Qualitäts-Vermutungs-Effekt
Unter dem Qualitäts-Vermutungs-Effekt versteht man einen psychologischen Marketing-Effekt, der genutzt wird, um den Preis eines Produktes höher ansetzen zu können und diesen auch im Wettbewerb gegen günstigere Konkurrenten halten zu können. Ferner werden auch besondere Materialien verwendet, um einen qualitativ hochwertigen Eindruck zu vermitteln, obwohl diese Materialien die Herstellungskosten nur unwesentlich bis überhaupt nicht erhöhen.
Durch einen hohen Preis oder einen viel höheren Preis im Vergleich zu Konkurrenzprodukten vermutet der potentielle Käufer in der Regel auch eine höhere Qualität des Produktes. Jedoch ist dabei der höhere Preis nur künstlich so hoch angesetzt, um den Gewinn zu maximieren. In Marketingstudien zu dem Produkt wird vor Verkaufsstart ermittelt, zu welchem Preis die potentielle Kundschaft das Gerät kaufen würde. Dabei wird errechnet, welcher Verkaufspreis den optimalen Gewinn erzielt. Im Rahmen dieser Studien wurde festgestellt, dass potentielle Kunden einen höheren Preis automatisch mit besserer Qualität assoziieren.
Die Qualität des Produktes kann in vielen Bereichen oft nicht vom Käufer beurteilt werden und so vermutet der Käufer automatisch eine höhere Qualität bei einem hohen Preis.
Zusätzlich spielen dabei auch Markennamen eine wichtige Rolle. Eine etablierte Marke kann einen höheren Preis ansetzen, weil die Käufer besonders gute Qualität mit den Produkten der Marke verbindet. Besonders in der Lebensmittelindustrie verkaufen aber viele Firmen das gleiche Produkt unter dem Markennamen zu einem hohen Preis und das exakt gleiche Produkt unter anderen Namen zu einem wesentlich günstigeren Preis. Dies hat direkt zwei Vorteile für den Hersteller, denn er kann sein Markenprodukt zu einem optimalen Preis verkaufen und dazu die Kosten für genau dieses Produkt senken, da er die optimale Produktionsmenge einstellen kann und den Überschuss unter dem günstigeren Markennamen verkaufen kann. So kommt es zu keinem Stillstand der Produktion, wenn der Bedarf des teueren Markenprodukts gedeckt ist und das Gesetz der Massenproduktion verringert die Kosten für das teure und das günstige Markenprodukt. Die beiden Marken werden dann in der Regel nicht im gleichen Geschäft verkauft. Die günstigere Marke wird in der Regel dann nur in Discountern verkauft.
Besonders vertreten ist der Qualitäts-Vermutungs-Effekt in der Lebensmittelindustrie, der Elektronikindustrie und der Modeindustrie. Gerade in der Modeindustrie, aber auch in der Elektronikindustrie geht dieser Effekt oft Hand in Hand mit dem Markennamen. In der Modeindustrie und Elektronikindustrie werden oft auch bestimmte Stoffe eingesetzt oder sogar nur teilweise eingesetzt (z. B. 5 % Kashmeere) und beworben, obwohl diese die Qualität des Produktes in keiner Weise verbessern oder den höheren Preis rechtfertigen. Der Käufer assoziiert aber eine höhere Qualität mit diesen Materialien und ist daher bereit, einen höheren Preis zu zahlen.
Ein Smartphone mit Aluminium-Gehäuse wird z. B. als deutlich höherwertig vom Kunden angesehen, obwohl die Verwendung von Aluminium eher kontraproduktiv im Vergleich zu Plastik ist und viele Plastikarten sogar teurer als ein Aluminium-Gehäuse sind. Das Polycarbonat des Samsung S3 ist z. B. teurer als das Aluminium-Gehäuse von Apples Iphone, der Kunde vermutet aber eine höhere Qualität durch die Verwendung von Aluminium und ist daher bereit, einen höheren Preis zu zahlen. Dabei ist die Hülle bei der Qualität des eigentlichen Produktzwecks eher unerheblich und die Unterschiede der Qualität befinden sich unter dem Gehäuse in der Technik des Smartphones. Oft ist hier, ähnlich wie in der Lebensmittelindustrie, in beiden Geräten dann sogar die gleiche Technik verbaut oder das günstigere Produkt hat sogar oft die höherwertige und aktuelle Technik verbaut, die in beiden Produkten oft sogar größtenteils von dem gleichen Hersteller stammt.
Einige Markenhersteller bauen sogar komplette Fremdtechnik in ein eigens erstelltes Designer-Gehäuse und verkaufen dieses Produkt dann zu einem Vielfachen des Preises des ursprünglichen Produktes.
Oftmals ist der Markenhersteller dabei gezwungen, zumindest im Anfangsstadium massiv Werbung für sein Produkt zu schalten, die den potentiellen Käufer darauf konditioniert, dass seine Produkte eine bessere Qualität besitzen, auch wenn diese tatsächlich gleichwertig, technisch identisch oder sogar von schlechterer Qualität sind. Je bekannter die Marke jedoch wird, umso weniger muss sie dafür werben, da der Kunde dann automatisch Qualität mit dieser Marke verbindet.