Völkermord in Bangladesch

Aus MARJORIE-WIKI
Wechseln zu: Navigation, Suche

Der Völkermord in Bangladesch geschah 1971 während des Bangladesch-Krieges unter der Führung der militärischen Zentralregierung in Westpakistan, im damaligen Ostpakistan .

Geschichtlicher Hintergrund[Bearbeiten]

Ost- und Westpakistan

Nachdem Indien infolge der religiösen Konflikte geteilt wurde, entstand 1947 unter anderem der Staat Pakistan mit einer starken muslimischen Mehrheit. Der Ostteil wurde als Ostpakistan bezeichnet, während Westpakistan das Pakistan darstellte, das wir heute kennen. Bereits vor der Gründung des unabhängigen pakistanischen Staates gab es Konflikte wegen sprachlicher, kultureller und ethnischer Unterschiede, da die muslimische Mehrheit die polytheistischen Hindus als Untermenschen ansah.

Schließlich versuchte die Regierung West-Pakistans, die Hindus zu zwingen, Urdu zu sprechen, mit dem Ziel, deren kulturelle Identität zu vernichten; denn die heiligen Texte der Hindus in Ostpakistan waren in Bengali niedergeschrieben. Als besonders Studenten in Ostakistan dagegen protestierten, wurden weiterhin bestimmte Wörter, Literatur und Musik verboten.

Als Reaktion auf diese Angriffe der Muslime auf die bengalische Kultur wurde die Awami-Liga gegründet, um die Interessen der Hinuds zu schützen. Während der Wahlen 1970–1971 in Pakistan gewann die Awami-Liga dann auch fast alle ostpakistanischen Sitze in der pakistanischen Nationalversammlung und wäre damit die Mehrheitspartei geworden, da Ost-Pakistan über mehr Sitze verfügte als der Westen.

Der pakistanische Präsident Yahya Khan verschob jedoch die Besetzung der Nationalversammlung auf unbestimmte Zeit und verbot die Awami-Liga, woraufhin deren Führer nach Indien flohen, um dort Zuflucht zu suchen, und eine Exilregierung gründeten.[1]

Verlauf[Bearbeiten]

Im Jahr 1971 bereitete der Präsident von Pakistan und Oberbefehlshaber der Armee General Agha Muhammad Yahya Khan gemeinsam mit seinen hochrangigsten Beratern dann als Reaktion auf die Erfolge der Awami-Liga eine sorgfältige und systematische militärische, wirtschaftliche und politische Operation gegen Ost-Pakistan vor:

Beteiligt waren General Tikka Khan, Stabschef General Pirzada, Sicherheitschef General Umar Khan, und Nachrichtendienstleiter General Akbar Khan.[2]

Sie planten, die intellektuellen, kulturellen und politischen Eliten des Landes zu ermorden. Sie planten weiterhin, wahllos Hunderttausende der dort lebenden Hindus ermorden zu lassen und die Überlebenden nach Indien zu vertreiben, um das Land ethnisch zu säubern. Darüber hinaus sollte die wirtschaftliche Basis des Landes zerstört werden, um sicherzustellen, dass Ost-Pakistan West-Pakistan für mindestens eine Generation untergeordnete sein würde.[3] Dies veranlassten sie, da sie glaubten, dass bengalische Intellektuelle und Hindus die Wurzeln der Befreiungsbewegung und der Awami-Liga darstellten.

Am 25. März 1971 begannen daher west-pakistanische Truppen Massaker an unbewaffneten Bürgern in der Hauptstadt Dhaka zu verüben.[4]

Die Hauptziele der ersten Massaker waren Studenten und Professoren an der Universität Dhaka, Beamte der bengalischen Polizei und des Paramilitärs sowie alle Mitglieder der Hindu-Minderheit. Die ersten Massaker in Dhaka ließen 7.000 Tote in einer einzigen Nacht zurück. Trotzdem erklärte Bangladesch am 26. März seine Unabhängigkeit von Pakistan. Die kleine schlecht ausgerüstete Armee Bangladeschs konnte pakistanische Truppen zurückdrängen, trotzdem gingen die Massaker an Hindus weiter. Die ersten sechs Wochen des Völkermords wurden von schwachen, unkoordinierten Gegenangriffen der bengalischen Milizen verlangsamt, nichtsdestotrotz konnte die pakistanische Armee täglich tausende von Zivilisten zusammentreiben und ermorden.

Um die größere pakistanische Armee bekämpfen zu können, erhöhte Bangladesch die Zahl seiner Guerillatruppen.[5]

Daher wurden im weiteren Verlauf vor allem junge wehrfähigen Männer Opfer willkürlicher Tötungen: Die pakistanische Armee suchte jene, die besonders geeignet schienen, sich dem Widerstand anzuschließen. Tausende wurden zusammengetrieben und verschleppt, ihre Leichen oder Leichenteile wurden später in Massengräbern in der Nähe von Lagern der pakistanischen Armee gefunden. Viele junge Männer im Alter zwischen fünfzehn und fünfundzwanzig begannen daher in Richtung Indien zu fliehen, einen Effekt, den die Pakistaner hatten erreichen wollen, um Ost-Pakistan ethnisch zu säubern.[6]

Am 16. Dezember 1971 musste die pakistanische Armee auf Druck der einmarschierenden Armee Indiens aufgeben, und der Völkermord riss unvollendet ab.

Massenvergewaltigungen[Bearbeiten]

Massenvergewaltigung wurden von der pakistanischen Armee während des Völkermordes systematisch eingesetzt, um die Hindus zu erniedrigen und zu vertreiben. Frauen wurden in ihren Häusern vor den Augen ihrer Familien vergewaltigt, um dauerhafte psychische und physische Traumata zu verursachen. Man schätzt, dass 200.000 Frauen und Mädchen im Alter von 8 bis 75 Jahren während des Genozids vergewaltig worden sind.[7]

Opferzahlen[Bearbeiten]

Die Regierung von Bangladesch führte die Religionszugehörigkeit der Opfer in ihren Statistiken nicht auf. Doch da 90% der nach Indien geflohen Bangladeschis Hindus waren, lassen es naheliegend erscheinen, dass die pakistanische Armee mit ihrem Plan, Hindus zu ermorden und zu vertreiben, Erfolg hatte.[8]

Im Jahr 1981 verlautbarte die UN:

"Unter den Völkermorden in der Geschichte ist der Völkermord in Bangladesch 1971 derjenige, in der die größte Zahl von Menschen in der kürzesten Zeit getötet wurde. Durchschnittlich wurden 6.000 bis 12.000 Menschen täglich ermordet. Das ist der höchste Tagesdurschnitt unter allen Völkermorden. Die Armee Pakistans verübte diese Schandtat über eine Spanne von 260 Tagen."[9]

Dies bedeutet eine Opferzahl zwischen 1,56 Millionen und 3,12 Millionen wobei der Mittelwert 2,34 Millionen beträgt.[10]

Die Regierung von Bangladesch gibt ebenfalls an, dass im Zuge des Völkermordes 3 Millionen Menschen durch die pakistanische Armee getötet worden sind.[11]

Rezeption[Bearbeiten]

Demonstranten auf dem Shahbag Projonmo Platz verlangen die Bestrafung der Verantwortlichen des Völkermords.

In Bangladesch[Bearbeiten]

Nach dem Völkermord in Bangladesch gab es Jahre des "nationalen Vergessens." Während viele Nationen begannen, Bangladesch nach dem Völkermord zu unterstützen, bestand die Regierungspolitik von Bangladesch darin, mehr zu vertuschen und den Genozid zu vergessen, als Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu suchen.

In Pakistan[Bearbeiten]

Pakistan hat nie Verantwortung für den Genozid übernommen, vielmehr ergingen sich pakistanische Historiker und Journalisten schon in der Leugnung des Völkermordes und es wird regelmäßig versucht, die Opferzahlen als vernachlässigbar darzustellen.[12] Die bekannten Architekten des Völkermordes wurden in Pakistan auch weder angeklagt noch bestraft. Diese sowie ihre Gesinnungsgenossen nehmen bis zum heutigen Tag Einfluss auf die Politik des Landes.[13]

In Indien[Bearbeiten]

Indien brachte eine Klage gegen Pakistan vor den Internationalen Gerichtshof wegen Verletzung der Völkermordkonvention, ließ diese auf diplomatischen Druck Pakistans jedoch wieder fallen.[14]

Literatur[Bearbeiten]

  • Donald W. Beachler: The Genocide Debate: Politicians, Academics, and Victims. Palgrave Macmillan, 2011, ISBN 978-0-230-11414-2.
  • Michael Brecher: International political earthquakes. University of Michigan Press, 2008, ISBN 978-0-472-07001-5.
  • Elora Shehabuddin: Bangladeshi civil society and Islamist politics. In: Ali Riaz, C. Christine Fair (Hrsg.): Political Islam and Governance in Bangladesh. Routledge, 2010, ISBN 978-0-415-57673-4.
  • Richard Sisson: War and Secession: Pakistan, India, and the Creation of Bangladesh. University of California Press, 1992, ISBN 978-0-520-07665-5.
  • Philip Spencer: Genocide Since 1945. Routledge, 2012, ISBN 978-0-415-60634-9.
  • Jochen Hippler: Das gefährlichste Land der Welt? Pakistan zwischen Militärherrschaft, Extremismus und Demokratie. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008, ISBN 3-462-04011-1.

Weblinks[Bearbeiten]

 Commons: Völkermord in Bangladesch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten]

Info Sign.svg Dieser Wikipedia-Artikel wurde, gemäß GFDL, CC-by-sa mit der kompletten History importiert.