Junggesellenverein Urmitz Rhein 1872
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[Verbergen]Geschichte[Bearbeiten]
In Urmitz (Rheinland-Pfalz) hat es schon früher Junggesellen gegeben, die ein gewisses Brauchtum pflegten. Dieses Brauchtum war eng mit der Kirmes verbunden, die in Urmitz am Sonntag nach dem St.Georgs-Tag (23.April) gefeiert wird. Dieser Weihetag am Sonntag der St.Georgs-Oktave wird mindestens seit dem 17. Jahrhundert auf bischöfliche Anordnung begangen.
Weinspende der Kirche[Bearbeiten]
Mit dem kirchlichen Fest entwickelte sich schon früh ein weltliches Brauchtum, dessen Träger hauptsächlich die Junggesellen waren. Die ersten Erwähnung dieser Tradition findet sich in dem Manuale (eine Art Handbuch) des Pastors Johann Georg Roth aus dem Jahr 1723. Daraus geht hervor, dass den Junggesellen, die die St.-Georgs-Statue bei den Prozessionen trugen, und den Jungfrauen, die den Reliquienschrein getragen haben, Wein spendiert wurde. Insgesamt wurden etwa 80 Liter (2 Quatranten) Wein aufgeteilt. Geht man von einer Zahl von acht Trägern und Trägerinnen sowie einer gleichen Anzahl für eine Ablösemannschaft aus, entfielen auf jeden Kopf etwa fünf Liter Wein. An dieser Verteilung waren auch Kaltenengerser beteiligt, da sie bis 1869 zur Pfarrei Urmitz gehörten. Der Posten für den spendierten Wein tauchten regelmäßig in der Kirchenrechnung auf, wenn sich der Pastor auch über die lockeren Sitten beim Verzehr der Weinspende beschwerte. Ob die Weinspende schon damals aus den Erträgnissen des so genannten "Jörjesstöcks", des Georgsstücks am Grenzgraben an der Gemarkungsgrenze Urmitz-Kaltenengers, finanziert wurde, ist unsicher. Ein "Georgenstückland zu 2,5 Malter" (etwa 1 Hektar) wurde 1788 erwähnt. Altbürgermeister Peter Häring erinnerte 1885 an ein altes Kirchenfeld, das ein Urmitzer Bürger der Kirche mit der Auflage geschenkt hatte, mit dem Pachtertrag (damals 90 Mark) den Junggesellen Wein zu spendieren. Von anderer Seite wird berichtet, ein Junggeselle, der verwundet aus dem Krieg 1870/71 heimgekehrt sei, habe ein stück Land mit der gleichen Auflage vermacht. In diesen Erzählungen scheinen Erinnerungen an ältere und jüngere Stiftungen zusammengeflossen zu sein. Jedenfalls hält sich die Kirche bis heute an ihre Verpflichtung. Die St.Georgs-Träger, noch heute "Schorschjungen" genannt, kamen dank solcher Stiftungen auch in schlechten Weinjahren kaum zu kurz.
Aufkommen weiterer Brauchtümer[Bearbeiten]
Im Jahr 1872 haben sich die Urmitzer Junggesellen wohl vereinsmäßig organisiert und sich Statuten gegeben. Die erste Statuten sind seit 1945 verschollen. Sie wurden in Anlehnung an die alten 1948 neu gefasst. Während das Mitführen der St.Georgs-Figur in der Kirmesprozession ein uralter kirchlicher Brauch ist, erscheint das heutige weltliche Wahrzeichen der Kirmes, der Kirmesbaum, erst 1920. Anton Häring, geboren 1904 in Urmitz, erzählte, dass der erste Kirmesbaum vom Jahrgang 1898 aus dem Bassenheimer Wald geholt worden sei. Leider ist die Junggesellenchronik für die Jahre 1872 bis 1920 seit 1945 spurlos verschwunden, so dass man weithin auf eine spärliche mündliche Überlieferung angewiesen ist. Die erste Kirmes nach dem Ersten Weltkrieg (1920) wurde besonders ausgelassen gefeiert. Pfarrer Uthoff belebte 1923 wieder die Tradition, dass die St.Georgs-Figur in der Kirmesprozession mitgeführt wurde. Das Böllern mit den "Katzenköpp" war noch 1924 von der französischen Besatzungsmacht verboten, ebenso wie nach dem Zweiten Weltkrieg. 1948, bei der ersten Kirmesfeier nach dem Krieg, wurde schon das einfache Mitführen der Böller im Kirmesumzug von der Besatzungsmacht als Provokation empfunden. Erst 1950 durften die Böller wieder schießen. Die Sitte, den Kirmesbaum mit einer Eierkrone zu versehen, kam 1949 auf. Bei der Motivwahl, die bis zur Aufstellung des Baumes geheim gehalten wird, entwickeln die Junggesellen eine erstaunliche Fantasie. Bis heute hat sich kein Motiv wiederholt. Die bildliche Darstellung, zusammengesetzt aus tausenden ausgeblasener bunter Eierschalen, wird meist unter ein passendes Motto gestellt. 1985 war es z.B. ein Segelboot, mit dem Motto: "Wir sitzen alle in einem Boot."
Innerer Aufbau[Bearbeiten]
Der Junggesellenverein sieht seine Aufgabe darin, dafür zu sorgen, dass das Kirchweihfest mit Humor und Fröhlichkeit nach alter Tradition gefeiert wird. Mitglied ist jeder Junge, der Schießjunge war. Zugezogene müssen zwei Jahre in Urmitz gewohnt haben. ein Mitgliedsbeitrag ist nicht festgesetzt. An jedem Ostersonntag - vor 1971 am Ostermontag - ist die Jahreshauptversammlung, bei der der Kassenbericht vorgelesen, die Fahne versteigert und der Vorstand neu gewählt wird. Der Vorstand besteht aus dem 1. und 2. Vorstand - diese nennen sich seit 1955 Vorsitzende - dem Schriftführer und dem Kassierer. Derjenige, der den Zuschlag bei der Fahnenversteigerung erhält, ist der "Fähnrich". Alle Vereinsmitglieder bilden das so genannte "Komitee", aus dessen Reihen der Zugführer (Anführer des Kirmeszuges), die Nebenfähnriche, die Kellner und die Mädchenabholer gewählt werden. Die "Abholer oder Einlader" schwärmen aus und holten sich aus jedem Haus die Mädchen heraus, um sie zum Festzug zu bringen. Die Eltern wurden von den "Kellnern" mit Wein bestochen. Dieser Brauch ist seit 1963 aufgegeben. Die Mädchen waren es im Zeichen der Frauenemanzipation leid geworden, von den mehr oder weniger angeheiterten Junggesellen abgeholt zu werden. Sie wollten selbst entscheiden, ob und mit wem sie zum Tanzsaal gehen wollten. Seit 1967 treten neben den "Schießjungen" auch "Schießmädchen" auf, während aber Frauen noch keinen Zugang zum Komitee haben. Im Laufe der Jahre hat sich der Brauch herausgebildet, dass sich die "Schorschmädchen" und die "Schorschjungen" aus den 19-Jährigen rekrutieren, die dann im folgenden Jahr zu dem "Schießjahrgang" aufsteigen. Dannach können nur noch die Jungen im "Komitee" aktiv werden. Derzeit hat der Junggesellenverein rund 70 Mitglieder und ein "Alt-Komitee", also ehemalige Mitglieder, die sich jedoch noch unterstütztend beteiligen, mit einer Stärke von 24 Mitgliedern.
Literatur[Bearbeiten]
- Die Geschichte der Gemeinde Urmitz, begrenzte Auflage der Ortsgemeinde Urmitz, Koblenz 2002, Seite 350-354
Weblinks[Bearbeiten]
Quelle: Artikel (Wikipedia) Autoren: Versionen Lizenz: GFDL, CC-by-sa 3.0 |
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