke, 7. Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein
- Uwe Barschel, 9. Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein
- Georg Beseler, deutscher Jurist und Politiker, Mitglied in der Frankfurter Nationalversammlung, Mitglied des Reichstages
- Bernhard Ernst von Bülow, dänischer und deutscher Diplomat, ehemaliger Staatssekretär im Auswärtigen Amt des Deutschen Kaiserreichs
- Walther Schücking, deutscher Politiker, Mitglied des Reichstags, Völkerrechtler
- Klaus Klingner, von 1988 bis 1996 Justizminister des Landes Schleswig-Holstein
- Klaus Buß, von 1998 bis 2000 Landwirtschaftsminister und von 2000 bis 2005 Innenminister des Landes Schleswig-Holstein
- Edzard Schmidt-Jortzig, deutscher Jurist und Politiker, Emeritus für Öffentliches Recht, von 1996 bis 1998 Bundesjustizminister
- Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofes
Wissenschaft[Bearbeiten]
- Gustav Radbruch, Rechtsphilosoph, ehemaliger Reichsminister der Justiz
- Anton Friedrich Justus Thibaut, deutscher Rechtswissenschaftler
- Thomas Rönnau, Rechtswissenschaftler und ordentlicher Professor an der Bucerius Law School in Hamburg
- Hermann Kantorowicz, deutscher Rechtswissenschaftler
- Karl Larenz, deutscher Zivilrechtler und Rechtsphilosoph
- Rudolf von Jhering, deutscher Rechtswissenschaftler
- Heinrich Hoeniger, deutscher Jurist, Rechtswissenschaftler und Sachbuchautor
- Hans von Hentig, deutscher Kriminologe
- Theodor Mommsen, deutscher Historiker, Jurist und Nobelpreisträger für Literatur
- Niels Nikolaus Falck, deutscher Rechtswissenschaftler, Historiker und Staatsmann
- Carl Theodor Welcker, deutscher Gelehrter und Politiker
- Lorenz von Stein, deutscher Staatsrechtslehrer, Soziologe und Nationalökonom
- Paul Johann Anselm von Feuerbach, deutscher Rechtswissenschaftler
- Hermann von Mangoldt, deutscher Staatswissenschaftler und Politiker, von Juni bis November 1946 Innenminister des Landes Schleswig-Holstein
- Walter Jellinek, deutscher Staats- und Völkerrechtler
Literatur, Film, Musik und Fernsehen[Bearbeiten]
- Theodor Storm, deutscher Schriftsteller und Jurist
- Timm Kröger, deutscher Schriftsteller und Jurist
- Erich Walter Sternberg, israelischer Komponist
Studentische Gruppen und Initiativen[Bearbeiten]
Studierende der juristischen Fakultät haben sich in verschiedenen Gruppen und Initiativen organisiert:
- Refugee Law Clinic Kiel[16]
- Fachschaftsinitiative
- European Law Students’ Association (ELSA Kiel e.V.[17])
Literatur[Bearbeiten]
- Erich Döhring: Geschichte der juristischen Fakultät 1665–1965. Wachholtz Verlag, Neumünster 1965.
- Jörn Eckert: Die juristische Fakultät im Nationalsozialismus. In: Hans Werner Prahl (Hrsg.): Uni-Formierung des Geistes. Universität Kiel im Nationalsozialismus. Kiel 1995, S. 51–86.
- Christina Wiener: Kieler Fakultät und 'Kieler Schule'. Die Rechtslehrer an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät zu Kiel in der Zeit des Nationalsozialismus und ihre Entnazifizierung. Nomos, Baden-Baden 2013, ISBN 978-3-8329-7884-6
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- Hochspringen ↑ „Zahlen, bitte!“ … zu Studierenden der Uni Kiel
- Hochspringen ↑ Herzlich Willkommen! — Rechtswissenschaftliche Fakultät. Abgerufen am 8. Februar 2017.
- Hochspringen ↑ Michael Stolleis: Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland - Weimarer Republik und Nationalsozialismus. C.H. Beck, München 2002, ISBN 978-3-406-48960-0, S. 394 f.
- Hochspringen ↑ Jörn Eckert: Was war die „Kieler Schule“? In: Franz Jürgen Säcker (Hrsg.): Recht und Rechtslehre im Nationalsozialismus. Baden-Baden 1992.
- Hochspringen ↑ Jörn Eckert: Die juristische Fakultät im Nationalsozialismus. In: Hans Werner Prahl (Hrsg.): Uni-Formierung des Geistes. Universität Kiel im Nationalsozialismus. Kiel 1995, S. 51–86.
- Hochspringen ↑ Website des LL.M. Programms der juristischen Fakultät. Abgerufen am 8. Februar 2017.
- Hochspringen ↑ Die Schwerpunktbereiche der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Abgerufen am 8. Februar 2017.
- Hochspringen ↑ Fachspezifische Fremdsprachenausbildung (FFA) der Juristischen Fakultät Kiel. Abgerufen am 8. Februar 2017.
- Hochspringen ↑ Zertifikatsordnung. Abgerufen am 8. Februar 2017.
- Hochspringen ↑ Partneruniversitäten der juristischen Fakultät. Abgerufen am 8. Februar 2017.
- Hochspringen ↑ Paris Programm der juristischen Fakultät. Abgerufen am 8. Februar 2017 (deutsch).
- Hochspringen ↑ Universität Genf: Informationsseite der Universität Genf bezüglich des Zertifikats. Abgerufen am 8. Februar 2017 (französisch).
- Hochspringen ↑ Zertifikat "Osteuropäisches Recht". Abgerufen am 8. Februar 2017.
- Hochspringen ↑ Mitgleider im Exzellenzcluster "Ozean der Zukunft" von der juristischen Fakultät. Abgerufen am 8. Februar 2017.
- Hochspringen ↑ European Commission: Human Rights – MUtually Raising excellence. Abgerufen am 8. Februar 2017.
- Hochspringen ↑ Zeitungsbericht über die Refugee Law Clinic Kiel. Abgerufen am 8. Februar 2017.
- Hochspringen ↑ Website von ELSA Kiel e.V. Abgerufen am 8. Februar 2017.