Mutternacht

Aus MARJORIE-WIKI
Wechseln zu: Navigation, Suche

Die Mutternacht findet jährlich im Vorfeld zum Muttertag in mehreren europäischen Ländern statt. Die Mutternacht weist auf die dringende Umsetzung des Millennium Development Goals (MDG) Nr. 5 der Vereinten Nationen – die Senkung der Müttersterblichkeit – hin.

Entstehung[Bearbeiten]

Das Konzept der Mutternacht (auf niederländisch "moedernacht") stammt von der niederlandischen Hilfsorganisation RutgersWPF, welche sich mit sexueller und reproduktive Gesundheit und Rechten auseinander setzt. Am 12. Mai 2007 fand die erste Mutternacht in den Niederlanden statt[1]. Im Jahr 2009 schlossen sich die Länder Deutschland, Malta und Ungarn dem Mutternacht-Konzept an. Seit 2010 wird auch in Österreich jedes Jahr kurz vor dem Muttertag die Mutternacht veranstaltet.

Mittlerweile beteiligen sich auch Beligien, Norwegen und Pakistan an der Mutternacht-Initiative.

Konzept[Bearbeiten]

Die Mutternacht ist eine öffentliche Veranstaltung in der Nacht vor dem Muttertag stattfindet. Die Muttertnacht wird als ein Konzept begriffe, das informieren und das Bewusstsein in der breiten Öffentlichkeit über die Gefahren der Mutterschaft für Frauen in Entwicklungsländern schaffen soll. Zudem will sie über die öffentliche Meinung politischen Druck erzeugen, um eine effektive Politik im Bereich der MDG5 auf internationaler Ebene zu realisieren.

Jedes Jahr wird der Schwerpunkt von der Mutternacht verändert. Er wird jedoch und innerhalb des Geltungsbereichs der MDG5 gesetzt.

Hintergrundwissen[Bearbeiten]

Millennium Development Goal 5: Verbesserung der Müttergesundheit[Bearbeiten]

Im Jahr 2000 verabschiedeten die damals 189 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen die[2] Millennium Development Goals (MDGs). Acht Ziele[3][4] streben die Bekämpfung der Armut und der ihr zugrunde liegenden Ursachen, wie Hunger und Mangelernährung, fehlende Grundschulbildung und die Gleichstellung von Mann und Frau, bis zum Jahr 2015 an.

Bei regelmäßigen Konferenzen der Vereinten Nationen wird der Fortschritt in der Erreichung der Ziele gemessen: Bei der letzten MDG-Konferenz 2010 wurde festgestellt, dass viele Ziele noch in weiter Ferne liegen. Besonders lang ist der Weg jedoch noch, um das MDG 5, die Verbesserung der Müttergesundheit, zu erreichen. Eine jährliche Senkung um 5,5% ist nötig, um die selbstgesteckte Vorgabe zu erfüllen. Momentan liegt der Rückgang laut Angaben der UN lediglich bei 2,3 % jährlich. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass dieses Ziel weltweit erreicht wird.

Das MDG 5 Müttergesundheit hat 2 Unterziele[5]:

Reduktion der Müttersterblichkeit[Bearbeiten]

Ziel ist die Reduktion der Müttersterblichkeit zwischen 1990 und 2015 um 75%

Jährlich sterben etwa 350.000 Mädchen und Frauen an Komplikationen während der Schwangerschaft oder der Geburt. Die überwältigende Mehrheit aller Todesfälle – 99% – treten in Entwicklungsländern auf[6][7]. Ein Vergleich veranschaulicht den Unterschied zwischen reichen und armen Ländern: Während in Österreich bei 100.000 Lebendgeburten 4 Frauen sterben, sind es in Afghanistan 1.800[8].

80% der Todesfälle wären durch medizinische Fürsorge vermeidbar.

Die Hauptsursachen für den Tod der Mütter[Bearbeiten]

Zu den Hauptursachen der Müttersterblichkeit zählen[9]:

  • Blutverlust und Blutvergiftung aufgrund mangelnder hygienischer Bedingungen
  • Erhöhter Blutdruck mit Krampfanfällen (Eklampsie)

Die restlichen 20% sind auf Mangelernährung und vorhandene Grunderkrankungen, die sich im Verlauf der Schwangerschaft verschlimmern, zurückzuführen. Zu diesen zählen: Malaria, Tuberkulose und sexuell übertragbare Krankheiten wie HIV/AIDS.

Neben der medizinischen Vermeidbarkeit spielt der niedrigere soziale Status von Mädchen und Frauen in vielen Ländern eine tragende Rolle. Dieser verhindert oft den Zugang zu medizinischer Versorgung.

Universeller Zugang zu Dienstleistungen der reproduktiven Gesundheitsfürsorge[Bearbeiten]

Reproduktive Gesundheit und Rechte beziehen viele Aspekte des Lebens mit ein. Zu diesen zählen einerseits die Freiheit zur selbstbestimmten Entscheidung über Anzahl und Abstand der Schwangerschaften, sowie über den Zeitpunkt der Geburt(en). Andererseits ist auch die Verfügbarkeit von Informationen, Kenntnissen und Mitteln zur Verhütung von Schwangerschaften und sexuell übertragbaren Krankheiten essentiell.

Zu beachten ist, dass sich reproduktive Gesundheit nicht nur auf Mütter bezieht. Jedes Mädchen und jede Frau, jeder Bursch und jeder Mann sind tagtäglich mit Fragen der reproduktiven Gesundheit konfrontiert. Reproduktive Gesundheit betrifft keinesfalls nur die Versorgung von schwangeren Frauen.

Vielmehr ist sexuelle und reproduktive Gesundheit ganzheitlich im Sinne des „well-beings“, also des Wohlbefindens, zu verstehen. Dieses umfasst die körperliche und seelische Gesundheit, sowie den Grad an persönlicher Selbstbestimmtheit. Die Wahrung der reproduktiven Rechte und der Gesundheit ist daher für ein selbstbestimmtes, gesundes Leben unerlässlich.

Reproduktive Gesundheitsvorsorge[Bearbeiten]

Reproduktive Gesundheitsvorsorge umfasst:

  • Information und Beratung zur Familienplanung
  • Wissen über und Zugang zu Verhütungsmitteln
  • Prävention vor und Behandlung von sexuell übertragbaren Krankheiten
  • Pränatale und postnatale Betreuung durch Fachpersonal
  • Versorgung durch geschultes medizinisches Personal während der Entbindung
  • Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch

FGM[Bearbeiten]

Unter FGM (Female genital mutilation) versteht man die weibliche Genitalbeschneidung. Weltweit sind etwa 155 Millionen Frauen genital verstümmelt.

Verstreut über den ganzen Globus werden täglich rund 7.000 Mädchen und Frauen mit Messern, Glasscherben oder Rasierklingen den sinnlosen Qualen einer Verstümmelung ausgesetzt[10].

Das Spektrum der Folgen ist breit gefächert: Tetanusinfektionen, Blutvergiftungen, Blutungen, Schnitte in der Harnröhre, der Blase und den Scheidenwänden, chronische Gebärmutterentzündungen und unerträgliche Schmerzen im Unterleib, psychologische Traumata, Verlust einer gesunden und lustvollen Sexualität sowie Komplikationen während der Geburt und sogar der frühe Tod. FGM ist für die hohen Raten an Müttersterblichkeit in Afrika und Asien zumindest mit verantwortlich, wenn nicht sogar einer der Hauptgründe.

Weibliche Genitalverstümmelung ist eine 5.000 Jahre alte Tradition, die nicht religiös begründet ist und vor keiner gesellschaftlichen Schicht halt macht. In 28 afrikanischen Staaten sind bis zu 90% aller Frauen und Mädchen so verstümmelt. FGM wird aber auch in weiten Teilen Asiens, dem Nahen Osten und in Europa praktiziert[11].

Sozialer Status[Bearbeiten]

Frauen haben in vielen Regionen der Welt einen niedrigeren sozialen Status als Männer. Auch wenn man dies nicht verallgemeinern kann, lassen sich Folgen wie, gender-based Violence[12], also Gewalt die Frauen allein aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit erfahren, niedriger ökonomischer Status, schlechtere Lebensbedingungen sowie systematische Verletzung der grundlegenden Rechte von Frauen, erkennen. Vor allem geschlechtsspezifische Gewalt ist erschreckend weit verbreitet: weltweit ist jede dritte Frau betroffen[13].

Bei der internationalen Menschenrechtskonferenz 1993 in Wien wurde Gewalt gegen Frauen zum ersten Mal in einem internationalen Dokument als Menschenrechtsverletzung verurteilt.

Es wurde zudem festgehalten, dass „Menschenrechte von Frauen und Mädchen (...) ein unveräußerlicher, integraler und unteilbarer Bestandteil der universellen Menschenrechte“ sind. Das war besonders wichtig, weil geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen, wie häusliche und geschlechtsspezifische Gewalt, sexueller Missbrauch und Zwangsprostitution davor als „private Angelegenheit“ oder „kulturelle Traditionen“ abgetan und rechtlich nicht verfolgt wurden.

Problematisch ist häufig jedoch die Umsetzung der Gesetze. Viele Länder verfügen über gute gesetzliche Grundlagen, scheitern aber an der Wahrung der Rechte der Betroffenen und der Sanktion der Täter.

In Bangladesh sind beispielsweise Eheschließungen für Frauen vor dem 18. Lebensjahr gesetzlich verboten. Das durchschnittliche Alter, mit dem eine Bengalin verheiratet wird, liegt aber bei 15 Jahren. Dieser Eingriff in das Leben der zu jungen Ehefrau bringt Folgen, wie fehlende Bildung und Selbstbestimmung, sowie zu frühe Mutterschaft mit sich, die für die Betroffene im schlimmsten Fall tödlich enden können.

Plattform österreichische Initiative Mutternacht[Bearbeiten]

Im Jahr 2010 wurde die Aktion Mutternacht[14] von der Abgeordneten zum Nationalrat Petra Bayr und der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF)[15] nach Österreich geholt. Bis 2012 haben sich fast 20 weitere Organisationen[16] der Plattform österreichische Initiative Mutternacht angeschlosse[17].

Ziele der Plattform österreichische Initiative Mutternacht[Bearbeiten]

Die österreichische Initiative Mutternacht setzt sich für die weltweite Verwirklichung dieses Milleniumziels (MDG Nr. 5) ein, indem sie durch öffentlichkeitswirksame Aktionen die Aufmerksamkeit der Menschen in Österreich auf dieses Thema lenken und an ihre Solidarität appellieren. Auf diese Weise will sie einen Beitrag dazu leisten, dass die österreichische Regierung ihre internationale Verantwortung wahrnimmt und ausreichende politische und finanzielle Mittel einsetzt, um folgende Ziele zu erreichen[18]:

  • Die Regierungen in den betroffenen Ländern werden aufgefordert und müssen dabei unterstützt werden, Maßnahmen zu ergreifen, die die sexuelle und reproduktive Gesundheit von Frauen und Mädchen fördern. Dazu gehört der Zugang zu altersgerechter Information über Sexualität und Familienplanung für Männer und Frauen sowie die Bereitstellung moderner Verhütungsmittel.
  • Die Gesundheitsvorsorge für werdende Mütter ist mit Hilfe wohnortnaher, adäquat ausgestatteter und kostenloser Gesundheitseinrichtungen zu gewährleisten. Dies gilt auch für alleinstehende schwangere Frauen und Teenager. Dazu gehören eine entsprechende Ausbildung von Gesundheitspersonal (ÄrztInnen und PflegerInnen) mit medizinischer und sozialer Kompetenz sowie die Bereitstellung von dringend benötigten Geräten, Medikamenten und Hilfsgütern.
  • Viele Todesfälle von Frauen sind auf unsichere Abtreibungen zurückzuführen. Frauen müssen die Möglichkeit haben, selbst über die Anzahl und den Zeitpunkt ihrer Nachkommen zu entscheiden und dürfen dabei nicht in die Illegalität getrieben werden. Gesundheitsbetreuung bei Schwangerschaftsabbrüchen ist zu gewährleisten.
  • Weltweit müssen Kinderehen, Polygamie, die genitale Verstümmelung von Frauen und so genannte gefährliche Praktiken in allen ihren Formen bekämpft werden. In vielen Ländern gibt es bereits sinnvolle Programme zur Bewusstseinbildung und Gesetze zur Verhinderung der genannten Missstände. Deren Umsetzung muss sichergestellt sein.
  • Die Regierungen in den betroffenen Ländern werden aufgefordert, besonders in die Ausbildung von Mädchen zu investieren. Gut ausgebildete Frauen bekommen später und weniger Kinder (Vermeidung von Teenagerschwangerschaften), sie haben eher Zugang zu bezahlter Arbeit, sind ökonomisch unabhängiger, können selbstbestimmter und autonomer leben und ihre Familien besser unterstützen (längerer Schulbesuch und ausreichende Ernährung der Kinder). Frauen sollen ihr Recht auf Selbstbestimmung, wann und wie viele Kinder sie haben möchten, wahrnehmen können.

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

Info Sign.svg Dieser Wikipedia-Artikel wurde, gemäß GFDL, CC-by-sa mit der kompletten History importiert.