Wiegen und Dosieren im Fertigungsprozess

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Dieser Artikel beschreibt verschieden Möglichkeit für das Wiegen und Dosieren im Fertigungsprozess.

Einführung[Bearbeiten]

Zunehmender Kostendruck entlang der Lieferketten produzierender Unternehmen hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Anforderungen an die Effizienz im Fertigungsprozess enorm gestiegen sind. So müssen bei der Herstellung von Produkten exakte Mengenvorgaben und Mischungsverhältnisse eingehalten werden. Als Folge dessen werden oftmals die volumetrischen Verfahren durch gravimetrische Messungen ersetzt. Somit kommt dem Wiegen und Dosieren im Fertigungsprozess eine immer größer werdende Bedeutung zu.

Grundsätzlich lassen sich die eingesetzten Wäge- und Dosiertechniken in zwei Kategorien unterteilen, dem kontinuierlichen Wiegen und Dosieren und dem diskontinuierlichen Wiegen und Dosieren.

Das kontinuierliche Wiegen und Dosieren kommt zum Einsatz, wenn der Materialfluss nicht unterbrochen werden kann bzw. bei der Dosierung gleichzeitig eine Vermischung von Komponenten vorgenommen werden soll. In diesem Fall wird die Wäge- und Dosiertechnik direkt in die Fördertechnik (wie z.B. Bänder, Schnecken, etc.) der Fertigungslinie eingebaut. Typisches Kennzeichen der kontinuierlichen Wägung ist, dass sich das zu verwiegende Material in Bewegung befindet. Dadurch hat die Störgröße „Dynamik“ Einfluss auf die Wägung, sodass eine sorgfältige, fachkundige Planung kontinuierlicher Wäge- und Dosieranlagen unumgänglich ist.

Im Gegensatz dazu kommt das diskontinuierliche Wiegen und Dosieren zum Einsatz, wenn es verfahrenstechnisch möglich ist, den Materialfluss zu unterbrechen. Bei dieser Art der Wiegung treten im Moment der Messung keine dynamischen Störgrößen auf, da das Material in Ruhe gewogen wird. Typische Vertreter dieser Wäge-Gattung sind Schüttwaagen, bei denen der Durchfluss für den exakten Wiegevorgang unterbrochen wird, sowie Brutto- und Nettoabsackwaagen, welche zur Herstellung eichfähiger Gebinde eingesetzt werden.

Die folgenden Beispiele geben einen Überblick über den aktuellen Stand der kontinuierlichen und diskontinuierlichen Wäge- und Dosiertechnik.


Kontinuierliche Wäge- und Dosiertechnik[Bearbeiten]

Bandwaage[Bearbeiten]

Mit Hilfe einer in einem Förderband eingebauten Bandwaage wird das Material während des Transportvorgangs verwogen. Durch Gewichts- und Geschwindigkeitsmessung wird die Leistung ermittelt. Die verwogenen Mengen werden mittels Zähler im Bilanzspeicher aufsummiert. Hierbei lassen sich Genauigkeiten von 0,5 % bis 2 % realisieren. Einen wichtigen Faktor stellen die Einbauverhältnisse dar, welche entscheidend für die Genauigkeit einer Bandwaage sind. Zudem sollte der Schüttgutstrom vor der Verwiegung beruhigt sein, was bedeutet, dass die Aufgabeeinrichtung entsprechend weit von der Bandwaage entfernt einzuplanen ist. Bei größeren Geschwindigkeiten und höherer Leistung bieten sich Zweirollenbandwaagen an, da die Verweildauer des Materials auf der Messstrecke zunimmt, was zu höheren Genauigkeiten führt.

Einbau einer Zweirollen-Förderbandwaage


Dosierbandwaage[Bearbeiten]

Das Messprinzip einer Dosierbandwaage entspricht dem Prinzip der Bandwaage (Gewichts- und Geschwindigkeitsmessung). Neben dem „Messprogramm“ stehen Regelungsparameter zur Verfügung, die einen konstant vorgegebenen kontinuierlichen Materialfluss ermöglichen. Die Regelung erfolgt entweder über die Bandgeschwindigkeit oder über die Regelung von Zuführorganen. Das Regelprogramm der Dosierbandwaage vergleicht die Ist-Förderstärke mit der eingestellten Soll-Förderstärke und regelt das Dosierelement. Vielfältige Parameter ermöglichen die Anpassung des PID-Reglers zur Optimierung der Regelstrecke. Ein praxisnahes Beispiel stellt ein umfangreiches System zur rezeptgesteuerten Dosierung von Komponenten aus 38 Silozellen dar.

Blockschaltbild Rezeptgesteuerte gravimetrische Dosierung mit Dosierbandwaagen

In diesem Fall ist jedes Silo mit einer Einrollenbandwaage samt Dosierelektronik ausgestattet. Die Dosierbandwaage regelt direkt den Dosierschieber des Siloauslaufes und ist via Profibus mit dem Prozessleitsystem (PLS) verbunden. Zusammenfassend ermöglicht das gravimetrische Dosiersystem die marktgerechte und präzise Mischung vorgegebener Produktqualitäten mit hoher Leistung.

Schneckenwaage[Bearbeiten]

Mit Hilfe einer Schneckenwaage können aktuelle Förderleistungen sowie die Fördermengen gemessen werden. Zu diesem Zweck wird eine herkömmliche Förderschnecke mit Wägezellen und Festlagern ausgestattet. Die kontinuierliche Wiegeelektronik arbeitet mit einem modifizierten Bandwaagen-Programm, in dem die Fördergeschwindigkeit der Schnecke sowie die Schneckenbeladung fortlaufend registriert werden. Neben der Anzeige der Förderleistung stehen drei weitere Zähler (z.B. Chargenzähler, Tageszähler, Gesamtzähler), auf denen die Mengenangabe in kg abgebildet wird, zur Verfügung. Somit eignet sich die Schneckenwaage für interne Kontrollverwiegungen sowie für Verladung und Dosierung. Da die Waagenkonstruktion in vorhandene Förderwege integriert wird, ist die Schneckenwaage eine vergleichsweise einfach zu realisierende wiegetechnische Lösung. Allerdings beschränkt die hohe Toleranz von ca. +/- 3 % die praktischen Einsatzmöglichkeiten.

Prinzipskizze einer Schneckenwaage

Differenzialdosierwaage[Bearbeiten]

Ein weiteres Dosiersystem für gravimetrische Dosierung von Schüttgütern stellt die Differenzialdosierwaage dar. Bei diesem System wird die Ist-Förderstärke aus der Gewichtsabnahme pro Zeiteinheit bestimmt. Ein Regler vergleicht die Ist-Förderstärke mit der eingestellten Soll-Förderstärke und regelt das Dosierelement.

Prinzipskizze einer Differenzialdosierwaage

Eine solche Differenzialdosierwaage besteht aus einer Wägeeinrichtung mit aufmontiertem Wägebehälter, aus dem mittels Förderschnecke ein in der Größe einstellbarer Schüttgutstrom in Masse/Zeiteinheit abgezogen wird. Der Regler sorgt für die Einhaltung des konstanten Förderstroms. Mit dieser Waage lassen sich relativ kleine Fördermengen bei einer Dosiergenauigkeit von bis zu +/- 0,5 % realisieren, sodass sich dieser Waagentyp auch für die Dosierung von Kleinkomponenten wie beispielsweise Vitaminen eignet.

Diskontinuierliche Wäge- und Dosiertechnik[Bearbeiten]

Schütt- und Absackwaage[Bearbeiten]

Die interne Verwiegung und Dosierung von Schüttgütern kann mit Hilfe von selbsttätigen Schüttwaagen oder Absackwaagen realisiert werden. Beim Einsatz von Schüttwaagen werden die Einzelschüttungen ermittelt und im Bilanzspeicher aufsummiert. Im Gegensatz dazu dienen Absackwaagen der Befüllung von Säcken oder Big Bags mit vorgegebenem Füllgewicht.

Kombination von Schütt- und Absackwaage in einer Mühle

Eine Kombination aus Absackwaage und Schüttwaage bietet eine kombinierte SWA (selbsttätige Waage zum Abwägen) und SWT (selbsttätige Waage zum Totalisieren), mit der sich sowohl Absackungen als auch lose Verladungen durchführen lassen. Über eine zentrale Steuereinheit werden die beiden Waagenfunktionen aufgerufen. Bei der Absackfunktion wird die Zahl der zu befüllenden Säcke sowie das Füllgewicht mittels eines selbstständigen Dosier- und Steuerprogrammes an die Wägeelektronik übergeben. Bei der losen Verladung werden die vorgegebenen Gesamtmengen an der Waagensteuerung eingegeben. Sobald die letzte volle Schüttung erreicht wird, erfolgt eine automatische Berechnung des Abschaltzeitpunktes für die letzte Schüttung. Auf diese Weise wird die exakte Restmenge zum Erreichen der vorgegebenen Gesamtmenge ausgegeben.

Big Bag-Abfüllanlagen[Bearbeiten]

Um Schüttgüter in großen Sackgebinden zu verwiegen und diese später zu lagern bzw. intern weiterzuverwenden, stehen moderne Big Bag-Abfüllanlagen zur Verfügung. Neben manuellen Systemen sind auch automatische Lösungen realisierbar. Mit der Big Bag-Anlage können Gebinde zwischen 500 kg und 1.500 kg selbsttätig abgefüllt werden. Unter der Voraussetzung der gesicherten Materialzuführung sind beispielsweise bei 1.000 kg Füllgewicht je Sack pro Stunde 25 Gebinde befüllbar, dies erfolgt im Grob- und Feinstrom. Die Big Bag-Befüllstationen können mit Rollengängen zum automatischen Abtransport der Säcke ausgestattet werden. Zur optimalen Verdichtung des Materials sind Rüttelvorrichtungen einsetzbar. Darüber hinaus lassen sich die Big Bag-Anlagen mit Etikettiersystemen oder Palettenmagazinen zu vollautomatischen Systemen erweitern.

Automatisierte Big Bag-Anlage

Behälterwaage für Flüssigkeiten[Bearbeiten]

Flüssigkeitswaagen eignen sich zum Messen der Durchflussmengen sowie zum Dosieren von flüssigen Gebinden. Die Funktionalität dieser Waage entspricht der Funktion einer Waage für Schüttgüter. Aufgrund des Mediums werden Ventile als Absperr- bzw. Dosierorgan eingesetzt. Die Flüssigkeitswaage (siehe auch Abbildung 7) ist mit speziellen Kugelhahnventilen im Ein- und Auslauf ausgestattet, welche auch bei kleinen Viskositäten eine hohe Dichtigkeit gewährleisten.

Flüssigkeitswaage mit Vor- und Nachbehälter

Fazit[Bearbeiten]

Mittels verschiedener Wäge- und Dosiersysteme lassen sich unterschiedliche Ansprüche an Kontrollwiegungen und eichfähige Wiegeprozesse bei der internen Verarbeitung von Schüttgütern bedienen.

Insbesondere bei kontinuierlichen Wäge- und Dosiersystemen ist es wichtig, die Planung und spätere Einbindung der Anlage von fachkundigem Personal vornehmen zu lassen, da es aufgrund der externen Störgrößen zu Problemen kommen kann. So kommt es bei nicht ordnungsgemäß installierten Bandwaagen zu erheblichen Abweichungen in der Genauigkeit. Ein Großteil der angebotenen Wäge- und Dosiersysteme ist prozessfähig, wodurch eine Anbindung an ein vorhandenes Prozessleitsystem (PLS) sichergestellt werden kann. Dies kann über Bussysteme (z.B. Profibus, Profi-Net, usw.) sowie über Schnittstellen (z.B. TCP/IP) realisiert werden. Zudem lassen sich interne Prozessabläufe auch mit Hoflogistikprozessen verbinden. Somit sind integrierte Prozesslandschaften erhältlich, die zu einer effizienten Produktion und zusätzlich optimierten Logistikprozessen führen.

Literatur[Bearbeiten]

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