Juden-Vergleich

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Juden-Vergleiche sind Vergleiche von Ereignissen, Personen oder Institutionen mit dem Leid der Juden während und vor der Zeit des Nationalsozialismus und wurden vom deutschen Sprachwissenschaftler Frederik Weinert - in Abgrenzung zum Nazi-Vergleich - als eigene Typologie der politischen Kommunikation terminologisiert.[1]

Begriffsverwendung[Bearbeiten]

Der Begriff Juden-Vergleich wird seit 2008 im journalistischen Diskurs verwendet, um Verweise auf das Leid der Juden während und vor der Zeit des Nationalsozialismus vor allem in Schlagzeilen als Determinativkompositum zusammenzufassen; beispielsweise im Oktober 2008, als Ifo-Chef Hans-Werner Sinn die Kritik an den Managern in der Finanzkrise mit der Judenverfolgung während der Weltwirtschaftskrise 1929 verglich.[2]

Nach Frederik Weinert wird das erlebte Leid der Juden – das betrifft vor allem den Holocaust – bewusst instrumentalisiert und mit einem Missstand gleichgesetzt: „Vergleiche mit dem Leid der Juden während des NS-Regimes werden meist gezogen, um eine soziale Gruppe als Opfer eines Missstandes darzustellen. In vielen Fällen handelt es sich jedoch um vermeintliche bzw. gesellschaftlich nicht relevante Missstände.“[3] Dies zeige, dass der Holocaust nicht verleugnet, sondern als Vergleichsaspekt gezielt instrumentalisiert wird.

Beispiele jüngerer Verwendungen[Bearbeiten]

Im Oktober 2008 verglich Hans-Werner Sinn die Kritik an den Managern in der Finanzkrise mit der Judenverfolgung während der Weltwirtschaftskrise 1929. In einem Interview mit dem Tagesspiegel sagte Sinn: „In jeder Krise wird nach Schuldigen gesucht, nach Sündenböcken. Auch in der Weltwirtschaftskrise von 1929 wollte niemand an einen anonymen Systemfehler glauben. Damals hat es in Deutschland die Juden getroffen, heute sind es die Manager.“[4] Auf diese Weise „wird die Singularität der Judenverfolgung mit der Managerkritik in eine Reihe gestellt“,[5] was die Bagatellisierung der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten zur Folge habe. Diese Implikatur bilde nach Weinert auch den Hauptkritikpunkt in der Öffentlichkeit.

2010 fühlte sich eine Siemens-Managerin als Frau und Ausländerin im Unternehmen Siemens diskriminiert. Sie verglich ihre Lage mit dem Leid der Juden während der Zeit des Nationalsozialismus, indem sie per E-Mail an das Unternehmen schrieb: „Ich darf Ihnen heute schriftlich bestätigen, dass kein Jude in diesem Land solche seelischen Qualen erleiden musste wie ich.“[6] Diese Äußerung wurde von der Siemens-Führung als Verharmlosung des Holocausts bewertet, was zur Entlassung der Managerin führte. 2013 entschied ein Gericht, dass Siemens die Managerin weiter beschäftigen muss.[7]

Siehe auch[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

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