Nichtmedikamentöse Ansätze der Schmerztherapie

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Unter nichtmedikamentöse Ansätze der Schmerztherapie versteht man Maßnahmen zur Ergänzung der medikamentösen Schmerztherapie. Die Komplexität des Schmerzgeschehens wird durch die Medikamente nur unzureichend berücksichtigt. Nichtmedikamentöse Ansätze der Schmerztherapie verfolgen die Ziele, die körpereigene Wahrnehmung zu steigern, Nebenwirkungen zu reduzieren, die Lebensqualität zu verbessern und die Faktoren, die den Schmerz erhöhen, zu beseitigen. Eine optimale Schmerztherapie erfordert ein multimodales Therapiekonzept, unter Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen.

Die Gate-Control-Theorie[Bearbeiten]

Die Gate-Control-Theory ist die Einflussreichste Theorie zur Erklärung der Natur des Schmerzes. Sie erklärt die mehrdimensionale Natur des Schmerzes, indem sie die physiologischen, emotionalen und kognitiven Aspekte von Schmerz widerspiegelt. Es wird von der Annahme ausgegangen, das im Hinterhorn des Rückenmarks ein besonderer Nervenmechanismus vorhanden ist, der wie ein "TOR" arbeitet. Die Theorie basiert auf der Erkenntnis, dass es einen Mechanismus gibt, durch den die Schmerzweiterleitung zum Gehirn blockiert wird: Obwohl dem Körper ein Schmerz zugefügt wird, erreicht das dadurch ausgelöste Signal nicht das Gehirn, der Sinneseindruck Schmerz kann nicht entstehen, Schmerz wird somit nicht wahrgenommen. Bei einer nicht-schmerzhaften Stimulation (z.B. Tastreiz; Massage) wird das Signal über dicken Nervenfasern weitergeleitet und das Tor geschlossen. Bei geschlossenem Tor wird kein Schmerz empfunden. Kommt es jedoch zu einer schmerzvollen Stimulation erfolgt die Signalweiterleitung über dünne Nervenfasern. Das Schmerztor wird geöffnet und das Signal gelangt bis zum Gehirn, Schmerz wird wahrgenommen.[1]

Psychologische Interventionen[Bearbeiten]

Progressive Muskelentspannung[Bearbeiten]

Die Progressive Muskelentspannung (kurz: PMR) nach Jacobsen führt auf das Phänomen zurück, das die Anspannung von Muskeln häufig mit Unruhe, Angst und psychischer Spannung einhergeht. Ziel der PMR ist es muskuläre Spannungszustände frühzeitig Wahrzunehmen und diese aktiv zu vermindern. Dabei werden schrittweise und systematisch alle Muskelgruppen miteinbezogen. Durch die Wechselwirkung von An- und Entspannung der Muskeln kommt es mit zunehmender Übung zu einer tiefen Entspannung. Dies führt zu einer Steigerung der parasympathischen und zur Abnahme der sympathischen Aktivitäten des Nervensystems. Die PMR führt emotional zu angenehm erlebten Zuständen der Ausgeglichenheit und Harmonie. Auch gibt es subjektive Berichte über Ruhe, Konzentration und Erholung.[2]

Geleitete Imagination[Bearbeiten]

Die Imagination aktiviert die Vorstellungskraft. Sie beinhaltet meist ein mentales Bild mit Realitätswert oder eine Fantasie und wird als Entspannungstherapie durchgeführt. Die Imagination ist eine auf den Körper zentral wirkende Technik und kann leicht durchgeführt werden.[3]

Ablenkung[Bearbeiten]

Unter Ablenkung versteht man die Konzentration auf einen anderen Reiz als den Der Schmerzempfindung. Maßnahmen zur Ablenkung führen laut Studien zu einer Schmerz- und Stressreduzierung. Ablenkung gilt ebenfalls wie die Imagination als zentrale Technik und ist leicht durchführbar. Bereits das Treffen von Freunden oder Angehörigen kann zu einer Schmerzlinderung führen. Aber auch Malbüchern, Fernseher, Musik oder ähnliches führen zu einer Ablenkung vom eigentlichen Schmerz und somit zu einer Reduzierung.[4]

Biofeedback[Bearbeiten]

Unter Biofeedback versteht man die Übersetzung normalerweise unbemerkter Körperfunktionen in akustische oder optische Signale, die dem Betroffenen über Apparaturen übermittelt werden. Ziel dabei ist es auf die Computergesteuerte Meldung von Körperfunktionen gezielt Einfluss nehmen. Durch Biofeedback lernen Betroffene eine Vielfalt von Selbstregulierungs- und Entspannungstechniken zur ihrer Physiologie kennen. Muskelspannungen und Schutzhaltungen können so reduziert werden. Es beinhaltet also das Erlernen von Muskelentspannung, Kontrolle der Herzfrequenz und der Zwerchfellatmung.[5]

Physiologische Interventionen[Bearbeiten]

TENS[Bearbeiten]

Die Transkutane elektrische Nervenstimulation, kurz TENS ist eine niedrigfrequente Reizstromtherapie. Es ist eine peripher wirkende Technik zur Schmerzreduzierung. Sie beruht auf dem Wirkprinzip, dass die Schmerzweiterleitung ins Gehirn verringert wird. Hierbei werden die schmerzleitenden Bahnen gehemmt und die Schmerzschwelle wird heraufgesetzt. Das Verfahren basiert auf Gegenirritation. Das Bedeutet, dass der eigentliche Schmerzreiz mittels eines lokalen Berührungs- oder Vibrationsreizes gemindert wird. Über dem schmerzhaften Areal werden demnach spezielle Elektroden aufgeklebt und elektrisch stimuliert.[6]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Eloise C. J. Carr, Eileen M. Mann, Jürgen Osterbrink, Ulrich Ringeler (Hg.) (2010): Schmerz und Schmerzmanagement. Praxishandbuch für Pflegeberufe, 2., vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage, Bern: Huber (Pflegepraxis).
  2. Schwermann, Meike (2016): Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen. Leitfaden für die Pflegepraxis. s.l.: W. Kohlhammer Verlag.
  3. Kreße, Heide (2017): 100 Fragen zum Umgang mit Schmerz in der Pflege. Mit Opioid-Umrechnungstabelle. Grundlagen und pflegerische Tipps. Für Ausbildung und Praxis. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
  4. Schwermann, Meike (2016): Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen. Leitfaden für die Pflegepraxis. s.l.: W. Kohlhammer Verlag.
  5. Carr, Eloise C. J.; Mann, Eileen M.; Osterbrink, Jürgen; Ringeler, Ulrich (Hg.) (2010): Schmerz und Schmerzmanagement. Praxishandbuch für Pflegeberufe. 2., vollst. überarb. und erg. Aufl. Bern: Huber (Pflegepraxis).
  6. Schwermann, Meike (2016): Schmerzmanagement bei akuten Schmerzen. Leitfaden für die Pflegepraxis. s.l.: W. Kohlhammer Verlag.
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