PRO-ART
PRO-ART war ein Teilprojekt von PROMETHEUS aus dem Bereich der zumeist von wissenschaftlichen Instituten betriebenen Grundlagenforschung. Die Zielsetzung von PRO-ART war, die algorithmischen Grundlagen und einzelne exemplarische experimentelle Nachweise für anspruchsvolle Assistenzfunktionen und für die Automatisierung des Fahrens zu schaffen. Vor allem die Bildverarbeitung im Fahrzeug profitierte stark von diesem Teilprojekt.
Vorgeschichte[Bearbeiten]
Obwohl ‚autonomes Fahren‘ kein Teil des ursprünglichen PROMETHEUS-Vorschlags war, mag es rückblickend gesehen eines der einflussreichsten geworden sein. Ernst Dickmanns und sein Team an der UniBw München hatten den Gesichtssinn für Fahrzeuge seit Anfang der 1980er-Jahre aus Eigeninitiative entwickelt. Mit ihrem Versuchsfahrzeug VaMoRs (s. oben) war gerade die Fähigkeit demonstriert worden, die Fahrbahn (bzw. die Fahrstreifen) und deren Krümmung zu erkennen und mit angepasster Geschwindigkeit bis 96 km/h (motorbedingte Höchstleistung) auf hindernisfreier Bahn völlig autonom längs- und quergeregelt auch über längere Strecken zu fahren. Vor diesem Hintergrund und dem US-amerikanischen DARPA-Programm ‚On Strategic Computing‘ mit dem ‚Autonomous Land Vehicle‘ ALV als einem der Versuchsträger[1] gelang es, die PROMETHEUS-Gemeinde davon zu überzeugen, dass die vorgesehene laterale Führung von Straßenfahrzeugen durch induktive Felder von vergrabenen elektrischen Leitern im Boden besser durch maschinelles Sehen ersetzt werden sollte. Statt einer unvermeidlichen ‚Verschienung‘ der Straße bietet Sehen zusätzlich die Option, Hindernisse zu erkennen und ihnen auszuweichen oder im Konvoi hinterher zu fahren, wie der Mensch das auch tut. Längerfristig könnte sogar ein großer Teil der für den menschlichen Fahrer erstellten Infrastruktur (Lichtsignalanlagen, Verkehrszeichen, Markierung der Fahrbahn mit Pfeilen oder Fußgängerpassagen etc.) auch von autonomen Fahrzeugen erkannt und befolgt werden[2].
PRO-ART Arbeiten[Bearbeiten]
Diesem Vorschlag schlossen sich etwa ein Dutzend europäische Industriefirmen und fünfmal so viele Universitäten / Forschungsinstitute an. Als zusätzliche Sensoren zum Sehen wurden Radare und Lidare in vielen Variationen untersucht; auf der Methodenseite wurden neben dem (bisher als einzigem in Echtzeit erfolgreichen) 4-D Ansatz der UniBwM verschiedene ‚neuronale‘ Architekturen sowie die Standard-KI-Methoden vergleichend untersucht. Der 4-D Ansatz mit integrierten räumlich/zeitlichen Modellen, der auf einer speziell entwickelten Architektur mit konventionellen Mikroprozessoren lief, ergab überlegene Lösungen[3], zunächst mit 12 Prozessoren Intel 80x86 (1991) und abschließend mit bis zu 60 Transputern (1994). Bei den Versuchsträgern war die Arbeitsteilung so, dass Daimler deren Ausrüstung mit zusätzlichen konventionellen Sensoren und den erforderlichen Stellgliedern sowie den nötigen Datentransfer übernahm. Die UniBwM war für das Sehsystem mit einer bifokalen Kameraanordnung auf einer Gierplattform jeweils für die vordere und die hintere Hemisphäre zuständig. Bildauswertung, Hypothesenerzeugung, Szenenwahrnehmung und die Entscheidungsschritte bis zur Ausgabe der Steuerdaten, sowie die Software zur Systemkommunikation im Transputersystem (mit 240 direkten Datenkanälen) wurden ebenfalls von der UniBwM bearbeitet. Auf der Abschlussdemonstration von PROMETHEUS im Oktober 1994 in Paris konnten mit den zwei ‘Common European Demonstrators’ CED 302 (VITA II von Daimler-Benz) und CED 303 (VaMP der UniBwM), die auf Limousinen ‘Mercedes 500-SEL’ (W 140) basierten, folgende Fähigkeiten im öffentlichen dreistreifigen Autobahnverkehr am Flughafen CDG-Paris mit Gästen an Bord gezeigt werden:
- Freies Spurfahren bis zur maximal zugelassenen Geschwindigkeit in Frankreich von 130 km/h
- Übergang in das Konvoi-Fahren hinter beliebigem vorausfahrenden Fahrzeug mit geschwindigkeitsabhängigem Abstand
- Entdeckung und Verfolgung von bis zu sechs Fahrzeugen mit bifokalem Sehen je in der vorderen und der hinteren Hemisphäre im eigenen Fahrstreifen und den direkt benachbarten Nebenfahrstreifen
- Eigenständige Entscheidung zum Fahrstreifenwechsel und dessen autonome Durchführung, nachdem der Sicherheitsfahrer durch Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers („Blinker“) die Freigabe erteilt hatte
Insgesamt wurden über 1000 km auf den dreistreifigen Autoroutes um Paris unfallfrei gefahren. Technische Details zu den Methoden und Hardware-Systemen finden sich unter 3. Hierbei muss man in Rechnung stellen, dass die damals verfügbaren Rechenleistungen von Mikroprozessoren etwa um den Faktor 100.000 kleiner waren als 2014. Die Kosten eines solchen Systems waren entsprechend hoch; dies war auch einer der Gründe dafür, weshalb die Industrie sich für Radar und Lidar als Sensoren beim nächsten Entwicklungsschritt zur serienmäßigen Kollisionsvermeidung / Abstandshaltung (CED 3) entschied. Bildauswertung diente dort nur speziellen Einzelaufgaben wie Fahrbahnmarkierungs- und Verkehrszeichenerkennung. Die beiden genannten CED 3-Fahrzeuge waren nicht nur im PROMETHEUS-Projekt die einzigen, die damals die genannten Leistungen unter guten Umweltbedingungen erbringen konnten, sondern auch weltweit.
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- Hochspringen ↑ Klass P.J,: DARPA Envisions New Generation of Machine Intelligence in: Aviation Week & Space Technology, April 1985, S. 47–54
- Hochspringen ↑ Dickmanns E.D.: Computer Vision in Road Vehicles – Chances and Problems, ITCS-Symposium on Human Factors Technology for Next-Generation Transportation Vehicles, Amalfi, Italy, June 16-20, 1986
- Hochspringen ↑ http://www.dyna-vision.de (mit vielen Detailinformationen zu den in PROMETHEUS PRO-ART entwickelten Echtzeit-Sehsystemen und den verwendeten Methoden sowie über 20 Videoclips)