Höchster Begriff

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Höchste Begriffe (auch „umfassendste“ oder „undefinierbare“ genannt) stehen an der Spitze der Hierarchie der Begriffe.
Unter einem solchen Begriff versteht man den Bedeutungsinhalt eines sprachlichen Ausdrucks oder einer Vorstellung. Ein Begriff stellt also eine semantische Einheit dar[1], im Unterschied etwa zum Wort als einer sprachlichen Einheit. Begriffe unterscheiden sich sowohl von Eigenschaften als auch von Gegenständen und sind in diesem Sinne Bestandteile von Gedanken.[2]

Ob es nur einen höchsten Begriff oder deren mehrere geben kann,[3][Anm. 1] hängt davon ab, welche Sphäre (welchen Bedeutungsumfang) man gelten lässt.
Im ersten Fall umfasst diese Sphäre nur das raum-zeitlich Erfahrbare, das kommunizierbare und definierbare Unterschiede aufweist. Die Begriffspyramide endet dann mit dem Seienden.
Schließt die Sphäre jedoch alles ein, was sich denken lässt – was also die Summe des (Selbst)Bewusstseins ausmacht[4] –, muss das Seiende überhöht (überstiegen) werden. Die Inklusion des Unerfahrbaren (Transzendenten) führt dadurch, nach der üblichen, auf zweiwertiger Logik basierenden Begriffsbildung, zu Widersprüchen in der Definition.

Unterschiedliche Logiken[Bearbeiten]

Zu jedem Begriff gibt es sowohl einen über- als auch einen untergeordneten. Ausgenommen davon sind jene an den hierarchischen „Enden“: Unterhalb eines Namensbegriffs (Individualbegriffs) – der Bezeichnung für ein Einzelnes – kann kein „niedrigerer“ Begriff mehr stehen; ebenso wenig wie ein „höherer“ Begriff oberhalb des höchsten. Was Letzteren betrifft, ist die Abgrenzung jedoch strittig: es hängt nämlich davon ab, welche Art von Logik angewandt wird.

Im „Westen“, im Abendland ist dies – als Folge der Aufklärung – die zweiwertige Logik mit ihren vier Axiomen. Ihre Zweiwertigkeit basiert auf dem Satz des ausgeschlossenen Dritten, dem Tertium non datur: Etwas ist entweder wahr oder falsch – eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. In mehrwertigen Logiken ist dieser Satz hingegen ungültig. Der Physiker Hans-Peter Dürr: "Das liegt wieder an dieser komischen neuen Logik eines Sowohl/Als-auch anstelle des üblichen zweiwertigen Entweder/Oder."[5] Im Zen-Buddhismus heißt es: "Die Wahrheit ist nicht schwierig und lässt keine Wahl zwischen zweierlei zu ..."[6]

Eine (absolute) Wahrheit ist ohne Alternative. Es gibt (relativ) zu ihr keine Unwahrheit mehr; sie ist Das Eine. Dazu der deutsche Zen-Meister Eugen Herrigel: "... dass er (ein Zen-Meister) der ungebrochenen Wahrheit, der Wahrheit über aller Wahrheit, dem gestaltlosen Ursprung aller Ursprünge: dem Nichts, das doch alles ist, begegnet ..."[7]
Das Postulat „Alles ist Ein(e)s“ ergibt in der zweiwertigen Logik einen Widerspruch. In mehrwertigen Logiken ist diese Aussage kein Gegensatz: „Alles“ bedeutet hier, dass es nichts Zusätzliches geben kann; und „Nichts Zusätzliches“ bedeutet, dass Alles auch Eines sein muss (nur Eines sein kann).

Wird logisch-zweiwertiges Denken auf „höchste Begriffe“/„den höchsten Begriff“ angewandt, spaltet sich die Philosophie in Dualismus und Monismus. Der Dualismus argumentiert zweiwertig-logisch, der Monismus folgt der mehrwertigen Logik.[Anm. 2]

Die Hierarchie der Begriffe[Bearbeiten]

Der Begriff „Porphyrischer Baum[8][9] – benannt nach dem Neuplatoniker Porphyrius – stellt den Begriff „Seiendes“ an die Spitze und „Sokrates“ an die Basis seiner Pyramide.

  • „Das Seiende“ (auch „Seiendes“) ist der höchste (= alles umfassende) Begriff in der zweiwertigen Logik.

Jeder Begriff muss definiert, unter einen anderen Begriff gestellt werden können.

„Baum“ meint konkretes Einzelnes, etwa den höchsten in einem Garten. Dieser sei ein Nußbaum. Er wird als „Nußbaum“ bezeichnet, weil seine Merkmale (die Stamm- und Rindenform, seine Krone, seine Blätter, seine Früchte) ihn als zur Klasse der Nußbäume gehörig ausweisen. Damit ist er ein Laubbaum. Und Bäume sind verholzte Pflanzen, die eine gewisse Höhe erreichen und größer als Büsche oder Latschen sind ...

Begriffe sind Definitionen, und damit diese keine Tautologien werden, bedürfen sie eines Definiens (das Definierende), damit das Definiendum (das zu Definierende) bestimmt werden kann. Jedes zu Definierende muss über einen übergeordneten Begriff verfügen. Das jeweils Übergeordnete ist immer willkürlich, was man anhand der sich über die Zeiten vollzogenen Änderung der Klassen von Begriffen zum Beispiel in der Biologie erkennen kann, wo die Klassen „Gattung“, „Spezies“ und „Art“ heißen.[Anm. 3][10]. Dies gilt sowohl in der Zoologie als auch in der Botanik, in beiden Systematik genannt.

Welchem Überbegriff (Genus proximum) ein Definiendum unterordnet wird, ist Erfahrungs-, Geschmacks- oder Zeitgeistfrage.

Die Hierarchiespitze ist immer ohne Genus proximum und jedem zweiwertig-logischen Definitionsversuch entzogen, was der Kausalität und ihrem unendlichen Regress widerspricht. Den Fragen nach einer letzten Ursache, einem Ur-Grund, ist kein Ende setzbar. Jede Wirkung muss eine Ursache haben, die wieder eine Folge einer vorangegangenen ist. Aus dem „unendlichen Regress“ gibt es keinen Ausweg. Außer man dekretiert: Weitere Fragen sind unzulässig.

In der Theologie wird es als Dogma bezeichnet, in derPolitik „diktatorisch“, „ideologisch“, „faschistisch“, „tyrannisch“ usw. In der Philosophie ist dieses Problem keines von „Setzung“ oder „Bestimmung“, sondern das Fundament: das Absolute.

Heraklit und Parmenides[Bearbeiten]

Für Porphyrius ist das Seiende[11] sowohl

  1. die Summe alles Da-Seienden als auch
  2. das Ganze des Da-Seienden.

Das Ganze (das Alle, Alles) wird auch „Sein“ genannt. Der Unterschied zwischen Summe und Ganzem ist grundsätzlich. Summe ist die Menge von etwas (Quantität). Das Ganze ist Qualität.

Quantität ist Menge, Abzählbares, Einzelnes und somit Ver-Einzeltes. Quantität ist das Maß des Vielen, des Verfügbaren. Über Einzelnes – und in seiner Mehrzahl: das Viele – kann verfügt werden. Man kann es haben. Erich Fromm unterscheidet im Sinne von „verfügen“ in „Haben oder Sein[12].

  • Sein (= reine Qualität) kann man nicht „haben“.

Man kann Sein nur sein: im Sinne des unmittelbaren Da-Seins. Dazu die Zen-Weisheit: Wenn ich esse, esse ich; wenn ich trinke, trinke ich, wenn ich schlafe, schlafe ich. Gemeint ist damit, dass man die Gegenwart, das gegenwärtige Tun, das Jetzt, als das erlebt und tut, was es ist: Sein. Der im Haben lebende Mensch isst und denkt an das Darauffolgende, er trinkt und denkt an etwas anderes und schläft oberflächlich, nicht im Sinne von ruhend, erholend.

Qualität ist das „Sein“ Fromms, Zustand, Einmaliges, Befindlichkeit, ein Wert „von etwas“ und nicht raum-zeitlich. Qualität ist immer „im“ Jetzt: Sie ist Jetzt. Qualität manifestiert sich nur an Raum-Zeitlichem, an Quantitativem. Qualität ist nicht teilbar, nicht vermehrbar, nicht vereinzel- und abzählbar. Man kann über Qualität nur als Quantum, als „dieses einzelne da“, dem man Qualität zuschreibt, verfügen.

Die abendländische Philosophie (sieht man von der Mystik, die in Meister Eckhart[13] gipfelte, ab; Hermann Hesse versucht über die buddhistische Schiene[14], den Dualismus zu überwinden), ist dualistisch geprägt und geht auf die Gegnerschaft zwischen Heraklit[15] und Parmenides[16] zurück. Nach ihnen gibt es zwei Welten: Eine „diesseitige“, erfahrbare, immanente, und eine „jenseitige“, unerfahrbare, transzendente. Immanuel Kant trachtete danach, diese Trennung durch seine „Transzendentalphilosophie“ zu überwinden. Für Heraklit ist „das Seiende“ in seinem Werden (= Veränderung) das Wirkliche, Wahre und somit das Wesen der Welt. Panta rhei – alles fließt“[17]; „Der Krieg ist der Vater aller Dinge“[18] – „Polemos pater panton“, wobei polemos mit Krieg, Schlacht, Kampf und Streit übersetzt wird. All diesen Begriffen ist gemeinsam: Widersprüche, die beseitigt werden sollen. Ihnen ist Veränderung vorausgesetzt: „Man steigt nicht zweimal in denselben Fluss“[18]: weil man beim zweiten Mal bereits selbst ein anderer ist – ebenso wie der Fluss auch. Starres, Unbewegliches, Unveränderliches existieren nach Heraklit nicht. Es gibt keine Ruhe.

Parmenides, der Vater der Eleaten, lehrte das Gegenteil: Das Wirkliche, Wahre sei das „reine Sein“, das sich in ewiger Ruhe befindet: „Sein ist, Nichtsein ist nicht.“[19] Es gibt kein Werden und keine Bewegung. Diese wird von unseren Sinnen nur vorgetäuscht.

Es ist das Schisma der europäischen Philosophie: ihre Trennung in Materialismus und Idealismus (Dualismus). Dieser rationalen Sicht steht die monistische Philosophie gegenüber.

Monismus und Dualismus[Bearbeiten]

Monismus führt alles auf Eines, das All-Eine (oder Ein-Alle) zurück. Die Welt ist Einheit und nicht Zweiheit. Es existiert kein „Gott“ im Sinne eines platonischen Schöpfergottes. Die Welt ist das Ganze als Vieles.

Im Monismus wird die zweiwertige Logik des Aristoteles dreiwertig überstiegen: Es gibt einen dritten Wahrheitswert: nicht nur „wahr“ und „falsch“, sondern auch „sowohl als auch“, „unentschieden“, im Japanischen als „mju“ bezeichnet.[Anm. 4]

Der Dualismus der abendländischen Geistesgeschichte, der sich in Platons Ideenlehre manifestiert, wurde durch Platons Schüler Aristoteles hinterfragt. Modern ausgedrückt (im Sinne Kuhns): ein erster (früher) Paradigmenwechsel[20]. Die von Aristoteles gegründete Akademie in Athen wirkte in der gesamten Oikumene, dem damals bekannten und bewohnte Land bis in die Spätantike. Erst 529 n. Chr. ließ Justinian I. die Akademie schließen und Benedikt von Nursia begründete das erste Mönchskloster, die Abtei Montecassino. Die von Aristoteles angedachte Überwindung des platonischen Idealismus und sein Interesse an der von Platon verachteten Erscheinungswelt (Aristoteles´ rationales Herangehen an die Natur) blieb dennoch bis Galileo Galilei ohne Folgen und unterlag der paulinischen Mystik.[Anm. 5]

Für den jüdischen und später christlichen Monotheismus[Anm. 6] [21] bot sich der Platonismus als kompatible Philosophie an. Die staatlich sanktionierte Religion hatte die Ideen Platons über das Wirken der Neuplatoniker übernommen. Aristoteles wurde von Thomas von Aquin, 1200 Jahre nach Paulus, dem „Kirchenmacher“, für das Christentum zwar „adaptiert“, die Differenz zwischen Glauben (vor allem dem christlichen) und den Naturwissenschaften blieb aber bestehen.[Anm. 7]

Porphyrius, als Schüler Plotins Neuplatoniker, folgte der Ideenlehre Platons. Das veränderlich Seiende war ihm „Ausfluss“ („Ausströmung“, Effulguration) „aus“ dem „Einen“, das die Neuplatoniker anders dachten als es Monisten tun. Für Porphyrius und die anderen Neuplatoniker (Ammonios Sakkas, Jamblichos von Chalkis, Proklos, die alexandrinische Mathematikerin Hypatia[22]) und andere, existiert[Anm. 8] dieses „Eine“ als vom Vielen (vom Seienden) real getrennt („Begriffsrealismus“)[23]: als eigenschaftsloses, unveränderliches, zeitloses, starres, einfaches, absolutes Ur-Eines, ein „überseiender“, „unpersönlicher“ Urgrund und als solcher vollkommen, der sich nur negativ beschreiben lässt und daher außerhalb jeder Definition steht. Ein erster gedanklicher Ansatz für die spätere Via negationis der negativen Theologie. Meister Eck(e)hart, der deutsche Mystiker dazu: „Gott ist ein bloßes Nichts.“

Das Ur-Eins oder Eine der Neuplatoniker ist dem Werden entzogen, entspricht dem Sein des Parmenides – und ist zum Seienden wesensverschieden. Seine Realsetzung ist glossogon: eine konzipierte Bezeichnung für metaphysische Begriffe, die einem Missbrauch der Sprache beziehungsweise einer Verführung des philosophischen Denkens durch Worte ihre Entstehung verdanken.[24] Immanuel Kant dazu: „Begriffe ohne Anschauungen sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.“[25] Ludwig Wittgenstein: „Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ (TLP 7) und: „Es gibt allerdings Unaussprechliches. Dies zeigt sich, es ist das Mystische.“ (TLP 6.522)

Genus proximum und Differentia specifica[Bearbeiten]

Das Seiende, als oberster Begriff im porphyrischen Baum, lässt sich nicht definieren. Dazu benötigte man die Differentia specifica. Eine Definition legt fest, was der Begriff in sich enthält. Sie gibt jenes Merkmal an, wodurch sich der definierte Begriff, das Definiendum, vom nächsthöheren Gattungsbegriff, dem Definiens, unterscheidet. Das Definitionsprinzip lautet: Definitio fiat per genus proximum et differentiam specificam – eine Definition entsteht durch den nächsthöheren Gattungsbegriff und den artbildenden Unterschied (zu ihm).

Dieser „artbildende Unterschied“, die Differentia specifica des Seienden zu seinem gesuchten und zu seiner Definition dringend benötigten nächsthöheren Gattungsbegriff, ist nicht bildbar. Das Sein (Qualität) fällt aus: Nur Wesensgleiches kann artbildend sein, weil es Eigenschaften der Gattung beinhalten muss. Diese Differenz gilt nur in der dualistischen Weltsicht. Der Monismus sieht Qualität und Quantität als Identität und Einheit.

  • Qualität und Quantität sind (nur im Dualismus) wesensverschieden und inkompatibel.

Im Dualismus Platons und der Neuplatoniker sind die Ideen unwandelbare, nur geistig erfassbare Urbilder, die sinnlich wahrnehmbaren Phänomenen zugrunde liegen. Das neuplatonische „Eine“, der „Urgrund“, das „Ur-Eins“, ist etwas wesentlich anderes als das Seiende: Das Ur-Eine lässt sich im Dualismus nur negativ umschreiben; es hat keine Eigenschaften. Eigenschaften hat nur, wem etwas zu eigen sein kann: Vereinzeltes beziehungsweise Vereinzelbares. Unter „vereinzelbar“ werden auch Flüssigkeiten, Gase und Plasma verstanden.

Von Eigenschaften gibt es zwei Klassen: akzidentielle, also zufällige, nebensächliche, wie etwa die Gabelung des Stammes eines Nussbaumes, oder attributuelle, zutreffender ausgedrückt essentielle Klassen, wie dass ein Baum all jene Merkmale aufweist, die ihn als Nussbaum ausweisen.

Begriffspyramiden und Definitionen bauen auf Wesensgleichem auf. Wesensfremdes („Ideen“, „Gott“, „Ur-Grund“) als höchste/r (allumfassende/r) Begriff/e entzieht/entziehen sich jedem Definitionsversuch und kann/können nur „geglaubt“ werden.

  • Eine Definition ohne Definiens ist ungültig!

Die Differentia specifica, der artbildende Unterschied zur wesensfremden Spitze einer Begriffspyramide kann nur negativ umschrieben werden. Dazu Hegel: „In der Nacht (der Negation) sind alle Kühe schwarz.“

  • Unterschiede sind immer positiv bestimmt!

Im Monismus wird zwischen Sein und Seiendem nicht unterschieden: Sein ist als Seiendes. Dazu Suzuki: „Aber es wird außer acht gelassen, dass es kein Sein geben kann ohne Gedanken oder Bewusstsein. Das Sein wird tatsächlich erst zum Sein, wenn es seiner selbst bewusst wird. Solange Gott mit sich selbst zufrieden ist, existiert Er nicht. Er muss zu etwas erwachen, das Er nicht ist, dann ist Er Gott. Gott ist Gott, wenn Gott nicht Gott ist. Aber was nicht Gott ist, muss auch in ihm liegen.“[26]

Zweiwertig-logische Kausalität[Bearbeiten]

Dennoch setzen Neuplatoniker und Theologen ein zweiwertig-logisches Genus proximum an die Spitze der Begriffspyramide(n): Sie lassen das Seiende, die erfahrbare Welt, aus dem nur negativ umschriebenen und daher definierbaren „Ur-Einen“ („Gott“) „effulgieren“ oder „emanieren“, indem sie eine zweiwertig-logische Junktion zwischen dem nur negativ umschreibbaren „Ur-Grund“ („Gott“) und dem positiv bestimmten Seienden („Diesseits“) herstellen und über die Kausalität verklammern.[Anm. 9]

Um Kausalität festlegen zu können, bedarf es aufeinander folgender Ereignisse. Daraus behauptet (Selbst)Bewußtsein eine Junktion zwischen vermuteter Ursache und beobachteter Wirkung. Die „Auseinanderfolge“ wird erschlossen, die „Aufeinanderfolge“ beobachtet. Schließen setzt (Selbst)Bewußtsein voraus und ist unbelebter Natur nicht inhärent. Kausalität bedarf immer raum-zeitlicher Geschehnisse und deren Eigenschaften, egal ob akzidentieller oder essentieller Natur. Veränderung ist Voraussetzung für jede Kausalkette. Der „Ur-Grund“ beziehungsweise das „Ur-Eine“ der dualistisch denkenden Neuplatoniker ist ewig, ruhend, unveränderlich, eigenschaftslos und wesensungleich jedem Ereignis. Und damit kausalem Argumentieren entzogen.

  • „Gott“ (der Ur-Grund) entzieht sich jeder Definition.[Anm. 10][27][Anm. 11][28][Anm. 12]
  • Zwischen Seiendem und Sein ist kein Genus proximum möglich.
  • Zwischen Seiendem und Sein gibt es keine Differencia specifica.
  • Das Sein ist dem Seienden nicht übergeordnet.[Anm. 13][29]
  • „Letzte“ („höchste“) Begriffe sind in ihrer Letzt- oder Höchstheit unter kein Genus proximum subsummierbar.

Das sind folgende Begriffe:

  • Sein
  • (Selbst)Bewusstsein
  • Leben
  • Wissen
  • Ich
  • Verstehen
  • Liebe
  • Kunst
  • „Gott“

(Selbst)Bewusstsein[Bearbeiten]

Auch Bewusstsein ist keinem Genus proximum unterordenbar. Bewusstsein bedeutet, sich von anderem als ge- und damit unterschieden zu erleben, wobei der Begriff „sich“ schon voraussetzt, dass es auch anderes gibt. Wird dieser Unterschied reflektiert, spricht man von Selbstbewusstsein und vom Reflektierenden als Ich.

(Selbst)Bewusstsein[Anm. 14], Wissen und Ich sind drei Begriffe, die eng miteinander verwandt sind und die gleiche Begriffssphäre umfassen: Sie bilden eine nicht mehr weiter hinterfrag- oder definierbare Triade, eine Identität und sind eine Tautologie:

  • (Selbst)Bewusstsein lässt sich nur durch Wissen
  • Wissen nur durch (Selbst)Bewusstsein und
  • Ich nur durch Wissen und Selbstbewusstsein

definieren.

Erst die genetische beziehungsweise physiologische Voraussetzung zur Ausbildung von Bewusstsein, nämlich ein ausreichend hochentwickelter Organismus, ermöglicht das Abspeichern von Erfahrung. Dieses akkumulierte Wissen formt Bewusstsein.[Anm. 15][30]

Vereinzeltes und Eines[Bearbeiten]

  • Sowohl das Seiende als manifestiertes Sein als auch das Bewusstsein (als abrufbares Wissen oder die gespeicherte Erfahrung) können auf keinen nächsthöheren Begriff (Genus proximum) zurückgeführt werden.
  • Sowohl das Sein (als Seiendes) als auch jedes Bewusstsein umfassen das Ganze der jeweils erfahrbaren Welt: die Summe alles Vereinzelten als Quantität (das Viele), das Ganze des All(en) (= Universum) als Qualität (das Eine).

Im Monismus ist eine Trennung beider Totalbegriffe daher obsolet und erfolgt nicht![Anm. 16][31]

Im dualistischen Denken ist diese Trennung gängige Praxis und die Grundlage von Ideologien und Religionen.

  • Begriffe, denen ein höherer Begriff nicht zugeschrieben werden kann, sind nicht unterschieden.

Es fehlt die Differentia specifica. Es gilt Leibnizens Principium identitatis indiscernibilium („Zwei vollkommen gleiche, nicht unterscheidbare Dinge kann es in der Welt nicht geben, sonst wären sie eins“):

  • Seiendes und Bewusstsein(e) sind eins.

Sie bedingen einander. Dazu Buddha: Aus Ursprüngen, die einander bedingen, entstehen alle Dinge. So lehrt es der Vollkommene Erleuchtete.[32]

Seiendes und Bewusstsein gründen auf Veränderung. Veränderung ist die Voraussetzung für die Unterschiede der vielen Vereinzelten.

Selbstbewusstsein bedarf der Vereinzelten, um sich als Selbst von anderem unterschieden und als Ich zu erfahren.

Die alten Griechen differenzierten in Kosmos (altgriechisch κόσμος, kósmos, ‚(Welt-) Ordnung‘) und Chaos: Kosmos war das Geordnete. Zur Ordnung bedarf es des Vielen. Chaos war/ist das Ungeordnete, das noch nicht Vereinzelte, das Eine.

Die Neuplatoniker ließen aus dem Chaos des Einen den geordneten Kosmos des Vielen entstehen. Das Chaos war ihnen kausaler Ur-Grund für das Da-Seiende. Aus ihm wurde emaniert („effulguriert“).[Anm. 17][33][Anm. 18][34]

Mystik[Anm. 19][35] und Monismus benennen Chaos „das Eine“, das Nichtunterscheidbare, lassen den Kosmos aber nicht aus dem Einen hervorgehen (= heraustreten, emmanieren), also in Einzelereignissen werden, sondern begreifen das Eine und das Viele als Identität des Ein-Allen.

  • Das Eine ist als Vieles des Allen.

Der Dualismus trennt die Identität des Ein-Allen in das Sein (als „Ur-Grund“) und das Seiende (als das „daraus“ herausgetretene Viele) und setzt beide(s) real: das Sein als ewig Ruhendes wie Parmenides, das Werden als sich stetig Veränderndes wie Heraklit.

Im Monismus und in der nichttheistischen Mystik gelten:

  • Eines und Alles sind als Ganzes nicht vermehrbare Qualität.
  • Quantität ist das Viele als Aspekt des Ganzen.

Diesen Aspekt vollzieht das (Selbst)Bewusstsein. Das lateinische aspicere bedeutet hinschauen, aus dem Chaos der sinnlichen Eindrücke das Essentielle auswählen, es seiner Bedeutung nach aus dem rohen Stoff der sinnlichen Eindrücke herauslösen.[Anm. 20][36]

  • (Selbst)Bewusstsein verwirklicht aus dem Ganzen das Viele.
  • Verwirklichen ist kein kausaler Vorgang.

Es ist permanente Schöpfung, fortwährendes Umwandeln von Qualität des Einen in die Quantität des Vielen. Dazu Suzuki: „Die Welt beginnt erst, wenn es einen Geist gibt, der dies gewahr wird, einen Geist, der kritisch seiner bewusst ist.“[37]

Das Aktum[Bearbeiten]

Im Monismus entstehen durch das Vereinzeln als Akt des (Selbst)Bewusstseins Raum und Zeit, das Nebeneinander - als das räumliche Getrenntsein der vielen einzelnen Ereignissen - und deren Nacheinander: die Aufeinanderfolge von Ereignissen. Meist interpretiert und verstanden als Auseinanderfolge von Ursache und Wirkung.

Der Physiker Hans-Peter Dürr dazu: „Es ist und bleibt immer das Eine oder das Nicht-Zweihafte, das sich zu differenzieren beginnt ohne je die Gemeinsamkeit aufzugeben.“[5][Anm. 21] Und: „In dieser modernen Welt gibt es keine Materie-Teilchen, die zeitlich mit sich selbst gleich bleiben. Es entstehen und vergehen Dinge, es gibt echt kreative Prozesse.“ (a. a. O. S. 85) Auch: „Die fundamentale Verbundenheit führt dazu, dass die Welt eine Einheit ist. Man bezeichnet diese Einheit ... besser als Nicht-Zweiheit, das Unauftrennbare oder Advaita (in Sanskrit = jenseits der Dualität, wo eine Trennung ihre Bedeutung verliert), so wie ein Wassertropfen im Wasser seine charakterisierende Bedeutung verliert.“ (a. a. O. S. 84)

Im Dualismus wird anstelle des permanenten schöpferischen Agens von (Selbst)Bewusstsein die Chiffre „Gott“ und „Seine“ „Schöpfung“ als „Ur-Grund“ gesetzt. Nicht „der Mensch ist das Maß aller Dinge“ (Homo-mensura-Satz des Protagoras), sondern „Gott“![Anm. 22]

Dagegen gilt im Monismus:

  • Zeit ist ein Produkt von Selbstbewusstsein.

Es gibt außerhalb von Selbstbewusstsein keine Zeit. Die folgende Frage nach der zweiwertig-logischen Alternative ist eine Falle: Was war „früher“: Die Vereinzelung des Chaos zu Selbstbewusstseienden auf der Basis einzelner Organismen? Oder die Vereinzelung der chaotischen Eindrücke durch das ordnende Selbstbewusstsein? Nach der Priorität des zeitlichen Davor-Seins einer der beiden Alternativen zu fragen, ist zweiwertig-logisch ein Widerspruch; monistisch ist diese Frage obsolet: Es gibt außerhalb von Selbstbewusstsein keine Zeit – ergo kein objektives „Davor“ oder „Danach“, auch kein naturwissenschaftliches „Früher“ oder „Später“. Zeit selbst ist zeitlos, somit ewig. Sie hat keinen Beginn und keine Ende. Nur innerhalb von Selbstbewusstsein und seiner Zeit ereignet sich etwas, „fließt“ die Zeit. Dazu Wilhelm Busch: „Eins, zwei, drei im Sauseschritt, läuft die Zeit, wir laufen mit.“ Dieser permanent von Selbstbewusstsein kreierte Umschlag von Chaos zu Kosmos ist das Werden des Seins zu Seiendem: als der Zusammenfall von Ewigkeit und Jetzt. Jeder Augenblick ist zeitlos, somit gegenwärtig, aktual und schöpferisch. Dazu nochmals Hans-Peter Dürr: „In jedem Augenblick der Gegenwart verwandelt sich diese in eine verdeckte Vergangenheit, und eine neue Gegenwart stellt sich ein, deren vorige Existenz, als Zukunft, uns auch verschlossen war.“ (a. a. O.: S. 81) Selbstbewusstsein schafft von Jetzt zu Jetzt seine Welt: eine andere gibt es gar nicht. Wittgenstein: „Ich bin meine Welt.“ Das ist permanente Schöpfung - und keine eines von Kosmologen behaupteten Urknalls „vor“ 13,6 Milliarden Jahren. Hans-Peter Dürr in seinem Vortrag beim 8. Wiener Kulturkongress „Horizonte der Forschung – an den Grenzen des Menschen“: „Unsere bestehenden Weltmodelle – auch das mit dem Urknall – sind Evolutionsmodelle, bezeichnen nur Änderungen der Erscheinungsformen, sie negieren echte Kreation. Wir haben ein neues Bild von der Welt, in dem sich die Schöpfung nicht in der Zeit entwickelt, sondern: In jedem Augenblick ereignet sich die Welt neu…“ (a. a. O.: S. 85)

  • Es gibt keinen von einem „Gott“ (= Demiurgen) geschaffenen Kosmos, sondern so viele Kosmen wie es (Selbst)Bewusstseiende gibt.

Dazu Wittgenstein:[38]Das Gefühl der Welt als begrenztes Ganzes ist das Mystische.“(TLP 6.45) und „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ (TLP 5.6)

  • Es „gab“ keinen „Urknall“[39], weil es
  • keine absolute Zeit gibt, sondern nur die subjektiven Zeiten der jeweiligen Selbstbewusstseine.
  • Schöpfung erfolgt permanent: durch die jeweiligen (Selbst)Bewußtseienden.

Nochmals Wittgenstein: „Was geht mich die Geschichte an? Meine Welt ist die erste und einzige.“ (Tagebuch 2. 9. 1916)

Weitere undefinierbare Begriffe[Bearbeiten]

Auch die Begriffe „Leben“ und „Liebe[Anm. 23] sind auf kein Genus proximum zurückführbar. (Selbst)Bewusstsein als Lernendes ist nur Lebendigem eigen. Lernen bedeutet Verändern von Abgespeichertem. Abspeichern ist hinzufügen oder verändern von Vorhandenem. Nicht-Organisches, z. B. Computer, ist/sind nicht lernfähig und verändert/verändern sich nur gemäß seiner/ihrer physikalisch-chemischen Möglichkeiten: sie sind determiniert. Die Bandbreite der Veränderungsmöglichkeiten von Nicht-Organischem ist molekular vorgegeben. Organisches unterliegt der Evolution – diese ist offen und generiert stets neue Formen.[40][41]

Der Begriff der „Liebe“ sperrt sich jeder Definition, weil Liebe nur zwischen Selbstbewusstseienden möglich ist und schon deswegen auch unter kein Genus proximum subsumierbar ist. Dazu Eugen Herrigl: „In umgreifender Liebe belebt solche Gerechtigkeit die Einheit des Seins durch Anerkennung seiner vielgestaltigen Differenziertheit, in durchdringender Gerechtigkeit erfährt diese Liebe durch alle Gestalthaftigkeit hindurch den schöpferischen Atem des EINEN SEINS“.[42]

Der Begriff „Kunst“ lässt sich ebenfalls auf kein Genus proximum zurückführen.[Anm. 24][43]

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. „Zu diesem Zweck steigen wir von Gott, von dem Göttlichen Licht herab und benutzen den Intellekt, das menschliche Bewußtsein, das in uns entwickelt ist.“ (Suzuki, a. a. O.)
  2. Man vgl. dazu den Tertullian zugeschriebenen Ausspruch: „Credo, quia absurdum est“ – „Ich gaube, weil es widervernünftig ist.“ Der - in dieser Form allerdings in Tertullians Schriften nicht belegte - Satz verweist darauf, dass Religion als Gegenstand der Überzeugung in Spannung zu Vernunft und zweiwertiger Logik steht. Ebenso scheint es sich mit Liebe und Hoffung zu verhalten, so lautet das alt-lateinische Sprichwort: Dum spiro spero – „solange ich atme, hoffe ich“ (Cicero: Epistulae ad Atticum) Und: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“. Hoffnung und Vernunft widersprechen einander, rationale Auseinandersetzung mit „letzten (höchsten) Begriffen“ kollidiert mit Religion.
  3. Aber auch die Astronomie ist in Fluss: So ist z. B. seit 2009 Pluto kein Planet mehr. Sonne und Mond sind allerdings seit einigen Jahrhunderten keine Planeten mehr, gelten als solche aber nach wie vor in der Astrologie… Diese ist aber per definitionem keine Naturwissenschaft – und genügt den strengen Ansprüchen von Wissenschaft nicht
  4. Die moderne Fuzzylogik bemüht sich, sie in Computern anzuwenden. Menschen agieren im Alltag meistens dreiwertig: in ihren „Gefühlen“. Nie zweiwertig („schwarz– weiß“)… „Grau, lieber Freund, ist alle Theorie…“ (Goethes Faust)… Hier irrte Goethe: Theorien sind immer schwarz–weiß…
  5. Paulus, ursprünglich „Saulus“, hat aus der hebräischen Häresie eine Weltreligion gemacht; ohne ihn gäbe es weder Papst noch Vatikan. Nach moderner Exegese hat „Paulus“ bereits zu seiner Geburt Schaul (nach dem ersten König der Israeliten; latinisiert Saulus) geheißen, wurde aber, weil er ein Zwerg war, Paulus (= der Kleine) genannt. Seine Namensänderung als Folge seiner Bekehrung („Damaskus-Erlebnis“) wird heute verworfen.
  6. der übrigens auf Echnaton zurückgeht!
  7. Naturwissenschaft im modernen Sinn beginnt mit Galileo Galilei und beruft sich auf dessen Grundsatz: „Messen, was messbar ist, messbar machen, was noch nicht messbar ist.“ Die klassische „Natur“wissenschaft führt man auf Hippokrates von Chios zurück. Eratosthenes bestimmte bereits um 225 v. Chr. den Erdradius – auf 5 % genau.
  8. „Existenz“ (vom lateinischen „existere“ = heraustreten) bedeutet eigentlich das „Herausgetretene aus dem Nicht-Raum-Zeitlichen“ (= dem Einen). „Dort“ (= „im Jenseits“) gibt es den „unpersönlichen Ur-Grund“ (in den Theologien zum „Gott“ „im Himmel“ mutiert). Als Welt (= „Diesseits“) existiert die „unvollkommene Seinsform“ des Materiellen, die Natur mit den Menschen…
  9. Alle Mythen von der Erschaffung der Welt und des Menschen argumentieren so. Die Sprache der Mystiker und der Dichter ist zwar eine andere als die der Wissenschaft. Beiden ist aber das zweiwertig-logisch-kausale Denken eigen.
  10. Theos katalambenomenos ouk estin theos“: „Ein Gott, den man begreifen kann, ist nicht Gott.“ Diese dualistische Aussage widerspricht dem Monismus. Die „klassischen“ Griechen waren alle Dualisten – bis auf Aristoteles und die Sophisten – „Gegner“ Platons; so hat dieser sie jedenfalls bewertet. Dazu Suzuki
  11. Wahrscheinlich war Gott selbst neugierig, sich kennenzulernen. Darum schuf er den Menschen und versucht, seine Neugier durch den Menschen zu befriedigen.“ Meister Eck(e)hart sagt dasselbe: „Wir bitten Gott, unseren lieben Herrn, dass er hier mit uns wohne, auf dass wir ewiglich mit ihm wohnen mögen…“
  12. Und die Bibel argumentiert: „Ich werde mit euch wohnen in eurem Hause.“ (Jer. 7,3)
  13. Dazu Eugen Herrigel: „Das selig in sich selbst ruhende eine Sein wird durch das erwachte und seiner selbst mächtige Bewußtsein angetastet und in entstellten Bildern wiedergegeben. Dem Zwiespältigen, Gegensätzlichen, Disharmonischen gegenüber erscheint dann die ungebrochene Einheit, die Subjekt-Objekt-Identität, als Urphänomen des Seins…“
  14. Bei „(Selbst)Bewusstsein“ steht „Selbst“ in Klammern, weil Selbstbewusstsein im Sinne des sich von der Umwelt getrennt Wissenden nur dem Menschen (und hypothetischen Aliens) und einigen höheren Tieren (bevorzugt Primaten, aber auch ausgewählten anderen Säugern; Krähen?) zugebilligt wird. Solche Tiere haben Erfahrung (also Wissen) – sonst würden sie sich nicht verteidigen.
  15. Beim Menschen dauert es drei Jahre, bis er/sie sich als Person weiß und sich benennt: zuerst mit dem Namen, mit dem das Kind gerufen wird, dann erst weiß es sich als ein „Ich“. Dieser Prozess der Ichwerdung oder des Werdens zu Selbstbewusstsein ist irreversibel: Niemand kann „hinter“ seine Ichwerdung (in den drei monotheistischen Hochreligionen als „Essen vom Baum der Erkenntnis“ mythologisiert) zurück: in den vorbewussten Zustand, der in Religion und Literatur als „Paradies“ („Garten Eden“) bezeichnet wird – außer durch Krankheit oder Unfall. Ein Ich (Selbst) umfasst (umgreift) die ganze Welt des jeweiligen Bewusstseins: Es schafft (schöpft) diese – als seine einzig mögliche. „In“ andere Bewusstseine vermag niemand zu schauen. Dazu Ludwig Wittgenstein: „Ich bin meine Welt.“
  16. Der Buddhismus als Monismus kennt keinen Gott. Buddhismus ist keine Religion, sondern eine Philosophie.
  17. Diesem zweiwertig-logischen Gedanken folgt die moderne Urknall-Vorstellung der Kosmologie: Dabei wird immer von „Urknall-Theorie“ gesprochen. Sie ist weder eine Theorie noch eine Hypothese, da sie mit dem wissenschaftstheoretischen Prinzip der Falsifikation, das unter anderem von Karl Popper angewendet wurde, nicht widerlegt werden kann.
  18. In ihr wird das Eine des klassischen Chaos zur physikalischen „unendlich hohen Energie des raum- und zeitlosen Urknalls“ ... Der Unterschied zur Sicht der alten Griechen ist naturwissenschaftlicher Sprachduktus ... „Effulguration“ oder „Urknall“ sind keine Ereignisse, weil Ereignisse Raum und Zeit bereits voraussetzen, und Kausalität eine bewusstseinsabhängige Auseinander- und keine Aufeinanderfolge ist.
  19. Zur Mystik: Es gibt zwei Arten von Mystik: die theistische, die nach nicht objektivierbarer Vereinigung mit der „göttlichen Wirklichkeit“ strebt: Sie ist rein subjektiv und nicht definierbar. Die nichttheistische Mystik sucht die eine Wirklichkeit ohne Bezug auf eine göttliche Wesenheit zu bestimmen. Und von der „coincidentia oppositorum“ spricht der Negativtheologe Cusanus. Er tritt gegen die „Vermenschlichung“ Gottes auf und lehrte, dass Gott nur im Nichtwissen (docta ignorantia) erfassbar sei. Gott ist ihm „Einheit der Gegensätze“ und „Einheit von Möglichkeit und Wirklichkeit, Können und Sein“.
  20. So hatte schon Immanuel Kant argumentiert. Dabei bezeichnete er als „transzendental“ (= erkenntniskritisch) die Art und Weise unseres Erkennens, dem immer schon unsere Vorstellung von den Gegenständen a priori vorausgesetzt ist. Wir würden heute anstatt „Vorstellung“ „Bewusstsein“ beziehungsweise „Fähigkeit zur Begriffsbildung“ dazu sagen.
  21. Auch: „Wenn ich von meinem Selbst spreche… dann kann ich nicht behaupten, dass das nur mit mir alleine zu tun hat, sondern ich fühle mich mehr wie eine Welle auf einem Ozean. Der Ozean ist die Potenzialität – das Eine und Ganze und nicht Aufteilbare. Aber es hat eine Struktur – ich bin die Welle, ich bin die Schaumkrone, und das Weiße oben an der Schaumkrone ist mein helles Bewusstsein…“ (a. a. O. S. 96) Und: „Wenn ich einen Sack voller Wirks (die kleinste Artikulation der Wirklichkeit, die ich manchmal auch, im Kontrast zum Teilchen, Passierchen nenne) nehme… dann kommt… als durchschnittliches Verhalten wieder die alte Physik und unser altes Weltbild heraus.“ (S. 87 a. a. O.) Dürr schreibt (auf S. 76 a. a. O.): „… weil die Wirklichkeit eine ganz andere Struktur hat, als was von uns erfasst werden kann, mit der Folge, dass, wenn wir darüber sprechen wollen, wir eine Sprache verwenden, die der eigentlichen Wirklichkeit, was immer wir darunter verstehen, nicht angemessen ist.“ Dürr transportiert dabei Begriffe aus unserer subjektiven Wirklichkeit in die objektive, also intersubjektive Realität: „Die Welt ist da draußen, und ich sehe und beschreibe sie…“(S 80, a. a. O.) Und auf S. 81: „Die Welt zeigt sich als dynamisches Uhrwerk, das nach strengen Gesetzen abläuft…“ Das sei allerdings das Weltbild der „klassichen Physik“ gewesen… Das neue: „Primär nur Form – und Materie bildet sich erst sekundär. Im Grunde gibt es nur Verbundenheit…: Liebe, Geist, Leben.“ (a. a. O., S. 83) Auch: „Wirklichkeit ist nicht Realität, nicht dingliche Wirklichkeit. Wirklichkeit ist reine Verbundenheit oder Potenzialität, nur die Kann-Möglichkeit, sich unter gewissen Umständen als Materie und Energie zu manifestieren, aber nicht selbst die Manifestation.“
  22. Protagoras war ein Sophist. Diese waren – entgegen Platons Verdikt – höchstgebildete und weise Philosophen.
  23. Hans-Peter Dürr in a. a. O. (S. 77): „Wir haben eine lebendige Sprache, die weit über das hinausreicht, was wir begreifen können. Wir haben Worte wie Hoffnung, Vertrauen, Liebe. Was ist das? Ich kann es nicht begreifen - und trotzdem können wir uns darüber verständigen.“
  24. „Für einen Künstler gibt es nur ein Kriterium: Ist das Werk gelungen oder nicht? Ob es ein Kunstwerk ist, sollen die Leute entscheiden, die Kritiker, die Fachleute. Davon gibt es ja genug. Der Künstler trägt seine Kriterien sozusagen in sich. Er ist sich gewissermaßen selbst sein Maßstab. Er hat auch keine andere Wahl – das ist die Crux unserer Zunft. Aber das ist auch ihr ungeheures Potenzial. Und so gesehen ist ein Künstler völlig frei. Strenggenommen unterliegt er nicht einmal der Moral.“ zitiert aus:

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Vgl. Dennis Earl: Concepts in der Internet Encyclopedia of Philosophy: "Most generally, concepts are thought to be among those things that count as semantic values or meanings".
  2. Vgl. Eric Margolis / Stephen Laurence: Concepts. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.: "Concepts, pretheoretically, are the constituents of thoughts." Vgl. aber auch die nachfolgende dortige Kurzübersicht kontroverser jüngerer Positionen zur Ontologie von Begriffen: neben der - klassisch weithin üblichen - Auffassung als Elementen von Propositionen, also als Abstrakta, werden Begriffe auch z.B. als Fähigkeiten oder als mentale Repräsentationen aufgefasst.
  3. Daisetz Teitaro Suzuki: Leben aus Zen, 1982, S. 9 ff, ISBN 3-518-37346-3
  4. Ludwig Wittgenstein: Tractatus Logico-Philosophicus, 1921, 1
  5. 5,0 5,1 Hans-Peter Dürr: Ein neues Welt- und Menschenbild in: Conturen 01/03, ISBN 3-218-00720-8, Wien 2003, S. 86
  6. Patriarch Szosan: Shindji-mey, zitiert in: Eugen Herrigel: Der Zen-Weg, Otto Wilhelm Barth Verlag, München 1984, S. 61, ohne ISBN
  7. Eugen Herrigel: Zen in der Kunst des Bogenschießens, Otto-Wilhelm-Barth-Verlag, München 1973, S. 94, ohne ISBN
  8. Rudolf Eisler: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 2, Berlin 1904, S. 125
  9. http://www.zeno.org/Eisler-1904/A/Porphyrischer+Baum aufgerufen am 3. April 2013
  10. Much, Theodor: Aberglaube und Astrologie – Was taugen Horoskope? Wien-Klosterneuburg 2007, ISBN 978-3-85167-200-8
  11. Emmanuel Levinas: Vom Sein zum Seienden (1947)
  12. Erich Fromm:Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft. München: dtv, 2010, 37. Aufl., 271 S. ISBN 978-3-423-34234-6
  13. Meister Eckehart: Deutsche Predigten und Traktate, übersetzt von Josef Quint, 7. Auflage. Nikol, Hamburg 2007, ISBN 978-3-937872-76-6
  14. Hermann Hesse:Siddhartha. Eine indische Dichtung. Mit einem Nachwort von Volker Michels. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-518-46354-3
  15. Bruno Snell: Heraklit. Fragmente (griechischer Originaltext mit deutscher Übersetzung), Artemis & Winkler, 14. Auflage, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-538-03506-5
  16. Uvo Hölscher: Parmenides. Vom Wesen des Seienden. Die Fragmente griechisch und deutsch, hrsg., übersetzt und erläutert. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1969
  17. Ute Seiderer (Hrsg.): Panta rhei. Der Fluss und seine Bilder. Ein kulturgeschichtliches Lesebuch. Reclam, Leipzig 1999
  18. 18,0 18,1
     Wikiquote: Heraklit – Zitate
  19. Parmenides: Fragment 2
  20. Thomas S. Kuhn: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Mit einem Postskriptum von 1969. 5. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-518-07625-6
  21. Hermann A. Schlögl: Echnaton. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56241-9
  22. In einem fiktiven Treffen mit Hypatia hat Franz Josef Weißenböck in seinem Buch „eva@oestlichvoneden.com“ ab S. 119 die Tragik dieser außergewöhnlichen Frau thematisiert. Franz Josef Weißenböck: „eva@oestlichvoneden.com“. Mit einem Vorwort der österreichischen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Wien-Klosterneuburg 2010, S. 119 ff, ISBN 978-3-85167-244-2
  23. Franz Austeda: Lexikon der Philosophie, Wien 1979, S. 180 „Begriffsrealismus“, ISBN 3-85119-156-0
  24. Franz Austeda: Lexikon der Philosophie, Wien 1979, S. 219 „Glossomorph“, ISBN 3-85119-156-0
  25. Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft
  26. Daisetz Teitaro Suzuki: Leben aus Zen, 1982, S. 9 letzter Absatz, ISBN 3-518-37346-3
  27. Daisetz Teitaro Suzuki: Leben aus Zen, 1982, S. 9 zweiter Absatz, ISBN 3-518-37346-3
  28. Meister Eckehart: Deutsche Predigten und Traktate, Diogenes 1979, S. 240, ISBN 3-257-20642-9
  29. Eugen Herrigel: Der Zen-Weg, 1984, S. 116 dritter Absatz, Otto Wilhelm Barth Verlag, ohne ISBN
  30. Ludwig Wittgenstein: Tractatus Logico-Philosophicus, 1921, 5.63
  31. Robert Hofstetter/Walter Weiss: Gott. Wozu. Die Grenzen von Vernunft und Sprache, Wien-Klosterneuburg 2008, S. 448 ff, ISBN 978-3-85167-211-4
  32. Titch Nhat Hanh: Wie aus Siddharta Buddha wurde, dtv 1991
  33. Erwin Kohaut: Kritische Gedanken zur Kosmologie oder: Weshalb ich meine, dass die Kosmologie von der Physik zur Naturphilosophie überwechseln sollte in: Universum und Bewusstsein, S. 71 ff, Wien-Klosterneuburg 2004, ISBN 3-85167-147-3
  34. Walter Weiss: Was ist ein Ereignis, in: Universum und Bewusstsein, S. 47 ff, Wien-Klosterneuburg 2004, ISBN 3-85167-147-3
  35. Hermann J. Hallauer: Nikolaus von Kues, Bischof von Brixen 1450–1464. Gesammelte Aufsätze, Athesia, Bozen 2002, ISBN 88-8266-153-9
  36. Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft, Felix Meiner, Hamburg 1956
  37. Daisetz Teitaro Suzuki: Leben aus Zen, Suhrkamp 1982, S. 10, letzter Absatz, ISBN 3-518-37346-3
  38. Ludwig Wittgenstein: Tractatus Logico-Philosophicus, 1921
  39. Genaueres dazu in: Erwin Kohaut/Walter Weiss: Universum und Bewußtsein – philosphisch-physikalische Gedanken zur Welt, Wien-Klosterneuburg 2004, S. 27 ff, ISBN 3-85167-147-3
  40. Karl Edlinger: Darwin – auf den Kopf gestellt. Was bleibt von einer Ikone? Wien-Klosterneuburg 2009, ISBN 978-3-85167-230-5
  41. Walter Weiss: Intelligent Design: Credo qia absurdum, in: Atheismus: Philosophie, Gott, Religion, Wissenschaft, Wirtschaft, Wien-Klosterneuburg 2013, S. 220 ff, ISBN 978-3-85167-270-1
  42. Eugen Herrigl: Der Zen-Weg, Otto Wilhelm Barth Verlag, München 1984, S. 120 f., ohne ISBN
  43. Otto Hans Ressler: Die Gerechtigkeit der Hölle, Wien-Klosterneuburg 2013, ISBN 978-3-85167-274-9, S. 176 unten
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