Humanistische Union Frankfurt

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Die Humanistische Union (OV Frankfurt) gehört zu den ältesten Ortsverbänden der 1962 gegründeten Bürgerrechtsvereinigung. Der Frankfurter Ortsverband, der sich ab 2013 (siehe unten) nach und nach auflöste, lieferte wichtige Impulse zu zentralen Themen des Vereins und zu gesellschaftlich bedeutsamen Diskussionen. Klare Kernbotschaften sind Bürgerrechte und die Befreiung von kirchlich-religiöser Bevormundung. Hierbei agierte der Ortsverband stets im Sinne des Gründungsaufrufs von Gerhard Szczesny, unserer Entmündung und Gleichschaltung diesmal im Namen der christlichen Heilslehre[1] entgegenzutreten. Hierzu gehörten die Beratung zum Kirchenaustritt[2], der Protest gegen religiös induzierte Beschneidung, die Forderung nach Legalisierung der Schwangerschaftsunterbrechung (die insbesondere von den Kirchen bekämpft wird). Weiter die Kritik an staatlicher Überwachung nicht nur durch den Verfassungsschutz, Kritik an Grundrechtsbeschränkungen, die klare Abgrenzung gegen Rechtsextremisten oder neue sozialpolitische Konzepte wie das bedingungslose Grundeinkommen. Zu den Gründern aus Frankfurt zählte u. a. der Hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer.

Als der Bundesvorstand eine religiöse Wende vollzog, blieb der Frankfurter Ortsverband den Maximen der Gründer treu. Vereinsintern hatte es Kontroversen um den neuen Kurs gegeben; Professor Theodor Ebert, langjähriges HU-Mitglied und Kläger gegen die Konkordatslehrstühle in Bayern, hatte eindringlich vor einer christlichen Übernahme mit Anschleichen und der religiösen Wende der HU gewarnt[3]. Nachdem ehemalige Bundesvorstandsmitglieder die Frankfurter Aktiven als „Atheismustaliban“ und „Säkularisationsstalinisten“ beschimpften, traten drei Viertel des Ortsvorstands zurück[4] und verließen den Verein. Die Frankfurter Rundschau, mit der die HU Frankfurt immer wieder eng zusammengearbeitet hatte, konnte nur noch „Humanistischer Union droht das Aus“ titeln[5] und über den Zerfall des zuvor so aktiven Verbands berichten.

Die religiöse Wende der vormals kirchenkritischen HU wurde in der säkularen Szene breit diskutiert: der Humanistische Pressedienst brachte ein Interview mit dem langjährigen Frankfurter Vorsitzenden Peter Menne[6]. Das politische Magazin für Konfessionslose und Atheisten MIZ – Materialien und Informationen zur Zeit berichtete mehrfach[7].


Veranstaltungspalette[Bearbeiten]

Mit Vorträgen, Konferenzen und Podiumsdiskussionen brachte die HU Frankfurt ihre Themen in die Öffentlichkeit. Manchmal rief sie auch zu Demonstrationen auf, z. B bei der Demonstration gegen Vorratsdatenspeicherung Löschen statt Sperren! in Frankfurt. Der Frankfurter HU-Vorsitzende Peter Menne hielt die Auftaktrede auf der Kundgebung vor der Paulskirche[8].

Zum 60. Jahrestag des Grundgesetzes am 23. Mai 2009 formulierte sie „Mehr Demokratie wagen!“ als positive Vision und veranstaltete auf den Tag genau einen Kongreß an historischem Ort: Genau in jenem Casino des I.G.-Farben-Hauses hatte der amerikanische Militärgouverneur Lucius D. Clay den Ministerpräsidenten der Länder der Trizone am 1. Juli 1948 den Auftrag erteilt, eine Verfassung für das Gebiet der Trizone auszuarbeiten[9]. Zu den Referenten gehörten Volker Mittendorf, der zu Direkter Demokratie sprach, und Dr. Sascha Liebermann, der mit dem innovativen, damals kaum bekannten Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens als Publikumsmagnet wirkte. Dem Ortsverband war wichtig, den Blick nach vorne zu richten: welche Weiterentwicklungen sind nötig, gerade auch um den zunehmenden Legitimitätsschwierigkeiten entgegenzutreten? In seiner Einführung hob Peter Menne hervor: „Gerade angesichts von zunehmendem Rechtsextremismus ist es wichtig, aufzuzeigen, daß es keine autoritäre Lösung für die aktuellen Probleme geben kann. Sondern nachhaltig tragfähig scheint mir nur ein weiterer Ausbau von Demokratie“[10].

Leitkultur Menschenrechte[Bearbeiten]

Mit dem Begriff der „Leitkultur“ versuchen manche Konservative, vor allem Migranten auszuschließen. Die HU Frankfurt wendete den Begriff ins Positive, indem sie mit der universellen Idee der Menschenrechte verknüpfte: „Seit Dezember diskutierten wir intern, was uns verbindet, was das Wertvolle unserer Kultur ist. Ergebnis: die Errungenschaften der Aufklärung, der mit ihr entstandene Humanismus und die Menschenrechte, die sich aus ihr entwickelt haben, schrieb der Vorsitzende Peter Menne in seinem Résumé der ersten Staffel[11], für die der Ortsverband die Frankfurter Rundschau[12] und die Sebastian-Cobler-Stiftung als Kooperationspartner gewonnen hatte. Die Reihe thematisierte verschiedene Aspekte der Menschenrechte. Zur Eröffnung sprach Dr. Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, über „Humanismus und Aufklärung als Leitkultur“[13]. Weitere Themen waren Bildung und Menschenrechte (mit Prof. Micha Brumlik[14]), die Situtation der Alten, insbesondere in Pflegeheimen (mit Claus Fussek) oder das Geschäft mit der Nächstenliebe: Caritas und Diakonie[15]. Dr. Carsten Frerk nahm die besondere Situation der mit Abstand größten Arbeitgeber Deutschlands unter die Lupe. Höhepunkt der zweiten Staffel war die Podiumsdiskussion „Wirtschaft und Menschenrechte“ mit Sven Giegold (damals attac-Koordinierungskreis, heute Europa-Abgeordneter {Die Grünen}, Prof. Hans-Olaf Henkel (ehemaliger Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie {BDI} und Prof. Friedhelm Hengsbach SJ, Sozialethiker an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen[16].


Wirtschaft und bedingungsloses Grundeinkommen[Bearbeiten]

Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens stieß auf so hohe Resonanz, dass der Ortsvorstand beschloß, Sascha Liebermann erneut einzuladen, diesmal zu kontroverser Diskussion mit einem klaren Gegner eines Grundeinkommens: Axel Gerntke, Gewerkschaftssekretär und Ressortleiter Allgemeine Sozial- und Arbeitsmarktpolitik beim Vorstand der IG Metall. Peter Menne moderierte die Kontroverse in Frankfurts prall gefülltem Club Voltaire[17].

Wie kann ein humanes Wirtschaftssystem aussehen? Der Frage widmete sich auch eine weitere kontroverse Podiumsdiskussion. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2009 lud die Humanistische Union Frankfurt unter dem Motto „Der Kapitalismus ist am Ende. Wirklich?“ den Ordoliberalen Walter Oswalt und den Neomarxisten Robert Kurz zur streitigen Diskussion[18].

Würdigung des Wirkens von HU-Gründer Fritz Bauer[Bearbeiten]

Fritz Bauer gehörte nicht nur zu den Gründern der Humanistischen Union. Der sozialdemokratische Jurist leistete entscheidende Beiträge zur Verfolgung von Nazi-Unrecht – vom Remer-Prozeß über den Hinweis zur Ergreifung Adolf Eichmanns in Argentinien bis zur Vorbereitung des Prozesses gegen die Psychiater, die in Hadamar (und anderswo) psychisch Kranke ermordeten. Die Filmemacherin Ilona Ziok schuf ein filmisches Portrait des Ausnahmejuristen – das in der Preview auf dem Kölner Verbandstag des HU-Bundesverbands von kaum zwei Dutzend Zuschauern zur Kenntnis genommen wurde. Doch der Frankfurter Ortsvorsitzende Menne sprach die Filmemacherin Ziok an – und holte sie mit ihrem Dokumentarfilm zur Diskussion nach Frankfurt. Der Club Voltaire war blitzschnell ausverkauft; die Frankfurter Rundschau berichtete auf einer Doppelseite über Bauer und die Veranstaltung, klagte nicht ganz zu Unrecht über den „Quadratzentimeter Platz“, den die FR-Rezensentin erhaschen konnte.[19].

Auch bei der Hessenpremiere[20] im Frankfurter Naxos-Kino mußten viele Besucher wegen Überfüllung abgewiesen werden – trotz unterkühltem Saal! Dank Unterstützung durch die IG Metall wurde das Publikum mit Sekt und Canapées entschädigt. Inhaltlich spannend war das Podiumsgespräch mit der Regisseurin Ilona Ziok, dem Frankfurter HU-Vorsitzenden Peter Menne und dem Berliner Rechtsanwalt Dr. Christian Hullmann.

Kooperation mit dem Fritz Bauer Institut[Bearbeiten]

Nicht nur der Kongreß „60 Jahre Grundgesetz – mehr Demokratie wagen!“ erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Fritz Bauer-Institut. Die Zusammenarbeit zwischen dessen damaligen Direktor Prof. Micha Brumlik und dem Ortsvorsitzenden Peter Menne begann mit der Podiumsdiskussion „Die braune Gefahr: NPD verbieten?“ im Casino des I.G.-Farben-Hauses. Dass die neuen Nazis eine Gefahr sind, darüber waren sich die Kontrahenten auf dem Podium einig. Doch wäre ein Parteiverbot das richtige Mittel? Darüber diskutierten Prof. Dr. Hajo Funke (Berlin) und Dr. Horst Meier (Hamburg). Brumlik sprach einleitende Worte, Menne moderierte die Diskussion[21].

Später referierte Prof. Brumlik in der ersten Staffel der Reihe „Leitkultur Menschenrechte“, die die HU Frankfurt im Denkbar-Nachfolger Café Wiesengrund veranstaltete, über Bildung für Menschenrechte[22].


Kooperation mit der Frankfurter Rundschau[Bearbeiten]

Mit Leitkultur Menschenrechte ist das Anliegen der Humanistischen Union Frankfurt knapp umrissen. Den Grundgedanken entfalteten Menne und Mitstreiter in der mehrjährigen Veranstaltungsreihe. Der HU-Ortsvorsitzende gewann die Frankfurter Rundschau als Kooperations- und Medienpartner, so dass die Referenten zu den verschiedenen Aspekten der Menschenrechte (vom Recht auf Bildung bis zu den Rechten im Alter: im Pflegeheim) ihre Thesen vorab auf der Standpunkte-Seite der FR veröffentlichen konnten. In einem Kasten wurde bundesweit für die darauf folgende Veranstaltung geworben.

In der NSU-Affäre wurde das Versagen des Verfassungsschutzes überdeutlich. Das Auflösen der Spitzelbehörde gehört zu den Kernanliegen der Humanistischen Union schon seit ihren Gründungstagen. „Brauchen wir den Verfassungsschutz?“ – die Frage stellten sich nicht nur zunehmend mehr kritische Geister. Der HU Frankfurt kam die Idee, Verfassungsschutz-Vertreter zur kontroversen Diskussion[23] mit exponierten Verfassungsschutzkritikern einzuladen. Vorsitzender Peter Menne gewann die Frankfurter Rundschau für das Projekt und moderierte gemeinsam mit dem FR-Redakteur Volker Schmidt das Streitgespräch zwischen der damaligen stellvertretenden Präsidentin des Hessischen Verfassungsschutzes Catrin Rieband (heute: Bundesamt für Verfassungsschutz) und dem früheren Abteilungsleiter „Rechtsextremismus“ im BfV und heutigen "Schlapphüte"-Ausbilder Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber gegen den Präsidenten der Internationalen Liga für Menschenrechte Dr. Rolf Gössner (der selbst jahrelang Opfer einer rechtswidrigen Überwachung durch den Verfassungsschutz war) und Matthias Quent, Gründungsdirektor des Institutes für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ), damals wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Jena[24]. Die konträre Diskussion war das erste Gespräch von Verfassungsschutzvertretern mit Verfassungsschutzgegnern.

Ideologiekritik, insbesondere Kritik an Religionen und deren Kirchen[Bearbeiten]

Kirchenkritik: das Anliegen des HU-Gründers Szczesny war dem Frankfurter Ortsverein von Beginn an wichtig. Früh übernahm die HU Frankfurt eine Vorreiterrolle in der Kritik der verfassungswidrigen Priviliegien[25] der Kirchen. Schon zu Beginn der 1970er Jahre warb sie für den Kirchenaustritt, in der klerikalen Atmosphäre der damaligen Zeit noch getarnt als „HU-Informationsstelle für Kirchenaustrittswillige“. Den Vorsitz der bundesweiten „Beratungsstelle“ führte das Frankfurter HU-Mitglied Helmut Debelius (der später in den Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung berufen wurde)[26].

Der Ortsverband weitete seine Kritik bald auf weitere Religionen und sonstige autoritäre Ideologien aus, kritisierte gleichermaßen den Dalai Lama, das Sektenoberhaupt der tibetischen Buddhisten[27].

Über den „Islam: Fundamentalismus oder Integration“ diskutierten Turgut Yüksel (Hessischer Landtagsabgeordneter {SPD}) und Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber auf Einladung der Frankfurter HU[28], die ihre Standpunkte beide vorab in der Frankfurter Rundschau veröffentlichen konnten[29].

Der atheistische Philosoph Dr. Dr. Joachim Kahl reiste v.a. in der Ära Klaus Scheunemann mehrfach zu Vorträgen an. Sein Nachfolger Menne holte Prof. Dr. Franz Buggle in Frankfurts Denkbar. Der Freiburger Emeritus für Entwicklungspsychologie las aus Denn sie wissen nicht, was sie glauben.Oder warum man redlicherweise nicht mehr Christ sein kann[30], der Streitschrift, in der er nachweist, was für einen rachsüchtigen, eitlen und willkürlich handelnden Gott Altes und Neues Testament predigen. Kein halbes Jahr später folgte Dr. Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, der seinen ersten Roman Stollbergs Inferno[31] im Frankfurter Club Voltaire präsentierte.

Den Band Wo bitte geht‘s zu Gott? fragte das kleine Ferkel, den Schmidt-Salomon gemeinsam mit dem Zeichner Helge Nyncke herausgebracht hatte, versuchte die Kirche als jugendgefährdend auf den Index setzen lassen – ausgerechnet ein Kinderbuch! Solch hinterhältiger Angriff auf Meinungs- und Religionsfreiheit war der HU Frankfurt ein Grund mehr, die Autoren zur GegenBuchMasse 2009 in den Club Voltaire einzuladen[32]. Der Spezialist für Kirchenfinanzen Carsten Frerk gehörte zu den regelmäßigen Gästen.

Nicht nur andere sprachen wider die Kirche; mit eigenen Stellungnahmen verschaffte der Ortsverband dem Kernanliegen der HU Gehör. So bat der Fernsehsender RTL den Vorsitzenden Peter Menne zum Interview, als Papst Benedetto Ratzinger passend zum Rosenmontag seinen Rücktritt erklärte. Zwischen allzuvielen betrübten Kirchengängern gab Menne ein kritisches Statement ab[33]. Den Einzug des Mitgliedsbeitrags „Kirchensteuer“ durch öffentliche Finanzämter kommentierte er im Radio[34]. Ortsübergreifend fand der Ortsverband Gehör: Der Wiesbadener Kurier bat die Frankfurter Humanisten um Stellungnahme zur Frage "Ist Religionsunterricht in Deutschland noch zeitgemäß?" Im Pro und Contra der Zeitung formulierte der Vorsitzende Menne die Position contra staatlichen Religionsunterricht[35].

Rechtsextremismus und das Versagen des Verfassungsschutzes[Bearbeiten]

Das Versagen des Verfassungsschutzes in der NSU-Affäre beschäftigt diverse Untersuchungsausschüsse. Der Frankfurter HU-Vorsitzende Peter Menne organisierte die erste Diskussion zwischen erklärten Verfassungsschutzkritikern und dessen Vertretern[36]. Er gewann wieder die Frankfurter Rundschau als Medienpartner[37] und moderierte gemeinsam mit dem FR-Redakteur Volker Schmidt die Diskussion von der damaligen stellvertretenden Präsidentin des Hessischen Verfassungsschutzes Catrin Rieband (heute: Bundesamt für Verfassungsschutz) und dem ehemaligen Abteilungsleiter und heutigen "Schlapphüte"-Ausbilder Prof. Armin Pfahl-Traughber kontrovers mit Dr. Rolf Gössner, Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte und selbst jahrzehntelang rechtswidrig vom Verfassungsschutz beobachtet, und Matthias Quent, Rechtsextremismusexperte der Universität Jena im September 2012 in Frankfurt.

Die Frankfurter HU diskutiert die besten Wege, den Gefahren von rechts für die Demokratie zu begegnen. Ob die NPD als Sammelbecken von rechtsnationalen bis faschistischen Meinungen verboten werden solle, blieb auch nach dem Scheitern des ersten Verbotsverfahrens 2003 strittig. Die HU beteiligte sich an der Debatte, indem sie unter dem Titel "Braune Gefahr: NPD verbieten?" den Berliner Politikwissenschaftler Prof. Hajo Funke und den Hamburger Autor Dr. Horst Meier ins Casino des I.G.-Fragen-Hauses einlud. Micha Brumlik, Direktor des Fritz-Bauer-Instituts, begrüßte die Gäste, anschließend moderiert Peter Menne die kontroverse Diskussion[38].


Polizei & Staatsgewalt[Bearbeiten]

Die Begrenzung der Staatsgewalt und der Schutz nicht nur der Bürger, sondern aller Menschen vor Übergriffen durch Polizei und Sicherheitsdiensten gehörte in der Ära Menne zu den Kernthemen: Kurz nach dessen Wahl zum HU-Bundesvorsitzenden lud er den früheren Sprecher der Kritischen Polizisten Reinhard Mokros nach Frankfurt ein[39]. Die Frankfurter Rundschau titelte darauf Der neue Chef sieht den Deutschen immer noch als Untertan[40].

Es folgten Veranstaltungen und Vorträge zu Vorratsdatenspeicherung, Onlinedurchsuchung und Kfz.-Mautsystem mit der ehemaligen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger[41]; zur BKA-Novelle, Bundestrojaner und Rasterfahndung mit Anne Roth und CILIP-Redakteur Heiner Busch[42] oder die Podiumsdiskussion zur Steuer-ID mit RA Dr. Till Müller-Heidelberg und dem späteren Bundesvorsitzenden der Piratenpartei Thorsten Wirth[43]. Betroffene von Polizeigewalt kamen zu Wort wie der unrechtmäßig inhaftierte Gießener Anarchist Jörg Bergstedt: Tatort Gutfleischstraße. Rechtswidriger Polizeigewahrsam[44]. Der amnesty international-Experte Andreas Schwandtner und RA Tronje Döhmer warnten in Polizeiübergriffe im Rechtsstaat[45] vor widerrechtlichen Polizeimaßnahmen wie z.B. Polizeikesseln oder Todesschüsse gegen Unschuldige.


Geschichte des Ortsvereins[Bearbeiten]

Der Ortsverband Frankfurt gehörte zu den ersten der 1961 in München gegründeten Humanistischen Union. Jahrzehntelang wurde er (mit Unterbrechungen) vom Hörfunkjournalisten Klaus Scheunemann (* 1936 – 2015) geleitet, der der HU noch im Gründungsjahr 1961 beigetreten war. Zu seinen Kernthemen zählten neben der Kirchenkritik das Recht auf Schwangerschaftsunterbrechung und die Reform des Strafvollzugs. Aus Altersgründen gab Scheunemann 2002 den Ortsvorsitz und 2010 auch seine Position als Beisitzer im Ortsvorstand auf[46].

Peter Menne steht für den Generationswechsel in der Frankfurter HU: im Juli 2002 wurde er zum Vorsitzenden gewählt[47]. Im Verein engagierte sich Menne schon länger: schon zu Studienzeiten im Ortsverband Marburg und seit Juli 1998 als Beisitzer im Ortsvorstand. Mit seinen Veranstaltungen sorgte Menne für deutlich höhere Präsenz der HU, sowohl vor Ort wie auch in den Medien. Er setzte die Themen so, dass sie zahlreiches Publikum ansprachen (und manche Veranstaltung wegen Überfüllung geschlossen werden mußte). Zugleich gewann er Kooperationspartner, mit denen die Themen gemeinsam bearbeitet und beworben wurden, neben der Frankfurter Rundschau und dem Fritz Bauer-Institut beispielsweise die Sebastian Cobler-Stiftung oder die Giordano Bruno-Stiftung (gbs).

Die religiöse Wende von Bundesvorstand und -geschäftsführung läutete das Ende der Humanistischen Union Frankfurt ein. Prof. Theo Ebert warnte schon bei Delegiertenkonferenz in Frankfurt im Juni 2009 vor der beabsichtigten Fusion mit der Gustav-Heinemann-Initiative als „christlicher Übernahme mit Anschleichen“[48] durch den evangelisch geprägten Verein. Im Zuge der Beschneidungsdebatte äußerte sich der (fusionierte) Vorstand so schwammig, statt eindeutig für die körperliche Unversehrtheit (Art. 2, 2 GG) des Kindes und dessen Schutz vor religiös motivierter Verstümmelung einzutreten, so dass vielerorts die Aktiven die HU verließen, allein im Großraum Köln-Bonn rund die Hälfte[49].

Im Februar 2013 reichte es auch Vorstand und Aktiven der Humanistischen Union Frankfurt: drei Viertel des Ortsvorstandes traten auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zurück und aus dem Verein aus. Sehr viele Mitglieder schlossen sich diesem Schritt spontan an und verließen ebenfalls die HU aufgrund der neuen Kirchen- und Religionspolitik der Bundesgeschäftsführung[50]. Weitere Veranstaltungen hatte der alte Vorstand schon in die Wege geleitet: so kam die preisgekrönte Filmemacherin Ilona Ziok erneut nach Frankfurt[51] – auf Einladung eines befreundeten Vereins. Die HU Frankfurt hatte vorab die Finanzierung sichergestellt. Kurz darauf las Helge Nyncke gepfefferte Satiren und gesalzene Erkenntnisse über den Ex-Papst, Esoteriker, Gott und die Welt [52] – auch bei der Veranstaltung hatte der alte Ortsvorstand dafür gesorgt, dass die angesparten Mitgliedsbeiträge im Sinne der Vereinsgründer und der Aktiven ausgegeben werden. Der größte Teil der liquiden Mittel war rechtzeitig und wohlweislich in einer Pressemappe [53] beim Humanistischen Pressedienst (hpd) angelegt worden. Die Rückzahlungswünsche des HU-Bundesgeschäftsführers wies der hpd-Vorsitzende süffisant zurück.

Die Frankfurter Rundschau berichtete mehrspaltig[54] über das Ende der einst verdienstvollen Bürgerrechtsorganisation. Der Bundesgeschäftsführer versuchte, dem negativen Echo entgegenzutreten und mobilisierte zur Wahl eines neuen Ortsvorstands eine Reihe von Karteileichen. Das Protokoll ihrer Mitgliederversammlung konnten die allerdings nicht alleine schreiben, so dass dafür der Bundesgeschäftsführer extra aus Berlin angereisen mußte. Der neue Ortsvorsitzende setzte zwar seinen Namen und seine Handy-Nummer auf die Pressemappe [55] beim hpd – doch wurde bis zum Ende der Amtszeit nicht einmal eine konstituierende Vorstandssitzung einberufen. Damit endete der Ortsverein, der das humanistische Anliegen des Gründungsaufrufs konsequent vertreten und ihm so großes, teils bundesweites Echo verschafft hatte.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Gründungsaufruf von Gerhard Czesny
  2. "HU-Informationsstelle für Kirchenaustrittswillige zieht Zwischenbilanz", in: Mitteilungen des Ortsverbands Frankfurt / M. , Nr. 40 vom November 1973
  3. Christliche Übernahme mit Anschleichen? – Positionspapier von Prof. Theodor Ebert
  4. 3 / 4 des Vorstands zurückgetreten. OV Frankfurt trägt Wandel durch Bundesvorstand nicht mit
  5. Humanistischer Union droht das Aus. Drei Viertel des Frankfurter Vorstands treten im Streit mit der Bundesebene zurück, in: Frankfurter Rundschau vom 27. Februar 2013
  6. Interview Die religiöse Wende der Humanistischen Union mit Peter Menne, hpd, 6.12.2013
  7. Bericht Humanistische Union in MIZ 1 / 13 oder Interview Die religiöse Wende der HU wollten wir nicht mittragen mit Peter Menne, MIZ 3 / 13
  8. Videomitschnitt ab der zweiten Hälfte der Auftaktrede oder vom HU-Bundesgeschäftsführer gekürzte Fassung oder vollständiger Redetext von Peter Menne
  9. 60 Jahre Grundgesetz – mehr Demokratie wagen! Der Medienpartner Frankfurter Rundschau kündigte den Kongreß als Nachdenklichen Glückwunsch an.
  10. Eröffnungsrede des Frankfurter HU–Vorsitzenden Peter Menne
  11. „Leitkultur Menschenrechte. Erfolgreiche Veranstaltungsreihe der HU Frankfurt“
  12. Humanistische Union: Vortragsreihe über Menschenrechte beginnt, in Frankfurter Rundschau vom 30.03.2006
  13. Vorab veröffentlichte er seine Thesen auf der FR-Standpunkte-Seite: Leitkultur Aufklärung. Ein offensives Bekenntnis zur Tradition des Humanismus ist nötig, sonst droht ein Jahrhundert der Religionskriege, von Michael Schmidt-Salomon, in FR vom 25.03.2005
  14. Die Würde des Menschen, Prof. Dr. Micha Brumlik in FR vom 22.04.2006
  15. Das Geschäft mit der Nächstenliebe, Dr. Carsten Frerk in FR vom 1.06.2006
  16. Wirtschaft und Menschenrechte, Podiumsdiskussion mit Prof. Hans-Olaf Henkel, Prof. Friedhelm Hengsbach und Sven Giegold in der Reihe „Leitkultur Menschenrechte“
  17. Bedingungsloses Grundeinkommen: Zukunftsmodell oder zu phantastisch?
  18. Veranstaltungsankündigung Der Kapitalismus ist am Ende – wirklich? und Veranstaltungsbericht Der Kapitalismus ist am Ende – wirklich?
  19. Das öffentliche Hinsehen. Niederschmetternde Dokumentation über den Aufklärer und Ankläger Fritz Bauer in Frankfurter Rundschau, 7.02.2011
  20. Hessenpremiere der Dokumentation zu Fritz Bauer, Humanistischer Pressedienst (hpd), 29.11.2010
  21. Bericht Streitgespräch: Experten debattieren über NPD-Verbot in: Frankfurter Rundschau, 29. April 2005 und Veranstaltungsankündigung Die braune Gefahr: NPD verbieten?
  22. Bildung für Menschenrechte. Vortrag von Prof. Dr. Micha Brumlik in der Reihe „Leitkultur“
  23. Qualifizierte Kontroverse
  24. Brauchen wir den Verfassungsschutz? Diskussion im FR-Depot
  25. Schon die Weimarer Verfassung schrieb in Art. 138 WRV vor, dass die Staatsleistungen an die Kirche beendet werden müssen. Dieser und vier weitere Artikel sind Bestandteil des Grundgesetzes (Art. 140 GG) – jedoch hat die Politik die Umsetzung dieser Grundgesetzbestimmung immer noch nicht begonnen.
  26. HU-Informationsstelle für Kirchenaustrittswillige zieht Zwischenbilanz in: Mitteilungen des Ortsverbandes Frankfurt / M. der Humanistischen Union, Nr. 40 vom November 1973
  27. „Der Dalai Lama: Fall eines Gottkönigs“, Vortrag von Colin Goldner auf Einladung von HU und Freidenkern im Rahmen der GegenBuchMasse am 18. Oktober 2008 im Club Voltaire, Frankfurt
  28. Islam: Fundamentalismus oder Integration? Podiumsdiskussion mit Turgut Yüksel und Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber
  29. Die neue Gretchenfrage. Hat der Glaube oder haben die Menschenrechte Vorrang? Viele Muslime wissen nicht, wie sie sich entscheiden sollen. Aber auch Christen plädieren nicht immer für Toleranz“, mit Thesen von Turgut Yüksel und Armin Pfahl-Traughber
  30. Denn sie wissen nicht, was sie glauben. Oder warum man redlicherweise nicht mehr Christ sein kann. Lesung von Prof. Dr. Franz Buggle in Denkbar, Frankfurt
  31. Stollbergs Inferno. Die „Satanischen Verse“ des Christentums, Lesung mit Dr. Michael Schmidt-Salomon im Club Voltaire, Frankfurt
  32. Wo bitte gehts zu Gott?, fragte das kleine Ferkel
  33. RTL aktuell am Mo., 11. Feb. 2013 um 18:45
  34. Hit Radio FFH am 21. März 2010
  35. Ist Religionsunterricht in Deutschland noch zeitgemäß?, Peter Menne im Wiesbadener Kurier]
  36. Qualifizierte Kontroverse
  37. Brauchen wir den Verfassungsschutz? Diskussion im FR-Depot
  38. Ankündigung Streitgespräch: Experten debattieren über NPD-Verbot in Frankfurter Rundschau vom 29. April 2005 und Bericht Bürgerrechtler bei NPD uneins. Wissenschaftler streiten über Verbot der rechtsextremen Partei in der FR vom 2. Mai 2005.
  39. Innere Sicherheit als Gefahr. Eine Bestandsaufnahme aus bürgerrechtlicher Sicht, Vortrag von Reinhard Mokros
  40. Karin Dalka: Der neue Chef sieht den Deutschen noch immer als Untertan, in: Frankfurter Rundschau vom 2. Februar 2004
  41. Grundrechtsblinde Politik der Inneren Sicherheit. Vorratsdatenspeicherung, Onlinedurchsuchung, Kfz.-Mautsystem", Vortrag von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in der Reihe "Leitkultur Menschenrechte. Ihr Standpunkt: Unbelehrbare Innenpolitiker. Die ins Maßlose abgleitenden Pläne zur Überwachung der Bundesbürger sind ein verfassungsrechtliches Desaster in FR vom 12.03.2007
  42. Ankündigung von Die BKA-Novelle: Bundestrojaner, Rasterfahndung, Online-Durchsuchung - und was noch?, Podiumsdiskussion mit Anne Roth und Heiner Busch, sowie Bericht vom Frankfurter Podium zur BKA-Novelle
  43. Ankündigung von Die Steuer-ID: Personenkennzeichen bis zum jüngsten Gericht loder Bericht von der Podiumsdiskussion
  44. Tatort Gutfleischstraße. Rechtswidriger Polizeigewahrsam, Vortrag von Jörg Bergstedt
  45. Polizei-Übergriffe im Rechtsstaat
  46. Herzlichen Dank an Klaus Scheunemann in HU-Mitteilungen Nr. 2010
  47. Notiz in der Frankfurter Rundschau vom 24. Juni 2002: Personalien: Peter Menne
  48. Christiche Übernahme mit Anschleichen? Oder: Warum die DK einer Verschmelzung der HU mit der Gustav-Heinemann-Initiative nicht zustimmen sollte; Positionspapier von Prof. Theo Ebert zur Delegiertenkonferenz (DK) der Humanistischen Union (HU) am 13. / 14. Juni 2009 im Frankfurter Presseclub.
  49. Zündfunke in MIZ 1 / 2013
  50. 3 / 4 des Vorstands zurückgetreten, Meldung auf der Homepage von Bundesverband und Ortsverein; der Informationsdienst Frankfurter Info veröffentlichte die Rücktrittserklärung gleichfalls in voller Länge.
  51. Filmvorführung und Diskussion Der Junker und der Kommunist mit freundlicher Unterstützung der Humanistischen Union
  52. Wir sind Pontif-Ex! Helge Nyncke zum aktuellen und zeitlosen Heiligen BimBam
  53. Pressemappe Humanistische Union OV Frankfurt / Main
  54. Humanistischer Union droht das Aus. Drei Viertel des Frankfurter Vorstands treten im Streit mit der Bundesebene zurück, in: Frankfurter Rundschau vom 27. Februar 2013
  55. Pressemappe Humanistische Union OV Frankfurt / Main