Rathaussäle in Schwäbisch Hall

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Deckengemälde im Trausaal (Heldensaal)

Die historischen Rathaussäle in Schwäbisch Hall blieben – anders als die Bausubstanz des Gebäudes selbst – beim Brand von 1945 nicht erhalten. Die heutigen Säle stellen eine kontemporäre Kopien dar.

Die Säle der Vorkriegszeit zeigten eine Dekoration von Ölgemälden auf Leinwand von Livio Retti (1736–1738), die an den Decken und Wänden ausgespannt waren. Diese waren von Stuckrahmen und mit naturalistischen Laubzweigen und figürlichen Medaillons geschmückt. Die Räume waren ursprünglich mit Parkettböden, geschnitzten Bänken, Eisenöfen und gemalten Ofenschirmen ausgestattet. Die eisernen Öfen zeigten das Jahr 1734, die Wappen der Reichsstadt und ein Reliefbild des Glaubens. Unter den Leinwandbildern hatte man alte Ansichten von Hall, Limpurg, Komburg und Vellberg entdecken können.

„Heldensaal“ (Trausaal)[Bearbeiten]

Die Malereien des Trausaales stellten Heldentaten der griechischen und römischen Mythen dar.

Wandgemälde[Bearbeiten]

Die Gemälde an der Wand und über den Türen zeigten Herakles nach dem Kampf gegen die lernäische Hydra, Alexander der Große zerhaut den Gordischen Knoten. Das Gemälde Mucius Scaevola bei der Feuerprobe stellte Gaius Mucius Scaevola dar. Rechts neben dem Ofen befand sich das Wandgemälde Der Opfertod des Marcus Curtius sowie Aeneas rettet seinen Vater Anchises aus dem brennenden Troja.

Deckengemälde[Bearbeiten]

Das Deckengemälde zeigte acht Feldherren: So Achilleus, Patroklos, Hektor, Aeneas – Feldherren im trojanischen Krieg. Zudem Romulus (oder Gaius Iulius Caesar), Pompeius, Scipio und Fabius Cunctator (oder Hannibal) – Feldherren im punischen Krieg. Auf ihren Schilden sind Emblem und lateinische Devisen wie „Fortiter“, „Semper idem“ zu sehen.[1]

Stättmeistersaal[Bearbeiten]

Die Malereien des Stättmeistersaales stellten die Allegorie der Republik Hall und ihren Reichtum dar.

Deckengemälde[Bearbeiten]

Die Ölleinwand von Livio Retti, die an der Decke befestigt wurde hatte Die Segnungen des Staates zum Thema. Der Staat wurde durch eine an der linken Seite des Deckengemäldes befindlichen jungen Frau verkörpert, die sowohl „Wohlstand“ als auch die Republik Hall repräsentierte, die sich an der Staatskasse – eine Truhe voller Schätze und Juwelen – anlehnte. Die Frau wurde von einem jungen Mann – einem Genius – mit einem Spruchband flankiert: Nervus Reublicae alentes alo. An der rechten Seite wurde die „Armut“ in Figur einer älteren, abgemagerten Frau dargestellt, die vor der „Abundantia“ zurückwich und ein Spruchband trägt: Vana est sine viribus ira. Unten links wird der Quellgott dargestellt, der die Salzquelle bzw. den Fluss Kocher repräsentieren soll. Putten mit Siedepfannen und Salzkrügen sollten die wirtschaftlichen Grundlagen Halls – den Salzhandel – repräsentieren.[1]

Deckengemälde im Stättmeistersaal „Allegorie der Stadt Hall und ihres Wohlstandes“

Wandgemälde[Bearbeiten]

Eine Supraporte zeigt eine Allegorie auf den Verdienst und die andere eine Allegorie auf die Tätigkeit. Die Allegorie auf den Verdienst wird durch einen Greis mit einem Genius verkörpert. Dazu das Spruchband: Nemini sua munera claudit. Die Allegorie auf die Tätigkeit wird durch eine Frau mit einem Genius dargestellt, mit dem Spruchband: Nemo otiosus!

Ein Wandgemälde zeigt einen jungen Mann mit Schere, Blumen und Schaf der Landwirtschaft, Handwerk und Gewerbe Schwäbisch Halls darstellte. Ein anderes Wandgemälde zeigte eine männliche Allegorie der Architektur, der die schönen Künste Schwäbisch Halls verköperte. Das letzte Wandgemälde schließlich zeigte eine junge Frauen, aus deren Brüsten Milch floss, und die Wohltätigkeit Schwäbisch Halls darstellte.

Ratssaal[Bearbeiten]

Der Ratssaal wurde mit biblischen Motiven ausgemalt, weil sich an dieser Stelle ehemals eine Kirche befand. In den Ecken des Ratssaals befanden sich vier vergoldete Stuckbilder von Pöll. Sie stellten die heidnischen Weltenherrscher dar, Nebukadnezar, Kyros, Alexander den Großen und Cäsar, in Verbindung mit den Tiersymbolen der Weltreiche. Zwei Eisenöfen, die sich im Ratssaal befanden, waren mit jeweils einer weiblichen Figur gekrönt. Auf den Ofenschirmen befanden sich Ölgemälde mit biblischen Themen – Opfer Noahs und Moses am brennenden Busch – von J.W. Kleemann aus Hall 1771.

Wandgemälde[Bearbeiten]

Die Wandgemälde stellen das Jüngste Gericht und sieben biblische Geschichten aus dem Alten Testament dar. So auf der rechten Seite des Haupteingangs Das Jüngste Gericht, Joseph und seine Brüder sowie Isaaks Opferung. Auf der linken Seite des Haupteingangs befinden sich die Wandgemälde Salomos Urteil und Jakobs Kampf mit dem Engel zu sehen. Das letztgenannte Gemälde zeigt den nächtlichen Ringkampf Jakobs mit dem Engel Gottes am Ufer des Jabbok. Zudem das Wandgemälde Die Rettung des Mose durch die Tochter Pharaos. Eine Supraporte zeigt Simsons Löwenkampf. Samson begegnet einem Löwen: „Da kam der Geist des Herrn über Simson, und Simson zerriss den Löwen mit bloßen Händen, als würde er ein Böckchen zerreißen“ (Ri 14,6 EU). Andere Supraporten zeigen David und Jonathans Schwur gegen Saul und Semeis Abbitte vor David. Das Gemälde zeigt die Buße Schemajas: So kniet Schemaja (um 1010–926 v. Chr.) vor König David und David vergibt ihm.

Deckengemälde[Bearbeiten]

Das Deckengemälde im großen Saal zeigt den Sieg des Christentums über das Heidentum und der Tugend über die Laster. Dargestellt ist die römische Göttin Minerva, die sowohl die Weisheit als auch die Theologie verkörpert. Die Göttin wird von geistlichen und sittlichen Tugenden flankiert. So von Glaube, Liebe, Hoffnung, Gerechtigkeit, Stärke, Klugheit, Mäßigung und Sanftmut. Sie thronen oben auf den Wolken. Unter ihnen befindet sich der Erzengel Gabriel, der die übrigen Gestalten – die Laster – zurückdrängt. Diese sind Stolz (lat. superbia), Neid (invidia), Völlerei (gula), Geiz (avaritia), Faulheit (oder Trägheit) (acedia), Zorn (ira) und Wollust (luxuria).

Deckengemälde im Ratssaal

Inhaltsverzeichnis

gegenwärtiger Zustand[Bearbeiten]

Die Rekonstruktion erfolgte durch verschiedene Maler nach alten Vorbildern:[2]

  • Die Ausmalung des großen Ratssaales erfolgte durch den Maler Dieter Frank aus Schwäbisch Hall.
  • Die Ausmalung des Stättmeistersaales erfolgte durch den Maler Josef Braun aus Wangen im Allgäu.
  • Die Ausmalung des Heldensaales erfolgte durch den Maler Peter-Jakob Schober aus Billensbach bei Beilnstein.
  • Die Herstellung einer Supraporte aus dem großen Ratssaal "Semei vor David" und der Deckenmalerei im Heldensaal "Griechisch-Römische Helden" erfolgte durch den Maler Kurt Schmidt-Thomsen.

Literatur[Bearbeiten]

  • Josef Balluff: Die Rathaussäle in Schwäbisch Hall, Wilhelm Germanś Verlag, 2. Auflage, Schwäbisch Hall 1913
  • Eugen Gradmann: Die Kunst- und Altertums-Denkmale der Stadt und des Oberamtes Schwäbisch-Hall.
  • Josef Balluff: Die Rathaussäle in Schwäbisch Hall. In: Württembergisch Franken, R.F. IX, S. 15 ff. , mit Nachtrag von Kolb
  • C. F. Mejer: Beschreibung des Rathhaus-Saales in Hall sammt den beiden Nebengemächern im Auftr. des Stadtrathes, Hall 1848, Umfang 28 S.
  • C. F. Meyer: Beschreibung des Rathaussaals, 2. Auflage, Hall 1862.
  • Kuno Ulshöfer: Ein Brief des Hofmalers Livio Retti über die Rathausbilder in Schwäbisch Hall. In: Württembergisch Franken ; 57 (1973), S. 287-289.
  • Lucrezia Hartmann: Das Rathaus in Schwäbisch Hall. In: Württembergisch Franken ; 53 (1969), S. 63-79.
  • Kurt Schmidt-Thomsen: Rekonstruktion barocker Wandmalereien. In: Württembergisch Franken ; 61 (1955), S. 82-86

Weblinks[Bearbeiten]

  Commons: Rathaus Schwäbisch Hall, Trausaal (Heldensaal), Deckengemälde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  Commons: Rathaus Schwäbisch Hall, Trausaal (Heldensaal), Wandgemälde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  Commons: Rathaus Schwäbisch Hall, Stättmeistersaal, Deckengemälde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  Commons: Rathaus Schwäbisch Hall, Stättmeistersaal, Wandgemälde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  Commons: Rathaus Schwäbisch Hall, Ratssaal, Deckengemälde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  Commons: Rathaus Schwäbisch Hall, Ratssaal, Wandgemälde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 Lucrezia Hartmann: Das Rathaus in Schwäbisch Hall. In: Württembergisch Franken ; 53 (1969), S. 63-79, S. 70.
  2. Kurt Schmidt-Thomsen: Rekonstruktion barocker Wandmalereien. In: Württembergisch Franken ; 61 (1955), S. 82-86, hier S. 83.
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