Französische Löwenrüstung

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Detail der engl. Löwenrüstung: Linke Achsel von hinten

Die Französische Löwenrüstung ist eine Löwenrüstung, die im Musée de l’Armée in Paris aufbewahrt wird. Bei dieser Rüstung handelt es sich um einen typischen Infanterieharnisch der Zeit um die Entstehung.

Beschreibung[Bearbeiten]

Brust der franz. Löwenrüstung mit dem Medaillon des Erzengels Michael

Die Rüstung ist nicht komplett erhalten. Sie besteht heute aus einem Burgonet, dem Ringkragen (Gorget), dem Brust- und Rückenpanzer, dem kompletten Armzeug inklusive der Achseln, sowie der beiden Tassetten. Fehlend sind das Beinzeug, die Panzerstiefel, die Wangenklappen des Burgonets sowie die Finger der Panzerhandschuhe. Die Dekorationen auf der Rüstung sind in einem sehr hohen Standart gehalten. Sie sind als Treib-, Gravur-, Einlege- und Vergoldungstechniken ausgeführt. Manche Abschnitte sind nicht poliert, sondern in einer Art "Hammerschlagoptik" erhalten. Den Mittelpunkt der Verzierungen bilden mehrere Darstellungen von Löwenköpfen, die mit einem imitierten Löwenfell, beziehungsweise Löwenmähnen versehen sind. Diese Darstellungen befinden sich auf dem oberen Teil des Burgonets, der Frontplatte der Achseln, den Ellbogenpanzern, sowie dem Rücken der Panzerhandschuhe.

Linke Achsel der franz. Löwenrüstung von vorn links

Die Löwenköpfe sind außergewöhnlich fein gearbeitet. Die Gesichter sind geschwärzt und mit feinen Stichellinien versehen, die das Fell der Tiere darstellen sollen. Die Schnurrhaarwurzeln sind mit einer leichten Silberverzierung in Punktform angedeutet, die Ohren bestehen aus leicht verdrehten Spiralen und sind von Haarlocken umgeben. Die Pupillen der Augen sind gelocht dargestellt, obwohl dies wohl nicht der Orginalfertigung entstammt, sondern diese nachträglich eingearbeitet sind. Die Abgrenzungen oder die Ränder der einzelnen Rüstungsteile sind abgerundet und in der Form eines Seiles dargestellt. Die übrigen Dekorationen bestehen aus Masken, Tierköpfen, Vasen, Hermen und Heroniken sowie von Vögeln. Die nicht verzierten Bereiche sind in der schon erwähnten, leicht groben, unpolierten Hammerschlagoptik gestaltet. Einige der goldenen Dekorbänder sind so gestaltet, das sie mehr überlappende Rüstungsteile darstellen als vorhanden sind. Diese Bänder erwecken den Eindruck das die Rüstung ein Typ der Anime- Rüstungsart ist, und somit eine höhere Beweglichkeit gegeben scheint als es tatsächlich der Fall ist.

Das auffälligste Dekorationsstück ist die auf dem Brust- und Rückenpanzer befindliche, aus dem Metall des Panzers herausgetriebene Kette mit der Abbildung des Ordens vom Heiligen Michael (Ordre de Saint-Michel). Die Kette besteht aus zwei Reihen ausgetriebener Jacobsmuscheln, die mit einem goldverzierten, dünnen Band oder Seil verbunden sind. In der Mitte ist ein Medaillion angebracht das mit Blütenknospen und einer am unteren Ende befindlichen Perle verziert ist. Auf dem Medaillon befindet sich eine Abbildung des Erzengels Michael, der ebenfalls eine Rüstung "all antica" trägt und mit seiner Lanze Satan niedergeworfen hat. Unter der Medaille bilden die Dekorationsstreifen des Brustpanzers ein silbernes Kreuz. Diese Symbolik, das Kreuz sowie der St. Michaelsorden zeigen an, das die Rüstung für einen französischen Ritter, oder aber auch für einen hochrangigen Adeligen in französischen Diensten gefertigt wurde. Der Orden vom heiligen Michael wurde im Jahre 1469 vom französischen König Louis XI. gegründet. Er war der Orden der französischen Ritterschaft, bis er vom höherwertigen, oder höher angesehenen Orden des heiligen Geistes ersetzt wurde. Ursprünglich war die Kette aus Jacobsmuscheln des Michaelsordens nur einreihig, wurde aber während der Herrschaft Francois I. (1515-1547) in eine zweireihige Kette umentworfen. Die zweireihige Form blieb bis zur Herrschaft Charles IX. (1560-1574) bestehen und wurde dann wieder zurückentworfen auf eine einreihige Form. Durch diese Änderungen in der Gestaltung ist es möglich die Rüstung auf einen Herstellungszeitpunkt zwischen 1527 und 1560 zu Datieren. Das Kreuz auf der Brust deutet ebenfalls auf diese Zeit hin, da es seit dem Hundertjährigen Krieg als das französische Kriegssymbol diente. Es könnte das französische Gegenstück zum roten Kreuz der Engländer gewesen sein. Beide Symbole wurden von wichtigen Persönlichkeiten getragen, wie z.B von Alfonso I.d`Este (*1476-†1534), Herzog von Ferrara und Modena, was durch das Gemälde, eine Portrait d´Estes um 1513, geschaffen von Dosso Dossi (* um 1480–90 in Ferrara; † 1542 in Ferrara) nachzuweisen ist. Das Gemälde wird heute in der Galleria Estense in Modena/Italien aufbewahrt.

Die Rüstung wird zum ersten mal in "Panoplie" von J.B.L. Carrè de Clermont erwähnt, die 1783 von Carrè fertiggestellt wurde, aber erst im Jahre 1795 veröffentlicht wurde[1].

Darin ist die Rüstung beschrieben und Illustriert. Als Aufenthaltsort wird die Rüstkammer des Prinzen Condè aus Chantilly angegeben. Wahrscheinlich zum ersten mal als "armure de Lions" in gedruckter Form wird angegeben, das er aus dem Besitz Henri IX. stammt, währen Carrè selbst eher dazu tendierte das er Francis I. oder Louis XII. gehörte. Hete wird angenommen das Carrè einen Fehler beging, als er die Dekorationen auf den Tasetten als "Stab eines Kommandanten oder Marshalls von Frankreich" darstellen sollen. Daher schrieb er die Rüstung eher einem General, als einem Herrscher zu. Glücklicherweise, oder besser gesagt intelligenterweise ließ er eine endgültige Zuordnung offen. Infolge der Französischen Revolution wurde nach der Vertreibung des Prinzen Condè eine Bestandsaufnahme seines Besitzes erstellt. Darin erscheint ebenfalls wieder unzweifelhaft diese Rüstung. Auf fehlende Teile und Beschädigungen wird in der Aufstellung vom 30. April 1795 unter der Nummer 8. hingewiesen. Die fehlenden Wangenklappen am Helm wurden erwähnt und die Rüstung später im Jahr zuerst zum Louvre transportiert und in den Jahren 1796-1797 dann zum Musèe de Artillerie in Paris.

In einem Bericht des Verteidigungsministers an Kaiser Napoleon vom 2. September 1806 wird erwähnt das es sich bei diesen Rüstungen die sich in der Sammlung befinden um die bedeutendsten Stücke der Sammlungen handelt, darin eingeschlossen die "Löwenrüstung von Chantilly" die Francoise I. und wie schon erwähnt Louis XII. zugeschrieben wurde. Diese Zuschreibungen hielten sich über etliche Jahre, bis zur Arbeit von Charles Buttin aus dem Jahre 1928 über diese Rüstung. Buttin besätigte die Zuordnung zu Francoire I., basierend auf Vermessungen an der Kolossalstatue Francoise I., sowie an einer Rüstung, die für ihn von Jörg Seusenhofer im Jahre 1539-1540 angefertigt wurde. Nach neueren Erkenntnissen sind die Angaben und Maße die Buttin zur Grundlage verwendet kein Nachweis für die Zuordnung zu Francoise I.

Da Nachweise über den Besitz, Aufzeichnungen, sowie keinerlei Herstellermarken existieren, können in diesem Fall ausschließlich die Maße der Rüstungen als Nachweis dienen. Die Maße der Seusenhofer-Rüstung, sowie die des Löwenharnischs sind sehr ähnlich im Vergleich:

  • Die Breite der Brustplatten zwischen den Armlöchern beträgt 40 cm und 37 cm,
  • 32,5 cm und 32,5 cm an der Innenseite über die hintere Hüfte,
  • Der Umfang um die Hüfte beträgt 104 cm und 105 cm
  • Bei den Armzeugen sind die Maße weiter auseinanderliegend. Das Armzeug des Seusehofer-Harnischs ist gemessen von der Schulter zur Mitte des Ellbogens 44,5 cm sowie nur 36 cm an der Löwenrüstung

Dieser erhebliche Unterschied von 8,5cm genügt um Zweifel an der Zuordnung zu erheben. Vielmehr kann die Rüstung anhand der Abmessungen nun eher Anne de Montmorency (*1493-†1567), Constable von Frankreich, zugeordet werden, dessen Rüstung ebenfalls in dem Musèe de Artillerie erhalten ist, und die unzweifelhaft seiner Person zugeordnet ist. Die Abmessungen dieser Rüstung sind sehr ähnlich denen der Löwenrüstung:

  • 37,5 cm zwischen den Armlöchern
  • 32,5 cm an der hinteren Hüfte
  • 103 cm Umfang des Brustpanzers an der Hüfte
  • 35 cm bis 36 cm von der Schulter zur Mitte des Ellbogens,

also etwa entsprechend den Abmessungen eines erwachsenen Mannes, ähnliche Körperformen, aber etwas kürzere Arme.

Die Löwenrüstung ist als Infanrierüstung entworfen und hergeatellt, aber wurde wohl niemals mit Beinzeug ausgestattet. Erklärbar wenn man Portraits Francois I. betrachtet, da er extrem lange Beine besaß, was auch durch Seusenhofers Rüstung bewiesen ist. Die Beinlänge am Unterschenle beträgt vom Knie bis zum Boden 60 cm, im Gegensatz zur Rüstung Montmorencys, bei der die gemessene Länge an der gleichen Stelle exakt 46 cm beträgt. Die Dekoration würde ebenfalls zum König wie auch zu Montmerency passen, da der König Peer des Reiches und Commander in Chief war, derweil Momtmorency Mitglied des Ordens vom heiligen Michael war und auch wohl das weisse (silberne) Kreuz als französisches Kriegsemblem getragen hat. Ebenso ist nachgewiesen das Montmerency ein "Corselet gemacht im antiken Stil" besessen hat, was jedoch nicht ausreicht einen Bezug zur Löwenrüstung herzustellen. Es ist also mit hoher Wahrscheinlichkeit nachzuweisen das die Rüstung aus dem Eigentum Anne de Montmorency stammt, jedoch bleit ein endgültiger Beweis offen und nicht endgültig nachweisbar

Ebenso ist der herstellende Plattner und der Herstellungsort nicht sicher nachzuweisen. Die Meinungen dazu weichen voneinander ab. Buttin (1928) ist davon überzeugt das die Rüstung in der Werkstatt eines Mailänder Plattners, der in Frankreich ansässig war um 1530-1535 gefertigt wurde[2]. Der Autor Cripps-Day (1927) war der erste, der die Rüstung mit der Werkstatt der Negrolis in Verbindung brachte[3]. Er sieht gleiche oder sehr ähnliche Darstellungen und Zierarbeiten die mit der Maskengarnitur Filippo Negrolis von 1535, ebenfalls im Musèe de Artillerie, übereinstimmen und datiert daher die Entstehungszeit auf 1540-1545. Er vermutet ebenfalls das der Hersteller Giovan Paolo Negroli war, der über längere Zeit in Paris gearbeitet hat. Dies ist ein nachzuweisender Fehler, da nicht Giovan Paolo, sondern Giovan Pietro Negroli, nachgewiesen durch Picot (1905)[4], in Paris arbeitete. Die Zuordnung zu Giovan Paolo blieb jedoch bestehen obwohl sie nachweislich falsch war. Thomas und Gamber (1958)[5] schrieben sie nun Filippo Negroli und seinen Brüdern zu (Boccia, Rossi und Morin 1980)[6].

Die neueste Meinung zur Einordnung stammt von Stuart W. Pyhrr (1989)[7], der die ausführende Arbeit der Negrolis bestreitet. Seiner Meinung nach sind die Ausführungen im Vergleich zu den erhaltenen Arbeiten der Negrolis bei weitem nicht so fein und leicht, die Treibarbeiten sanfter und flacher gehalten, weniger präzise.

Literatur[Bearbeiten]

  • Stuart W Pyhrr: Heroic Armor of the Italian Renaissance: Filippo Negroli and his contemporaries. Metropolitan Museum of Art, 1998, ISBN 978-0-87099-872-0, S. 304–309 (dt., engl.,franz).
  • Albert Hirsch: Paris und seine vorzüglichsten Umgebungen, nebst Plänen und Illustrationen in zwei Bänden: Nach eigenen Anschauungen und den besten Hilfsquellen,Die hervorragendsten Staats-Sammlungen, als: Louvre, Hôtel de Cluny, Musée d'Artillerie, Bibliotheque ..., Band 1. Fleischmann, 1867, S. 380, 381.
  • Paul Gnuva: Museen in Europa: wichtige und originelle Sammlungen : Kunst, Natur, Technik, Folklore, Hobby. RV Reise- und Verkehrsverlag, 1977, ISBN 978-3-575-01163-3, S. 96.

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Jean Baptiste Louie Carré de Clermont, Panoplie ou Rèunion de tout ce qui a trait á la guerre, depuise l´orgine de la Nation francaise jusqu a´nos jours, 2 vols. Calòn-sur Marne:Pinteville-Bouchard;Paris, Fuchs, 1795, 1795
  2. Charles Buttin, Chroniques: L`armure aux lions, Revue de l`art ancien et moderne, 54 (September-Oktober 1928, pp. 152-61;(November 1928),202-9)
  3. Francis Henry Cripps-Day, Zwei weitere Montmorency Rüstungen, Zeitschriften für historische Waffen- und Kostümkunde, n.s.2 (11), no.7, (Juli 1927, pp. 156-168)
  4. Èmile Picot, Note sur Gio. Pietro Negroli, armurer de Paris au XVI sieckle, Bulletin de Sociètè de l`Histoire de Paris et de I´lle-de-France 32, (1905). pp. 81-86
  5. Bruno Zhomas + Ortwin Gamber, L`Arte milanese dell `armatura, In Storia di Milano, vol.2, Il declino spagnolo, (1630-1706), pp. 697-841, Fondatione Treccani degli Alfieri per la Storia di Milano (1958). Reprinted in German in Thomas 1977, vol.2, pp.971-1098
  6. Lionello Giorgio Boccia, Francesco Rossi, Marco Morin, Armi e armature de lombarde, Mailand, Electra Ededice, 1980
  7. Stuart W Pyhrr, Heroic Armor of the Italian Renaissance: Filippo Negroli and his contemporaries, Illustriert von Filippo Negroli, Verlag Metropolitan Museum of Art, 1998, Seite 308, ISBN 978-0-87099-872-0
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