Landgut Lingental

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Landgut Lingental

Das Landgut Lingental ist das historische Kerngut des Leimener Ortsteils Lingental. Das Ensemble aus mehreren historischen Sandsteingebäuden aus regionaltypischem roten Sandstein wurde von 2012 bis 2013 umfassend saniert und wird seitdem gastronomisch und gewerblich sowie für verschiedenste Veranstaltungen genutzt. Das Restaurant oben im Landgut Lingental wurde im November 2014 vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet.

Geschichte[Bearbeiten]

Das Landgut teilt bis in die jüngste Vergangenheit die Geschichte des 1312 erstmals erwähnten Ortes Lingental, der bis ins 19. Jahrhundert nur aus dem Landgut und danach dann aus zwei Hofgütern bestand. 1683 umfasste das Landgut 202 Morgen Acker und 44 Morgen Wald und war als Erbbestand vergeben.[1][2] Es gehörte zunächst zur Zentgemeinde Gaiberg, erstreckte sich aber zum Teil auch auf das Zentgebiet der Meckesheimer Zent, deren Grenze durch das Landgut verlief.[3] Ab 1771 wurde das Landgut von Ochsenbach mitverwaltet, wohin der Weiler 1797 eingemeindet wurde, wenn auch vorerst noch getrennte Rechnungen geführt wurden.[1] Im Landgut wurden Tierhaltung, Obst- und Ackerbau betrieben. Im Seidenprivileg von Kurfürst Karl Theodor von 1777 wurde zudem festgelegt, dass dem Lingentaler Hof bis 1810 jährlich fünf Maulbeerbäume zur Seidenraupenzucht zugebilligt wurden.[4] Ab 1818 war das gesamte Landgut zeitweilig im Besitz des Rechtshistorikers Karl Salomo Zachariae (1769–1843). Er und sein Sohn Karl Eduard Zachariae nannten sich nach ihrer Erhebung in den Adelsstand von Lingenthal. In seiner Autobiografie beschrieb Zachariae das Landgut als „ein von den Wohnungen der Menschen abgeschiedenes Sorgenfrei“.[5]

Im Lauf der Zeit hat sich der Name mehrfach geändert. Bei der Ersterwähnung 1312 schrieb man Langenthal,[1] ab dem 17. Jahrhundert war vom Lingenthaler Hof oder vom Lingenthalerhof die Rede.[6][7] Zachariae bezeichnete das Anwesen im 19. Jahrhundert schließlich als Landgut. Die Bezeichnung Lingentaler Hof hat sich heute noch im Namen der Durchgangsstraße erhalten, während der Ort seit der Siedlungsausdehnung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nur noch Lingental genannt wird.

Der aus zweimal zwei Hofstellen bestehende Weiler ist bis heute in seiner ursprünglichen Form erhalten. Erst in den 1960er Jahren, inzwischen nach Leimen eingemeindet und besser an das Straßennetz angeschlossen, entstand zusätzlich zu den historischen Gebäuden weitere Bebauung, als die damaligen Besitzer des Hofguts nördlich der Durchgangsstraße ein Hotel errichteten, an das sich rasch ein Neubaugebiet anschloss. Gleichzeitig mit dem Entstehen des heutigen Ortes endete die landwirtschaftliche Nutzung des Landguts. Es diente zu Wohn- und verschiedenen Gewerbezwecken und wurde nur noch notdürftig unterhalten.

Im Jahr 2012 erwarb ein Heidelberger Investor die aus zwei Wohn- und mehreren Wirtschaftsgebäuden bestehende historische Gebäudegruppe und ließ sie zwei Jahre lang umfangreich sanieren, wobei die zum Teil noch bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges zurückreichende Gebäudesubstanz weitgehend erhalten blieb und mehrere der Gebäude durch moderne Zwischentrakte und Wintergärten zu einem großen Gesamtkomplex vereint wurden.[8] Alle vormaligen landwirtschaftlichen Wirtschaftsgebäude wurden zu Gewerbe- oder Veranstaltungsräumen ausgebaut. Hinzugekommen sind kleinere Neubauten wie das viktorianische Gewächshaus, eine in Fachwerkbauweise errichtete Hochzeitskapelle oder das Schankhaus für die Außenbewirtung. Das rund 1,5 Hektar[9] große Grundstück wurde für die Anlage von Biergarten und Parkplätzen neu terrassiert, außerdem hat man in der Talsenke des Grundstücks einen großen künstlichen See angelegt,[10] der von Spazierwegen umzogen wird.

Nachdem im September 2013 die Restaurants Küchenmichel und oben ihren Betrieb aufnahmen,[11] bezogen bis März 2014 auch noch das Landcafé Bonafede, die Lingentaler Blumenwerkstatt, die Vinothek Laibach & Seeger[12] sowie eine Patisserie und ein Hofladen Gebäude auf dem Landgut. Die Betriebe arbeiten vernetzt und richten Veranstaltungen gemeinsam aus. Der in der größten der vormaligen Scheunen eingerichtete zweistöckige Festsaal war im November 2013 Drehort für die am 13. März 2014 erstmals ausgestrahlte Folge der Serie 4 Hochzeiten und eine Traumreise. Neben der Ausrichtung von Hochzeiten und Marketing-Veranstaltungen der Lingentaler Betriebe fand im Landgut Lingental bereits ein breites Spektrum von kulturellen Veranstaltungen statt, darunter ein Gastspiel des Sängers David Hanselmann, ein Konzert des von Peter Lehel begründeten Jazz Ensembles Baden-Württemberg und weitere Jazz-, Klassik- und Pop-Konzerte, eine Vortragsreihe mit David Howard, dem früheren Chefgärtner von Prince Charles,[13] sowie verschiedene Events mit dem englischen Star-Metzger Jack O‘Shea. Das Landgut war außerdem bereits schon mehrfach Kulisse für verschiedenste Film- und Fotoproduktionen.[14][15]

Für die Restaurants des Landguts Lingental konnten hochrangige Köche gewonnen werden.[16] Das Restaurant Küchenmichel leitet seit Oktober 2013 André Gödde, der zuvor Küchenchef im 2013 geschlossenen Heidelberger Zwei-Sterne-Haus Schwarz - Das Restaurant war und der vom Großen Restaurant & Hotel Guide 2013 zum „Aufsteiger 2013“ gekürt worden war.[17] Küchenchef im Lingentaler Gourmet-Restaurant oben ist Robert Rädel,[18] der 2013 ins Finale des Wettbewerbs Koch des Jahres einzog[19] und 2014 mit sieben Gusto-Pfannen und einem Stern im Guide Michelin prämiert wurde.[20]

Literatur[Bearbeiten]

  • Stadtverwaltung Leimen (Hrsg.): 1200 Jahre Leimen 791–1991. Schriftenreihe der Stadt Leimen zur 1200-Jahr-Feier, Leimen 1991.

Weblinks[Bearbeiten]

 Commons: Landgut Lingental – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 1,2 1200 Jahre Leimen 791–1991, Leimen 1991, S. 32.
  2. Erbbeständer 1719 und 1722: Mathäus Zuber, der 1723 Bürger in Heidelberg wurde. http://sehum.selfhost.eu/201312/42/ofb3k42906.html
  3. Rüdiger Lenz: Territorialisierung einer "vorterritorialen Grösse" – Die Geschichte der Zent Meckesheim. In: Kraichgau. Beiträge zur Landschafts- und Heimatforschung. Hrsg. vom Heimatverein Kraichgau. Folge 20/2007, S. 31–45.
  4. Privilegium der Maulbeer-Plantagen-Gesellschaft und damit verbundene Seiden-Zucht- und Seiden-Strümpf-Fabricke (in Heidelberg)... Mannheim, den 25. Decembris 1777 (Google Books)
  5. Karl Salomo Zachariae: Autobiographie [um das Jahr 1823]. In: Karl Eduard Zachariä von Lingenthal (Hrsg.): Biographischer und juristischer Nachlaß von Dr. Karl Salomo Zachariä v. Lingenthal. Cotta, Stuttgart 1843, S. 3–53.
  6. Johann Goswin Widder: Versuch einer vollständigen geographisch-historischen Beschreibung der kurfürstl. Pfalz am Rheine. Erster Theil, Frankfurt und Leipzig 1786, S. 171: „Lingenthaler Hof“.
  7. Johann Baptist von Kolb: Historisch-statistisch-topographisches Lexicon von dem Großherzogthum Baden, Bd. 2, Karlsruhe 1814, S. 218: „Lingenthalerhof“.
  8. Ziel: Eine Arche Noah der Regionalkultur, in: Rhein-Neckar-Zeitung vom 26. September 2012.
  9. http://www.landgut-lingental.de/uber-uns/geschichte/
  10. http://leimenblog.de/?p=32947
  11. Das Landgut Lingental ist offen, in: Rhein-Neckar-Zeitung vom 9. September 2013
  12. Die Vinothek wird betrieben vom Bib Gourmand-prämierten Leimener Weingut Seeger.
  13. http://leimenblog.de/?p=47186
  14. Sandhäuser Bühne stürmt Lingentaler Landgasthof, in: Rhein-Neckar-Zeitung vom 15. August 2014.
  15. Wachgeküsstes Landgut, in: Mannheimer Morgen vom 20. August 2014.
  16. Thomas Platt: Hier spricht der Gast: „Landgut Lingental“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. März 2014.
  17. http://leimenblog.de/?p=40969
  18. Robert Rädel liebt die elegante Küche, in: Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung vom 13. Juli 2013.
  19. Chef auf dem Weg nach oben, in: Mannheimer Morgen vom 26. August 2013.
  20. In Lingental leuchtet jetzt ein Stern, in: Rhein-Neckar-Zeitung vom 7. November 2014.
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49.3536468.723541Koordinaten: 49° 21′ 13,1″ N, 8° 43′ 24,7″ O