Merenberg-Affäre
Die Affäre Merenberg
Das Haus Nassau-Weilburg erwarb 1816 erblich den Titel Herzöge von Nassau (walramiche Linie). Diese Linie regierte bis 1866 dieses Herzogtum. Im Jahr 1866 fiel der gesamte Territorialbesitz an Preußen. Herzog Adolf von Nassau lebte fortan regierungslos in diversen Schlössern. Durch den nassauischen Erbvertrag (zwischen den beiden Hauptlinien, der sog. ottonischen und der walramischen Linie) fiel nach dem Tod des letzten Niederländischen Königs 1890 der Besitz Luxemburg an die walramische Linie des Gesamthauses Nassau. Herzog Adolf von Nassau wurde nun Großherzog von Luxemburg.
Sein Sohn Wilhelm, der potenzielle Regierungsnachfolger hatte aus seiner Ehe mit Maria-Anna, geb. Prinzessin von Braganza, Infantin von Portugal vier Töchter. Chronisten behaupten, dass etwa um diese Zeit, also nach der Geburt seiner vierten Enkelin, Großherzog Adolph die Hoffnung auf die Geburt eines männlichen Nachkommens aufgegeben haben soll.
Im Hause Nassau hatte es bis dahin nie an Söhnen gefehlt, Großherzog Adolph hatte vier Brüder, Großherzog Wilhelm deren zwei gehabt. Da nun Erbgroßherzog Wilhelm bereits 4 Töchter hatte und wohl an einen Sohn kaum mehr geglaubt wurde, nahm man im Jahr 1900 Verhandlungen zwischen den letzten drei Agnaten des Hauses auf.
Es existierte noch Großherzog Adolph, sein Sohn Erbgroßherzog Wilhelm und der Stiefbruder Großherzog Adolphs, Nikolaus von Nassau, welcher nach dem Erbgroßherzog präsumtiver luxemburgischer Thronerbe war.
Wie die Chronologie berichtet, heiratete Nikolaus von Nassau 1868 in London Natalie von Puschkin, die Tochter des großen russischen Dichters Alexander Sergejewitsch von Puschkin, welche in 1. Ehe mit dem General von Doubelt verheiratet war. Nikolaus von Nassau war demnach mit einer geschiedenen Frau verheiratet. Diese Ehe war damals von seinem Stiefbruder Herzog Adolph von Nassau nicht gebilligt worden, da sie morganatisch, also nicht standesgemäß, war. Gleichzeitig wurde Nikolaus untersagt, den Name Nassau zu führen. Dieser Umstand schien damals erbfolgerechtlich für Nikolaus von Nassau keine einschneidende Rolle zu spielen, da sein Bruder Herzog Adolph von Nassau gerade sein Land an Preußen verloren hatte. Nach der Heirat hatte er von seinem Schwager, dem Fürsten von Waldeck, den Titel eines Grafen von Merenberg verliehen bekommen. Der Titel von Merenberg war vererbbar.
Sophie, die Tochter des Paares, bekam 1895 von Großherzog Adolf den Titel einer Gräfin von Torby verliehen. Sie heiratete später den Großfürsten Michael Michailovitsch. Deren Tochter Nadedja heiratete später George Mountbatton, wodurch ihre Nachkommen heute mit dem englischen Königshaus verwandt sind. Vom Bruder Sophies, Georg von Merenberg, wird nachfolgend noch berichtet. Seine Aussichten schienen auch nicht gerade schlecht zu sein, da in der Linie seines Stiefbruders der Mannesstamm auszusterben drohte, denn dort gab es nur Enkelinnen.
Man wollte also Vorsorge treffen, falls Nikolaus möglicher Erbe bliebe. Großherzog Adolf wollte schon damals seiner ältesten Enkeltochter die Thronanwartschaft sichern, nahm aber scheinbar doch Rücksicht auf seinen Stiefbruder. Nikolaus erklärte schon damals, dass wenn er der letzte Überlebende bliebe auf alle Rechte an der Krone freiwillig verzichten würde, wenn ihm in männlicher „Deszendenz“ Name und Würde des Hauses Nassau zufallen würde. Somit hätten Grafen und Gräfinnen von Merenberg die Titel Herzog und Herzöge von Nassau führen können. Dies jedoch lehnte Adolf ab, da die Nachkommen aus einer unebenbürtigen Verbindung stammen würden.Unklar blieb bis zu Adolfs Tod warum fü r ihn diese Ehe unebenbürtig war. Lag es daran, dass
• Zweifel über die tatsächliche Scheidung bestanden, denn eine Scheidungsurkunde war nicht beschaffbar, oder
• war Adolph das Adelhaus dem Natalie Puschkin entstammte nicht hoch genug in der Rangordnung angesehen.
Luxemburgs Staatsminister Eyschen meinte, dass der Großherzog vielleicht durch seine verweigernde Haltung seinen eigenen Nachkommen die Möglichkeit der Erbfolge versperre. Großherzog Adolph soll damals gesagt haben: „ Die Vorsehung wird entscheiden“, als ob er wusste, dass diese sich für sein Haus entscheiden würde. Prinz Nikolaus starb wenige Monate vor Großherzog Adolf.
Damit war die Affäre jedoch noch nicht ausgestanden.
Der Sohn von Nikolaus, Graf Georg von Merenberg, ließ sich von namhaften Gelehrten Rechtsgutachten erstellen und auch der zunehmend sich verschlechternden Gesundheitszustand von Großherzog Wilhelm ließen kaum Platz für Optimismus. Georg von Merenberg war seit 1895 mit Prinzessin Olga Youriewski, der Tochter des russischen Zaren Alexander II. und seiner Frau Cathrine Dolguruki, der er den Titel Gräfin Youriewski verliehen hatte, verheiratet. Das Paar hatte drei Kinder: Alexander, der jedoch jung verstarb, Georg, geboren 1897 und Olga, geboren 1898. Olga heiratete später einen Grafen Michel Loris-Melikoff, aus dieser Ehe stammt der Sohn Alexandre. Dieser heiratete die Luxemburgerin Michele Prunier. Das Paar hat vier Kinder: Anne-1959, Dominique-1961, Nathalie-1962 und Michael-1964. Aus der Ehe ihres Bruders Georg, mit der Gräfin Olga Yourievsky lebt noch heute Frau Clothilde von Rintelen, Gräfin von Merenberg in Wiesbaden. Dieser Ehe entstammen die Söhne Gregor, Nikolaus und Alexander.
Georg von Merenberg konnte sogar einen Teil des luxemburgischen Parlamentes, die Sozialisten, für sich gewinnen. Denen waren jedoch die Interessen des Grafen nur nach-rangig Mittel zum Zweck, wie man heute weiß, denn diese wollten ursächlich die Monarchie schwächen, wenn nicht sogar abschaffen.
Es gab derzeit drei Rechtgutachten:
• Prof. Dr. Zöpfl und Prof. Dr. Rehm meinten, dass Georg von Merenberg keine Rechte besäße, da die Ehe seines Vaters nicht ebenbürtig war und damals auch der Konsens des Hauschefs, Herzog Adolphs fehlte, somit sei sie morganatisch.
• Dieser Auffassung war auch die Regierung gestützt auf ein Gutachten des Staatsrates
• Justizrat Max Silberstein, beauftragter Gutachter des Grafen Georg von Merenberg teilte diese Ansichten nicht und behauptete, dass sein Mandant nach dem Nassauischen Erbvertrag als letzter männlicher Abkömmling den „Cognaten“, also der weiblichen Erfolg, vorginge.
Gestützt auf das Rechtgutachten von Max Silberstein klagte Georg von Merenberg vor einem deutschen Gericht um das Verfügungsrecht über das Nassauische Hausvermögen und machte seine Thronfolgeansprüche geltend.
Großherzog Wilhelm wollte daher die Erbfolge auf ein „breites Fundament“ für seine Kinder bauen und veranlasste, dass das Nassauische Hausgesetz dahingehend geändert würde, dass die Thronfolge in der Familie des Großherzogs bliebe und das Nassauische Hausvermögen mit der Krone des Großherzogtums vereint würde.
Dieser Änderung stimmte am 05. Juli 1907 die luxemburgische Kammer mit 41 gegen 7 Stimmen der Sozialisten zu.Die Thronfolge in der Familie Großherzogs Wilhelms war somit gesichert.
Endgültig beendet war die „Affäre Merenberg“ jedoch erst, nachdem Georg von Merenberg seine Klage um Ansprüche auf das Nassauische Hausvermögen zurückgezogen hatte. Dieses Verhalten wurde vom luxemburgischen Hof dadurch honoriert indem Georg von Merenberg eine Jahresrente in Höhe von 40.000 Goldmark gewährt wurde. Diese Summe wurde bis zu seinem Tod im Jahr 1948 gezahlt.
Quellen:
- Melchers E.T. und Melchers- Schmol, U., Unvergessene Gestalten unsere Dynastie -1994-
- Mersch Francois, Luxemburg, seine Dynastie, Band 1 und 2, -1992- ??
- Lafontaine, Paul, Unsere Dynastie -1990-
- Even, Pierre,Dynastie Luxemburg-Nassau, -2000-