Helikal-Gewindeformen

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Helikal-Gewindeformer Punch Tap

Das Helikal-Gewindeformen stellt neben Gewindeformen, Gewindeschneiden und Gewindefräsen ein weiteres Fertigungsverfahren zur Erzeugung von Innengewinden dar.

Geschichte/Namensgebung[Bearbeiten]

Das patentierte Verfahren wurde in einer Kooperation zwischen der Audi AG und EMUGE-FRANKEN entwickelt und 2014 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

Helikal-Gewindeformer[Bearbeiten]

Helikal-Gewindeformer sind aus einem speziellem Schnellarbeitsstahl (HSS) gefertigt. Das Werkzeug besitzt kein durchgehendes Gewindeprofil am Umfang, sondern nur zwei Zahnreihen. Diese sind um 180° versetzt angeordnet und verlaufen spiralisiert über die nutzbare Einsatztiefe. Der erste Zahn am Werkzeug ist verstärkt. Am zylindrischen Schaft befindet sich ein Vierkant mit schräger Spannfläche.

Ein Helikal-Gewindeformer ist in der Regel mit einer zentralen Innenkühlung versehen und mit MMS/Innenkühlung einsetzbar. Die maschinenseitige Aufnahme erfolgt über eine spezielle Werkzeugaufnahme mit Spannzange, seitlicher Spannschraube und integrierter Vierkantaufnahme. Mit Prozesszeiten unter 0,5 sec. wirkt das Gewindeformen ähnlich einem Stanzen von Gewinden.

Verfahrensbeschreibung[Bearbeiten]

Verfahrensbeschreibung des Punch Tap Zyklus

Der grundlegende Bewegungsablauf des Verfahrens besteht aus den folgenden drei Arbeitsschritten:

Schritt: Einfahren/Nuterzeugung[Bearbeiten]

Beim Einfahren in die Vorbohrung erzeugt der erste Zahn (Räumzahn) jeder Zahnreihe eine Nut. Diese helikale Zustellung in die Vorbohrung dient dazu, den Helikal-Gewindeformer auf Einsatztiefe zu bringen. Im ersten Arbeitsschritt wird noch kein Gewinde geformt.

Schritt: Gewindeformen[Bearbeiten]

Ist der Helikal-Gewindeformer auf Einsatztiefe/Zustelltiefe angekommen, erfolgt das Gewindeformen. Hierbei wird eine synchrone Bewegung der Vorschub und Rotationsachse ausgeführt. Die Gewindeerzeugung erfolgt in nur einer halben Linksdrehung in der Gewindesteigung. Die axiale Richtung ist hierbei „von unten nach oben“ entgegengesetzt der Einfahrrichtung. Jeder Zahn auf dem Punch Tap-Werkzeug erzeugt einen halben Gewindegang (ca. 180°). Damit ist das Gewinde fertig geformt.

Schritt: Herausfahren[Bearbeiten]

Nach der Ausführung des Gewindeformens wird der Helikal-Gewindeformer durch die erzeugten Nuten aus der Bohrung helikal herausgefahren.

Anwendung[Bearbeiten]

Punch Tap Anwendung - Vorbohrung

Vorbohrung[Bearbeiten]

Zum Helikal-Gewindeformen eines Innengewindes wird zuerst eine zylindrische Vorbohrung erzeugt, deren Durchmesser kleiner ist als der Nenndurchmesser des Gewindes.

Beispiel:

  • Regelgewinde M6 mit einer Gewindesteigung von 1,0 mm
  • Vorbohrung wird mit einem Durchmesser 5,55 mm gefertigt. Die Vorbohrdurchmesser werden durch den Werkzeughersteller angegeben und können materialabhängig variieren.
  • Anschließend werden, um beim Einfahren eine bessere Einführung in die Bohrung zu erhalten und um zu verhindern, dass der erste Gewindegang herausgedrückt wird, Kegelsenkungen eingebracht, die der Größe des Gewindedurchmessers zuzüglich 5 % von diesem entsprechen. Bei einem M6-Gewinde ist das 6 + 0,3 mm, also eine 90° Senkung mit 6,3 mm Durchmesser. Angelehnt an DIN 76-1:2004-06.

Schmierung[Bearbeiten]

Zur Steigerung der Standzeit der Werkzeuge und für optimale Oberflächenqualitäten werden Schneidöle/Minimalmengenschmierung oder auch andere Kühlschmiermittel zur Schmierung verwendet, da das die Reibung zwischen Werkzeugdrückstege und dem Werkstoff das notwendige Drehmoment verringert.

Beschichtung[Bearbeiten]

Um die Haft/-Gleitreibung zwischen Werkzeug und Werkstoff so gering wie möglich zu halten werden die Werkzeuge mit verschiedenen PVD-Beschichtungen versehen. Zusätzlich wird dadurch ein frühzeitiger Werkzeugverschleiß verhindert.

Maschine/Steuerung[Bearbeiten]

Der Einsatz der Werkzeuge kann auf herkömmlichen dynamischen CNC-Maschinen mit Synchronsteuerung und Sondergewinde-Zyklen (Punch Tap-Zyklen) erfolgen.

Erzeugtes Gewinde[Bearbeiten]

Geformtes Gewinde mit Helikalnuten

Die Besonderheit eines helikal-geformten Gewindes sind zwei um 180° versetzte, spiralisierte Nuten. Diese unterbrechen das Gewinde. Ab einer Gewindetiefe von 2xD gibt es keine Einbußen in der statischen Festigkeit. Dynamisch ist eine geringfügig niedrigere Ermüdungsfestigkeit festzustellen.

Lehrung[Bearbeiten]

Das Helikalgewinde wird nach DIN 1502 gelehrt.

Beispiel: Die Prüfung des Flankendurchmessers erfolgt mit einem Gewindegrenzlehrdorn Toleranz -6H und die Prüfung des Kerndurchmessers mit einem glatten Grenzlehrdorn Toleranz -7H. Die Toleranzen sind identisch zum Gewindeformen.

Anwendungsbereiche[Bearbeiten]

Die Wirtschaftlichkeit der Gewindetechnologie ergibt sich aus hohen Gewindemengen und der Zeiteinsparung durch die kürzere Bearbeitungszeit. Es werden Bauteile aus Nichteisenwerkstoffe wie Aluminium Guss- und Aluminium Knetlegierungen bearbeitet. Gewindeabmessungen sind in den Größen M4–M10 technisch möglich. Gewindetiefen bis 3xD sind Standard. Tiefen bis 5xD sind technisch möglich.

Voraussetzungen:

  • Synchronisierte und dynamische Maschinenachsen des CNC-Bearbeitungszentrums
  • Stabile Aufspannung des Bauteiles
  • Maschinensteuerung ausgestattet mit einem Sondergewinde-Zyklus

Literatur[Bearbeiten]

  • EMUGE-FRANKEN: Gewindeschneidtechnik Spanntechnik - Katalog 150 - Eine weitere Gewindetechnologie, 2016, S. 8–9
  • Biermann, Dirk,: Spanende Fertigung : Prozesse, Innovationen, Werkstoffe. Vulkan-Verl, 2012, ISBN 978-3-8027-2965-2, S. 321–329 (worldcat.org).
  • SONDERDRUCK aus WB Werkstatt+Betrieb 9/2014: „Punch Tap revolutioniert die Gewindeherstellung“ Carl Hanser Verlag, München
  • NC-Fertigung 9/2014: „Helikale Revolution“

Weblinks[Bearbeiten]

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