Rechts-links-Unterscheidung

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Rechts-links-Unterscheidung

Das Problem der Rechts-links-Unterscheidung (Seitenverkehrung) scheint mit unserer evolutionär erworbenen Koordinationsfähigkeit hinsichtlich der räumlichen Dimensionen zu tun zu haben. Es ist dabei bemerkenswert, dass wir mit dieser horizontalen Dimension viel größere Probleme als mit der anderen horizontalen Vorne-hinten-Orientierung oder der vertikalen Oben-unten-Orientierung - haben.

Erläuterung des Problems[Bearbeiten]

Die Unterscheidung zwischen rechts und links ist einerseits bereits in unserer Sprache angelegt und mit gegensätzlichen Wertzuweisungen verbunden: Die rechte Seite ist demnach immer die richtige, die linke Seite eher verdächtig. Rechts entspricht dem Rechten und dem Recht überhaupt, dem Richtigen, während links mit linkisch, link usw. assoziiert wird. Andererseits haben aber dennoch in der Alltagspraxis viele Menschen noch als Erwachsene Probleme mit der Unterscheidung zwischen rechts und links. Nach der Ansicht einiger sog. Kognitionspsychologen, die sich mit dem Thema wissenschaftlich auseinandersetzen, handelt es sich bei dieser Unterscheidung tatsächlich lediglich um eine blosse Konvention, also im Gegensatz zu der Vorne-hinten- oder Oben-unten-Unterscheidung nicht um etwas objektiv Vorgegebenes: „Die Rechts-Links-Strategie ist eine kulturelle Konvention, die wir früh von unseren Eltern beigebracht bekommen."[1] Wenn es so wäre, würde das vielleicht erklären, warum das auch zu teilweise dramatisch folgewirksamen Verwechselungen führen kann wie etwa in der Medizin. Es werden immer noch sehr häufig Patienten an der falschen Seite operiert und verlieren so unter Umständen ihren einzigen noch gesunden Lungenflügel. Es heißt, dass Frauen mit der Rechts-Links-Unterscheidung größere Probleme haben als Männer und Kreative sich ebenfalls damit schwerer tun als weniger Kreative, was in beiden Fällen zu der Vermutung geführt hat, dass das möglicherweise mit der intensiveren Verbindung der beiden Gehirnhälften zusammenhängen könnte. Sigmund Freud schrieb 1898 in einem Brief an seinen Freund Wilhelm Fliess: „Für mich war es lange eher Sache der Überlegung, wo meine Rechte ist, kein Organgefühl sagte es mir.“ Bei bestimmten Gehirnschädigungen wurde festgestellt, dass es dabei zu einer abnormen Beeinträchtigung der Rechts-links-Unterscheidung am eigenen Körper und im Raum kommen kann.[2]

Die Umgebungs-Strategie[Bearbeiten]

Ethnologen und Linguisten haben beim Vergleich mit Angehörigen indigener Völker festsgestellt, dass diese sich – ebenso wie übrigens auch westliche Kleinkinder noch bis etwa zum Alter von vier Jahren - nicht am eigenen Körper, sondern an äußeren Massgaben wie vor allem den Himmelsrichtungen orientieren. Tatsächlich haben Experimente mit Angehörigen indigener Völker ergeben, dass diese eine Art inneren Kompass besitzen, der ihnen selbst im tiefsten Wald und auch nachdem man sie mehrfach um ihre eigene Achse gedreht hatte, mit bemerkenswerter Genauigkeit wissen, in welcher Richtung Norden, Osten, Westen oder Süden liegen. Die Frage nach rechts oder links beantworten sie in ihren jeweiligen Sprachen bemerkenswert häufig mit Angaben der Himmelsrichtungen: Der Löffel liegt westlich von der Schüssel, Da ist eine Fliege auf deinem südlichen Arm oder Rück mal ein bisschen nach Osten:

In rund einem Drittel der weltweit 6000 Sprachen kommen solche Äusserungen vor – hauptsächlich bei kleinen Völkern in Äquatornähe: beispielsweise bei den Guugu Yimithirr, nordaustralischen Aborigines oder den Haiom, einer Jäger-und-Sammler-Kultur im Norden Namibias. Vertreter dieser Kulturen haben tatsächlich ständig bewusst die Himmelsrichtungen im Kopf. Sie verfügen über einen stets aktiven inneren Kompass, eine Art Landkarte im Gehirn.[3]

Auch Menschenaffen orientieren sich – gemäß solchen Untersuchungen – an ihrer Umgebung und nicht an der jeweiligen Stellung des eigenen Körpers. Das legt nahe, dass sich wohl auch unsere evolutionären Vorfahren so orientiert haben und dass – wie auch die Untersuchungen mit Kleinkindern moderner westlicher Zivilisation zeigen - die Orientierung an der eigenen Körperstellung erst eine kulturelle Erwerbung ist. „Alle urban geprägten Gesellschaften orientieren sich vorzugsweise egozentrisch.“[4]

Hayfoot, strawfoot[Bearbeiten]

Sind Soldaten üblicherweise insofern gleichartiger gepolt als Zivilisten? Als sich im amerikanischen Bürgerkrieg besonders viele militärisch nicht ausgebildete Zivilisten freiwillig zu den Waffen meldeten, hatten es die Ausbilder insofern mit ihnen besonders schwer. Denn diese militärisch noch völlig Ungeschulten konnten nicht nur kein Gewehr halten, sondern reagierten auch sehr unterschiedlich auf Ausrichtungskommandos. Der dadurch entstehenden Konfusion versuchten die Befehlshaber dadurch zu begegnen, dass sie den Rekruten jeweils ein Bündel Heu an das linke und ein Bündel Stroh an das rechte Bein banden, wodurch sie endlich erreichten, dass bei den Kommandos Heufuß oder Strohfuß alles klappte. Später wurde diese Methode in einem Soldatenlied verewigt: „March old soldier march! Hayfoot, strawfoot, belly full of bean soup!“ („Marschiere, Soldat, marschiere! Heufuß, Strohfuß, den Bauch voller Bohnensuppe!“)[5]

Immanuel Kant[Bearbeiten]

Auch Immanuel Kant ging davon aus, dass sich der Mensch hinsichtlich seiner Rechts-links-Unterscheidung stets an der Ausrichtung des eigenen Körpers orientiert.

Da wir alles, was außer uns ist, durch die Sinne nur insofern kennen, als es in Beziehung auf uns selbst steht, ist es kein Wunder, dass wir Begriffe wie rechts, links, oben, unten, vorn und hinten von dem Verhältnis zu unserem Körper hernehmen.

Genauer führte er dazu in seiner Schrift Von dem ersten Grunde des Unterschiedes der Gegenden im Raume aus:

Was kann wohl meiner Hand oder meinem Ohr ähnlicher, und in allen Stücken gleicher sein, als ihr Bild im Spiegel? Und dennoch kann ich eine solche Hand, als im Spiegel gesehen wird, nicht an die Stelle ihres Urbildes setzen, denn wenn dieses eine rechte Hand war, so ist jene im Spiegel eine linke, und das Bild des rechten Ohres ist ein linkes, das nimmermehr die Stelle des ersteren vertreten kann. Nun sind hier keine inneren Unterschiede, die irgend ein Verstand nur denken könnte; und dennoch sind die Unterschiede innerlich, so weit die Sinne lehren, denn die linke Hand kann mit der rechten, ohnerachtet aller beiderseitigen Gleichheit und Ähnlichkeit, doch nicht zwischen denselben Grenzen eingeschlossen sein (sie können nicht kongruieren), der Handschuh der einen Hand kann nicht auf der andern gebraucht werden. Was ist nun die Auflösung?...[6]

Kant versuchte – in seiner vorkritischen Phase, in der er noch im Newtonschen Sinn von der Vorstellung eines absoluten Raumes ausging und diese dadurch zu beweisen versuchte (während er dieses später revidierte) - sich eine Hand im Weltraum vorzustellen, und meinte, es sei unbestreitbar, dass man diese eindeutig als linke oder rechte Hand identifizieren könne. Insofern meinte er sogar, alle Links-rechts-Unterscheidungen am beispielhaften Maßstab der menschlichen Hände eindeutig identifizieren zu können: 'Wir können daher auch den Unterschied ähnlicher und gleicher, aber doch inkongruenter Dinge (z.B. widersinnig gewundener Schnecken) durch keinen einzigen Begriff verständlich machen, sondern nur durch das Verhältnis zur rechten und linken Hand, welches unmittelbar auf Anschauung geht... Diese Definition wurde kritisiert wie kaum eine andere Äusserung Kants, und er ist später auch nie wieder auf sie zurückgekommen – denn letztlich läuft sie ja auf die alte Volksweisheit hinaus: „Rechts ist da, wo der Daumen links ist.“ Natürlich lässt sich nämlich auch im Weltraum erkennen, ob man eine rechte oder linke Hand vor sich hat – vorausgesetzt, man weiß, was hier rechts oder links ist. Dieses erst aus den Händen folgern zu wollen, wäre aber ein Zirkelschluss.

Martin Gardner[Bearbeiten]

Der Autor Martin Gardner hat dem Problem sogar ein ganzes Buch gewidmet.[7] Darin heißt es:

Hin und wieder hat einmal ein Physiker gemeint, er habe irgendeine natürliche Eigenschaft entdeckt, wodurch der eine Magnetpol vom anderen unterschieden werden könne, ohne äußere Magnetfelder zur Prüfung hinzuziehen.. Sie erwiesen sich aber stets als Irrtum… Das Nord-Ende einer Kompassnadel wird gewöhnlich schwarz gemalt, um es vom Süd-Ende zu unterscheiden. Woher weiß aber der Kompassmacher, welches Ende er schwarz machen muss? Dadurch, dass er es an anderen Magneten prüft. Das Nordende der Nadel wird von den Nordpolen anderer Magnete abgestoßen. Und wie erkennt man die Nordpole der anderen Magneten? Das sind die Enden, die von den Nordpolen noch anderer Magneten abgestoßen werden. Der letzte Ausgangspunkt für die Definition des ‚Nordpols’ ist das Magnetfeld der Erde selbst. Der Nordpol eines Magneten ist derjenige Pol, der von dem magnetischen Nordpol der Erde angezogen wird.

Gardner versucht, sich vorzustellen, auf welche Weise wir den Bewohnern eines fremden Planten klarmachen könnten, was wir auf unserer Erde unter rechts und links verstehen, und kommt zu dem Ergebnis, dass das nicht möglich ist, weil wir dabei stets irgendein Bezugssystem benötigen, das aber ursprünglich frei definiert wurde. Selbst wenn wir uns am Sonnenlauf orientieren und sagen, sie laufe von Osten nach Westen, müssen wir das Wissen um die Himmelsrichtungen voraussetzen, und selbst wenn wir bei uns sagten, die Eisbären würden den Norden und die Pinguine den Süden definieren, und demnach laufe eben die Sonne so, dass auf der rechten Seite ihres Weges die Eisbären seien – und angenommen, der andere Planet sei ansonsten genau wie der unsere, sodass man sich dort unter diesen Angaben das gleiche vorstellen könnte, wüsste man dennoch nicht, ob dort unter rechts und links das gleichen verstanden würde. Gardner:

Worauf es hier ankommt, ist, dass wir keine Möglichkeit haben, dem Planeten X mitzuteilen, welches Ende einer Magnetnadel wir nördlich nennen, weil wir keine Möglichkeit haben, ihnen mitzuteilen, welches Ende der Rotationsachse wir nördlich nennen... Es ist klar, dass wir dem Planeten X nicht verständlich machen können, was das Nordende eines Elektromagneten ist, solange wir ihm nicht begreiflich machen können, was wir unter einer rechtswendigen Spirale verstehen. Und das geht wieder nicht ohne vorherige Verständigung über links und rechts..

Diese Unklarheit besteht dagegen hinsichtlich der Vorne-hinten- und der Oben-unten-Richtung nicht - ebenso wenig wie die Richtung des Zeitpfeiles. Alles könnten wir einem anderen Planeten mitteilen, nur mit Sicherheit nicht, was wir unter rechts und links verstehen.

Die seitenverkehrte Welt des Mittelalters[Bearbeiten]

Der Autor Michail Bachtin hat in seinem Buch Rabelais und seine Welt[8] auf die uns heute kaum noch zugänglichen volkstümlichen Quellen hingewiesen, aus denen Rabelais wie sonst kein anderer Dichter schöpfte. Es ist ein sehr komplexes Motivsystem, das in vieler Hinsicht an die Bildmotive von Hieronymus Bosch erinnert. Es ist eine verkehrte Welt, die sich offensichtlich auch als Antiwelt verstehen lässt und sich geradezu bewusst auch so zu verhalten scheint. Dieser Bereich ist im Sinne C.G. Jungs vegetativ, es ist die Wurzel aller bewussten Ausformungen und damit ein Sektor, in dem die Yin-Yang-Gegensätze noch nicht ausgeprägt sind. Diese Welt ist offenbar noch nicht dualistisch und steht noch jenseits von gut und böse. Auch die Motive Rabelais' sind deshalb schwer einzuordnen, weil sie sich den üblichen Kategorien der „seriösen“ Literatur entziehen. Alles ist hier unfertig, unseriös, antisystematisch, weshalb auch die Literaturkritik mit diesen Werken nicht viel anfangen konnte und Rabelais vorübergehend fast vergessen war, bevor ihn die Romantiker für sich wiederentdeckten, ohne ihn allerdings wohl wirklich zu verstehen.

Rechts-Links-Verkehrung im Karneval[Bearbeiten]

Der Brauch, mit der linken Hand zu grüssen, ist heute noch im Karneval geläufig, der ebenfalls seine Wurzel in dieser Welt des Mittelalters hat und ursprünglich als bewusste Antiwelt gedacht war, in der sich das einfache Volk im Spiel an die Stelle der Obrigkeit stellte und daraus ein derbes Vergnügen gewann. So gab es auch einen bestimmten Eselstag und ein Eselsfest, das Friedrich Nietzsche zum Thema eines eigenen Unterkapitels in seinem Werk Also sprach Zarathustra gemacht hat.

Der Pfad zur linken Hand[Bearbeiten]

Die Rechts-links-Verkehrung spielt auch in bestimmten gnostischen oder häretischen Lehren eine Rolle und hat dort eine mystisch-religiöse Bedeutung, die als Pfad zur linken Hand gilt. Damit werden besonders okkulte und magische Richtungen bezeichnet. Der Name Pfad zur linken Hand kommt offenbar ursprünglich aus dem Hindu-Tantra. In den entsprechenden Kulten werden alle Tabus und Glaubensinhalte bewusst in ihr Gegenteil verkehrt und auch in gegenläufigen Zeremonien dargestellt. Alles, was normalerweise verboten ist, wird hier geradezu verbindlich gefordert. Es ist eine Form einer bewussten Gegenwelt, aber im Gegensatz zu derjenigen des Karnevals ist sie nicht nur völlig und geradezu exzessiv diesseitig, sondern überschreitet die Gren­ze zwischen Diesseits und Jenseits.

Das Thema der Seitenverkehrung im Woodoo[Bearbeiten]

Dass die Welt spiegelbildlich strukturiert ist, spielt übrigens auch im haitianischen Woodoo eine besondere Rolle. Die im ekstatischen Tanz sich vollziehende Zeremonie bringt dabei die Bereiche der Unterwelt und des Himmels zu einer Einheit, so dass die finstersten und abgründigsten Dinge unmittelbar neben den höchsten zum Ausdruck kommen. Bei dieser Zeremonie geht es um eine Darstellung der fundamentalen Spiegelbildlichkeit allen kosmischen Geschehens, wobei die Symmetrieachsen in allen Dimensionen liegen.

Das Spiegelproblem[Bearbeiten]

Wir wissen dementsprechend auch nicht, ob wir in einer links- oder rechtsgewendelten Welt leben. Angenommen nämlich, wir wohnten auf einem Parallelplaneten, der sich von unserem nur dadurch unterschiede, dass dort die Seiten verkehrt sind, so hätten wir keine Möglichkeit, festzustellen, ob das gegenüber der unserigen falsch sei. Wenn diese Welt auf dem Kopf stände oder wenn wir dort gezwungen wären, rückwärts oder in die Vergangenheit zu laufen, so würden wir das sofort merken, obwohl auch das letztlich definitonsbedingt ist. Es gibt dabei nämlich ebenfalls keine absoluten Maßstäbe, aber doch wenigstens funktionale, die jedoch hinsichtlich der Seitenorientierung austauschbar sind, sodass insofern jede sonstige Definitionsmöglichkeit fehlt.

Das ist aber offensichtlich nicht nur ein intellektuelles Problem, sondern begegnet uns auch unmittelbar physisch – nämlich im Spiegelbild und der darin auftretenden Seitenverkehrung. Die Tatsache, dass dabei tatsächlich eine Seitenverkehrung stattfindet, nicht aber eine Verkehrung von oben und unten, erscheint in der Tat paradox und wurde auch vielfach so zu beantworten versucht. Etwa so: „Tatsächlich vertauscht der Spiegel nicht rechts und links, sondern vorn und hinten. Die Vertauschung von vorn und hinten entspricht jedoch der Vertauschung von rechts und links zuzüglich einer Drehung um die senkrechte Achse um 180°.“ Das ist aber offensichtlich keine Erklärung, sondern nur eine rein phänomenologische Beschreibung dessen, was man sieht (Siehe dazu den Artikel Spiegelparadoxon, dem das vorgenannte Zitat entnommen wurde). Denn dass der Spiegel vorne und hinten vertauscht, liegt ja bereits in dem umgangssprachlichen Begriff „spiegeln“, erklärt aber nicht, warum die Frontalansicht des Spiegelbildes nur rechts und links, nicht aber oben und unten verkehrt. In der Tat ist es zwar so, dass bei einer Drehung des eigenen Körpers meine rechte Schulter auf die gleiche Seite gelangt wie zuvor die rechte Schulter meines Spiegelbildes, bei dem dann nur noch vorne und hinten verkehrt sind. Aber das hebt die Seitenverkehrung im Spiegel nicht auf, sondern stellt sie nur anders dar. Wie auch immer ich nämlich mein Spiegel-Ich in der Spiegelwelt drehe und wende – immer bleibt dabei die Rechts-links-Verkehrung erhalten, während die beiden anderen räumlichen Dimensionen richtig, also identisch mit der Realwelt, bleiben. Der bekannte Autor Umberto Eco hat das Problem psychologisch zu erklären versucht:

Wenn wir das Spiegelphänomen auf ein abstraktes Schema reduzieren, stellen wir fest, dass es sich nicht um ein Phänomen vom Typ der Camera obscura handelt, sondern um eines, bei dem kein Strahl den anderen überkreuzt. Nur wenn wir das, was im Schema dem realen Objekt entspricht, anthropomorphisieren, gewinnt dieses Objekt ein Bewusstsein von rechter und linker Seite und vergleicht sie mit dem Objekt, das sich auf der Fläche spiegelt, sowie mit dem virtuellen Objekt, das hinter der Fläche erscheint ... Vor dem Spiegel müsste man nicht von Umkehrung sprechen, sondern von absoluter Kongruenz ...[9]

Handelt es sich also um ein subjektives oder um ein objektives Problem? Das eigentliche Problem wird auch hier nicht beantwortet: Die Spiegelwelt ist und bleibt grundsätzlich in einer Dimension seitenverkehrt, und wenn ich einem anderen Planten mitteilen wollte, in welcher dieser beiden Welten ich lebte - in der Welt vor oder hinter dem Spiegel -, so stiesse ich damit auf das bereits erörterte Problem: es gibt keine Möglichkeit, festzustellen, welche der beiden richtig und welche falsch ist.

Physik[Bearbeiten]

Das Spiegel-Thema spielt auch in der Physik eine wichtige Rolle. Dass es möglicherweise noch ein Antiuniversum geben kann, in dem alles seitenverkehrt einschließlich der Richtung des Zeitpfeiles abläuft, ergibt sich zumindest aus der Welt des Allerkleinsten: Tatsächlich gibt es zu allen subatomaren Teilchen auch Antiteilchen, eben Antimaterie, die durch ihre exakte Spiegelbildlichkeit bei sonst absoluter Gleichheit gekennzeichnet ist. Ein Antimaterieteilchen ist zugleich ein zeitlich rückwärts laufendes Teilchen. Es gibt den sog. Spin und einen Antispin. Demnach gibt es also ansich gar keinen feststellbaren Unterschied zwischen diesem und einem möglichen Antiuniversum, nur dürfen sie sich eben nicht begegnen, da das zur gegenseitigen Auflösung führen müsste. Das erinnert auffällig an das Yin-und-Yang-Thema und deutet darauf hin, dass sich die ganze Welt aus kongruenten Gegensätzen aufgespalten hat und dass demnach die Summe der Welt = 0 ist, als Aufspaltung aus dem kosmischen All-Einen gemäß der neuplatonischen Philosophie.

Literatur[Bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Zitat nach Katharina Kramer: Daniel Haun, Kognitionspsychologe am Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (siehe Weblinks).
  2. Sog. Agnostische Rechts-links-Störung infolge einer Schädigung der unteren Scheitellappenwindung am Übergang zur mittleren Okzipitalwindung der dominanten Großhirnhemisphäre.
  3. Katharina Kramer in Bild der Wissenschaft online, Kultur und Gesellschaft, Ausgabe 7/2010 – siehe Weblinks
  4. Daniel Haun. Zitat Kathariner Kramer in Bild der Wissenschaft online.
  5. Dazu gibt es ein bekanntes Stück von Duke Ellington: Hayfoot, Strawfoot. Sowie einen gleichnamigen Weltkrieg I-Film aus dem Jahr 1919.
  6. Immanuel Kant: Von dem ersten Grunde des Unterschiedes der Gegenden im Raume, 1768.
  7. Martin Gardner: Unsere gespiegelte Welt,(Siehe Literatrurliste).
  8. Michail Bachtin: Rabelais und seine Welt.: Volkskultur als Gegenkultur (siehe Literaturliste).
  9. Umberto Eco [1985]: Über Spiegel und andere Phänomene (Siehe Literaturliste)..

Weblinks[Bearbeiten]

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