Pieter de Graeff

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Pieter de Graeff (1663), gemalt von Caspar Netscher, Rijksmuseum Amsterdam

Pieter de Graeff van Polsbroek te Ilpendam (* 15. August 1638 in Amsterdam; † 3. Juni 1707 ebenda), Herr von Zuid-Polsbroek, Ilpendam und Purmerland, Schlossherr von Ilpenstein etc., war ein in der Regierung von Amsterdam aktives Mitglied der einflussreichen Familie De Graeff, Präsident der Niederländischen Ostindien-Kompanie und ein Verwandter und enger Vertrauter von Johan de Witt.

Gesellschaftspolitischer Hintergrund[Bearbeiten]

Im Laufe des Goldenen Zeitalters der Niederlande standen die Mitglieder der Familie De Graeff in harrscher Kritik zum sich immer mehr ausbreitenden Einfluss des Hauses von Oranien-Nassau. Gemeinsam mit den führenden republikanischen Staatsmännern, den Gebrüdern Bicker und den De Witts. Diese Geschlechter waren für eine Aufhebung der Statthalterschaft, zumindest in der Provinz Holland. Weiters beanspruchten sie den Erhalt einer (ihrer) vollen Souveränität für die örtlichen Regenten/Patrizier in den jeweiligen Provinzen und Regionen der Niederlande. Dadurch fiel auch die militärische Macht in die Hände der zumeist republikanischen Stadtregenten Hollands und den niederländischen Generalstaaten.

Während einer Zeitspanne von annähernd einem halben Jahrhundert war die Familie De Graeff in der führenden Rolle in der Amsterdamer und holländischen Politik. Im Zeitraum der Jahre 1650/1660 war die Stadt Amsterdam auf dem Zenit ihrer Führerschaft innerhalb der niederländischen Republik angelangt. Diese Periode am Höhepunkt des Goldenen Zeitalters wurde von den Republikanern als die (ihre) "Ware Vrijheid" (Wahre Freiheit) angesehen. Es war die sogenannte Erste Statthalterlose Periode, welche sich zwischen den Jahren von 1650 auf 1672 erstreckte. In diesen Dreiundzwanzig Jahren regierten die holländischen Regenten, und an deren Spitze stehend die von Amsterdam, die niederländische Republik. Die Stadt Amsterdam fühlte sich durch ihre selbstbewußte Souveränität in die Nachfolge der antiken römischen Republik versetzt. Ohne die fortdauernden Einmischungen des oranischen Statthalters funktionierte das republikanische System der Regenten in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht effektiv.[1] So konnte die Familie De Graeff vom Jahre 1627 an, dem politischen Ende des oranisch gesinnten Staatsmannes Reinier Pauw, bis in das rampjaar 1672 das gesellschaftspolitische, kulturelle und wirtschaftliche Bild der niederländischen Republik entscheidend mitgestalten.[2]

Jugend[Bearbeiten]

Pieter wurde als von Sohn Cornelis de Graeff und dessen zweiten Ehefrau Catharina Hooft geboren. Er hatte einen Bruder, Jakob.

Schon in jungen Jahren reiste er mit Johan Huydecoper van Maarsseveen und dessen Sohn Joan in diplomatischer Mission nach Berlin. Grund dafür war ein von Holland mit Markgraf Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg angestrebtes Bündnis gegen Schweden.[3] Die Sommer verbrachten die De Graeff`s vorwiegend in ihrem Landhaus am Zoestdijk, dem heutigen Paleis Soestdijk der Oranier. Dort spielten die jungen Brüder Pieter und Jakob mit Wilhelms III. - dem kind van staat - in den Parkanlagen des Landsitzes.[4]

Nach Reisen durch England und Frankreich sowie einer Audienz bei Ludwig XIV. machte Pieter in Orleans seinen Studienabschluss in zivilem und kirchlichem Recht.

Familie[Bearbeiten]

De Graeffs Ehefrau Jacoba Bicker (1663), gemalt von Caspar Netscher, Rijksmuseum Amsterdam

Im Jahre 1662 war er Kapitän der Amsterdamer Bürgerwacht und heiratete im selben Jahr seine Nichte Jacoba Bicker, wie Pieter ebenfalls eine Cousine der Gebrüder Cornelis und Johan de Witt. Dieser hielt bei der Hochzeitsfeier auf Schloss Ilpenstein eine beachtliche Ansprache.[5]

Das Ehepaar bekam drei Kinder:

  • Cornelis (II) de Graeff (1671-1719); als seine Taufpaten traten sein Großcousin Johan de Witt und seine Großmutter Catharina Hooft in Erscheinung; nach einem Studium der Rechte an der Universität Leiden wurde De Graeff Kanoniker des Klosters St. Peter in Utrecht, und zwischen 1707 und 1719 als Herr von Purmerland und Ilpendam genannt, sein Nachfolger sla dieser war sein Neffe Gerrit de Graeff van Zuid-Polsbroek; De Graeff blieb unverheiratet, und stand seit seines Vaters Tod unter Kuratel; am 16. Februar 1719 verstarb er, vom Wahnsinn gezeichnet, auf seinem Schloss Ilpenstein; seine Grabstätte befindet sich in der Amsterdamer Oude Kerk im sogenannten Sint Cornelis-koor, der Grabstätte des Geschlechtes De Graeff.
  • Johan de Graeff (1673-1714), verheiratet mit Johanna Hooft; Johan wurde Amsterdamer Stadtregent zu Beginn des 18. Jahrhunderts
  • Agneta de Graeff, später verheiratet mit Jan Baptiste de Hochepied; sie bewohnte in Den Haag ein Stadtpalais, das heutige Kabinet der Köningin.

Politische Karriere[Bearbeiten]

Kurze Zeit nach Pieters Hochzeit verstarb sein Vater Cornelis, und der junge De Graeff übernahm von seinem Vater die Präsidentschaft über die Niederländische Ostindien-Kompanie (VOC). Nach dem Tod seines Vaters übernahm dessen Bruder Andries de Graeff die Leitung über die Amsterdamer Stadtregierung. Dies erwies sich als schweres Amt, denn er unterstützte auf Landesebene die Politik seines Neffen Johan de Witt - dessen Regime immer mehr in Bedrängnis gelangte - und hatte in der Stadtregierung mit vielen Widrigkeiten durch die oranischen Parteigänger - vor allem durch Gillis Valckenier - zu kämpfen.

Pieter de Graeff stand außerdem in einer regen Korrespondenz mit Johan de Witt, Christiaan Huygens, Jan Lievens und Jacob Boreel, diese Briefwechsel sind jedoch größtenteils verloren gegangen.[3] Einige dieser verloren gegangenen Briefstücke von De Witt an De Graeff behandelten die Vorgehensweise bei der Erziehung des oranischen Prinzen Wilhem III.[6]

Die Leichen der Gebrüder Johan und Cornelis de Witt, Den Haag, August 1672. Gemälde von Jan de Baen,Rijksmuseum (Amsterdam)

De Graeff hatte eine große Karriere vor sich, er wurde im Jahre 1668 Mitglied in der Amsterdamer Regierung und war ein vertrauter Ratgeber von Johan de Witt. Anfang der 1670er Jahre verschlechterte sich die politische Stimmung in der Republik der Vereinigten Niederlande zusehends, viele Kriege zermürbten das Volk und die finanziellen Ressourcen des Landes. Es wurde ein neuer Heilsbringer mit einem wirkungsvollen politischen System gesucht. Dies sah die Mehrheit der Bevölkerung in einer Rückkehr der Oranier als Statthalter. 1672 - im sogenannten Rampjaar- war es nun soweit: Das System der Gebrüder De Witt hatte ausgedient und es kam mit Willem III. ein neuer Landesherr an die Macht. Auch in Amsterdam - dem Zentrum der Republik - standen Veränderungen an, die republikanisch gesinnte Staatspartei der De Graeffs musste nach über 100 Jahren politischer Vormachtstellung [7] das Feld räumen.[8] Gemeinsam mit seinem Bruder Jakob und ihrem Onkel Andries wurden sie aus der Politik ausgeschlossen. Pieter de Graeff war das angestrebte Ziel, die Nachfolge seines Vaters Cornelis und seines Onkels Andries anzutreten, nicht mehr möglich. Neuer starker Regent in Amsterdam war Gillis Valckenier, der in wenigen Jahren seine politische Wendung vom Republikaner zum Monarchisten vollzogen hatte.

Nach seiner Eliminierung aus der Politik wurde Pieter de Graeff Erziehungsberechtigter von den fünf Kinder - unter anderem von Johan de Witt (Sohn) - des ermordeten Johan de Witt. Am Tag nach dem Mord an ihren Vater brachte De Graeff dessen Kinder und seinen Vater Jacob de Witt auf seinem Schloss Ilpenstein in Sicherheit.[9]

Privates[Bearbeiten]

Großes Wappen Pieter de Graeff

In den Jahren 1664 bis 1706 schrieb De Graeff annähernd 1.600 Tagebuchseiten.[10] Auch beauftragte er den berühmten Graphiker Romeyn de Hooghe mit der Anfertigung von Zeichnungen seines Landhauses Valkenburg.[11] De Graeff war ebenfalls als Kunstförderer tätig, er vergab Aufträge an Joost van den Vondel oder Caspar Netscher.

Nach seinem Tod im Jahre 1707 erbte sein zweitgeborener Sohn Johan die an der Vlist gelegene Grundherrschaft Zuid-Polsbroek, und der erstgeborene Sohn Cornelis die nördlich der Stadt Amsterdam gelegene Grundherrschaft Purmerland und Ilpendam.[12]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

  • Zandvliet, Kees (2006) De 250 rijksten van de Gouden Eeuw: kapitaal, macht, familie en levensstijl, blz. 93 t/m 94, uitg. Nieuw Amsterdam, Amsterdam, ISBN 90-8689-006-7
  • Burke, P. (1994) Venice and Amsterdam. A study of seventeenth-century élites.
  • Graeff, P. DE (P. Gerritsz de Graeff und Dirk de Graeff van Polsbroek) Genealogie van de familie De Graeff van Polsbroek, Amsterdam 1882, Antiquariaat A.G. van der Steur
  • Bruijn, J. H. DE Genealogie van het geslacht De Graeff van Polsbroek 1529/1827, Antiquariaat A.G. van der Steur
  • Moelker, H.P. De heerlijkheid Purmerland en Ilpendam (1978 Purmerend)

Weblinks und Commons[Bearbeiten]

 Commons: Pieter de Graeff – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
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