Supergrundrecht

Aus MARJORIE-WIKI
Wechseln zu: Navigation, Suche

Supergrundrecht“ ist ein politisches Schlagwort, das durch den deutschen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in die Medien gelangt ist. Dieser hatte nach einer Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) zur Aufklärung der Überwachungs- und Spionageaffäre 2013 im Juli 2013 von einem „Supergrundrecht auf Sicherheit“ gesprochen. Im Vergleich mit anderen Rechten sei dieses „herauszuheben“. Er bekräftigte diese Position wenig später erneut im Zuge seiner Reise in die USA.[1]

In den Medien und insbesondere auch in der Online-Community stieß seine Äußerung daraufhin auf massenhafte Empörung, da der Minister in seiner Güterabwägung offensichtlich die Sicherheit jeglichen Grundrechten vorzuziehen schien.[2][3][4]

Auch die Äußerung von CSU-Parteikollege Hans-Peter Uhl, Innenexperte der Unionsfraktion, der das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, wie es das Bundesverfassungsgericht ab 1983 entwickelt hat, als eine „Idylle aus vergangenen Zeiten“ bezeichnete, stieß in den Medien, in der Bevölkerung und unter Juristen auf Kritik.[5]

Juristische Betrachtung[Bearbeiten]

Im deutschen Recht existiert weder der Begriff Supergrundrecht, noch gibt es überhaupt ein allgemeines Grundrecht auf Sicherheit. Unter Juristen wurde die Äußerung hauptsächlich kritisch gesehen, da viele eine Aushöhlung des Rechtsstaates unter falschen Prioritäten-Setzungen befürchten. So widersprach auch der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier der Einschätzung des Ministers entschieden: Er sagte, es könne nicht sein, „dass um des Schutzes der Freiheit willen die Freiheitsrechte geopfert werden.“[6]

Benutzung des Begriffs durch Hans-Peter Friedrich[Bearbeiten]

Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden im Jahr 2013 gaben Einblicke in das Ausmaß der weltweiten Überwachungs- und Spionagepraktiken von Geheimdiensten – überwiegend der Vereinigten Staaten und Großbritannien. Diese lösten eine globale Überwachungs- und Spionageaffäre aus. Infolgedessen sagte Hans-Peter Friedrich (CSU) - damals noch Innenminister der Bundesrepublik Deutschland - nach einer Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags, die Sicherheit der Bürger habe Vorrang vor anderen Rechten: "Sicherheit ist ein Supergrundrecht", die im Vergleich mit anderen Rechten herauszuheben sei. Diese Äußerung führte zu heftiger Kritik und herausragender medialer Resonanz.

Mediale Rezeption[Bearbeiten]

Die Äußerung löste unter dem Hashtag #Supergrundrecht einen Shitstorm auf Twitter und anderen Online-Foren aus, der die Empörung über die Einstellung Friedrichs zum Ausdruck bringen sollte. Und auch in den Medien wurde das Zitat aufgegriffen und kritisiert.

Politiker aller Fraktionen, insbesondere FDP, SPD, Die Linke, Grüne und Piratenpartei, widersprachen Friedrich. So warf z.B. die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin dem Innenminister „Allmachtsphantasien“ vor[7] und FDP-Politiker Marco Buschmann bezeichnete den Umgang mit den Grundrechten als „skandalös“.[8]

In Folge der anhaltenden Kritik wurden vermehrt auch Forderungen nach einem Rücktritt Friedrichs laut, die sich neben seiner Supergrundrecht-Äußerung auch auf die verharmlosende Reaktion und mangelhafte Krisenbewältigung des Ministers im Zuge der NSA-Affäre beziehen.

Kandidat für das „Unwort des Jahres“ 2013[Bearbeiten]

„Supergrundrecht“ erhielt 2013 die meisten Einsendungen für das Unwort des Jahres[9]. Letztendlich setzte sich bei der Jury (die nicht nach der Häufigkeit der Vorschläge entscheidet) der Begriff „Sozialtourismus“ durch.

Siehe auch[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Offizielle Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern
  2. Veit Medick, Philipp Wittrock: NSA-Affäre: Innenminister Friedrich versagt als Aufklärer. In: Spiegel Online. 16. Juli 2013. Archiviert vom Original am 7. Oktober 2013. Abgerufen am 7. Oktober 2013.
  3. Manuel Bewarder, Thorsten Jungholt: Spähaffäre : Friedrich erklärt Sicherheit zum "Supergrundrecht". In: Die Welt. 16. Juli 2013. Archiviert vom Original am 7. Oktober 2013. Abgerufen am 7. Oktober 2013.
  4. Stefan Krempl: Friedrich erhebt Sicherheit zum Supergrundrecht. In: Heise Online. 17. Juli 2013. Abgerufen am 4. November 2013.
  5. Stefan Tomik: Im Gespräch: CSU-Politiker Uhl: „Die Regierung kann deine Daten nicht schützen“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 201307-17. Archiviert vom Original am 7. Oktober 2013. Abgerufen am 7. Oktober 2013.
  6. Ex-Verfassungsgerichtspräsident: Kein Supergrundrecht Sicherheit. In: Heise Online. 5. August 2013. Abgerufen am 4. November 2013.
  7. Gastbeitrag von Herta Däubler-Gmelin: Widerspruch dem "Supergrundrecht". In: Süddeutsche Zeitung. 22. Juli 2013. Abgerufen am 4. November 2013.
  8. FDP empört - Friedrich hat "skandalösen" Umgang mit Grundrechten. In: N24 Online. 23. Juli 2013. Abgerufen am 4. November 2013.
  9. »"Sozialtourismus" ist Unwort des Jahres«

Weblinks[Bearbeiten]

Info Sign.svg Dieser Wikipedia-Artikel wurde, gemäß GFDL, CC-by-sa mit der kompletten History importiert.