Sanitätsgruppe Süd-West

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Sanitätsgruppe Süd-West e.V.
(SGSW)
Logo
Rechtsform gemeinnütziger eingetragener Verein
Gründung März 1997
Sitz Stuttgart
Zweck Notfallmedizinische Versammlungsbetreuung
Vorsitz Peer Vlatten (geschäftsführender Vorstand)
Katharina Vater (geschäftsführende Vorständin)
Armin Packe (Vorstand)
Website demosanitaeter.com

Die Sanitätsgruppe Süd-West e.V. (SGSW) ist eine gemeinnützige Hilfsorganisation aus Baden-Württemberg. Als älteste noch existierende Organisation der Demosanitäter (englisch street medics, riot medics oder action medics) in Deutschland ist sie vor allem auf die sanitätsdienstliche Absicherung von Versammlungen und Demonstrationen spezialisiert. Sie leitete nach ihrer Gründung eine Professionalisierung (Standards bei Ausbildung, Material und Kennzeichnung) der medizinischen Versorgung auf Demonstrationen ein und prägt das Bild der Demosanitäter in Deutschland bis heute.[1] Der gemeinnützige Verein ist vor allem im Großraum Stuttgart aktiv, wo sich auch sein Sitz befindet. Bei größeren Geschehnissen[2] können seine Einsatzkräfte allerdings im gesamten Bundesgebiet angetroffen werden.[3]

Grundsätze & Selbstverständnis[Bearbeiten]

Ihr Selbstverständnis drückt die Sanitätsgruppe Süd-West e.V. in Form von 6 Grundsätzen aus, denen sich ihre Sanitätskräfte verpflichtet fühlen[4]:

Besonders verpflichtet fühlt sich die Sanitätsgruppe Süd-West e.V. den Menschenrechten (vor allem der Versammlungsfreiheit) und sieht sich als Spektren übergreifende Organisation unabhängig von Parteien und Behörden. Ihrer Überzeugung nach besitzen alle Menschen einen unantastbar hohen Wert, deren Würde sich unterschiedslos durch ihre Hilfeleistung Anerkennung verleihen will. Die Sanitätsgruppe Süd-West erkennt sowohl naturheilkundliche, konservative, ganzheitliche, als auch traditionelle medizinische Verfahren an. Um das Vertrauen und die Adhärenz ihrer Patienten zu erhöhen, behandelt die Sanitätsgruppe Süd-West e.V. in der Regel anonym. Jegliche Form der Diskriminierung wird von ihr abgelehnt und alle Menschen unabhängig von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, wirtschaftlichen Verhältnissen oder anderen individuellen Unterschieden behandelt.[5]

Tätigkeitsbereiche[Bearbeiten]

Demosanitäter der Sanitätsgruppe Süd-West e.V. bei der Absicherung der Proteste gegen die NATO-Sicherheitskonferenz 2019 in München

Ihr Aufgabengebiet sieht die Sanitätsgruppe Süd-West e.V. in der Absicherung von Versammlungen nach Versammlungsgesetz (Demonstrationen, Kundgebungen)[6], worauf sie sich materiell und ausbildungstechnisch spezialisiert hat. Außerdem sichern die Sanitäter nicht kommerzielle Kulturveranstaltungen, insbesondere Konzerte und Festivals, ab und betreiben medizinische Bildungsarbeit.[7] Nach Angaben der Organisation schließen sie damit eine Versorgungslücke, da sich vor allem viele Veranstalter von politischen Versammlungen, aber auch alternative Kulturprojekte, keinen kostenpflichtigen Sanitätsdienst leisten können. Kultur solle nicht am Geld scheitern und jeder solle sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit möglichst gefahrlos wahrnehmen können.[8]

Seit 2018 unterhält die Organisation außerdem eine Gruppe für psychosoziale Notfallversorgung (PSNV).[9]

Geschichte[Bearbeiten]

Im Frühjahr 1997 wuchs in der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar (BBMN)[10], die u. a. die Proteste gegen den 3. Castortransport nach Gorleben organisierte, das Bewusstsein für die Notwendigkeit der medizinischen Versorgung von Verletzten während den Aktionen. Daher wurde ein Rettungssanitäter aus ihren Reihen damit beauftragt eine Gruppe zu bilden, die diese Versorgung sicherstellen sollte. Während der Aktionen gegen den Atommülltransport versorgte die Gruppe zahlreiche Verletzte und kam in näheren Kontakt mit den Demonstranten, sodass sie die generelle Notwendigkeit von Sanitätsdiensten auf Versammlungen erkannten.[11]

Demosanitäter der Sanitätsgruppe im Demokratischen Zentrum Ludwigsburg, in roter Einsatzjacke und mit Rettungsrucksack, spült einer Demonstrantin die Augen aus.

Die Gruppe konnte noch im gleichen Jahr erste Kontakte zu autonomen Demosanitäter-Gruppen herstellen. Im darauffolgenden Jahr wuchs die noch kleine Gruppe im Vorfeld des Castortransportes von Neckarwestheim nach Ahaus gehörig an und konnte auch ihre Ausstattung ausbauen. So ging die Gruppe in roten Rettungsdienstjacken in den Einsatz – ein Novum im Sanitätsdienst auf Demonstrationen, wo bis Dato maximal Armbinden die schlecht erkennbaren Demosanitäter kennzeichneten.[12]

Im Demokratischen Zentrum Ludwigsburg (Demoz)[13] erhielt die junge Sanitätsgruppe ihr erstes Büro[14], während sie sich weiter professionalisierte. Mit ihrem Engagement erhielt auch eine Aufgabentrennung der Sanitäter von den Demonstranten Einzug, die sich nicht mehr direkt an den Protesten beteiligten. Dies führte auch zu Konflikten zwischen schon bestehenden und neuen Gruppen, die sich entsprechend ihrer Klamottenfarbe in "Rote" (rettungsdienstübliche Kleidung) und "Schwarze" (gekleidet wie Demonstranten) aufteilten (Siehe auch Kritik & Konflikte).[15]

Während die Gruppe mehrfach ihren Namen wechselte, änderte sich die Farbe der Einsatzjacken in neongelb. Sie betrieb zwischenzeitlich auch eine Höhenrettungsgruppe für Kletteraktionen (Robin Wood, Greenpeace) und stellte mit Volxküchen die leibliche Versorgung auf politischen Aktionen sicher. Nachdem sich 2013 das letzte Gründungsmitglied der Gruppe verabschiedete, erfolgte eine schrittweise Umstrukturierung, die 2017 mit der Gründung eines gemeinnützigen Vereins mündete. Inzwischen sind die Einsatzkräfte der Sanitätsgruppe Süd-West e.V. in leuchtroter Einsatzkleidung im Einsatz[16]. Der Sitz des Vereins wechselte von Ludwigsburg nach Stuttgart.[17]

Logo & Name[Bearbeiten]

Im Laufe ihrer Geschichte änderte die Sanitätsgruppe Süd-West e.V. mehrmals ihren Namen. Als „Demo-Sanitäter Ludwigsburg“ gegründet, benannte sie sich schon kurz darauf in „Sanitätsgruppe im Demokratischen Zentrum Ludwigsburg“[18][19] um. Nach einer Fusion erfolgte eine weitere Namensänderung in „Sanitätsgruppe Rhein-Neckar / Ludwigsburg“[20]. 2003 bekam sie dann mit "Sanitätsgruppe Südwest" ihren heutigen Namen, änderte aber später die Schreibweise.[21]

Auch das Logo der Sanitätsgruppe Süd-West e.V. änderte sich im Laufe der Geschichte. Während die Sanitätsgruppe zunächst einen veränderten Star of Life in Rot-Weiß mit die Kanten durchbrechendem Äskulapstab und roter Umrandung verwendete, änderte sie 2015 ihr Logo nach einer außergerichtlichen Einigung mit dem Bundesverband eigenständiger Rettungsdienste und Katastrophenschutz (BKS).[22][23] Seitdem wird von der SGSW eine rote Blume mit Äskulapstab verwendet, die rot umkreist ist.

Das aktuelle Logo und der aktuelle Name sind in der Bundesrepublik Deutschland markenrechtlich geschützt und dürfen nur von Mitgliedern der Sanitätsgruppe Süd-West e.V. im Einsatz für die Organisation getragen und verwendet werden.[24]

Kritik & Konflikte[Bearbeiten]

Gerade in den Anfangsjahren gab es reichliche Konflikte mit sich als autonom bezeichnenden Demosanitätern. Diese zweifelten immer wieder die Vertrauenswürdigkeit der Sanitätsgruppe Süd-West an und unterstellten ihr als "Rotjackenfraktion"[25] aufgrund ihres professionellen Ansatzes eine Korrumpierung durch das Gesundheitssystem. Diese autonomen Gruppen stellten dem Konzept eines professionellen Sanitätsdienstes mit anonymer Behandlung, wie es die Sanitätsgruppe Süd-West vertritt, ein Konzept der medizinischen Selbstorganisation von Genossen und Aktivisten (Laien) gegenüber.[26]

Im Dezember 2016 veröffentlichte eine andere Demosanitätsgruppe auf Twitter, dass sie aus Prinzip keine "Bullen" behandeln würde.[27] Später ergänzte die Gruppe, dass sie nur im Notfall "Schlechtmenschen" behandele.[28] Die Sanitätsgruppe Süd-West distanzierte sich wenige Tage später von dieser Aussage und stellte klar: „Wir behandeln jegliche Person, die medizinischer Hilfe bedarf.“[29][30]

Im Oktober 2018 kritisierte die Sanitätsgruppe Süd-West e. V. in einer Pressemitteilung den Einsatz einer Fahrzeugbesatz des DRK Ortsvereins Kandel scharf und warf ihnen u. a. parteiisches Verhalten vor.[31] Der Ortsverein Kandel reagierte mit einer Anzeige, die später von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde, da kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung bestehe.[32]

Aus dem rechts gerichteten politischen Spektrum ist die Kritik zu vernehmen, die Sanitätsgruppe Süd-West e. V. würde als "Sanitätssturmtruppen" der Antifaschistischen Aktion agieren[33], was diese von sich weist und auf das breite Spektrum an Themen und Veranstaltern der in der Vergangenheit abgesicherten Versammlungen und Kulturveranstaltungen hinweist.

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Hilfe im Gepäck. Abgerufen am 15. Juli 2019.
  2. Bild von Einsatzkräften der Sanitätsgruppe Süd-West beim G20 Gipfel in Hamburg 2017. Abgerufen am 5. April 2019.
  3. Der G7-Gipfel aus Sicht der Leitstelle: Ein ganz normaler Sanitätsdienst? In: BOS-Leitstelle Aktuell. 5. Jahrgang Auflage. Nr. 3-2015. S+K Verlag, S. 28 und 32.
  4. Unsere Grundsätze – Demosanitäter – Sanitätsgruppe Süd-West e.V. Abgerufen am 3. Mai 2019 (de-DE).
  5. Unsere Grundsätze – Demosanitäter – Sanitätsgruppe Süd-West e.V. Abgerufen am 2. September 2019 (de-DE).
  6. Sanitätszelt für Demosanis. 2. September 2015, abgerufen am 20. Januar 2020.
  7. Peer Vlatten: Veranstaltung: Medizin im Nationalsozialismus. Stuttgart Ökologisch Sozial, 13. April 2018, abgerufen am 4. Mai 2019.
  8. Sanitätsgruppe Süd-West e.V. – Demosanitäter – Sanitätsgruppe Süd-West e.V. Abgerufen am 15. Juli 2019.
  9. Psychosoziale Notfallversorgung – Demosanitäter – Sanitätsgruppe Süd-West e.V. Abgerufen am 15. Juli 2019.
  10. BBMN – Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar e.V. Abgerufen am 2. September 2019 (de-DE).
  11. Geschichte der Sanitätsgruppe Süd-West – Demosanitäter – Sanitätsgruppe Süd-West e.V. Abgerufen am 15. Juli 2019 (de-DE).
  12. Webarchiv – alte Demosanitäterwebseite - Wir. Abgerufen am 15. Juli 2019.
  13. demoz-lb: Home. Abgerufen am 2. September 2019 (de-DE).
  14. Geschichte der Sanitätsgruppe Süd-West – Demosanitäter – Sanitätsgruppe Süd-West e.V. Abgerufen am 15. Juli 2019 (de-DE).
  15. demosanitaeter.de: Gegendarstellung. 11. August 2002, abgerufen am 15. Juli 2019.
  16. Demosani verurteilt - was bedeutet das für die Arbeit der SanitäterInnen? 22. Dezember 2017, abgerufen am 20. Januar 2020.
  17. Geschichte der Sanitätsgruppe Süd-West – Demosanitäter – Sanitätsgruppe Süd-West e.V. Abgerufen am 15. Juli 2019 (de-DE).
  18. Das DemoZ - Soli für´s DemoZ. Abgerufen am 15. Juli 2019.
  19. Wayback Machine - alte Webseitev mit altem Namen. 31. März 2001, abgerufen am 15. Juli 2019.
  20. Sanitätsgruppe Rhein-Neckar/Ludwigsburg in Ludwigsburg 71638 | Wilhelmstr. 45 /1. Abgerufen am 15. Juli 2019.
  21. Geschichte der Sanitätsgruppe Süd-West – Demosanitäter – Sanitätsgruppe Süd-West e.V. Abgerufen am 15. Juli 2019.
  22. LP01 — BKS-Stern – BKS | Bundesverband. Abgerufen am 3. Mai 2019.
  23. Geschichte der Sanitätsgruppe Süd-West – Demosanitäter – Sanitätsgruppe Süd-West e.V. Abgerufen am 3. Mai 2019 (de-DE).
  24. DPMAregister | Marken - Registerauskunft. Abgerufen am 15. Juli 2019.
  25. Sanigruppe selbstgemacht. Abgerufen am 3. Mai 2019.
  26. Strassenmedizin – Onlineinfo für Autonome Demosanis. Abgerufen am 3. Mai 2019.
  27. Twitternachricht: Bullen werden nicht behandelt, aus Prinzip. In: @Demosanis_Sued (Twitter). 4. Dezember 2016, abgerufen am 22. Januar 2020.
  28. Twitternachricht: Nur im Notfalle "Schlechtmenschen" behandeln. In: @Demosanis_Sued (Twitter). 6. Dezember 2016, abgerufen am 22. Januar 2020.
  29. Klarstellung aus aktuellem Anlass: Wir behandeln jegliche Person, die medizinischer Hilfe bedarf. In: @demosanitaeter (Twitter). 9. Dezember 2016, abgerufen am 22. Januar 2020.
  30. Klarstellung aus aktuellem Anlass – Demosanitäter – Sanitätsgruppe Süd-West e. V. Abgerufen am 22. Januar 2020.
  31. Pressemitteilung Nr. 25 – Kandel: Demonstrant durch Polizeihund verletzt – Demosanitäter – Sanitätsgruppe Süd-West e.V. Abgerufen am 3. Mai 2019.
  32. Kandel: DRK-Rettungssanitäter leiten rechtliche Schritte gegen "Demosanitäter" ein: "Es kann nicht sein, dass man uns so hinstellt". 9. Oktober 2018, abgerufen am 3. Mai 2019.
  33. Sind die Demosanitäter die „Sanitätssturmtruppen“ der Antifa? In: Zaronews. Abgerufen am 3. Mai 2019.
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