Interdisziplinäres Zentrum für Historische Anthropologie
Das Interdisziplinäre Zentrum für Historische Anthropologie (IZHA) versteht unter Historischer Anthropologie die vielfältigen, transdisziplinären Bemühungen, auch nach dem Ende verbindlicher anthropologischer Normen, weiterhin Phänomene und Strukturen des Menschlichen zu erforschen. Historische Anthropologie steht so in der Spannung zwischen Geschichte und Humanwissenschaften. Sie versucht, die Geschichtlichkeit ihrer Perspektiven und Methoden und die Geschichtlichkeit ihres Gegenstandes aufeinander zu beziehen. Sie fasst die Ergebnisse der Humanwissenschaften, aber auch diejenigen einer geschichtsphilosophisch fundierten Anthropologie-Kritik zusammen und macht sie für neuartige Fragestellungen fruchtbar.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte[Bearbeiten]
Anfang der 1990er-Jahre beschloss eine Hochschullehrergruppe ein Forschungszentrum für Historische Anthropologie zu institutionalisieren, das die Potentiale der FU Berlin nutzen wollte, um eine neue transdisziplinäre und transnationale Art des Interesses an der Wissenschaft und ihrer Organisation zu realisieren.
Institutionelle Verankerung[Bearbeiten]
Die Gründung des „Interdisziplinären Zentrums für Historische Anthropologie“ durch Gert Mattenklott † (Vergleichende Literaturwissenschaft), Dietmar Kamper † (Soziologie), Christoph Wulf (Erziehungswissenschaft), Gunter Gebauer (Philosophie), Dieter Lenzen (Erziehungswissenschaft), und Konrad Wünsche † (Erziehungswissenschaft, TU Berlin) u. a. wurde am 15. Dezember 1993 vom Akademischen Senat der FU Berlin bestätigt.
Einfluss[Bearbeiten]
Anfangs waren die Forschungen des IZHA durch den französischen Poststrukturalismus beeinflusst; später gewannen auch kulturanthropologische Forschungen an Bedeutung.
Literatur[Bearbeiten]
- Gunter Gebauer, Christoph Wulf: Spiel, Ritual, Geste. Mimetisches Handeln in der sozialen Welt: Reinbek 1998 (franz. Übersetzung, Paris: anthropos 2004).
- Gunter Gebauer, Dietmar Kamper, Dieter Lenzen, Gert Mattenklott, Christoph Wulf, Konrad Wünsche: Historische Anthropologie. Zum Problem der Humanwissenschaften heute oder Versuche einer Neubegründung. 1989, ISBN 3-499-55486-0.
- Gunter Gebauer, Christoph Wulf: Mimesis. Kultur - Kunst - Gesellschaft, Rowohlt Reinbek 1993, 2. Auf. 1998: Übersetzung ins Englische: University of California Press 1995; franz. Übersetzung, Paris: Cerf 2005).
- Dietmar Kamper: Zur Geschichte der Einbildungskraft. Hanser Verlag, München Wien 1981, ISBN 3-446-13118-3.
- Dietmar Kamper: Zur Soziologie der Imagination. Hanser Verlag, München Wien 1986, ISBN 3-446-14655-5.
- Dieter Lenzen: Mythologie der Kindheit. Die Verewigung des Kindlichen in der Erwachsenenkultur. Reinbek: Rowohlt 1985.
- Jürgen Trabant: Mithridates: Kleine Geschichte des Sprachdenkens. München: Beck 2003.
- Christoph Wulf (Hrsg.): Vom Menschen: Handbuch Historische Anthropologie, 1997, ISBN 3-407-83136-6. 2. Aufl.: Der Mensch und Sein Kultur. Köln: Anaconda 2010.
- Christoph Wulf: Anthropologie. Philosophie – Geschichte – Kultur. 2004, ISBN 3-499-55664-2; 2. erweiterte Auflage Köln: Anaconda 2009; Englische Ausgabe: Anthropology. A Continental Perspective. Chicago: Chicago University Press 2013.
- Christoph Wulf: Das Rätsel des Humanen. Einführung in die historische Anthropologie. München W. Fink 2013.
- Christoph Wulf/Jörg Zirfas (Hrsg.): Handbuch Pädagogische Anthropologie. Wiesbaden: VS/Springer 2013.
Neben der Buchreihe des IZHA im Reimer-Verlag erscheint seit 1992 die Zeitschrift „Paragrana. Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie“ mit dem geschäftsführenden Direktor Christoph Wulf im Akademie-Verlag..