Videobass

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Der Videobass ist ein Instrument für VJs, das einen musikalischen Ansatz der Videokunst verfolgt: Bewegte Bilder sollen intuitiv und mit dem ganzen Körper gespielt werden können. In seinem Äusseren gleicht das Instrument deshalb einem E-Bass mit Verstärker und Notenständer. Gespielt werden jedoch keine Töne sondern auf die Saiten geladene Videosequenzen. Diese werden mit der linken Hand durch Druck auf die entsprechende Stelle ausgewählt und über einen rhythmischen Impuls mit der rechten Hand ausgelöst. Verschiedene Knöpfe und Pedale ermöglichen ein Bearbeiten, Abmischen und Übereinanderschichten der Bilder. Die so veränderten Videoclips werden damit in einen neuen Zusammenhang gestellt und fließen als "neue künstlerische Visionen" [1] in live Performances ein. Die Beweglichkeit des Instruments und das in den Hintergrund Stellen des Computers ermöglicht eine sichtbare Bühnenpräsenz und damit eine intensive Interaktion zwischen Musikerinnen und Videokünstlern.

Videobass mit Verstärker

Aufbau[Bearbeiten]

Videobass[Bearbeiten]

Der Hauptbestandteil des Instruments ist ein Holzkörper in Form eines E-Basses mit vier Saiten, vier Joysticks und verschiedenen Dreh- und Druckknöpfen. Mittels USB-Kabel ist er mit dem Videobass-Verstärker verbunden.

Videobass Version 3

Saiten[Bearbeiten]

Jede Saite entspricht einer Sequenz von Videoclips. Diese können entweder vor der Performance aufgenommen und abgespeichert oder mittels externer Kamera live eingespielt werden. Durch Druck auf die entsprechende Stelle der Saite werden die dort abgelegten Clips durchgesehen bzw. ausgewählt.

Joysticks[Bearbeiten]

Der auf der Saite ausgewählte Videoclip wird durch vertikales Bewegen des entsprechenden Joysticks ausgelöst. Durch wiederholtes Auslösen der gleichen Stelle einer Seite werden Loops erzeugt, die mittels Druckknopf fixiert und wieder gelöst werden können. Analog des Spielens auf dem E-Bass gibt es dabei zwei verschiedene Spielweisen: Die Aufwärtsbewegung, entsprechend dem Plucking auf dem E-Bass, löst die gewählte Stelle aus, ohne jedoch das bisher gewählte Mischverhältnis zu unterbrechen. Das gewählte bewegte Bild fügt sich dadurch weich in das bisher Gespielte ein: Der Übergang ist fließend. Die Abwärtsbewegung, entsprechend der Slaptechnik auf dem E-Bass, löst die gewählte Stelle aus, schneidet das Bild aber gleichzeitig. Das Mischverhältnis wird damit auf die ursprüngliche Einstellung zurückgesetzt und das bewegte Bild der gewählten Saite tritt in den Vordergrund. Der Wechsel ist abrupt und gut sichtbar. Ähnlich der Ebenentechnik in Photoshop liegen die Videosequenzen der vier Saiten übereinander. Dabei entspricht diejenige Saite, die im E-Bass der G-Saite entspricht (höchstgestimmte), über derjenigen, die im E-Bass der A-Saite entspricht usw. Durch horizontales Bewegen der Joysticks wird die Transparenz des Videoclips einer Saite (Ebene) verändert, wodurch die Clips der vier Saiten übereinandergeschichtet und abgemischt werden können.

Dreh- und Druckknöpfe[Bearbeiten]

Mit Hilfe der Dreh- und Druckknöpfe werden Laufrichtung und Geschwindigkeit des Clips sowie Helligkeit, Kontrast und Sättigung verändert. Der kleine Knopf neben dem Joystick ermöglicht zudem ein Aufrollen des gewählten bewegten Bildes auf die ganze Saite: Anfang und Ende der Saite werden dadurch neu definiert. Sie entsprechen nun nicht mehr Anfang und Ende der gesamten ursprünglichen Videosequenz (bestehend aus mehreren Videoclips) sondern Anfang und Ende des gewählten bewegten Bildes. Die kleinen Knöpfe unten am Videobass sind Luma Keys. Sie ermöglichen ein transparent Stellen einzelner Bereiche des bewegten Bildes (z.B. alle hellen Stellen).

Videobass-Verstärker[Bearbeiten]

Der Verstärker des Videobasses besteht aus einem kaum sichtbaren Mac Mini und einem Frontpanel, die in einem kleinen Flightcase eingebaut sind. Im Mac mini befindet sich die gesamte Videobass-Software, die ein Spielen mit dem Videobass überhaupt erst ermöglicht. Am Frontpanel werden die verschiedenen Bestandteile des Videobasses eingesteckt und die Software mittels Kippschalter gestartet bzw. heruntergefahren. Das Flightcase dient zudem als Ständer für den Monitor.

Monitor[Bearbeiten]

Im Aussehen gleicht der Monitor einem Notenständer, der in Höhe und Neigung verstellbar ist. Er präsentiert die Videobass-Software und zeigt damit das eigene Spiel: Welches Videomaterial auf welcher Saite liegt, wo noch Platz für neue Videosequenzen zur Verfügung steht, welche bewegten Bilder wie verändert wurden und wie die Bilder der verschiedenen Saiten abgemischt wurden.

Pedal[Bearbeiten]

Zwei Pedale gehören zum Videbass dazu. Über das Pedal mit den Druckknöpfen wird eine externe Kamera bedient, wodurch live Bilder ins Spiel integriert werden können. Es ermöglicht zudem ein Austauschen des Videomaterials einer Saite. Mit dem zweiten Pedal werden Endlosschlaufen generiert und kontrolliert. Das aktuelle Videobass Spiel wird aufgenommen und in festgelegten Schlaufen wiederholt. Durch Kippen des Pedals wird diese Schlaufe mehr oder weniger transparent, wodurch darüber gespielt werden kann.

Geschichte[Bearbeiten]

Erfunden wurde der Videobass vom Schweizer Medienkünstler Michael Egger, Mitglied von [ a n y m a ] und von der Swiss Mechatronic Art Society. Sowohl Hardware als auch Software des Videobasses sind open source. Im Jahr 2008 hat [ a n y m a ] für die Weiterentwicklung des Videobasses einen Werkbeitrag des Migros-Kulturprozenten erhalten.

Literatur[Bearbeiten]

  • Dominik Landwehr: Werkbeiträge Digitale Kultur 2. Hrsg.: Migros Kulturprozent. Christoph Merian Verlag, Basel 2009, ISBN 978-3-85616-483-6.
  • Dominik Landwehr: Home Made Electronic Arts. Hrsg.: Migros Kulturprozent. Christoph Merian Verlag, Basel 2009, ISBN 978-3-85616-462-1.
  • Dominik Landwehr: "Digitale Kultur und Medienkunst aus der Schweiz. Edition 2010. Hrsg.: Migros Kulturprozent. Christoph Merian Verlag, Basel 2010, ISBN 978-3-85616-515-4.

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Migros-Kulturprozent: "Digitale Kultur und Medienkunst aus der Schweiz. Edition 2010." 2010, S.70.
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