Formen des politischen Systems
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Regierungssysteme der Welt | |||||
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Stand: 2012 |
Die verschiedenen Formen politischer Systeme dienen in der modernen Politikwissenschaft dafür, Staaten und ähnliche politisch-rechtliche Gebilde nach bestimmten Kriterien voneinander zu differenzieren. Allerdings muss dabei immer beachtet werden, dass sich grundsätzlich fast jeder Staat in seinen politischen Normen unterscheidet und sogar zwischen der festgeschriebenen Verfassung (de jure) und der Verfassungswirklichkeit (de facto) erhebliche Abweichungen festgestellt werden können, welche für die letztendliche Einordnung eines Staates in eine Kategorie entscheidend sind.
Inhaltsverzeichnis
[Verbergen]Abgrenzung[Bearbeiten]
Man kann zwischen diesen Unterscheidungsformen politischer Systeme abgrenzen:
- die Staatsform, welche sich nach der Stellung des Staatsoberhaupts im Gewaltengefüge richtet. Grundlegend unterscheidet man heute zwischen Republik und Monarchie.
- die Herrschaftsform, die danach unterschieden wird, von wem die Staatsgewalt tatsächlich ausgeht, also wer „herrscht“.
- Beispiel: Volk (Demokratie), Adel (Aristokratie), Einzelperson (undemokratische Monarchie), Priesterklasse (Theokratie)
- das Regierungssystem, das im Gesamten nach der Stellung und Kompetenz von Staatsoberhaupt, Regierungschef und Parlament unterschieden wird.
- in legitimen Republiken: präsidentiell, semipräsidentiell, parlamentarisch oder an das Parlament gebundene Exekutivgewalt
- in legitimen Monarchien: parlamentarisch, konstitutionell, absolut
- oder illegitim-diktatorische Systeme wie Einparteiensysteme oder Militärdiktatur etc.
- sowie entsprechende Mischsysteme
Die nachfolgenden Abschnitte dienen für eine nähere und detaillierte Erläuterung der obigen Formen:
Staatsform[Bearbeiten]
Unter einer Staatsform versteht man heutzutage die äußere staats- bzw. verfassungsrechtliche Struktur eines Staates, die sich nach der Stellung des Staatsoberhauptes hinsichtlich der Verteilung der Staatsgewalt richtet. In der Gegenwart unterscheidet man zwischen den Staatsformen der Republik (mit gemeinschaftlich in regelmäßigen Wahlen bestimmtem, demokratisch legitimierten Staatsoberhaupt) und der Monarchie (mit i.d.R. auf Lebenszeit regierenden Monarchen als Staatsoberhaupt). Des Weiteren existieren noch detaillierte Ausführungen dieser drei grundlegenden Staatsformen wie z. B. Bundesrepublik, Erbmonarchie oder Islamische Republik. Ausschlaggebend für derartige Zusatzbezeichnungen können zum Beispiel der Staatsaufbau (Föderalismus versus Einheitsstaat) oder die inhaltliche Ausrichtung (wie im Falle der Islamischen Republik oder Volksrepublik) oder auch der Art bzw. Form der Monarchie (Erb- versus Wahlmonarchie) sein. Eine tabellarische Auflistung aller Staatsformen findet sich hier.
In der Antike wurde allerdings nicht exakt zwischen Staats- und Herrschaftsformen unterschieden (siehe auch hier). Ebenso zählen einige Politikwissenschaftler auch die Diktatur zu den Staatsformen, was allerdings nicht unumstritten ist, zumal sich Diktaturen in der Regel formaljuristisch Monarchien oder Republiken nennen. Deswegen wird in diesem Artikel davon Abstand genommen, die Herrschaftsform Diktatur als Staatsform zu bezeichnen.
Herrschaftsform[Bearbeiten]
Unter Herrschaftsform versteht man die Art und Weise der Herrschaftsausübung. Relevant ist also die Frage, von wem die Staatsgewalt tatsächlich ausgeht, wer also im modernen Kontext Souverän ist, wer „herrscht“. Es dabei auch zwischen legitimer und illegitimer Herrschaft zu unterscheiden.
Beispiele sind die Demokratie im Falle des Ausgangspunktes Volk, Aristokratie beim Adel oder Theokratie bei einer Herrschaft durch die Priesterklasse. Bei der Herrschaftsforschung handelt es sich um ein grundlegendes Forschungsfeld der Politischen Theorie und Philosophie. Eine ausführliche Liste der verschiedenen Herrschaftsformen findet sich hier.
Regierungssystem[Bearbeiten]
Das Regierungssystem (manchmal Regierungsform genannt) beschreibt die formale Ausgestaltung bzw. die Funktionsweise einer Regierung und ist daher viel mehr als die Einordnung einer Regierung in verschiedenen Typen (Winfried Steffani). Zentral in der Typologisierung des Regierungssystems sind die Stellung und die Kompetenzen des Staatsoberhaupts, des Regierungschefs und deren Wechselbeziehungen zum Parlament.
Die wichtigsten Regierungssysteme sind das präsidentielles Regierungssystem, parlamentarisches Regierungssystem, semipräsidentielles Regierungssystem sowie absolute, konstitutionelle und parlamentarische Monarchien. Daneben existieren diverse diktatorische bzw. autokratische Regierungssysteme. Eine Auflistung aller Regierungssysteme (nach Staatsformen gegliedert) ist hier zu finden.
Beispiele zur Verdeutlichung[Bearbeiten]
Fallbeispiel Deutschland[Bearbeiten]
Staatsform | Republik, genauer: Bundesrepublik (wegen des föderalen Staatsaufbaus) |
Herrschaftsform | Repräsentative Demokratie, genauer: Parlamentarische Demokratie |
Regierungssystem | Parlamentarisches Regierungssystem |
Fallbeispiel Iran[Bearbeiten]
Staatsform | Republik, genauer: Islamische Republik (wegen der inhaltlichen Ausrichtung) |
Herrschaftsform | Repräsentative/Parlamentarische Demokratie und islamische Theokratie |
Regierungssystem | Präsidentielles Regierungssystem |
Fallbeispiel Schweden[Bearbeiten]
Staatsform | Monarchie |
Herrschaftsform | Repräsentative/Parlamentarische Demokratie, bzw. Repräsentative Monarchie (da formell Monarchie) |
Regierungssystem | Parlamentarisches Regierungssystem, bzw. Parlamentarische Monarchie (da formell Monarchie) |
Fallbeispiel USA[Bearbeiten]
Staatsform | Republik, genauer: Bundesrepublik (wegen des föderalen Staatsaufbaus) |
Herrschaftsform | Repräsentative/Parlamentarische Demokratie |
Regierungssystem | Präsidentielles Regierungssystem |
Geschichte[Bearbeiten]
Anzahl der Herrscher |
Gemeinwohl | Eigennutz |
Einer | Monarchie | Tyrannis |
Einige | Aristokratie | Oligarchie |
Alle | Politie | Demokratie |
In der Geschichte entwickelten politische Denker zahlreiche Typologien verschiedener Staatsformen. Aus der Antike stammt von dem griechischen Philosophen Aristoteles die klassische Aufteilung in sechs Formen: Monarchie, Aristokratie, Politie und deren entartete Pendants Tyrannis, Oligarchie und Demokratie. Der Grieche Polybios ersetzte dann erstmals die Politie durch die Demokratie und zählte sie damit zu den wünschenswerten Staatsformen; an die Stelle ihrer schlechten Form trat die Ochlokratie, die Herrschaft des Pöbels.
Im Mittelalter und der Frühen Neuzeit galten das aristotelische Staatsformenschema beziehungsweise seine späteren Modifizierungen lange Zeit als allgemein anerkannte und unhinterfragte Grundlage allen Staatsdenkens. Der italienische Politiker und Historiker Niccolò Machiavelli unterschied später lediglich zwischen Alleinherrschaften (Autokratien, Fürstentümern) und Freistaaten (Republiken). Montesquieu unterteilte die Staaten in „gemäßigte“ und „despotische“ Herrschaftsformen. Unter den Gemäßigten wiederum subsumierte er demokratische oder aristokratische Republiken sowie die Monarchien. In Rousseaus politischer Philosophie waren Republiken alle die Staaten, welche auf das Gemeinwohl bedacht waren – unabhängig von der Art des Staatsoberhaupts.
Die obige Unterscheidung richtet sich dagegen nach der heutigen politischen Philosophie.
Siehe auch[Bearbeiten]
- Liste der Staatsformen
- Liste der Herrschaftsformen
- Liste der Regierungssysteme nach Staat
- Verfassungskreislauf
Literatur[Bearbeiten]
- Jürgen Hartmann: Westliche Regierungssysteme: Parlamentarismus, präsidentielles und semi-präsidentielles Regierungssystem. 2., aktualisierte Auflage, VS Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-531-14221-6, S. 15 ff. („Das Regierungssystem. Definition, Typologie und politiktheoretischer Hintergrund“)
- Alexander Gallus, Eckhard Jesse (Hrsg.): Staatsformen. Modelle politischer Ordnung von der Antike bis zur Gegenwart. Ein Handbuch. Böhlau Verlag, Köln/Weimar/Wien 2004, ISBN 3-412-07604-X (auch bei der bpb erhältlich).
- Becker/Schmidt/Zintl: Politische Philosophie. Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2009.
- Alfred Katz: Staatsrecht. Grundkurs im Staatsrecht. 18. Auflage, C.F. Müller Verlag, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-8114-9778-8, S. 23 ff.
Weblinks[Bearbeiten]


