Josef Nusser

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Josef Nusser (* 1. August 1937 in Altshausen) ist ein deutscher Landwirt und Erfinder mit über 100 eingetragenen Patenten[1] zur Land-, Antriebs-, Produktions- und Energietechnik.

Lebenslauf[Bearbeiten]

Josef Nusser kam als zweites Kind des Eichstegener Gast- und Landwirts Josef Nusser sen. und dessen Ehefrau Maria, geb. Geiger, in Altshausen zur Welt. Von 1944 bis 1955 besuchte er die Volksschule Altshausen, anschließend die Landwirtschaftliche Fachschule in Bad Saulgau.

Nachdem sein Vater 1959 verstorben war, übernahm Nusser die elterliche Landwirtschaft. 1960 legte er seine Meisterprüfung ab und wurde kurz darauf in Aulendorf anlässlich einer Festveranstaltung von Ministerpräsident Kurt Georg Kiesinger als jüngster Landwirtschaftsmeister Baden-Württembergs geehrt.

Schon seit frühester Jugend begeisterte sich Josef Nusser für Technik, für die Konstruktion von Maschinen und deren physikalische Grundlagen.

Erfindungen und Patente (Auswahl)[Bearbeiten]

  • 1961: Heuwerbungsmaschine mit Querschüttlertechnik[2]
  • 1968: Masseantrieb mit Hilfe der Corioliskraft[3]
  • 1975: Egge mit Querschüttlertechnik
  • 1984: Inline-Dosierer für fließfähige Medien[4]
  • 1985: Straßenleitpfosten mit Kipptechnik
  • 1988: Ausgleichsvorrichtung zur Bodenanpassung von Schneidwerken[5]
  • 1990: Halmgutaufnahmevorrichtung
  • 1993: Neigungsregulierer für Schienenfahrzeuge

Streit um EU-Ausgleichszahlungen mit dem Landratsamt Ravensburg[Bearbeiten]

Die 1993 bis 1996 von Nusser gestellten Anträge auf EU-Ausgleichsleistungen wurden vom zuständigen Landratsamt Ravensburg nicht bewilligt. Ab 1996 kam es dann zur Bewilligung größerer Teilbeträge, deren Auszahlung allerdings nie erfolgte, obwohl die Gelder von der EU Kommission treuhänderisch an das Land Baden-Württemberg überwiesen wurden. Seit 1993 summieren sich die nicht an Nusser ausgezahlten EU-Subventionen auf über 800.000 Euro. Bereits im Jahr 1999 erstattete Nusser Anzeige beim Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung. Auf entsprechende Anfragen aus Brüssel bei der Landesregierung von Baden-Württemberg, versicherte der damalige Ministerpräsident Erwin Teufel mit seinem Ehrenwort, dass „bei den EU-Ausgleichszahlungen in Baden-Württemberg schon alles richtig laufe“, woraufhin die EU weitere Nachforschungen einstellte. Gegen die Bescheide des Landratsamt Ravensburgs legte Nusser stets Widerspruch ein, was zu zahlreichen bis heute anhängigen Gerichtsverfahren führte.

Fella-Werke-Prozess[Bearbeiten]

Im Jahr 1988 meldete Josef Nusser eine Vorrichtung[6] zum Patent an, welche in der Lage ist, das Mähwerk von Landmaschinen bei Bodenunebenheiten und Hindernissen in der Höhe anzupassen. Seit 1993 klagt die Fella-Werke GmbH gegen den Bestand des Patents. Als Nebenkläger tritt die Kuhn Landmaschinen S.A. auf. Bisher wurden im Laufe des Verfahrens insgesamt fünf Urteile vorheriger Instanzen vom Bundesgerichtshof aufgehoben.

Verlust des Bauernhofs[Bearbeiten]

Zur Vorfinanzierung einer Erfindungen stellte die Volksbank Altshausen e.G. Josef Nusser am 25. März 1997 einen Kredit in Höhe von 400.000 DM in Aussicht, verlangte jedoch als Sicherheit die Eintragung einer Grundschuld beim örtlichen Notariat[7] auf Nussers Hof in Eichstegen. Nach der Unterzeichnung der Grundschuldsicherung durch Josef Nusser wurde der Kreditbetrag von der Volksbank Altshausen entgegen der getroffenen Kreditvereinbarung nicht ausgezahlt, sondern wegen kleinerer, bereits bestehender Forderungen eine sofortige Zwangsversteigerung des gesamten Hofs beantragt. Von 1997 bis 2004 wurde die Zwangsversteigerung vom Amtsgericht Ravensburg zwar mehrfach abgelehnt. Am 8. September 2004 kam es jedoch mit Zustimmung des Amtsgerichts zu einer Übertragung aller Eigentumsrechte auf die Volksbank Altshausen. Dennoch lehnte es Josef Nusser ab, den Hof, welchen er weiterhin gemeinsam mit seiner älteren Schwester Irmgard über Pachtland bewirtschaftete, freiwillig zu verlassen.

Zwangseinweisung, Zwangsräumung, Hungerstreik[Bearbeiten]

Am 19. April 2012 wurde Nusser auf Betreiben der Volksbank Altshausen e.G. der Bescheid über die Zwangsräumung des Hofs zugestellt. Um sicherzustellen, dass Nusser infolge der Überbringung des Zwangsräumungsbeschlusses nicht Suizid begeht – entsprechende Drohungen hatte er bereits Jahre zuvor geäußert –, wurde er im Rahmen der Zustellung des Beschlusses in die Psychiatrie zwangseingewiesen.[1]

Im regionalen Kultur- und Veranstaltungsmagazin Blix schrieb Chefredakteur Roland Reck im Juli 2012:[8]

„Die Forderung der Volksbank Altshausen wurde vom Amtsgericht durchgesetzt. Aber Josef Nusser ist ein sturer Kopf. Er machte auf seinem Pachtland weiter, wo er an diesem herrlichen Frühlingstag auf seinem roten Traktor sitzend die Felder bestellt. Der alte Mann sieht das Polizeiauto kommen, wundert sich und wundert sich doch nicht. Denn die Polizei war schon öfter auf seinem Hof, schließlich ist er in den Augen der Gesetzeshüter Delinquent, ein Normverletzer, ein Regelübertreter, ein Schuldner. Doch an diesem Morgen folgt die Polizei ihm bis auf seinen Acker. Das Polizeiauto habe direkt neben seinem Traktor gehalten und der Beamte habe ihm erklärt, er müsse sofort mitkommen, mit seiner Schwester stimme etwas nicht, erinnert sich Josef Nusser. Das Polizeiauto bringt den erschrockenen Bruder zurück auf den Hof, wo ihn nicht nur seine 77-jährige Schwester erwartet, sondern weitere Polizei, eine Richterin, der Gerichtsvollzieher, der Leiter des Gesundheitsamtes, die Besatzung zweier Krankenwagen sowie ein Anwalt. Nusser sitzt in der Falle und weiß es. Das hoffüllende Aufgebot gilt nämlich nicht seiner Schwester, sondern ihm. Nun geht alles sehr schnell. Dem Bauern wird die Zwangsräumung von seinem Jahrhunderte alten Hof und die sofortige Einweisung in die geschlossene Psychiatrie mitgeteilt. Sein lautstarker Protest fruchtet nicht, es ist alles von Amtswegen anwesend, was für eine solche Zwangsmaßnahme juristisch notwendig ist.“

Aus Protest trat Nusser während seiner Unterbringung in einen Hungerstreik. Die Zwangsräumung des Hofes erfolgte schließlich am 15. Mai 2012, während Josef Nusser noch im ZfP Südwürttemberg (Standort Weißenau) untergebracht war. Nach knapp sechswöchiger Unterbringung und 20 Tagen im Hungerstreik wurde Nusser durch Intervention seines Hausarztes Wolfgang Röhm, der beim zuständigen Landgericht eine Patientenverfügung vorlegte, am 29. Mai 2012 aus der Psychiatrie entlassen.[1]

Aktion Leuchtspur und Bürgerinitiative Prozessbeobachter e. V.[Bearbeiten]

Der Nusser-Hof mit Protestplakaten, Weihnachten 2012

Seit der Vertreibung der Geschwister Josef und Irmgard Nusser von ihrem Hof in Eichstegen kämpft die Bürgerinitiative Prozessbeobachter e. V. mit Flugblättern[9][10] und regelmäßigen Demonstationen für deren Rechte und Rückkehr. Von Mai 2012 bis Mai 2013 trafen sich jeden Samstagabend bis zu 50 Unterstützer in der Ortsmitte Eichstegens, um entlang der Landstraße und der Hofstelle mit einer Lichterkette zu protestieren. Seit Dezember 2012 finden auch regelmäßig Demonstrationen in Ravensburg auf dem Marienplatz und vor dem Stuttgarter Landtag statt.

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 1,2 Roland Reck: Gnadenlose Bank. In: Kontext: Wochenzeitung, Ausgabe 66, 4. Juli 2012, letztes Update am 15. Juli 2013. Abgerufen am 22. Juli 2013.
  2. DE000001182459B, Patent, Heuwerbungsmaschine mit einem um eine horizontale Achse rotierend angetriebenen Rechwerkzeug, dessen Zinken hin- und herschwingen, Anmeldung: 4. März 1964, Veröffentlichung: 26. November 1964, Inhaber: Josef Nusser, Erfinder: Josef Nusser
  3. DE000001650795A1, Offenlegungsschrift, Massetriebwerk mit beweglichen Massekörpern, Anmeldung: 29. Februar 1968, Veröffentlichung: 3. Juli 1975, Inhaber: Josef Nusser, Erfinder: Josef Nusser
  4. EP00000210282A1, Patentt, [DE] Vorrichtung zum dosierten Zuteilen verschiedener Komponenten und/oder dosierten Aufteilen bzw. Ausbringen flüssiger oder pastöser Stoffe, Anmeldung: 14. November 1984, Veröffentlichung: 4. Februar 1987, Inhaber: Josef Nusser, Erfinder: Josef Nusser
  5. DE000003835367C2, Patent, Vorrichtung für Mähwerke zur Bodenanpassung der Schneidwerke, Anmeldung: 18. Oktober 1988, Veröffentlichung: 6. Dezember 2003, Inhaber: Josef Nusser, Erfinder: Josef Nusser
  6. DE000003835367A1, Offenlegungsschrift, [DE] Vorrichtung für Mähwerke [EN] Device for mowers, Anmeldung: 18. Oktober 1988, Veröffentlichung: 6. Dezember 2003, Inhaber: Josef Nusser, Erfinder: Josef Nusser
  7. Notariat Maurer, Hindenburgstr. 4, 88361 Altshausen, Urkundennummer UR 283/1997
  8. Roland Reck: Geschwister in Not. In: Blix, Juli 2012, S. 5 (PDF).
  9. Bürgerinitiative Prozessbeobachter e. V. (VISP): Ohne Gerechtigkeit kein Frieden und keine Freiheit, Flugblatt I, 25. Mai 2012 (PDF)
  10. Bürgerinitiative Prozessbeobachter e. V. (VISP): Ohne Gerechtigkeit kein Frieden und keine Freiheit, Flugblatt II, 4. Juni 2012 (PDF)
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