Hochschule für Sozialpädagogik und Sozialökonomie

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Die Hochschule für Sozialpädagogik und Sozialökonomie (HfSS) war von 1970 bis 1982 eine Bildungseinrichtung in Bremen, bevor sie in der Hochschule Bremen aufging.

Allgemeine Betrachtungen zur Bremer Hochschulpolitik[Bearbeiten]

Sozialpädagogik und Sozialökonomie sind akademische Berufsfelder mit einer inzwischen über 100jährigen Berufsgeschichte. Da Bildung gemäß Grundgesetz Ländersache ist, entstehen und entwickeln sich akademische Berufe ländertypisch. Insbesondere in den Sozial- und Geisteswissenschaften sind sie eng mit der Sozialgeschichte und Sozialpolitik, aber auch mit der Hochschulpolitik eines Bundeslandes verknüpft. So waren die soziale Not des Mittelalters, die Anstöße der Aufklärung, die Kritik von Schule und Gesellschaft, die sozialen Folgen der Industrialisierung, die Forderungen und Ideale insbesondere der Frauenbewegung, die Folgen der Weltkriege einschließlich des Genozids während der NS-Zeit, die Einführung eines modernen Sozialleistungssystems u. a. m. Anlass für die Entstehung (und die kritische Reflexion der Mitverantwortung) der Fürsorge, Wohlfahrtspflege und, wie man heute sagt: der Sozialen Arbeit durch Angebote und Hilfen der (Sozialpädagogik und Sozialarbeit). Die Ausprägung der Ausbildung in den deutschen Bundesländern sagt viel aus über den Stellenwert und die Ausrichtung der sozialen Hilfen im Bundesland. Für den Stadtstaat Bremen kann eine starke Ausrichtung auf den pädagogischen und auf den sozialpolitischen Akzent festgestellt werden. Außerdem spiegelt sich in der Bremer Ausbildungsgeschichte ein Grundkonflikt von Wissenschaftspolitik: die sich wandelnde Priorität von der humanistischen, sozialpolitisch-bildungswissenschaftlicher Ausrichtung zur ökonomischen Effizienzlogik, forcierter Förderung technischer Fächer und naturwissenschaftlichen Wettbewerbsorientierung, um im Konzert der Industriestandorte und Wissenschaftsnationen internationalen Anschluss zu halten (s. z. B.: Exzellenzinitiative). Zugleich haben die Städte Bremen und Bremerhaven mit vielfältigen sozialen Problemen (insbesondere hoher Einkommens-Armut und sozial schwachen Stadtteilen) wie hoher Verschuldung der Kommunen und des Stadtstaats zu kämpfen. Ein über die Expansion des Sozialstaats gewonnenes relativ vielfältiges Netz an sozialen Hilfen und soziokulturellen Angeboten steht seit Jahren auf der Streichliste des Finanzressorts. Insoweit geraten die Errungenschaften sozialer Bewegungen und die sich bildenen Institutionen der Wohlfahrtspflege, die akademischen Disziplinen und die sozialen Berufe stets herausgefordert, ihren Stellenwert für den sozialen Zusammenhalt in Gesellschaft immer neu beweisen zu müssen und sozialpolitische und internationale Anschlüsse herzustellen. Dies lässt sich anhand der Sozial-, Wissenschafts-, Ausbildungs- und Institutionsgeschichte in Bremen nachvollziehen.

Von der Sozialen Frauenschule zur Hochschule für Sozialpädagogik und Sozialökonomie[Bearbeiten]

Die Ausbildung zur Sozialen Arbeit in Bremen begann im Zuge der deutschen Frauenbewegung in Bremen und Bremerhaven mit Kursen zur Kinderpflege (1870) in Trägerschaft des Frauen-Erwerbs-und-Ausbildungsvereins (FEAV)[1][2] an der Hochschule Bremen.

Die Phase der eigentlichen Professionalisierung Sozialer Arbeit in Bremen beginnt mit der Begründung der Sozialen Frauenschule im Jahr 1919.[3] Die Gründung einer Sozialakademie (1968) stellt einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Professionalisierung dar, der formell durch die Gründung einer eigenständigen Hochschule für Sozialpädagogik und Sozialökonomie (HfSS) im Jahr 1970 vorläufig zum Abschluss kommt. Die Auswirkungen der Studentenbewegung sind auch an der Hochschule zu spüren.[4]

Von der eigenständigen Hochschule zum Studiengang einer Fakultät der Hochschule Bremen[Bearbeiten]

Mit der Zusammenlegung der Hochschule für Technik, der Hochschule für Wirtschaft, der Seeschifffahrtsschule und der HfSS zur Hochschule Bremen im Jahr 1982 beginnt ein erneuter Umbruch. Die drei bestehenden Fachbereiche Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Sozialökonomie verbleiben zunächst am Standort GW1 (Universtitätskampus), werden dann im Jahr 1998 an den Neustadtswall verlegt und in drei Gebäudetrakten zerstreut untergebracht. Lehren noch im WS 1995/96 25 Professor/innen (darunter nur 4 Frauen) an der Hochschule, werden im Zuge einer Priorisierung der MINT-Fächer einerseits und einer Differenzierung des Studienangebots in Klein- und Kleinststudienfächer[5] in der Folge mehr als die Hälfte der Professuren in anderen Studiengängen zur Neuausschreibung gebracht und es setzt – entgegen fachlicher Prämissen – eine Debatte ein, den Studiengang zu schließen; das Kollegium ist durch fachliche Verinselung, räumliche Zergliederung, unklare Perspektiven sowie durch innere Konflikte belastet[6][S. 243ff.]. Im gleichen Zuge nimmt die Zahl der Lehraufträge zu, sodass ein Großteil der Lehre von dort aus abgedeckt wird. Dies stärkt zwar vordergründig den Praxisbezug, erforderte aber andererseits ein Engagement für ein systematisches Grundlagenwissen durch die jeweiligen Bezüge der Lehrenden im Umbruchsprozess – was ausblieb[7][S. 245f.]. Dem gegenüber steht, dass das Kollegium – etwa mit dem Kindheits- und Kindermedienforscher Heinz Hengst [8], der professionsbezogen-empirisch ausgewiesenen Sozialpädagogin Maja Heiner (bis 1992)[9] und dem Sozialpädagogen Franz-Josef Krafeld als Experten für akzeptierende Jugendarbeit mit rechten Jugendcliquen – deutschlandweit renommierte Professorinnen und Professoren ausgewiesen war. Die Auflösung des parallel an der Universität Bremen bestehenden Diplom-Studienganges Sozialpädagogik und des dortigen Arbeitsbereichs Sozialpädagogik/Sozialarbeitswissenschaft mit immerhin neun Universitätsprofessuren – hier ebenso deutschlandweit renommiert durch die wohlfahrtspolitische Expertise Rudolph Bauers und die sozialpädagogische Expertise Jürgen Blandows (v.a. im Pflegekinderwesen) – im Jahr 2003 schwächte den Standort zusätzlich.

Konsolidierung (ab 2006)[Bearbeiten]

Durch die auch von Seite externer Evaluationsgutacher[10], Vertretern der Politik und des Berufsverbandes[11][12] kommende Unterstützung konnte im Jahr 2006 die Eckprofessur für Soziale Arbeit endgültig berufen und in der Folge weitere sechs Fachhochschulprofessuren in zentralen Lehrgebieten des Faches nach- bzw. neu ausgerichtet besetzt werden. Dies führte zu einer insgesamt positiven (Re-)Akkreditierung des Studiengangs in den Jahren 2006 u. 2011.[13] So wurden in enger Kooperation mit Verbänden und Einrichtungen seit 2008 im festen Turnus Praxismessen mit renommierten Gastvorträgen durchgeführt.[14][15] Der Praxisbezug des Studiums wird durch ein Vorpraktikum, Praxissemester mit 540 Zeitstunden und ein durch die senatorische Behörde begleitetes Anerkennungsjahr ausgewiesen.[16][17] Zudem ist infolge des personellen Neuanfangs und einer erstmals seit der Auflösung der HfSS wieder weitgehenden räumlichen Konzentration im aufgestockten Dachgeschoss des M-Traks inzwischen u.a. ausgewiesene Expertise in der Jugendhilfe, im Gesundheitswesen, im Feld Migration und in sozialräumlich ausgerichteten Arbeitsansätzen vorhanden.[18] Mitglieder des Fachbereichs, lokale und auswärtige Wissenschaftler/innen gründeten das „Bremer Institut für Soziale Arbeit und Entwicklung“ (BISA+E).[19]

Internationalisierung[Bearbeiten]

Internationale Kontakte wurden aufgebaut – der Verbund SocNet98 – European Network of Universities/Schools of Social Work[20] mit achtzehn ausländischen Hochschulen ermöglicht bilaterale Kontakte, Auslandssemester und Studienreisen; „International Weeks“ mit Austauschstudierenden und ein Modul zur „internationalen Sozialarbeitsforschung“ gehören inzwischen zum regelmäßigen Semesterprogramm.[21]

Perspektiven[Bearbeiten]

Zwei heute zentrale Anforderungen an Hochschulentwicklung bleiben: Im Unterschied zu allen anderen an der Hochschule vertretenen Fächern und als Novum an deutschen Hochschulen wird bis heute kein konsekutiver Masterstudiengang im Fach Soziale Arbeit angeboten.[22] Dies führt dazu, dass qualifizierter Nachwuchs für Hochschulen, Einrichtungen und Verbände zum Nachteil des Wissenschaftsstandorts Bremen an benachbarte Großstädte abwandert. Auch Übergänge zur Promotion sind damit weiterhin auf vorhandene Kontakte einzelner Lehrender zu sozial- und bildungswissenschaftlichen Instituten etwa am Fachbereich 12 der Universität Bremen[23] verwiesen. Hier – und insoweit als weiterer Ausweis der bis heute reichenden sozialpädagogischen Traditionslinie Bremens – entstand 2005 ein Studienangebot "Bildungswissenschaften im Primar- und Elementarbereich" mit einem ausgewiesen elementarpädagogischen Profil.[24]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. http://www.feav-bremen.de/
  2. Wikipedia zur Sozialpädagogik und Sozialökonomie in Bremen
  3. "Hochschule Bremen#Sozialpädagogik und Sozialökonomie
  4. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41696647.html
  5. http://www.hs-bremen.de/internet/de/studium/stg/
  6. http://www.zeva.org/fileadmin/Downloads/Evaluationsberichte/sozpaed.pdf
  7. http://www.zeva.org/fileadmin/Downloads/Evaluationsberichte/sozpaed.pdf
  8. http://www.heinzhengst.de/
  9. http://www.springer.com/cda/content/document/cda_downloaddocument/9783658097288-c1.pdf?SGWID=0-0-45-1505175-p177571799
  10. http://www.zeva.org/fileadmin/Downloads/Evaluationsberichte/sozpaed.pdf
  11. http://www.dbsh-niedersachsen.de/dbsh2/downloads/lrbs/lrb_2_06.pdf
  12. http://www.dbsh-bremen.de/?page_id=19
  13. http://www.hs-kompass2.de/kompass/servlet/SuperXmlTabelle;jsessionid=82BD8B99A37F9EAEADCCDC4A3287AF3E?tid=80540&id=6970&Bezugstyp=3
  14. http://www.hs-bremen.de/internet/de/einrichtungen/presse/mitteilungen/2013/detail/index_44193.html
  15. http://www.jub-bremen.de/sites/default/files/6%20%20Praxis-Messe%202014%20-%20Flyer%20neu.pdf.
  16. http://www.hs-bremen.de/internet/de/studium/stg/soz/praxis/
  17. https://bremen.beck.de/default.aspx?vpath=bibdata%2fges%2fBrSozAnerkO%2fcont%2fBrSozAnerkO.P1.htm&mode=all
  18. http://www.hs-bremen.de/internet/de/studium/stg/soz/lehrende/hauptlehr/
  19. http://www.bisa-bremen.de/
  20. http://www.socnet98.eu/
  21. http://www.hs-bremen.de/internet/de/einrichtungen/presse/mitteilungen/2015/detail/index_51450.html
  22. http://www.fbts.de/fileadmin/fbts/Archiv/%C3%9Cbersicht_MAStudieng%C3%A4ng_BachelorSA_092010-2.htm
  23. http://www.hs-bremen.de/internet/de/hsb/struktur/mitarbeiter/cspatscheck/
  24. http://www.fruehpaedagogik.uni-bremen.de/index.html
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