ema (Editor menschlicher Arbeit)
ema (Editor menschlicher Arbeit) ist ein humanmotorisch valides Menschmodell, angewendet in gleichnamiger 3D-Simulationssoftware zur Planung, Gestaltung und ergonomischen Analyse der menschlichen Arbeit, insbesondere in der industriellen Fertigung. Der Editor ema – die handelsübliche Kurzbezeichnung erfolgt in Kleinschreibung – ermöglicht die graphische Modellierung von manuellen Tätigkeiten auf Basis einer Verrichtungsbibliothek sowie die Auswertung der Richtzeit und der Ergonomie angelehnt an den EAWS (European Assembly Worksheet-Standard).[1]
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[Verbergen]Verwendung[Bearbeiten]
ema dient zur Planung, Simulation, Absicherung und ergonomischen Bewertung menschlicher Arbeit in der Produktion. Der Editor ergänzt die bereits etablierte Bewegungssimulation von Fertigungseinrichtungen (Maschinen, Anlagen, Robotern, Transporteinrichtungen etc.) um die Bewegungen der menschlichen Arbeitskräfte. Dadurch ist eine ganzheitliche dynamische Abbildung eines Fertigungsprozesses in der Digitalen Fabrik möglich.
Digitale Menschmodelle sind in vielen CAD- und Simulationssystemen bereits enthalten (Human Builder, Jack, RAMSIS, AnyBody, Dynamicus etc.). Alle Menschmodelle verfügen über eine interne Struktur von Körperteilen, die über Gelenke miteinander verbunden und durch die Definition von Gelenkwinkelbeschränkungen in ihrer Bewegungsfreiheit einem realen Menschen nachempfunden sind. Es fehlt ihnen aber weitgehend die Fähigkeit zu eigeninitiierter Bewegung. Eine Animation der Modelle erfolgt lediglich durch die vom Bediener der Anwendungssoftware vorzunehmende Einstellung einzelner Körperhaltungen. Durch Interpolation zwischen den Körperhaltungen entsteht eine Bewegung.
Demgegenüber verfügt ema über einen internen Bewegungsgenerator, der die Fähigkeit besitzt, ausgehend von einer technologischen Aufgabe, komplexe Verrichtungen durchzuführen. Die Generierung der Bewegung erfolgt also implizit. Anstelle einer Sequenz einzelner Körperhaltungen muss nur die Aufgabe definiert werden (z. B. hingehen, aufnehmen und fügen). Die Berechnung und Visualisierung von Bewegungen des digitalen Menschmodells geschieht auf Grundlage gegebener Start- und Zielbedingungen sowie der Umgebungsgeometrie (Objektbezug). Die Generierung der Bewegung beruht auf einer umfangreichen Bewegungsdatenbank.[1]
ema nutzt verbreitete Prozessplanungswerkzeuge, um den virtuellen Facharbeiter und die Arbeitsplatzumgebung zu visualisieren. Eine erste Applikation ist als AddOn für das System DELMIA von Dassault Systèmes umgesetzt worden.
Arbeitsweise[Bearbeiten]
Die Arbeitsweise des ema orientiert sich an folgenden Schritten:
- Einrichtung der Arbeitsplatzumgebung (Layout-Erstellung)
- Planung der Bewegungsabläufe bzw. der Arbeitsaufgaben anhand der Verrichtungsbibliothek (z.B. Laufen zum Ziel, Objekt aufnehmen, Laufen zum Ziel, Objekt platzieren)
- Simulation der Arbeitsaufgabe
- Ermittlung der Richtzeit
- Bewertung der Ergonomie
- Modifikation und Optimierung der Planung nach dynamischer Plausibilitätsprüfung (z.B. Änderung der Objektlagen, Laufwege etc.)
Geschichte[Bearbeiten]
Bisherige Menschmodelle verfügen über ungenügend komfortable Funktionen zur Generierung von Bewegungsabläufen und genügen demnach nicht der humanmotorisch richtigen Abbildung.
Daraus erwuchs 2005 bei imk automotive GmbH die Idee, eine eigene Simulationssoftware zu entwickeln. Mit Unterstützung der Verbundinitiative Automobilzulieferer Sachsen (AMZ) wurden Partner aus der Wissenschaft gefunden, 2007 ein erster Prototyp erstellt und 2009 das Projekt „eMAN“ gestartet [2]. Die Finanzierung des Projektes erfolgte aus Mitteln der Europäischen Union und des Freistaates Sachsen. Gemeinsam mit den Professuren für Grafische Datenverarbeitung und Visualisierung sowie Arbeitswissenschaft der TU Chemnitz und dem Institut für Mechatronik e.V. Chemnitz wurden die theoretischen Grundlagen zur automatisierten Bewegungssynthese untersucht. Die Umsetzung in DELMIA als erstes Zielsystem erfolgte ab 2009.
Im Jahr 2010 war ema Preisträger im Wettbewerb „Potenzial Innovation“.[3]
2011 wurde der IQ Innovationspreis Mitteldeutschland in Silber gewonnen.[4]
Die imk automotive GmbH entwickelt und vertreibt die Simulationssoftware ema in verschiedenen Funktionspaketen.
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Hochspringen nach: 1,0 1,1 Fritzsche et al. 2011
- Hochspringen ↑ Pressemitteilung zum eMAN
- Hochspringen ↑ Pressemitteilung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags zum Wettbewerb „Potenzial Innovation 2010"
- Hochspringen ↑ Website des IQ Innovationspreis Mitteldeutschland
Literatur[Bearbeiten]
- Lars Fritzsche, Ricardo Jendrusch, Wolfgang Leidholdt, Sebastian Bauer, Thomas Jäckel and Attila Pirger: Introducing ema (Editor for Manual Work Activities) – A New Tool for Enhancing Accuracy and Efficiency of Human Simulations in Digital Production Planning. In: Vincent G. Duffy (Hrsg.): Digital Human Modeling: Third International Conference , ICDHM 2011, S. 272-281
- Wolfgang Leidholdt, Ricardo Jendrusch, Lars Fritzsche: Der Humanmotorik auf der Spur – Algorithmische Bewegungsgenerierung Digitaler Menschmodelle. In: Bericht zum 57. Kongress der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft vom 23. – 25. März 2011, Seite 609 ff. Dortmund: GFA-Press, 2011. ISBN 978-3-936804-10-2
- [1] Pressemitteilung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags zum Wettbewerb „Potenzial Innovation 2010“, DIHK und "impulse" prämieren Deutschlands spannendste Innovationen, 26.August.2010
- [2] Presseinformation Deutsche MTM-Vereinigung e.V., Digitales Menschmodell EMA macht von sich reden, 12.November 2010
- [3] Katharina Thehos, Menschen zwischen Realität und Virtualität, 08.Juni.2009