Oskar Heines

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Oskar Heines (* 3. Februar 1903; † 2. Juli 1934 bei Deutsch Lissa) war ein deutscher politischer Aktivist. Er wurde vor allem bekannt als eine der im Zuge des sogenannten Röhm-Putsches erschossenen Personen.

Leben und Wirken[Bearbeiten]

Oskar Heines war eines der unehelichen Kinder der Helene Heines und des Edmund von Parish. Sein älterer Bruder war der als Politiker und paramilitärischer Aktivist bekannt gewordene Edmund Heines. Heines' Schwester Martha nahm sich nach der Anklage ihres ältesten Bruders im Stettiner Fememordprozess vom Frühjahr 1928 am 24. Mai 1928 selbst das Leben.[1]

Nach dem Ersten Weltkrieg schloss Heines sich dem Freikorps Roßbach an. Seinen Lebensunterhalt verdiente er in den folgenden Jahren als Kaufmann. Zum 1. April 1931, wenige Monate nach der Wahl seines älteren Bruders als Abgeordneter für die NSDAP in den Reichstag, trat Heines in diese Partei (Mitgliedsnr. 445.754) sowie in ihren Straßenkampfverband, die SA, ein. Im Frühjahr 1931 hielt Heines sich als eine Art Adjutant seines älteren Bruders in Berlin auf.[2] Nach der Ernennung seines Bruders zum obersten SA-Führer für das Gebiet der Provinz Schlesien im Mai 1931 begleitete Oskar Heines diesen nach dort. Trotz seines verhältnismäßig jungen Alters erreichte er bis 1934 den Rang eines SA-Sturmbannführers.[3]

In den 1960er Jahren tauchte eine Reihe von Dokumenten, insbesondere Briefe aus dem Nachlass von Richard Breiting auf, denen zufolge Heines nach dem Reichstagsbrand vom Februar 1933 Insiderinformationen über den Brand und speziell über eine angebliche nationalsozialistische Urheberschaft an dem Brand als Informant an Dritte weitergegeben haben soll. Seine Kenntnisse soll Heines dabei über seinen damals innerhalb der NS-Führung hochgestellten Bruder - der in der Exilpublizistik 1933 als einer der vermuteten nationalsozialistischen Brandstifter gehandelt wurde - bezogen haben. Die Authentizität dieser Dokumente, die zum Teil von Walther Hofer und Christoph Graf in ihrer Reichstagsbranddokumentation von 1978 veröffentlicht wurden, ist jedoch in der Forschung umstritten.[4]

Am 2. Juli 1934 wurde Heines im Zuge der als Röhm-Putsch bekannt gewordenen politischen Säuberungswelle der NS-Regierung vom Sommer 1934 in der Nähe von Breslau erschossen. Hintergrund seiner Tötung war die das Hauptziel der Säuberungsaktion bildende Bestrebung der NS-Führung, die SA als eine politisch-paramilitärische Organisation zu entmachten, wozu in erster Linie die engste Führungsgruppe der SA um ihren Stabschef Ernst Röhm ausgeschaltet, d.h. physisch beseitigt werden sollte. Da Heines' Bruder Edmund als einer der wichtigsten Vertrauten und Unterführer Röhms zu diesem Personenkreis zählte, geriet auch sein jüngerer Bruder ins Visier der die Säuberung durchführenden Organe. Heines hielt sich zunächst außerhalb von Breslau verborgen, stellte sich jedoch, nachdem er im Radio von der am Abend des 30. Juni 1934 erfolgten Erschießung seines Bruders erfahren hatte, am 1. Juli 1934 freiwillig im Breslauer Polizeipräsidium. Dort wurde er verhaftet und auf Anweisung des SS-Gruppenführers von Woyrsch, Führer des SS-Oberabschnitts Süd-Ost, zusammen mit dem SA-Obersturmbannführer Ludwig Engels in der Nacht zum 2. Juli 1934 mit einem Lastwagen in einen Wald bei Deutsch Lissa gefahren und dort in den Morgenstunden hinterrücks erschossen.[5]

Die Ermordung Heines' und neunzehn weiterer Personen bildete im Jahr 1957 den Gegenstand eines Strafverfahrens gegen Udo von Woyrsch und Ernst Müller-Altenau vor dem Schwurgericht Osnabrück. Woyrsch und Müller-Altenau hatten als oberste regionale SS- beziehungsweise SD-Befehlshaber für Schlesien im Jahr 1934 die Durchführung der im Zusammenhang mit der Röhm-Aktion stehenden Maßnahmen der SS im Gebiet um Breslau geleitet und insbesondere auch die von der SS durchgeführten Exekutionen dieser Tage koordiniert und angeordnet bzw. entsprechende Anordnungen aus Berlin weitergegeben. Die Gründe für die Erschießung Heines konnten im Prozess nicht mit Sicherheit geklärt werden. Woyrsch wurde am 2. August 1957 wegen Beihilfe zum Totschlag in sechs Fällen zu zehn Jahren Haft verurteilt, während er in einem Fall wegen erwiesener Unschuld und in den übrigen Fällen aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde. Müller-Altenau wurde in allen Fällen aus Mangel an Beweisen freigesprochen.[6]

Literatur[Bearbeiten]

  • Richard Bessel: Political Violence and the Rise of Nazism: The Storm Troopers in Eastern Germany, 1925-1934, 1984, S. 133-139.
  • Hans Bernd Gisevius: Bis zum bitteren Ende. Vom Reichstagsbrand bis zum 20. Juli 1944. Vom Verfasser auf den neuesten Stand gebrachte Sonderausgabe, 1960, S. 176.
  • Karl Martin Grass: Edgar Jung, Papenkreis und Röhmkrise 1933-34, Heidelberg 1966, S. 281 und 283.
  • Otto Gritschneder: „Der Führer hat Sie zum Tode verurteilt…“ Hitlers „Röhm-Putsch“-Morde vor Gericht. Verlag C.H.Beck, München 1993, S. 132.
  • Lothar Gruchmann: Justiz im Dritten Reich 1933-1940, 1988, S. 459.
  • Bernd-Ulrich Hergemöller: Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und mannmännlicher Sexualität im deutschen Sprachraum, Teil 1, 2010, S. 504.
  • Walther Hofer u.a. (Hrsg.): Der Reichstagsbrand. Eine wissenschaftliche Dokumentation, Bd. 2, München 1978, S. 347, 379, 400, 430-435, 439f.
  • Lothar Machtan: Hitlers Geheimnis. Das Doppelleben eines Diktators, 2003, S. 406.
  • Rainer Orth: Der SD-Mann Johannes Schmidt. Der Mörder des Reichskanzlers Kurt von Schleicher?, Münster 2012, S. 188.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Todesanzeige der Familie in Münchener Neueste Nachrichten vom 25. Mai 1928.
  2. „Hitlers Attentats-Aengste. Homosexuellen-Drang nach der Futterkrippe“ in: Münchener Post vom 23. Juni 1931.
  3. Rainer Orth: Der SD-Mann Johannes Schmidt, S. 104.
  4. Walther Hofer u.a. (Hrsg.): Der Reichstagsbrand. Eine wissenschaftliche Dokumentation, Bd. 2, München 1978.
  5. Otto Gritschneder: „Der Führer hat sie zum Tode verurteilt...“ Hitlers Röhm-Putsch-Morde vor Gericht, München 1993, S. 132; Rainer Orth: Der SD-Mann Johannes Schmidt, 2012, S. 188f.
  6. Zum Prozess gegen Woyrsch und Müller-Altenau vgl. die Behandlung dieses Prozesses bei Otto Gritschneder: „Der Führer hat Sie zum Tode verurteilt…“ Hitlers „Röhm-Putsch“-Morde vor Gericht, München 1993; siehe auch Richard Bessels auf dem Osnabrücker Urteil basierende Darstellung der schlesischen Vorgänge bei Richard Bessel: Political Violence and the Rise of Nazism: The Storm Troopers in Eastern Germany, 1925-1934, 1984, S. 133-139; vgl. auch den Bericht über diesen Prozess bei „Der Furcht so fern, dem Tod so nah“. Der «Röhm-Putsch» oder der Mord von Staats wegen“ in: Der Spiegel vom 15. Mai 1957.
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