Hotel Hari im Schlegeli

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Haupthaus von 1900

Das seit 1873 bestehende Hotel Hari im Schlegeli ist das älteste Hotel in Adelboden und hat wesentlich dazu beigetragen, dass in Adelboden überhaupt Tourismus entstand. Es ist bis heute im Besitz der Nachkommen des Gründers.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte[Bearbeiten]

 
Adelboden um 1900

Adelboden in der Mitte des 19. Jahrhunderts[Bearbeiten]

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lag Adelboden noch praktisch am Ende der Welt. Ob die geplante Fahrstrasse nach Frutigen, dem nächsten Marktort, je Wirklichkeit würde, war offen. Auf dem existierenden Weg auf halber Höhe der Südflanke des Engstligentals war Frutigen vier bis fünf Fussstunden entfernt. Eine Reise nach Bern brauchte zusätzlich eine zweistündigen Wagenfahrt nach Spiez, von wo aus man mit dem Dampfschiff nach Thun, der damaligen Endstation der Bahn, gelangte – mit der anschliessenden Bahnfahrt nach Bern war man einen vollen Tag unterwegs.

Die Bevölkerung bestand im wesentlichen aus armen Bergbauern. Es gab keine Industrie, nur schlecht bezahlte Heimarbeit. Missernten, Kartoffelseuche und Tierseuchen führten dazu, dass Mitte des 19. Jahrhunderts ein Viertel der Bevölkerung armengenössig war. Der einzige Kramladen des Orts bot "Brot, Käse und andere Luxusartikel" an.

Hotelgeschichte[Bearbeiten]

 
Mittelhaus von 1887

Christian Hari, der Gründer des Hotels, (1834–1897) gehörte zu einer alteingesessenen Adelbodner Familie. Er wurde 1855 vom Adelbodner Bäuert Ausserschwand zum Lehrer der dortigen Schule gewählt, einer Gesamtschule in einem Klassenzimmer mit bis zu 120 Kindern, grösstenteils aus armen Bergbauernfamilien. Um seiner Arbeit näher zu sein, kaufte er ein Bauernhaus im Schlegeli, einer Talterrasse zwischen Kirchschwand (dem jetzigen Dorf) und Ausserschwand. 1872 fragte Karl Rohr (1827-1910) der damalige Pfarrer des Berner Münsters, der für seine grosse Familie eine ländliche Sommerfrische suchte, bei ihm an, ob er nicht den Gaden (Dachboden) seines Hauses ausbauen könne – der Münsterpfarrer würde dann mit seiner Familie während der nächsten Jahre den Sommer bei ihm verbringen. Rohr im Berner Sonntagsblatt 1911: „Damals lernte ich den wackern, evangelisch gesinnten Lehrer Christian Hari kennen. Da er an seinem Häuschen einige bauliche Veränderungen plante, bestimmte ich ihn, zwei Zimmer aufzubauen, um Gäste, d.h. unsere Familie, jeweilen auf drei Sommerwochen aufzunehmen. Somit ging's getrost nächstes Jahr und in der Folge wohl zwölfmal in das uns heimisch gewordene Tal.“[1]

Als Hari für das Projekt ein Darlehen suchte, traf er auf völliges Unverständnis im Dorf und sogar bei seiner eigenen Familie. Fremdenverkehr war im damaligen Adelboden utopisch. Hari ging das Wagnis trotzdem ein und führte mit einem Darlehen von 500 Franken vom örtlichen Pfarrer seinen Umbau durch, so dass sein Haus jetzt sieben Zimmer aufwies. Der Münsterpfarrer machte sein Wort wahr und quartierte sich im nächsten Sommer mit Familie, Magd und einigen Bekannten, insgesamt 16 Personen, zu einem Pensionspreis von zwei Franken pro Person bei Christian Hari ein, während dessen sechsköpfige Familie, wie damals in Adelboden üblich, den Sommer auf der Alp verbrachte. Die Ausflüge, das Essen, die Spiele und sonstigen Aktivitäten der Gäste der ersten drei Jahre sind in allen Einzelheiten in den Tagebüchern der damaligen Gymnasiasten Ernst und Walter Lauterburg geschildert, die mit Mutter und einem weiteren Bruder mit von der Partie waren.

Die angenehme Sommerfrische sprach sich im Bekanntenkreis des Münsterpfarrers herum: Im nächsten Sommer waren bereits 30 Sommergäste im Schlegeli, nicht nur aus Bern sondern auch aus St. Gallen und Neuenburg, Im übernächsten Jahr kamen 35 Gäste, teilweise aus Württemberg, Livland und Estland. 1878 liess Hari neben seinem Haus einen bescheidenen Bau, das "Stöckli" errichten, das in der Geschichte der Gemeinde Adelboden als "erstes Hotel" bezeichnet wird, da es ausschliesslich für die Unterkunft von Feriengästen erstellt wurde.[2]. Im 1887 erschienenen heimatkundlichen Buch das Frutigland, schreibt der Frutiger Pfarrer Karl Stettler bei der Adelbodner Ortsbeschreibung: "Hier, 5 Minuten von der Kirche entfernt, ist das sog. Schlegeli mit der bald in ganz Europa bekannten Pension des Lehrer Chr. Hari."[3]

 
Gartenhaus von 1891

1884 war die erste Strasse von Frutigen nach Adelboden fertiggestellt worden, und ab 1887 entstanden die Fremdenhäuser Wildstrubel, Kurhaus und Edelweiss. 1887 und 1891 erweitert Hari seine Pension durch zwei weitere Gebäude. Dass er mit dieser "rastlosen Bautätigkeit" für das einheimische Gewerbe Verdienst schafft, wird in seinem Nachruf ehrend erwähnt. 1888 gehört Christian Hari zum Gründungsvorstand des Gemeinnützigen Verschönerungsvereins Adelboden, des ersten Kurvereins in Adelboden, der 1898 den Kleinen Führer durch's Adelboden, den ersten, damals nur auf Sommertourismus bezogenen, Fremdenführer für Adelboden herausgab.

Nach dem Tod von Christian Hari übernahm sein Sohn Johannes (1864–1938) die Leitung der Pension, die ihm sein Vater schuldenfrei hinterlassen hatte. Johannes Hari hatte seit 1890 das Bergführerpatent und führte regelmässig Gruppen von bis zu 100 Personen auf die Berge der Umgebung. Während in Adelboden zwischen 1899 und 1906 vierzehn Hotels gebaut wurden, verzichtete Johannes Hari auf den Bau eines zeitgemässen Grosshotels mit entsprechender Verschuldung. Stattdessen ergänzte er die bestenden Blockhäuser 1900 durch das "Haupthaus", womit er 180 Betten hatte und damit zusammen mit dem Grandhotel zu den beiden grössten Hotels von Adelboden zählte. Gleichzeitig sicherte er durch Servitute ab, dass ihm die Aussicht nicht verbaut werden konnte.

Der Pensionspreis blieb verglichen mit andern Hotels bescheiden, und die Gäste kamen mehrheitlich aus dem nicht vermögenden Bildungsbürgertum, die meisten kamen aufgrund von persönlichen Empfehlungen. Aus den schon mit Pfarrer Rohr üblichen Morgenandachten für alle Gäste wurden freiwillige Abendandachten, und Johannes Hari führte den Brauch ein, dass Pastoren und Prediger aus verschiedenen evangelischen Kirchen mit ihren Familien gratis Urlaub machen konnten, sofern sie diese Abendandachten hielten. Die einzige Bedingung Haris war eine konservative Bibelauslegung.

Der Erste Weltkrieg führte zu einer Krise der Pension, die Einnahmen gingen auf ein Viertel der Vorkriegseinnahmen zurück. Johannes Hari hielt sich dank der guten Viehpreise als Landwirt über Wasser. Nach dem Krieg diente das Schlegeli als Erholungsheim für ungarische, österreichische und deutsche Kinder, was anschliessend umfangreiche Renovationen erforderlich machte.

Johannes Hari war Zeit seines Lebens im Nebenamt Bauer und daneben sehr aktiv im kirchlichen und politischen Leben des Dorfs, wo er es bis zum Obmann brachte. Sowohl sein Temperament als auch seine grosszügige Wohltätigkeit gegenüber armen Bergbauern führten zu zahlreichen Anekdoten über ihn. Die Gewinne der Pension legte Johannes Hari in Land und Bauernhäusern an, so dass er an fünf seiner acht Kinder je ein stattliches Anwesen abtreten konnte.

1920 entschloss sich Johannes Hari, die Pension als Gütergemeinschaft an seine acht Kinder abzutreten. Zu den Bedingungen gehörte, dass niemand eine Aufhebung der Gütergemeinschaft beantragen dürfe, dass die Pension als christliches Erholungsheim mit täglichen Abendandachten fortgeführt werden solle, aber auch, dass der Saal in der Zwischensaison der Evangelischen Gesellschaft als Gottesdienstraum und im Oktober den Heimberger Brüdern, einer innerkirchlichen pietistischen Bewegung, als Versammlungssaal zur Verfügung gestellt werden solle. Johannes Hari führte sein Amt als Pensionshalter weiter, jetzt offiziell im Auftrag seiner Kinder, bis er sich 1936 mit siebzig Jahren in sein Bauernhaus im Stiegelschwand zurückzog. Nachfolger wurde sein zweitjüngster Sohn Fritz (1899-1997).

Die Gästezahlen gingen ab Mitte der 1930er stark zurück, da die deutschen Gäste aufgrund von Devisenmassnahmen ausblieben. Ab 1940 beherbergte das Hari polnische, französische und englische Internierte, 1944 wurden im Rahmen einer Rotkreuzkinderaktion 100 Jugendliche für ein Jahr in der Pension aufgenommen, Während dieser Jahre ernährte Fritz Hari seine Familie weniger mit den Einnahmen aus dem Hotel als durch den landwirtschaftlichen Nebenerwerb sowie die Ubernahme vieler Gemeindeämter. Er war unter anderem Mitglied des Gemeinderats (Exekutive) von Adelboden, Gemeindekassier, Präsident der Alpschaft Lurnig, Präsident der Armenkommission und Leiter der Ausgleichskasse.

Schülerlager und Saalvermietungen brachten nach dem 2. Weltkrieg Geld für die nötigsten Renovationen, bei denen Hari tatkräftig Hand anlegte. Im Gegensatz zu den meisten andern Hotels, von denen zahlreiche durch Kredite in Schwierigkeiten kamen oder sogar aufgeben mussten, führte das Hotel Hari nur so weit es die Mittel erlaubten allmähliche Renovationen durch, um das Haus den steigenden Ansprüchen der Gäste anzupassen.

1960 wurde die Erbengemeinschaft in eine Familien-AG mit einem Kapital von 210'000 Franken umgewandelt. Der Besitzstand umfasste 84 Aren Land und sechs Gebäude mit einem Versicherungswert von 232'000 Franken. Die Aktien dürfen nur an Personen veräussert werden, die vom zweiten Leiter, Johannes Hari, abstammen. Der Verwaltungsrat der AG nahm des öfteren konkreten Einfluss auf die Hotelführung. So wurde 1971 bestimmt: "Die Betriebsleitung soll darauf achten, dass die Männer, die die Andachten halten, keine Untertanen des ökumenischen Kirchenrates sind sondern auf dem Grund des schriftgemässen Evangeliums stehen." Beim Neubau von 1978 kam es bezüglich Fernsehgeräten zu einem Kompromiss: die Leitungen wurden gelegt, aber die Gäste müssen die Apparate mieten. Ebenso wurde regelmässig angeregt, Vergabungen und Armenunterstützungen in der Tradition der beiden ersten Leiter nicht zu vergessen.

1967 wurde Fritz Hari zum Gemeindeobmann gewählt, ein Amt, das ihn in den folgenden acht Jahren stark beanspruchte, während ihn sein Sohn Konrad, der seit 1963 im Betrieb mitarbeitete, in der Hotelleitung vertrat. Fritz und Konrad leiteten das Hotel gemeinsam bis Fritz 1979 formell vom Leiteramt zurücktrat und Konrad die Leitung übernahm. 2004 trat Konrad zurück und das Hotel wird seither von einem Geschäftleiter geführt.

Baugeschichte[Bearbeiten]

1873 Ausbau des Bauernhauses von Christian Hari

1878 Bau des "Stöcklis", erstes für die Unterkunft von Gästen erstelltes Gebäude in Adelboden.

1887 Erweiterung der Pension durch das so genannte Mittelhaus, mit der Inschrift "gebaut von Christian Hari, Lehrer",

1891 Bau des Gartenhaus, Inschrift "gebaut von der Pension Lehrer Hari zum Schlegeli". Mittelhaus und Gartenhaus gehören bis heute zum Hotel, werden allerdings in den letzten Jahrzehnten aufgrund des nach heutigem Standard niedrigen Komforts praktisch nur noch an Selbstversorgergruppen vermietet.

1900 Bau des Haupthauses. Das Hotel hat jetzt 180 Zimmer.

Die Hotelgebäude werden fortlaufend sanft modernisiert: 1903 gibt es elektrisches Licht, 1908 Einbau von Kachelöfen im Haupthaus, was den Winterbetrieb ermöglicht. In den 1930ern werden die Zimmer des Haupthauses gab mit fliessendemn Kalt- und Warmwasser versehen. 1946 ersetzt eine Zentralheizung die zehn Kachelöfen, um 1950 wird die Küche wurde erneuert, es entstehen Parkplätze und Garagen.

1966 wird das "Stöckli" durch einen Verbindungsbau zwischen Haupthaus und Stammhaus ersetzt, der eine neue Küche und einen Treppensektor mit Lift enthält.

1978 wird das Hotel durch einen nach Südwesten ausgerichteten Neubau oberhalb des Haupthauses mit 26 Zimmern mit Nasszellen auf Dreisternniveau erweitert.

1983 wird das neue "Stöckli" gebaut mit elf Kleinwohnungen mit Südbalkon, ursprünglich als Personalhaus gedacht.

1993 Ersatz des ursprünglichen oft umgebauten Stammhauses durch einen grossen Neubau mit 25 modernen Zimmern mit Südbalkon. Ein Zwischentrakt mit Hotelhalle und Cafeteria sowie einem Saal mit 150 Sitzplätzen stellt die Verbindung zwischen den drei Hotelgebäuden her. Damit ist das Hari mit insgesamt 120 Betten wieder das zweitgrösste Hotel von Adelboden.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Alfred Bärtschi: Adelboden. Aus der Geschichte einer Berggemeinde, Bern, 1934, S 257
  2. Gemeinde Adelboden: Geschichte
  3. Karl Stettler: Das Frutigland. Der bernische Amtsbezirk Frutigen nach allen Seiten beleuchtet in gebundener und ungebundener Rede, 1887

Literatur[Bearbeiten]

  • Jakob Aellig: 125 Jahre Hotel Hari im Schlegeli, 1998
  • Jakob Aellig: 100 Jahre Kurort Adelboden, Adelbodmer Hiimatbrief 1972

Weblink[Bearbeiten]

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