Hadith-Forschung
Ḥadīṯ-Forschungen (Arabisch:علم الحديث ʻilm al-ḥadīṯ "Ḥadīṯ-Wissenschaft") sind mehrere geistliche Teildisziplinen muslimischer Gelehrter zur Untersuchung und Beurteilungen (der Authentizität) von Ḥadīṯen.[1] Der Ḥadīṯ-Gelehrte, Dschalāl ad-Dīn as-Suyūtī, beschrieb sie als die Grundlagenwissenschaft, die Kenntnis über den Zustand von sanad (der Überlieferungskette) und matn (dem Inhalt) eines Ḥadīṯ besitzt. Sie befasst sich mit der sachlichen Abwägung und Bewertung, des sanad und matn zur Gewährleistung einer objektiven Einordnung des Ḥadīṯ zwischen ṣaḥīḥ (authentisch), ḥasan (gut) und ḍaʿīf (schwach). Ibn Hadschar al-ʿAsqalānī bevorzugt hingegen die Definition: Kenntnis über die Grundlagen, zur Bestimmung der Authentizität des Erzählten und des Erzählers.
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[Verbergen]Stellung im Islam[Bearbeiten]
Eine gemeinhin übliche Methode in der Geschichte des Islams, besteht in der exakten Bestimmung des Isnāds bzw. der Überlieferungskette eines Ḥadīṯ. Beim Isnād wird sorgfältig geprüft, ob die Überlieferungskette in dieser Form realistisch sein kann (z.B, wird darauf geachtet, ob alle Überlieferer historisch bekannt sind und zur Zeit der Überlieferung in unmittelbarer Nähe gelebt haben) und ob der Überlieferer eine zuverlässige Informationsquelle ist. Die Gelehrten lehnten Überlieferungen von Personen ab, die gelogen haben (zu irgendeinem Zeitpunkt) und solche die dafür bekannt waren, nachlässig zu sein (und dadurch anfälliger für Fehlintepretationen waren).
Muḥaddiṯ[Bearbeiten]
Der Beriff Muḥaddiṯ bezieht sich auf einen Experten, der in hohem Maße Kenntnisse über den (überlieferten) Ḥadīṯ, die Überlieferungskette (Isnād), sowie die ursprünglichen Überlieferer des Ḥadīṯes hat. Laut Sheikh Muḥammad ibn Idrīs asch-Schāfiʿī, einem islamischen Rechtsgelehrten des 8. Jahrhunderts und Begründer der schāfiʿitischen Rechtsschule (maḏhab), ist ein muḥaddiṯ jemand der mindestens 400.000 (Ḥadīṯ-)Überlieferungen mitsamt der Überlieferungskette für jeden einzelnen Ḥadīṯ kennt. Das weibliche Pendant hierzu ist die muhaddiṯa. h Bei der Beschreibung eines muḥaddiṯ stellte Al-Dhahabī folgende Frage, "Wo ist das Wissen der Ḥadiṯe, und wo sind seine Leute (Überlieferer) ?" die er im gleichen Atemzug mit "Ich neige dazu Sie entweder vertieft in ihren Büchern oder unter der Erde (Tod) zu sehen", benantwortet.
Sowohl Männer als auch Frauen dienten als muḥaddiṯīn (Überlieferer). Die Voraussetzungen für einen muḥaddiṯ entsprechen den gleichen, wie Sie für die Überlieferung von Berichten zum Propheten Mohammed (riwayah) in der Islamischen Tradition im Allgemeinen gelten: Aufrichtigkeit, Rechtschaffenheit, ein zuverlässiges und genaues Gedächtnis, frei von Vorurteilen oder Zwang, welche mutmaßlich für die Verfälschung einer Überlieferung sein könnten .[2]
Zahlreiche Frauen dienten in der Geschichte des Islams als muḥaddiṯāt. Sheikh Nadwi zählt alleine 8000 (Frauen), basierend auf biografischen Lexika der klassischen und mittelalterlichen Periode des Islams.[3] Viele dieser Frauen gehörten zu den bedeutendsten Gelehrten ihrer Zeit und Männer, die die Überlieferungen empfingen, waren Stolz darauf diese von ihnen zu Empfangen. Es ist zudem anzumerken, dass die muḥaddiṯāt das gleiche Wissen wie ihre männlichen Kollegen überlieferten - es gab und gibt keine Beschränkung, hinsichtlich des Inhalts einer Überlieferung, für Frauen.
Geschichte[Bearbeiten]
Nach dem Tode Mohammeds, blieb seine Tradition sowohl in mündlicher als auch in schriftlicher Form erhalten. Umar ibn al-Khattab, der zweite Kalif, begann mit der Sammlung und Zusammenführung aller Ḥadīṯe unter einem Band. Er gab dieses Bestreben später jedoch auf, um den Forschungsschwerpunkt der muslimischen Länder auf die Lektüre des Korans zu legen.
Der Umayyaden-Kalif, ʿUmar ibn ʿAbd al-ʿAzīz setzte sich ebenfalls für die Sammlung aller vorhandenen Ḥadīṯe ein. Das Sammeln und Lehren der zusammengeführten Ḥadīṯe sollte demnach den Ethos der muslimischen Gemeinde (Umma) seinerzeit auffrischen. Er unterstützte Lehren des Fiqhs, schickte Gelehrte zu ungebildeten Beduinenstämmen, beauftragte die wöchentliche Lektüre der Ḥadīṯe in Hejaz, und sandte Ḥadīṯ-Gelehrte aus seiner Provinz nach Ägypten und Nord Afrika.
Ferner beorderte Umar, den großen Gelehrten von Madinah, Abū Bakr ibn Ḥazm alle von Mohammed, ʿUmar ibn al-Chattāb und teilweise von ʿĀ'ischa überlieferten Ḥadīṯe niederzuschreiben. Er bündelte diese Ḥadīṯe in Büchern die im Umayyaden Reich in Umlauf gebracht wurden. Obwohl die Bücher mittlerweile nicht mehr vorhanden sind, zeigen zeitgenössische Kommentare Ibn al-Nadims, dass Sie den Büchern des Fiqhs in Struktur und Aufbau ähnelten. Etwa der Muwaṭṭaʾ, dem ersten umfangreichen Ḥadīṯ Sammelwerk von Imam Mālik, dass sich im wesentlichen am Aufbau früherer Ḥadīṯsammlungen ʿUmars richtete.
Die Unterteilung der Ḥadīṯe in sahih, solide oder authentisch; hasan, gut; und da'if, schwach, wurden früh Bestandteil der Ḥadīṯ-Forschung Alī ibn al-Madīnī. Später verfasste Al-Madīnīs Schüler Muhammad al-Bukhari (810–870) den Sammelband Sahih Buchārī (Ṣaḥīḥ Buḫārī), der unter sunnitischen Gelehrten gemeinhin als die authentischste aller Ḥadīṯsammlungen gilt, gefolgt von Muslim ibn al-Hajjajis, einem weiteren Schüler al-Madīnī. Al-Buchārī's Methodik bei der Examinierung der Ḥadīṯe qua isnad-Analyse galten als Vorbild für die Weiterentwicklung späterer Ḥadīṯforschungen.
Sanad und matn[Bearbeiten]
Der sanad und matn sind die essentiellen Bestandteile eines jeden Ḥadīṯ. Dabei stellt der sanad Informationen zu der Kette der Überlieferer dar, die der matn, also der eigentliche Inhalt, durchlaufen hat.
Wichtigkeit des Isnads[Bearbeiten]
Religiöse Gelehrte frühislamischer Zeit betonten die Wichtigkeit des Isnads für die Evaluierung eines Ḥadīṯ. So behauptete einer der frühesten Koran-Exegeten, Matr al-Warraq , dass der folgende Vers aus dem Koran, “oder (auch nur) eine Spur von Wissen,” sich auf den Isnad eines Ḥadīṯ bezieht.
Überdies fügte, ʿAbdallāh ibn al-Mubārak hinzu “Der isnad ist ein Teil der Religion (Din); gäbe es den isnad nicht könnte jeder behaupten was er wollte.” Gemäß Ibn al-Salah, entstand der sanad innerhalb der muslimischen Gelehrtengemeinde und überdauerte als wesentliches Merkmal nur bei eben dieser. Ibn Hazm präzisierte die Behauptung und fügte an, der sanad ist ein Spezifikum der Islamischen Religion. Er führte näher aus, dass der sanad auch in jüdischen Gemeinde seine Anwendung fand; jedoch lagen bis dahin dreizig Generationen zwischen ihnen und Moses.
Diskussion über die Gültigkeit[Bearbeiten]
Sheikh Ahmad Kutty, Hauptdozent und Wissenschaftler am Islamic Institute of Toronto,[4] Ontario, Canada erklärt was seiner Ansicht nach die Aussagekraft der Ḥadīṯforschung unterstützt:
- In dieser Hinsicht gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Islam und anderen Religion: Der Islam ist hinsichtlich der Wahrung religiöser Quellen, innerhalb der Weltreligionen, einzigartig. Muslime begründeten eine wissenschaftliche Methodik die, bei der Sammlung und Überprüfung von Informationen, strikten Vorgaben unterlag. Wie bereits (zuvor) gesagt wurde, sind 'Isnad und Aufzeichnung' Bestandteile des Islams und hätte es den Isnad nicht gegeben, so hätte jeder (über den Propheten Mohammed) behauptet, was er wollte.
I. A. Ahmad schreibt :[5]
- Die Ungenauigkeit altertümlicher Historiker bezüglich ihrer Quellenlage steht in starkem Kontrast zur Beständigkeit, die Gelehrte wie Bukhari und Muslim konstituierten indem Sie jedes Mitglied der Überlieferungskette kannten und die Zuverlässigkeit dieser begutachteten. Sie veröffentlichten ihre Forschungsergebnisse, welche wiederum von späteren Gelehrten erneut auf ihre Übereinstimmung unter einander und mit dem Koran geprüft wurden .
Siehe auch[Bearbeiten]
Einzelnachweis[Bearbeiten]
- Hochspringen ↑ An Introduction to the Science of Hadith, translated by Eerik Dickinson, from the translator's introduction, pg. xiii, Garnet publishing,Reading, U.
- Hochspringen ↑ Mohammad Akram Nadwi, Al-Muhaddithat: The Women Scholars in Islam, (Oxford/London: Interface Publications, 2007), p. 17.
- Hochspringen ↑ Mohammad Akram Nadwi, Al-Muhaddithat: The Women Scholars in Islam, (Oxford/London: Interface Publications, 2007).
- Hochspringen ↑ islam.ca
- Hochspringen ↑ I. A. Ahmad: The Rise and Fall of Islamic Science: The Calendar as a Case Study. (PDF) 3. Juni 2002, S. 4-5, abgerufen am 1. Juli 2015 (englisch).