Theorie des künstlichen Ursprungs von HIV/AIDS

Aus MARJORIE-WIKI
Wechseln zu: Navigation, Suche

Die Theorie des künstlichen Ursprungs von HIV/AIDS vertritt die Auffassung, dass Humane Immundefizienz-Virus (HIV), welches die Krankheit Aids auslösen kann, sei nicht durch eine natürliche Mutation des SIV entstanden, sondern sei ein Ergebnis fehlgeschlagener Forschung zur Entwicklung von Waffen zur biologischen Kriegsführung. Diese These wird gemeinhin den Verschwörungstheorien zu gerechnet und in der Wissenschaft nicht ernsthaft diskutiert.

Erste wissenschaftliche Erklärungsversuche[Bearbeiten]

Die Epidemiologie von AIDS ließ zunächst die Vermutung zu, der Ursprung der Krankheit sei in den USA zu suchen. Für die Theorie des natürlichen Ursprungs in Afrika lagen anfangs kaum wissenschaftliche Hinweise vor. Verfechter dieser Theorie wie Nahmias, Gallo und Essex stützten sich auf einen positiven HIV-Nachweis in einer Serumprobe von 1959 und nahmen eine natürliche Entstehung aufgrund der nahen Verwandtschaft zum SIV an[1]. Die ersten Untersuchungen der Verwandschaftsverhältnisse ergaben jedoch, dass die in Grünen Meerkatzen, Schimpansen und Japanischen Rhesusaffen gefundenen SIV so große genetische Unterschiede zu HIV aufweisen, dass eine direkte natürliche Mutation ausgeschlossen werden könne.[2][3] Entsprechend vertrat auch die WHO einige Jahre lang den Standpunkt, dass HIV nicht aus Afrika stammen könne. Dies geht aus den WHO-Jahresberichten von 1985-1987 eindeutig hervor. Jonathan Mann, Leiter der damaligen AIDS-Abteilung der WHO,[4] ließ in einer Pressemitteilung in der Frankfurter Rundschau vom 13.3.1987 verlauten: "Mann betonte, daß das AIDS ein globales Poblem darstellt, und daß es keinen ernsthaft wissenschaftlich begründeten Hinweis dafür gibt, daß diese Krankheit ihren Ursprung in Afrika hätte."

AIDS-Herkunft und der Kalte Krieg[Bearbeiten]

Die Frage nach dem Ursprung von AIDS war von Beginn an ein brisantes Politikum. Der KGB brachte Gerüchte in Umlauf, demzufolge HIV in einem amerikanischen P4-Forschungslabor in Fort Detrick im US-Bundesstaat Maryland gezielt hergestellt worden und ausgebrochen sei. Das neue Virus sei an Strafgefangenen getestet worden, mit dem Angebot, frei zu kommen, wenn sie den Test überleben. Da sich nach 1 Jahr keine ernste Krankheit zeigte, wurde die erhoffte biologische Waffe für unwirksam befunden, und es kam zur Freilassung der ersten HIV-positiven Menschen. Unter Strafgefangenen finden häufig homosexuelle Handlungen statt; die Strafgefangenen begaben sich, laut Segal [5], nach ihrer Freilassung in die nächstgelegene große Stadt, New York. Dort brach dann die erste AIDS-Epidemie aus. Ob sich diese Unterstellungen auf frei erfundene Propaganda oder aber geheimdienstliche Fakten stützen, ist bis heute unklar.

Mitte der 1980er änderte sich mit Amtsantritt Gorbatschows der ideologische Kurs der Zweiten Welt. Mit einer Mitteilung an amerikanische Diplomaten entschuldigte er sich im August 1987 für die KGB-Kampagne der AIDS-Anschuldigungen.

Segals Theorie vom nicht natürlichen Ursprung des HIV/AIDS[Bearbeiten]

Unter den Anzweiflern des natürlichen Ursprungs von AIDS war Jakob Segal von der Humboldt-Universität zu Berlin, einer der wenigen, die sich der Thematik auf wissenschaftlicher Ebene zu nähern versuchten. Segals internationale Reputation ist übersichtlich, und in der damaligen DDR stiftete er Verwirrung mit unzeitgemäßen Thesen, so stritt er lange Zeit die Existenz von Chromosomen ab. Er war ideologisch klar positioniert und hatte nachweislich auch Kontakte zum KGB.[6] Dennoch gilt als relativ sicher, dass er die Theorie des künstlichen Ursprungs von HIV aus eigener wissenschaftlicher Überzeugung vertrat. Denn er lenkte auf Gorbatschows politischen Kurs nicht ein und wurde noch zu DDR-Zeiten mit Forschungs- und Veröffentlichungsverbot belegt, um Gorbatschows Entspannungspolitik nicht zu gefährden.[7] Seine These der künstlichen AIDS-Entstehung in einem amerikanischen Biowaffenlabor war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand renommierter wissenschaftlicher Debatten.

Die These[Bearbeiten]

Segal stützte seine These auf die KGB-Informationen über das Fort Detrick. Tatsächlich befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Ort der ersten AIDS-Epidemie ein Forschungslabor, das bis 1972 offiziell, später vermutlich inoffiziell an der Herstellung und Erfindung von Biowaffen gearbeitet hatte [8] und wahrscheinlich noch arbeitet.[9] Nachweislich ist auch, dass es 1969 den Willen des Pentagons gab, eine neuartige Biowaffe erfinden zu lassen, einen neuen Erreger, der in der Natur nicht existiert und für welchen keine natürliche Immunität erworben werden kann.[10] Zur Finanzierung dieses Projekts wurden dabei 10 Mio US Dollar veranschlagt und von einer benötigten Entwicklungszeit von 5-10 Jahren gesprochen. Im Jahre 1977 wurde in Fort Detrick ein P4-Labor der höchsten Sicherheitsstufe errichtet. Segal vermutet, dass Gallo, damals Leiter der dortigen Labors, zu dieser Zeit das HIV herstellte. Einen kleinen Teil des von ihm entdeckten HTLV-1 habe er mit einem Maedi-Visna-Virus zu HIV rekombiniert. Technisch sei dies damals bereits möglich gewesen. Gallo habe vermutlich beide isolierte Viren einem Verdau durch RENs unterzogen, die Bruchstücke vermischt, durch Ligasen wieder verbunden und das Resultat in E.coli amplifiziert. So seien etliche neuartige Viren gezüchtet worden, bis sich einer fand, der die gewünschten Eigenschaften aufwies. Dieser sei dann an Strafgefangenen erprobt worden, worüber es zum Ausbruch der ersten AIDS-Epidemie im nahe gelegenen New York kam.

Argumente für Segals These der künstlichen HIV-Entstehung in den USA[Bearbeiten]

Beweise für diese These gibt es keine, jedoch diverse Befunde, welche die These stützen: Die Gensequenz der Integrase früher HIV-Isolate und der Integrase des Maedi-Visna-Virus weisen eine Identität von mehr als 60% auf,[11]. Das Genom von HIV sei um etwa 300 Nukleotide länger,[12] wobei es sich um einen Einschub im Gen der RNA-Polymerase handele, der von HTLV-1 stamme (60 %ige Übereinstimmung).[13] Chandra et al. habe die RNA-Polymerase von HIV isoliert und aufgezeigt, dass diese aus zwei Unterheinheiten bestehe und HTLV-1 eine dieser Fraktionen, das Visna-Virus die andere Fraktion besäße, und nur bei HIV kämen beide dieser Fraktionen gleichzeitig vor. Die beiden Untereinheiten hätten unterschiedliche pH-Optima von 5,8 und 6,3, womit die hohe Fehler- und damit Mutationsrate des HIV zu erklären sei. Laut Segal hätten somit sowohl Vergleiche der Genome mittels Heteroduplexmethode als auch Sequenzanalysen durch den Computer die These des HIV-Ursprungs in Visna-Virus und HTLV-1 zweifelsfrei erwiesen.[5]

Argumente gegen die These der natürlichen HIV-Entstehung in Afrika[Bearbeiten]

Segal geht auch auf die Arbeiten ein, die den Ursprung von HIV in einer natürlichen Mutation von SIV Anfang des 20. Jh. in Afrika sehen, und versucht, diese zu widerlegen. Die Theorie des Ursprungs in Afrika stünde mit den epidemologischen Tatsachen im krassen Widerspruch. Ein derartiges Verbreitungsmuster wie bei HIV sei bei keinem anderen Virus bisher beobachtet worden. Es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass HIV bereits vor 1982 in Afrika existiert habe. Zahlreiche Positivbefunde, die anfangs gemeldet wurden, erklärten sich später als Falschpositive aufgrund von Kreuzreaktionen mit SIV - ein Problem, das besonders bei alten Serumproben auftritt.[14] Unter mehr als 1200 getesteten Serumproben mit verbessertem Verfahren, fanden Nahmias, Gallo et.al. eine einzige HIV-positive Probe von 1959. Dennoch stützte man sich immer wieder auf diesen Befund und nahm ihn als Beweis, dass AIDS in Afrika natürlich entstanden sei. Spätere Arbeiten bauen auf diesen Befund auf. Unbeachtet dagegen blieben Arbeiten anderer Forscher (Hundsman et.al., Levy et.al.), die insgesamt mehr als 7000 Seren aus Afrika, zumeist Zaire und Unganda, untersuchten, und kein einziges HIV-positives Serum finden konnten.[15] Positivbefunde traten dagegen bei Serumproben ab Dezember 1982 auf und häuften sich bei noch jüngeren Proben rapide. Diese Tatsache stehe der Theorie der natürlichen Entstehung von HIV in Afrika Anfang des 20.Jh. entgegen. Man fokussierte die Suche auf alte DNA-Paraffin-Proben, bei denen man sich mittels PCR-Analysen zuverlässigere Ergebnisse erhoffte. Hierbei trat jedoch erneut das Problem der Falschpositiven durch SIV auf. SIV kommt bekanntlich auch bei Menschen als ein apathogenes Virus vor. Im Jahre 2008 wurde eine Arbeit publiziert, die in einer DNA-Probe von 1960 angeblich eindeutig HIV nachweist.[16] Auch hier fehlen jedoch die Negativkontrollen für SIV, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich um ein falschpositives Signal handelt.

Mittels phylogenetischer Methoden wurde in den letzten Jahren vielfach versucht, aufgrund genetischer Unterschiede in bestimmten Genabschnitten das Alter des ersten gemeinsamen Vorfahren zu bestimmen. Auf Basis dessen wurde etwa die natürliche Mutation von SIV zu HIV auf die Zeit um 1931 bestimmt.[17]

Ein weiteres Argument gegen die natürliche Entstehung ist das Zeitfenster. Das seit ca. 40.000-70.000 Jahren existierende SIV soll ausgerechnet in jenen Jahren bei Affen verzehrenden Buschmännern zu einem HIV mutiert sein, als der Mensch begann, molekularbiologisch zu arbeiten. Der 1969 gegebene US-Regierungsauftrag zur Entwicklung einer Biowaffe, gegen die das Immunsystem keine Chance habe solle, sowie die veranschlagte Entwicklungszeit von 5-10 Jahren und New York als Ort der ersten AIDS-Epidemie, passen hingegen zusammen, wenngleich dies keine Beweise sind. Mit dem erhöhen Reiseverkehr und Sextourismus im 20. Jh. ließe sich eine bestimmte Art der Verbreitung, nicht aber das Ereignis einer Primärmutation von SIV zu HIV in entlegenen afrikanischen Dörfern erklären. Man nimmt an, die damaligen AIDS-Epidemien in Afrika seien den Ärzten aus Unachtsamkeit entgangen. Dass HIV in DNA-Proben von vor 1982 in Afrika kaum oder gar nicht nachweisbar ist, läge daran, dass das Virus anfangs extrem aggressiv gewesen sei und die gesamte Urwaldsippe, die infiziert war, ausgerottet habe. Durch einen nicht näher erklärten Umstand sei das Virus dann über einen homosexuellen Reisenden über Haiti nach New York gekommen.

Argumente gegen Segals These der künstlichen HIV-Entstehung in den USA[Bearbeiten]

In den 1980er Jahren setzten sich die meisten Wissenschaftler kaum oder gar nicht mit Segals Thesen auseinander. Dies könnte auch daran liegen, dass Segal diese Thesen in den 1980er Jahren nicht in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlichte sondern erst 1990 in einem Buch publizierte.

Literatur[Bearbeiten]

  • Jakob Segal/Lilli Segal: Aids - die Spur führt ins Pentagon zusammen mit Manuel Kiper, Biokrieg, Vg. Neuer Weg, 2. ergänzte Auflage Oktober 1990, ISBN 3-88021-199-X
  • Manuel Kiper: Seuchengefahr aus der Retorte - Vom sorglosen Umgang mit Genen, Viren und Bakterien, rororo Verlag, 1992, ISBN 3-499-13119-6
  • Lilli Segal/ Jakob Segal/ Christoph Klug: AIDS can be conquered, Verlag Neuer Weg 1995/2001, ISBN 3-88021-296-1
  • Jakob Segal: AIDS Zellphysiologie Pathologie und Therapie, Verlag Neuer Weg 1992, ISBN 3-88021-211-2

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0140673686914224
  2. Watanabe, et al., Virology, 144, pp. 59-65, 1985.
  3. Komuro, et al., Virology, 138, pp. 373-378, 1984.
  4. http://en.wikipedia.org/wiki/Jonathan_Mann_%28WHO_official%29
  5. 5,0 5,1 Jakob Segal/Lilli Segal: Aids - die Spur führt ins Pentagon, zusammen mit Manuel Kiper, Biokrieg, Verlag Neuer Weg, 2. ergänzte Auflage Oktober 1990, ISBN 3-88021-199-X
  6. Christopher Andrew and Vasili Mitrokhin, The Mitrokhin Archive: The KGB in Europe and the West, Gardners Books (2000), ISBN 0-14-028487-7, Seite 319
  7. http://www.zeit.de/wissen/2010-01/aids-virus-verschwoerung/komplettansicht
  8. B.D. Green, L. Battisti and C.B. Thorne, "Involvement of Tn4430 in Transfer of Bacilus anthracis Plasmids Mediated by Bacillus thringiensis Plasmid pX012a", J. of Bacteriology, 171 (1989), p. 104-113
  9. http://en.wikipedia.org/wiki/2001_anthrax_attacks
  10. Department of Defense Appropriations for 1970 Hearings before a Subcommittee of the Committee on Appropriations House of Representatives Ninety-first Congress, First Session 1969, Part 6, S.129
  11. Gonda, et.al., Proc. Natl. Acad. Sci. (USA) 83, pp. 4007-4011, 1986
  12. Coffin, et.al., Cell, 46, pp. 1-4, 1986
  13. Gonda, et.al., Science, 227, pp. 173-177, 1985
  14. Van Den Akker and Hecker, The Lancet, 2, p 672, 1986
  15. Levy, et al., Proc. Natl. Acad. Sci. (USA), 83, pp. 7935-7937, 1986
  16. Worobey M, Gemmel M, Teuwen DE, et al. Direct evidence of extensive diversity of HIV-1 in Kinshasa by 1960. Nature 2008, 455:661-4.
  17. Korber B, Muldoon M, Theiler J, Gao F, Gupta R, Lapedes A, Hahn BH, Wolinsky S, Bhattacharya T. Timing the ancestor of the HIV-1 pandemic strains. Science. 2000 Jun 9;288(5472):1789-96.
Info Sign.svg Dieser Wikipedia-Artikel wurde, gemäß GFDL, CC-by-sa mit der kompletten History importiert.