WikiBay - Aufstieg und Fall einer Enzyklopädie

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Mitte November 2009 wurde ein Enzyklopädieprojekt namens WikiBay gegründet. Im Impressum war die Firma „Attack2net Inc. – Development & Websolutions“ aus Chicago, Vereinigte Staaten, angegeben. Mit Stand vom 25. November 2009 gab es dort 196 Artikel bei 37 registrierten Benutzern.

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Geschichte[Bearbeiten]

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Auf der Hauptseite übten die Macher der Seite scharfe Kritik an der Wikipedia. So hieß es dort wörtlich: „Man muss bei Wikipedia nämlich leider immer mehr beobachten, dass dort eingesetzte Moderatoren willkürlich und ohne entsprechende Sachkenntnis Einträge löschen, man mag gar sagen, zensieren. Insbesondere dann, wenn es um Einträge von Personen geht, entsteht immer mehr der Eindruck, dass bei Wikipedia nach persönlichem Ermessen entschieden wird, ob der Eintrag eine Relevanz für Wikipedia hat.“

Wikibay wurde in der Trollpresse als hochgelobtes Wikipedia-Konkurrenz-Produkt agressiv in den Markt gepuscht und die Werbeeinnahmen abgegrast. Um Besucher anzulocken, musste Wikipedia oft mit teils unbelegten Sabotage-Vorwürfen als Sündenbock herhalten. Man hat den Admins auch Geld versprochen, falls das Projekt mit der Zeit laufen sollte. Auch wenn es vereinzelt Provokationen der "heimlichen Unterstützer des Projekts" gegeben haben sollte, die letztlich auf Wikipedia zurückgefallen sind - Die Art und Weise, wie in den Pressemeldungen frei von jeglicher Sachkenntnis pauschal auf die Wikipedia und ihre Mitarbeiter (man ging unter anderem auch beleidigend vor) eingeprügelt wurde, waren auch nicht ohne.

Es gab bereits zu dieser Zeit andere Rettungsportale wie PlusPedia, WeCoWi und das Marjorie-Wiki die jedoch nicht so aggresiv aufgetreten sind.

Nachdem die wenigen Benutzer feststellten, dass es keine Uploadmöglichkeit für Bilder gibt und die Betreiber (darunter auch Chef-Admin Andreas Ducati) sich kaum engagiert zeigen, schien das Projekt mit der Zeit stillzustehen. Auch die zahlreichen Schreibfehler auf der Begrüßungsseite wurden nicht korrigiert. Anstatt eine Alternative für die strittigen Löschopfer zu bieten, verkam Wikibay zu einer Freakshow mit Pornosternchen, Selbstbeweihräucherung und dilletantischen Versuchen, ernsthafte Lexikonthemen mit weniger als 10 Wörtern umfassend zu behandeln.

Die Benutzer im Wikipedia-Cafe empfanden die anhäufenden Pressemeldungen von netplosiv oft als belustigend. Unter anderem wurde auch bezweifelt, dass es überhaupt den CEO Ronald B. Fleishman (schließlich ist die Webseite von attack2net seit Monaten nicht in Betrieb) sowie das Unternehmen attack2net überhaupt gibt. Man könnte vermuten, dass es sich bei „Ronald B. Fleishman” um die heimliche Identität von Ronald McDonald handelt - tagsüber über ein biederer Clown, nachts ein Super-CEO im Kampf gegen das Unrecht. Schließlich schien es sich lediglich um ein werbebasiertes innovatives Geschäftsmodell einer leicht obskuren Briefkastenfirma in Übersee zu handeln. Der Betreiber scheint laut Google Earth in einem Hotel zu residieren, die Namen der Mitarbeiter lassen sich demnach im Internet nicht finden. Zudem sind für ein US-amerikanisches Unternehmen nur wenige englischsprachige Texte (im Grunde nur eine Firmenhomepage) zu finden, dafür aber eine vielfache Menge an deutschsprachigen Seiten. Dabei war man so euphorisch; tausende hochenzyklopädische Artikel, alles relevante Lemmata, sollten eine schlagkräftige Alternative zu unserer restriktiven Adminpedia (Wahlspruch: Wir löschen das Wissen der Welt!) bilden.

Mutter Erde war zum Schluss der einzige User dort, der emsig und ganz allein den Betrieb am Laufen hielt. Er steckte offenbar seine ganze Energie in das Projekt und schrieb Artikel über Artikel zu seinem Spezialthema, die schönen Frauen der Welt, die hier leider nur wenig Platz finden. Es war sein Wiki geworden - Ein Traum ging, wenn auch nur für kurze Zeit, in Erfüllung. Man vermutete bereits, dass die Wikibayinhaber irgendwann den Server abschalten werden und sämtliche Arbeiten für die Tonne sein werden. Ein paar Wochen noch schrieb Mutter Erde mutterseelenallein immer weiter. Auch der Google-Pagerank stieg zwischenzeitlich von 2 auf 3, doch dann war Schluss.

Die eBay-Auktion[Bearbeiten]

Mit der Zeit haben die Betreiber wahrscheinlich eingesehen, dass mit diesem Projekt nicht mehr viel zu reißen ist. Eigentlich nicht verwunderlich, dass man das Ganze mit dem Wortanfang (Wiki) und dem Wortende (Bay) zum krönenden Abschluß bei eBay versteigern wollte.

Der erste Versuch[Bearbeiten]

An einem Dienstag stand WikiBay noch bei eBay zum Verkauf. Verkäufer war wichtelmaennchen007. Die letzten paar verbliebenden WikiBay-Benutzer haben offenbar von der Auktion erst über externe Quellen (zum Beispiel Wikipedia) erfahren müssen. Zu ersteigern gab es außerdem 3.000 Artikel, von denen über 1.200 nicht ausbaufähige Straßennamen-Artikel sind sowie „361 registrierte Benutzer“. Die unfreiwillige Komik des Menschenhandels wurde auch durch den Passus „Wikibay verfügt über aktive Administratoren, welche Sie ebenfalls übernehmen, sodass die kostenlose Administration des Projektes weiterhin gewährleistet ist“ verstärkt. Ein Rücktritt vom Kauf war übrigens ausgeschlossen.

Nachdem für Wikibay am 10.März.2010 gegen mittags immerhin 363 Euro (soviel, und das 4 Tage vor Ablauf der Auktion?) geboten wurde, wurde es anschließend entfernt. Eine IP hat bei Wikipedia:Cafe bekanntgegeben, dass er die Auktion bei eBay gemeldet habe. Demnach habe er eBay mitgeteilt, dass es bei WikiBay unzulässige Verlinkungen zu Pornoseiten gäbe und das die Seriösität und damit auch der Käuferschutz unmöglich gegeben sei. Laut Netplosiv lautete die Begründung für die Angebots-Entfernung seitens Ebay jedoch “Fehlende Kontaktdaten”. Meldung an Ebay: Wikipedia-Autoren wollen Verkauf von WikiBay verhindern.

Der zweite Versuch[Bearbeiten]

Eine IP aus dem Bereich Mallorca machte zunächst im Wikipedia-Cafe auf die zweite Auktion aufmerksam. Bemerkenswert ist auf der Wechsel der Standorte: War bei der ersten Auktion Spanien der Standort, wurde diesmal Chicago als Standort verwendet. Auch der Verkäufer war diesmal ein anderer, jedoch mit der gleichen Anzahl an Bewertungspunkten (1). Nach wenigen Stunden wurde auch die zweite Auktion (150422591685) erneut aus dem Angebot genommen mit der seitens Ebay gleichen Begründung “Fehlende Kontaktdaten”. Der Betreiber vermutete jedoch, dass ein Interessenskonflikt aufgrund des Wortbestandteils Bay bestand.[1]In der Pressemeldung wird auch ein Informant aus eBay-Kreisen erwähnt. Hoffen wir, dass netplosiv den mutigen Mensch ausreichend in Schutz genommen hat. Das hätte gefährlich werden können - Nicht, dass derjenige von der Mafia erledigt wird. Schade, vielleicht hätte die Wikimedia möglicherweise auch mitgeboten.

Privat-Auktion[Bearbeiten]

Die armen Wikibayautoren konnten zunächst vor einem drohenden Verkauf an Heuschrecken, mysteriösen Hedgefonds und windige Investoren, die nur Geld aus ihnen rausziehen wollen, gerettet werden. Attack2net rief dazu auf, Gebote für WikiBay per E-Mail abzugeben. Offenbar waren laut Fleishman die eingegangenen Kaufangebote jedoch zu niedrig.[2]

Abschaltung[Bearbeiten]

Bereits am 6. Mai 2010 wurde offenbar der Zugang zu Wikibay ebenso wie Attack2Net vom Hoster gesperrt, wobei die Meldung "Account Suspended" angezeigt wurde. Auch am 4. und 5. Mai war WikiBay stundenweise nicht zugänglich. Am 19. Mai 2010 wurde WikiBay komplett abgeschaltet und auf das neue Projekt NewsPush umgeleitet. [3]

Bedenklich ist es auch, dass die Betreiber die wenigen verbliebenden Benutzer ähnlich wie bei der Auktion nicht vorwarnte. Diese mussten erst hinterher über externe Quellen darüber erfahren. Autoren gelang es somit nicht, ihre mühsam geschriebenen Texte und Arbeiten zu sichern. Netplosiv berichtet über einen ehemaligen Autor namens Dietmar A., der laut Angaben seines Rechtsanwalts Werner K. unzählige Stunden Arbeit in dieses Projekt steckte, nun daraufhin Attac2net Inc. (ein großes SEO-Dienstleistungsunternehmen, dessen Webseite seit Monaten nicht in Betrieb ist) verklagen will. Wer kann es nur sein? Etwa Mutter Erde? Jedenfalls gab es bereits schon mal einen Prozess wegen Wikipedia und einem Bildchen im Jahre 2005. Ein ehemaliger Admin aus der Rost- und Eisenfraktion war ebenfalls involviert. Der Kurier berichtete. Oder war es vielleicht der mit den unzähligen Straßenartikeln? CEO Ronald B. Fleishman, wer immer das auch sein mag, sieht dies jedoch anscheinend sehr gelassen.

NewsPush[Bearbeiten]

Wer das ultimative Enzyklopädieprojekt Wikibay jetzt aufrufen will, landet bei Newspush, einem Mitmach-Internetportal, in dem jeder seine eigenen News pushen kann.

Fazit[Bearbeiten]

Einige Wikipedianer hingegen hatten ihren Spaß, auch die Schadenfreude kam nicht zu kurz, und gehen langsam zu ihrer gewohnten Wikipedia-Tagesordnung über. Durch gefakte Wikipedia-Accounts konnte man schließlich das Scheitern (das die Geschäftsleitung wie erwartet als Sabotage seitens der Wikipedia bezeichnete) besser rechtfertigen. Die Episode Wikibay ist bald vergessen. Es scheint sich also langfristig auszuzahlen, zum Niveau von Informationsmüllhalden, die nur dazu da sind, Banner- und andere Werbung zu transportieren, einen qualitativen Abstand zu behalten.

Siehe auch[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]


Info Sign.svg Dieser Wikipedia-Artikel wurde, gemäß GFDL, CC-by-sa mit der kompletten History importiert.

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