Alfred Krumbach

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Alfred Krumbach (* 12. April 1911 in Berlin) war als Kriminalkommissar und SS-Hauptsturmführer (SS-Nr. 280142) ein Angehöriger der Kriminalpolizei und der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). Im Zeitraum 1941 bis 1942 war er an Massenhinrichtungen beteiligt. Nach Ende des Krieges konnte er eine Beschäftigung beim Verfassungsschutz aufnehmen.

Schule und Ausbildung[Bearbeiten]

Seine Kindheit verbrachte er bei den Großeltern in Ostpreußen, da er erst im Alter von 17 Jahren nach der Hochzeit seiner Eltern zu ihnen kommen konnte. Sein Vater betätigte sich als Kaufmann, der schon früh im Jahre 1922 verstarb. Nach dem Besuch der Vorschule kam er auf das Stadtgymnasium in Stettin, das er aber vor der Reifeprüfung im Jahre 1930 verließ. Danach betätigte er sich bis Ende 1933 in verschiedenen Industriebetrieben als Ingenieur-Praktikant in Stettin.[1] Es folgte ein einsemestriges Studium im Fach Maschinenbau an der Höheren Technischen Lehranstalt Stettin. Da das väterliche Geschäft, das von seiner Mutter geführt wurde, in wirtschaftliche Schwierigkeiten kam, beendete er das Studium.

Da er keine Möglichkeit sah, den bisherigen Ausbildungsweg fortzusetzen, bewarb er sich beim Polizeipräsidium in Stettin um eine Stellung als Kriminalangestellter. Seine Einstellung erfolgte am 1. September 1935. In der Dienststelle des Hafen- und Grenzpolizei-Kommissariats (GPK) in Stettin trat er seinen Dienst an, die im gleichen Jahr 1935 der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) als Abteilung II c in Stettin zugeordnet wurde. Wegen einer Neuordnung der Dienststellen im Polizeipräsidium Stettin im Jahre 1937 wechselte er seine Stellung als Kriminalassistentenanwärter auf Probe. Ein mehrmonatiger Vorbereitungsdienst auf einer Kriminalpolizeistelle in Stettin ermöglichte es ihm, im Sommer 1937 auf der Führerschule der Sicherheitspolizei in Berlin-Charlottenburg einen Grundlehrgang für Kriminalassistentenanwärter zu absolvieren.

Die am Ende des Lehrgangs erforderliche Fachprüfung I bestand er mit einer guten Beurteilung. Von Mitte 1937 bis 1938 bemühte er sich, aus dem Dienst der Gestapo auszuscheiden. Nach seinen Erfahrungen in der Ausbildung hatten sich - nach seinen Angaben in den späteren Gerichtsverhandlungen - bei ihm die Vorstellung geweckt, doch in den Dienst des industriellen Werkschutzes zu wechseln. Nach seinem Antrag auf Entlassung aus dem Dienst der Gestapo soll der zuständige Polizeirat ihm gegenüber das Wort Heinrich Himmlers geäußert haben, dass der Weg aus der Gestapo nur über das Konzentrationslager gehe. Daraufhin nahm er seinen Antrag auf Entlassung wieder zurück.

Tätigkeiten bei der Gestapo[Bearbeiten]

Seine Ausbildung im Polizeidienst setzte er mit einem Lehrgang zum Kriminalassistenten fort. In der Staatspolizeistelle Stettin betätigte er sich bis zum Mai 1939 auf den Gebieten der Bekämpfung illegaler Linksbewegungen und Bekämpfung von Wirtschaftsvergehen. Es folgte eine Versetzung für die Dauer von drei Monaten zum Reichssicherheitshauptamt (RSHA) in Berlin in die Abteilung Bekämpfung von Passfälschungen und Sabotage. Es folgte eine Eignungsprüfung in Berlin zum Kriminalkommissaranwärter. Da er diese Prüfung bestand, konnte er einen neun Monate dauernden Lehrgang an der Führerschule der Sicherheitspolizei in Berlin-Charlottenburg für Kriminalkommissaranwärter besuchen. Da er die Abschlussprüfung bestand, wurde er am 1. Oktober 1940 zum Kriminalkommissar auf Probe ernannt.

Im September 1939 hatte er noch einen zehn Tage dauernden Ausleselehrgang für den leitenden Dienst in der Sicherheitspolizei absolviert. In diesem Lehrgang sollten Beamte der Gestapo festgestellt werden, die geeignet waren, mit Unterstützung der Gestapo ein juristisches Studium zu beginnen, um später die Laufbahn im höheren Dienst einzuschlagen. Diesen Lehrgang bestand er nicht, weil er - wieder nach seinen eigenen Einlassungen - wieder zu einem Hafen- oder Grenzpolizeikommissariats versetzt werden wollte.

Dienst bei der Staatspolizeistelle Tilsit[Bearbeiten]

Es folgte im September 1940 eine Versetzung zur Staatspolizeistelle Tilsit (Stapo Tilsit), die bei seinem Dienstantritt von dem späteren SS-Obersturmbannführer Heinz Gräfe geleitet wurde.[2] In Tilsit wurde er im Referat II D eingesetzt, die sich mit der Überwachung der litauischen Minderheiten beschäftigte. Weiterhin war er im Bereich der Überwachung der Fremdarbeiter im Bezirk Tilsit eingesetzt. Auch das Schutzdienstreferat stand in seinem Dienstbereich, das sich mit dem Schutz von hochrangigen Persönlichkeiten beim Besuch im Bereich des Bezirks Tilsit betätigte.

Im März 1941 wurde er zum Kriminalkommissar ernannt. Am 9. November 1941 erfolgte seine endgültige Ernennung zum Kriminalkommissar und seine Beförderung im Rang eines SS-Obersturmführers. Seit seiner Zugehörigkeit zu Gestapo war er Mitglied der SS. Ende November 1941 übernahm er die Leitung des Grenzpolizeikommissariats Eydtkau. Im Verlauf seiner Dienstzeit bis Juli 1942 nahm er an verschiedenen Massenerschießungen mit insgesamt 827 Ermordeten teil, und zwar an folgenden Orten:

Im Juli 1942 wurde er zur Stapo Tilsit zurückversetzt, wo inzwischen ab Oktober 1940 der SS-Sturmbannführer Hans-Joachim Böhme die Leitung übernommen hatte. Krumbach wurde mit der Aufsicht über den Grenznachrichtendienst im Bereich der Stapo Tilsit samt der unterstellten GPK und Grenzpolizeiposten beauftragt. Böhme richtete für Krumbach diese Dienststellung eines Inspekteurs des Grenznachrichtendienstes ein, wobei der zum Gebiet Litauens gehörende zu überwachende Grenzstreifen von 25 km auf 40 km Breite ausgedehnt wurde.

Verletzungen und Kriegsende[Bearbeiten]

Bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug erlitt Krumbach am 3. Dezember 1942 einen doppelten Schädelbruch mit einer Gehirnquetschung, die im Lazarett Schulen versorgt wurde. Eine Weiterbehandlung erfolgte im Februar 1943 in der Heimat. Durch seine Verletzungen wurde er bis zum Herbst 1943 für dienstunfähig geschrieben. Anfang September 1943 erhielt er den Befehl, den Dienstposten des verwundeten SS-Hauptsturmführers Werner Kreuzmann zu übernehmen. Infolge einer mit Fallschirmen gelandeten Agentengruppe war es im Bereich der Stapo Tilsit zu Kämpfen gekommen, die zu zahlreichen Ausfällen durch Gefallene und Verwundete bei der Stapo Tilsit führten.

Von Juli bis November 1944 wurden seine bestehenden Verletzungen erneut behandelt, so dass er danach bedingt tauglich wieder seinen Dienst aufnehmen konnte. Gegen Ende 1944 rückte die Front so nahe, dass die Dienststelle der Stapo Tilsit nach Insterburg verlegt wurde. Mit dem Rückzug aus Insterburg am 19. Januar 1945 wurde die Stapo Tilsit aufgelöst. Zum 31. Januar 1945 erfolgte nach dem Dienstverhältnis seine Beförderung zum SS-Hauptsturmführer. Mit restlichen Kampfgruppen der Sicherheitspolizei gelangte Krumbach über Heiligenbeil und Pillau nach Kopenhagen. Dort erhielt er Anfang April 1945 einen Marschbefehl zum RSHA nach Berlin, wo er noch kurze Zeit in der Abteilung IV A 2a für feindliche Fallschirmagenten und Funkspiele eingesetzt wurde.

In den letzten Tagen des April 1945 wurden die Angehörigen des RSHA mit falschen Ausweispapieren ausgestattet. Krumbach erhielt einen Ausweis auf den Namen Albert Glomsda, geboren am 12. April 1909 in Drygallen. Für die Nacht vom 22. auf den 23. April 1945 erhielt er mit anderen Angehörigen des RSHA den Befehl, sich nach Schwerin abzusetzen. Krumbach aber fuhr zu seiner Familie nach Stralsund. Von dort fuhr er mit einem Schiff, das nach Kiel oder Flensburg auslaufen sollte. Das Schiff aber fuhr aber zu einem dänischen Hafen, wo es nach der Kapitulation Anfang Mai eintraf.

Nachkriegszeit[Bearbeiten]

Mit seiner falschen Identität gelang es Krumbach, in ein Internierungslager zu kommen. Mit weiter erlangten falschen Ausweispapieren der Wehrmacht kam er am 3. Dezember 1946 in das Lager für Kriegsgefangene Munsterlager, worauf er wenige Tage später nach Barsinghausen entlassen wurde. Mit seiner falschen Identität erlangte er dort eine Beschäftigung bei einer Dienststelle der britischen Rheinarmee. Als Leiter der Lagerpolizei und Lagerfeuerwehr war er dort von April 1947 bis Februar 1951 tätig.

Unter einem Vorwand beantragte er am 8. Dezember 1948 beim Regierungspräsidenten eine Umbenennung zu seinem alten Namen, die am 18. Mai 1949 gewährt wurde. Nach einer Arbeitslosigkeit von einem Jahr konnte er im März 1952 als Leiter der Mahn- und Inkassoabteilung bei der Auskunftei Kreditform in Hannover antreten.[4]

Tätigkeit beim Verfassungsschutz und Verurteilung[Bearbeiten]

Schon während seiner Beschäftigung in Hannover soll sich Krumbach als freier Mitarbeiter bei der Dienststelle Düsseldorf des Bundesverfassungsschutzes betätigt haben[5]. Ab dem 1. Juni 1953 wurde er beim Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) in Düsseldorf als hauptamtlicher Mitarbeiter (Hauptvertrauensmann - HVM) eingestellt. Als er in Ulm beim Landgericht am 30. Juli 1958 beim Ulmer Einsatzgruppen-Prozess[6] als Zeuge aussagte, wurde er vom vernehmenden Untersuchungsrichter sofort festgenommen. Es folgte eine fristlose Kündigung am 4. August 1958 des Dienstverhältnisses durch den Verfassungsschutz. Krumbach legte gegen diese Kündigung keine Rechtsmittel ein.[7]

Als seine Familie, die in einer Dienstwohnung des Verfassungsschutzes wohnte, nach seiner Festnahme in Geldnot geriet, drohte er seiner ehemaligen Dienststelle. Sein Fall könnte in die Öffentlichkeit getragen werden. Da er Geheimnisträger sei, könnte sein Fall somit zwangsläufig zur Kompromittierung des LfV oder gar zu einer Dekuvrierung von Einrichtungen, Praktiken oder Personen desselben führen.[8]

Krumbach wurde am 5. Februar 1963 vom Schwurgericht beim Landgericht in Dortmund wegen Mitwirkung der Tötung von 827 Menschen rechtskräftig für schuldig befunden und zu vier Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt.[9]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Hochspringen Irene Sagel-Grande (Hrsg.): Justiz und NS-Verbrechen. Band 19. Amsterdam 1978, ISBN 978-90-6042-019-5, S. 1–35 (847 S.).
  2. Hochspringen Vor Gericht gab Krumbach an, dass sein Dienstantritt bei Gräfe in der zweiten Oktoberhälfte 1940 erfolgte. Nach Ernst Klee (siehe: Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Aktualisierte Ausgabe Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 195.), war aber Gräfe schon ab September 1940 beim RSHA in Berlin.
  3. Hochspringen Justiz und NS-Verbrechen: Verfahren Lfd.Nr. 547: Massenvernichtungsverbrechen durch Einsatzgruppen, Kriegsverbrechen
  4. Hochspringen Wolfgang Buschfort berichtet noch von einer Tätigkeit in Bielefeld und Dortmund, ohne auf Einzelheiten sich zu beziehen, siehe: Wolfgang Buschfort: Geheime Hüter der Verfassung: von der Düsseldorfer Informationsstelle zum ersten Verfassungsschutz der Bundesrepublik (1947–1961). Schöningh, Paderborn 2004, ISBN 978-3-506-71728-3, S. 81 (327 S.).
  5. Hochspringen Wolfgang Buschfort, ebenda
  6. Hochspringen Ulmer Einsatzgruppen-Prozess in der deutschsprachigen Wikipedia
  7. Hochspringen Wolfgang Buschfort, ebenda, S. 108
  8. Hochspringen Wolfgang Buschfort, ebenda, S. 108-109
  9. Hochspringen Eine erste Verurteilung Krumbachs erfolgte am 12. Oktober 1961 durch das Schwurgericht beim Landgericht Dortmund. Siehe: Irene Sagel-Grande, ebenda, S. 3
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