JUWÖ Poroton-Werke Ernst Jungk und Sohn
JUWÖ Poroton-Werke Ernst Jungk und Sohn GmbH | |
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Rechtsform | Gesellschaft mit beschränkter Haftung |
Gründung | 1862 |
Sitz | 55597 Wöllstein, Deutschland |
Leitung | Stefan Jungk |
Mitarbeiter | 94 (2015) |
Branche | Ziegelindustrie |
Website | www.juwoe.de |
Stand: September 2016 |
JUWÖ (Abkürzung für Jungk Wöllstein) ist seit 1862 ein Ziegelhersteller im rheinhessischen Wöllstein in Deutschland. Das Familienunternehmen befindet sich seit 2007 in fünfter Generation.
Die Jahresproduktion lag 2013 bei 110 Millionen Mauerziegelsteinen bei einem Umsatz von 18,4 Millionen Euro.[1]
Inhaltsverzeichnis
[Verbergen]Geschichte[Bearbeiten]
Erste Generation[Bearbeiten]
Am 17. Oktober 1862 bekam Philipp Jungk vom Großherzoglichen Kreisamt Alzey die Genehmigung für den Bau eines Ziegelofens. Im gleichen Jahr, rief Philipp Jungk auch die Wöllsteiner Freiwillige Feuerwehr ins Leben. Aus diesem Grund werden die Jubiläen immer gemeinsam gefeiert und die Inhaber hatten die Ehre, bei der 125 und 150 Jahrfeier der Freiwilligen Feuerwehr 1987 und 2012 als Schirmherr zu fungieren.
Wie sein Vater war Philipp Jungk von 1860 bis 1877 Bürgermeister von Wöllstein. In seiner Amtsperiode wurden neben der Feuerwehr, der Turnverein Wöllstein 1863 gegründet und 1876 eine Lehrerbildungsanstalt (die sogen. Präparantenanstalt), die regionale Bedeutung erlangte. Im gleichen Jahr wurde das Germania-Denkmal als örtlicher Mittelpunkt errichtet. Drei Jahre zuvor hatte er eine „eiserne Brücke“ über den Appelbach schlagen lassen, welche die Passage durch eine Wasserfurt ersetzte. 1877 wurde durch ihn die Straße nach Volxheim befestigt, eine wichtige Zubringerstraße nach Bad Kreuznach.
Die Bahnstrecke Sprendlingen–Fürfeld konnte für den Transport der Ziegelsteine ab dem 11. Oktober 1888 bis zur endgültigen Stillegung der Strecke 31. Juli 1973 genutzt werden.
Die Nachfrage nach seinen Jungk-Ziegeln wurde immer größer, so dass er sich entschloss, 1891 einen Ringofen zu bauen, eine damals ganz neue Entwicklung, die sich bis in die Nachkriegszeit weltweit behauptet hat. Mit diesem Bau zeigte der Gründer sein fortschrittliches Denken, denn zwischen dem Erdofen und dem Ringofen lag noch der Kasslerofen, der schon eine längere Entwicklungszeit hinter sich hatte.
Zweite Generation[Bearbeiten]
1899 übernahm sein Sohn Ernst Jungk den Betrieb. Unter seiner Betriebsführung wurde die bäuerliche Ziegelei zur Industrie. Durch die Anschaffung einer Dampfmaschine 1899 und weiterer maschineller Einrichtungen wurde der Ziegeleibetrieb modernisiert. Die Dampfmaschine war damals eine ausgereifte technische Errungenschaft und die Ziegelei nannte sich deshalb auch „Dampfziegelei“. Der Ziegelhüttenweg, in den Gründerjahren nur ein Feldweg, wurde ca. 1910 ausgebaut und chaussiert. Der Ringofen erhielt 1913 noch weitere acht Kammern, und war zur damaligen Zeit mit insgesamt 22 Kammern ein „großer“ Ofen.
Dritte Generation[Bearbeiten]
Mit dem Tode von Ernst Jungk im März 1924 wurde Friedrich Jungk alleiniger Inhaber, daher rührt auch die heutige Firma: „Ernst Jungk & Sohn“. Um den Betrieb ganzjährig zu unterhalten, erbaute er 1925/26 eine künstliche Trockenanlage und 1928 eine dreistöckige große Trockenhalle. Trotz aller Schwierigkeiten nach dem Ersten Weltkrieg (Deutsche Inflation 1914 bis 1923) wurde ein Kastenbeschicker aufgestellt, der die schwere Arbeit, den Ton mit einer Hacke in die Walzen zu bringen, ablöste. Das Abschneiden mit der Hand des von der Strangpresse erzeugten Tonstranges wurde mechanisiert. Die Abhängigkeit von der Witterung, ganz besonders die Stilllegung des Betriebes im Winter, gaben Anlass zum Bau einer künstlichen Trocknerei 1925, wobei gleichzeitig der Transport der Ziegelsteine mit sogenannten Absetzwagen, die sich bis heute in vielen Betrieben behauptet haben, vereinfacht wurde.
Während des Zweiten Weltkrieges musste die Ziegelei 1942 stillgelegt werden. Durch die Nachkriegsverhältnisse wurde die Fabrikanlage fast vollständig zerstört. Maschinen wurden demontiert, Hallen- und Trockenschuppen eingerissen und das Dach seiner Ziegel beraubt (siehe: Reparationen#Deutsche Reparationszahlungen nach 1945 und Pariser Reparationsabkommen). Erst im August 1949 konnte Friedrich Jungk mit Hilfe altbewährter Mitarbeiter dem Wiederaufbau beginnen.
Die Entwicklung auf dem Baumarkt zeigte, dass die Anlagen veraltet waren und nicht mehr den Bedürfnissen der Zeit entsprachen. Im Vertrauen an den Wiederaufstieg der Wirtschaft wurde 1952 eine vollkommen neue Aufbereitungsanlage gebaut. Eine neue Dampfmaschine sowie eine elektrische Kraftanlage lieferten die nötigen Energien. Als Dränrohrfabrikant wurde Friedrich Jungk über die Landesgrenze hinaus bekannt. Ganz besonders widmete er sich der Einführung von „Viellochsteinen“, die den alten „vollen Backstein“ immer mehr ablösten. Mit diesen Ideen beflügelte er als Vorstandsmitglied des regionalen Fachverbandes Ziegelindustrie, die gesamte Branche.
In der Allgemeinen Zeitung vom 17. Oktober 1952 steht anlässlich des 90-jährigen Bestehens der Wöllsteiner Dampfziegelei unter anderem:
„Die Dampfziegelei ist mit ihrer weitgehend modernisierten technischen Einrichtung längst zum führenden Unternehmen der Gemeinde geworden und auch heute steht hier die Entwicklung nicht still. Schon liegen Pläne vor, den Betrieb ganz auf elektrischen Kraftstrom umzustellen. Das wäre dann eine weitere Etappe auf dem Wege zur Produktionsausweitung, die in den vergangenen 90 Jahren das getreue Spiegelbild von Unternehmergeist, rastloser Tätigkeit und Betriebstreue der gesamten Werksgemeinschaft gewesen ist. Wir hoffen und wünschen, dass eine friedliche Zukunft diesem Gedeihen von segenbringendem Nutzen sei.“
Vierte Generation[Bearbeiten]
1959 ist Ernst K. Jungk nach einer Ausbildung im In- und Ausland und nach seinem Studium mit Abschluss als graduierter Ziegelei-Ingenieur in den elterlichen Betrieb, als technischer Leiter, eingestiegen und spürte schnell, dass der Betrieb grundlegend verändert werden musste, um in der Zukunft konkurrenzfähig bleiben zu können. So läutete er 1966 den Wendepunkt ein, mit der Inbetriebnahme eines neuen, modernen Werks und der Verdoppelung der Ziegelproduktion. Am 14. Februrar 1973 wurde der Betrieb auf den neuen Inhaber übertragen und als Einzelunternehmen weitergeführt.
Der zweite und wohl wichtigste Wendepunkt in der Geschichte der JUWÖ Poroton-Werke war aber die Lizenz zur Produktion von sogenannte Poroton Leichtziegeln. Durch die Zugabe von Styropor, das beim Brennvorgang rückstandslos verglüht, wurde ein Ziegel geschaffen, der bei verbesserter Wärmedämmung ein deutlich vermindertes Gewicht erreicht und damit für die Ansprüche der damaligen wie heutigen Zeit einen idealen Baustoff für den privaten Hausbau darstellt. Ernst K. Jungk erkannte damals das Potenzial des Leichtziegels, als der Erfinder, Sven Fernhof (ein Schwede) versuchte sein Patent zu vermarkten. Innerhalb kurzer Zeit folgten weitere Ziegelwerke seinem Beispiel und zur besseren Vermarktung des Produkts wurde die „Interessengemeinschaft Poroton“, heute Verband der Poroton-Hersteller bzw. Deutsche Poroton, ins Leben gerufen, deren Präsident Ernst K. Jungk 36 Jahre lang war.
Der Poroton-Leichtziegel wurde in den darauffolgenden Jahren zum Marktführer und bei JUWÖ musste man die Produktion ständig vergrößern. 1977 wurde schließlich ein zweites Werk eingeweiht, mit einer damals einmaligen Kapazität von 50 Mio. NF-Einheiten. Nach einem Umsatzsprung von 85 Prozent 1979, begann in den Achtziger Jahren der Rückgang im Wohnungsbau. Gab es 1972 714.000 fertiggestellte Wohnungen, waren es 1988 lediglich noch 209.000. Auf das Tief folgte durch die Deutsche Wiedervereinigung ein neuerliches Hoch am Wohnungsbaumarkt und Ernst K. Jungk beschloss 1992 das Werk I abzureißen und darin eine neue mikroprozessorgesteuerte Transport- und Setzanlage, sowie einen neuen Trockner zu bauen. Das Projekt hatte Modellcharakter und wurde im Rahmen des Innovationsprogrammes des Landes Rheinland-Pfalz gefördert. 1997 erhielt Ernst K. Jungk das „Verdienstkreuz am Bande“ der Bundesrepublik Deutschland[2] und die Wirtschaftsmedaille des Landes Rheinland-Pfalz verliehen.[3][4]
Drei Jahre nach der Inbetriebnahme des neuen Ziegelwerkes, entschied Ernst K. Jungk, nochmals 17 Millionen Euro in den Bau einer weiteren Produktionsanlage zu investieren (2000) was sich bereits kurze Zeit später als Fehlinvestiton herausstellte und bis 2010 eine Krise bedeutete.[5]
Fünfte Generation[Bearbeiten]
Seit der Übernahme des Betriebs 2007 konnte Stefan Jungk, der inzwischen auch als Vizepräsident der deutschen Ziegelindustrie amtiert, den Erfolg von JUWÖ Poroton weiter ausbauen. Als Gründungsmitglied der „Mein Ziegelhaus“ Gruppe ist man Innovationsführer was wärmedämmende ThermoPlan Ziegel angeht und die hauseigenen Produkte wurden ebenfalls kontinuierlich verbessert. Mit dem steinwollegefüllten MZ7, der eine Wärmeleitfähigkeit von 0,07 W/(mK) und dem vollkeramischen Weltrekord-Ziegel Ziegel ThermoPlan S75, der eine Wärmeleitfähigkeit von 0,075 W/(mK) erreicht, bietet JUWÖ Poroton hochwärmedämmende Ziegel speziell für den Bau von Niedrigenergie bis hin zu Passivhäusern. Insgesamt findet man ein Produktsortiment vor, das für jeden Anspruch und jeden Bauherren den passenden Ziegel bereithält.
Der größte Teil der Ziegel wird im Inland verkauft, die Exportquote lag 2014 bei über 20 Prozent, die hauptsächlich ins westeuropäische Ausland exportiert werden. Unter anderem nach Belgien, Dänemark, Frankreich sowie das Vereinigte Königreich und Irland.[6] Auf den britischen Inseln werden jährlich über 15 Filialen des Discounters Lidl, vom Baupartner WSG Bau aus Kirchhasel, aus den Steinen von JUWÖ erbaut.[7] Des Weiteren bestehen seit 2014 zusammenarbeiten in Russland mit einem Partner aus St. Petersburg sowie außerhalb von Europa mit einem Partner in Südkorea.[8]
Der Jahresumsatz konnte von 18,4 Mio. Euro in 2013 auf ca. 19,4 Mio. Euro in 2014 gesteigert werden.
Produkte[Bearbeiten]
- ThermoPlan S Reihe: Vollkeramische Ziegel ohne Füllung
- ThermoPlan MZ Reihe: Ziegel mit Rockwool Dämmkern
- ThermoPlan T-Reihe: Vollkeramische Ziegel für alle Ansprüche mit hoher Druckfestigkeit und für dem Mehrfamilienhausbau/Objektbau
- ThermoBlock
Eine Analyse des Institut Fresenius bescheinigte das der verwendete Ton auch als Heilerde verwendbar wäre.[9]
Auszeichnungen[Bearbeiten]
- „Sonderpreis für innovatives Produktmanagement“ im Rahmen des Innovationspreises der deutschen Wirtschaft; 1985
- Mainzer Wirtschaftspreis in der Kategorie „Bestes Nachfolgekonzept“; 2008
- Großer Preis des Mittelstandes; Finalist des Jahres 2014[10][11]
Weblinks[Bearbeiten]
In den Nachrichten:
- Wirtschaftsgeschichte Rheinland-Pfalz
- Ein Gartentag mit Industriegeschichte auf wochenspiegellive.de vom 14. Mai 2014
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- Hochspringen ↑ "Natürlich"- Das Umweltmagazin des SWR Fernsehens vom 25. November 2014
- Hochspringen ↑ Vita: Ernst K. Jungk, Dipl.-Ing. (FH)
- Hochspringen ↑ Ernst K. Jungk tritt in den Ruhestand vom 12. Dezember 2006
- Hochspringen ↑ Vielfache Verdienste außerhalb des eigenen Betriebes – Ziegelfabrikant Ernst K. Jungk wird am 2. Oktober 75 Jahre alt von Norbert Krupp/KruppPresse
- Hochspringen ↑ Ernst K. Jungk: “Ich trieb unser Familienunternehmen beinahe in den Ruin” vom 15. Januar 2014 (aus dem impulse-Magazin 12/2013)
- Hochspringen ↑ Wöllsteiner Ziegelhersteller expandiert und investiert am Firmenstandort in Allgemeine Zeitung von Thomas Ehlke vom 31. Mai 2014
- Hochspringen ↑ LIDL - Markt in Churchfield, Irland; online im Internet: 18. Januar 2015
- Hochspringen ↑ http://www.juwoe.de/de/ueber-uns/ Online im Internet: 17. Januar 2015
- Hochspringen ↑ Analyse vom 19. April 2006 als PDF-Datei
- Hochspringen ↑ Mittelstandspreis 2014
- Hochspringen ↑ JUWÖ versteht Mittelstandspreis als weiteren Ansporn auf Kreuznachernachrichten.de vom 29. September 2014