Grubenflutung im Saarland

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Nicht-neutrales, ausschweifendes Essay auf Basis von Zeitungsartikeln zu einem sicherlich relevanten Thema.

Flutungskonzept der RAG

Die Grubenflutung im Saarland ist ein Projekt der RAG Aktiengesellschaft zur Teilflutung ehemaliger saarländischer Gruben auf 320 Meter unter Null.

Die Betreiber der Kohlengruben im Saarland waren verpflichtet, nach Stilllegung derselben für die Folgekosten aufzukommen. Als große Herausforderung stellte sich die Grubenwasserhaltung heraus, weswegen von der RAG die Flutung der Gruben bevorzugt wurde. Angesichts der Unsicherheit über die Folgen der Flutungen wuchs jedoch im Saarland der Widerstand gegen dieses Vorhaben. Vor allem befürchtete man im Saarland die irreparable Verseuchung der Trinkwasserschichten.

Inhaltsverzeichnis

Grubenwasserhaltung[Bearbeiten]

Eine wichtige Maßnahme bei Kohlegruben ist die Wasserhaltung, also das permanente Abpumpen von Wasseransammlungen, die durch Regenwasser, unterirdischen Wasserreservoire etc. verursacht werden. Diese Wasserhaltung muss auch nach Stilllegung der Gruben fortgeführt werden, da mit steigendem Wasserspiegel die Stabilität des Untergrundes gefährdet ist, was zu Gebäudeschädigungen, Vernässung der Böden und Austritt von Radon führen kann. Ein weiteres Gefahrenpotential liegt in hochtoxischen Substanzen, die teils natürlicherweise vorliegen, zu einem großen Teil aber auch durch Gewinnungsmethode der Kohle, etwa PCB und dergleichen sich angereichert haben. Durch eine Flutung der Gruben könnte das mit den Giften befrachtete steigende Grundwasser Trinkwasserschichten durchmischen.

Erste Maßnahmen zum Abschluss des Bergbaus, 2010 - 2013[Bearbeiten]

In der 1990er-Jahren wurden mehrere Steinkohlengruben geschlossen. Die letzten Gruben des Saarlandes wurden 2012/13 stillgelegt. Ein Grund für die endgültige Einstellung war 2008 ein tektonisches Beben im Landkreis Saarlouis mit der Stärke 4,5. Die Ursache waren Sandsteindecken, unter denen die Steinkohle gewonnen wurde und die daraufhin zusammenbrachen. Ende 2012 beantragte die RAG die Flutung der saarländischen Bergwerke beim zuständigen Bergamt. Derzeit werden die Gruben abgepumpt und in Bäche eingeleitet.

Verseuchtes Grubenwasser, 2014 - Anfang 2015[Bearbeiten]

Bereits 2010 wurde eine starke Belastung saarländischer Gewässer mit PCB, Dioxin und Furanen diagnostiziert. Insbesondere bei Fischen unterhalb der Staustufe Burbach waren die Werte stark auffällig. Die RAG wies jegliche Schuld von sich. Der Leiter des Bergwerks Saar argumentierte, dass man seit 1988 kein PCB mehr eingesetzt habe, was auch durch die Behörden streng überwascht worden sei und dass die letzten Wasseranalysen unter der Nachweisgrenze gelegen hätten.[1]

Februar 2013 wurde das still gelegte Bergwerk Saar unter der Leitung des Bergwerkdirektors Friedrich Breining geschlossen, und zwar mit der Absicht auf Endgültigkeit. Die Schächte sollten teilweise verfüllt und mit Betonkonstruktionen verschlossen und abgedämmt werden. In Ensdorf sollte eine Überwachungsanlage für die kontrollierte Flutung des Bergwerks installiert werden, um eventuellen bergbaulichen Schäden vorzubeugen. Der Wirtschaftsminister Maas bezweifelte allerdings diese Gefahrenpotenziale, denn bei Flutungen seien die Setzungen eher unwahrscheinlich. Hans Alois Schmitt, der Leiter des Bergamtes, hielt sich dagegen mit Empfehlungen für die Flutung zurück und wollte erst weitere Erkenntnisse bezüglich unerwünschter Folgen gewinnen. Man erhoffte sich durch die Versorgung von Blockkraftheizwerken durch freiwerdendes Methan und durch ein Pumpspeicher-Kraftwerk mit einer Fallhöhe von ca. 850 m profitable Energieerzeugung, welche sich aber als unwirtschaftlich herausstellten.[2]

Im Februar 2014 teilte die RAG ihre Pläne bezüglich des Grubenwassers mit: Man wollte das Wasser zunächst auf 320  m u.N. ansteigen lassen. Im zweiten Schritt ließe man dann das Wasser „kontrolliert“ so weit ansteigen, dass es in Ensdorf in die Saar geleitet werden könnte.[3] Der damalige Grünen-Chef Hubert Ulrich äußerte massive Kritik an diesem Vorhaben. Es fehlten Gutachten über zu erwartende Folgen wie Hebungen und Trinkwasserverunreinigungen. Außerdem habe die Landesregierung keine unabhängigen Gutachten angefordert. Der RAG-Sprecher Karlheinz Pohmer hielt dagegen, dass die Aktionen durch Gutachten begleitet würden und auch jederzeit deaktiviert werden könnten. Dem Bergbauamt aber lagen noch keine Anträge der Bergwerksbetreiber auf Gutachten vor.[4]

In den folgenden Monaten wurden die Bedenken gegen eine Grubenflutung immer schwerer: Nach Auflistungen von Wirtschaftsministerium und RAG lagerte man bis 2012 ca. eine halbe Million Kubikmeter Flugasche aus Rauchgas-Entschwefelungsanlagen von Steinkohle-Kraftwerken, welche durch Beimischung von Zement als Baustoff genutzt wurde. Als ein weiteres Entschweflungsprodukt wurde Sprühabsorptionsasche bei einem Schwelbrand unter Tage eingesetzt. Zudem wurden bis in die 1990er-Jahren in die Grube Reden mehrere tausend Fässer Asbest-Zement entsorgt. Eine weitere Belastung sind Gießerei-Altsande, mit deren Hilfe man einen Schacht der Grube Luisenthal aufgefüllt hat. Laut der Wirtschaftsministerin Rehlinger waren diese Einlagerungen wohl alle genehmigt. Die RAG beabsichtigte nun, das Grubenwasser auf 500 m u.N. steigen zu lassen. Axel Schäfer, der RAG-Verantwortliche für die Beendigung des Bergbaus, argumentierte, dass das Grundwasser am tiefsten Punkt 220 m u.N. läge und daher nicht tangiert werde.[5]

Die Grünen im saarländischen Landtag machten daraufhin deutlich, dass sich die Landesregierung auf Gutachter der RAG stütze und dass man die Kommunen an der Willensbildung nicht beteilige. Außerdem könne niemand eine verlässliche Prognose über die Auswirkung der Flutung auf das Grundwasser abgeben.[6]

Im Januar 2015 berichtete auch „Der Spiegel“, dass man in der 1970er- und 1980er-Jahren im Bergbau hochgiftiges PCB-haltiges Hydrauliköl eingesetzt hatte. Von dieser krebserregenden Substanz lagerten noch mehr als 10.000 Tonnen in den Schächten, in Behältern, verlassenen Anlagen oder verschüttet auf dem Boden. Im Saarland wurden über 1500 Tonnen dieses Gifts verbraucht, aber es sind keine Unterlagen vorhanden, die eine ordnungsgemäße Entsorgung dokumentieren, was darauf schließen lässt, dass ein erheblicher Anteil unkontrolliert nach außen gelangt ist und auch noch gelangen wird. Auch die RAG sah sich nicht in der Lage, verlässliche Angaben über die in Rede stehende Menge von PCB unter Tage zu machen. Sie sehe aber kein Problem darin, die Gruben zu fluten. Es sei alles unter Kontrolle und außerdem seien die PCB-Werte alle unter der Nachweisgrenze. Die Grünen und die Naturschutzverbände befürchteten jedoch, dass die Trinkwasservorkommen unbrauchbar würden. Der Grünenchef Ulrich forderte von Landesregierung, Verantwortung zu übernehmen und die Bevölkerung zu informieren.[7]

Die CDU im Landtag warnte nun vor unnötiger Panik angesichts der PCB-Ärgernisse. Ihr Fraktionsvorsitzender Klaus Meiser versicherte, dass jede Gefährdung von Grundwasser und Bevölkerung vermieden werde. Auch im Wirtschaftsministerium versprach man Ähnliches.[8]

Umweltminister Reinhold Jost beschuldigte Hubert Ulrich der Panikmache. Die Befürchtung, dass Trinkwasser durch PCB bedroht werde, sei falsch, da die Flutungen erst genehmigt würden, wenn keine Gefahren drohten. Das werde auch durch unabhängige Gutachten untermauert.[9]

Im Februar 2015 wurde die 2013 genehmigte Teilflutung des Bergwerks Saar durch die saarländische Landesregierung wieder aufgegriffen. Die Grünen-Fraktion im Landtag warf der Landesregierung vor, entgegen der massiven Bedenken des Landesamts für Umweltschutz („noch nicht verantwortbar, in einer derartig komplexen Angelegenheit einen irreversiblen ersten Schritt zu genehmigen“) und des Oberbergamts, das die gesetzliche Grundlage des Sonderbetriebsplans anzweifelte, die Teilflutung des Bergwerks Saar genehmigt zu haben, und zwar ohne Informationen über die Giftstoffe unter Tage. Die Ministerien wiesen die Vorwürfe entschieden zurück. Die Betriebspläne seien rechtlich einwandfrei. Giftstoffe seien bei der Flutung vernachlässigbar im Hinblick auf Trinkwasser. Die Landesregierung bekräftigte die Aussage, die Bürger einzubinden und gegebenenfalls die Flutung zu stoppen.[10]

Als Antwort beantragte die Fraktion der Grünen einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss mit der Begründung "Wir wollen wissen, warum die Landesregierung das Geschäft der RAG betreibt und dem Unternehmen entgegen dem Rat der eigenen Fachbehörden eine Vorzugsbehandlung gewährt" (Hubert Ulrich). Zudem irritierte die Grünen, dass die Regierung sich einer Auskunft über die PCB-Belastung in den Gruben verweigerte. Mit den Stimmen der Linken und Piraten kam schließlich die erforderliche Zahl an Stimmen für den Untersuchungsausschuss zusammen. [11]

Umweltminister Jost wandte nun ein, dass ja die Grünen 2010 als Teil der Jamaika-Koalition die Teilflutung mitgenehmigt hätten, worauf Ulrich konterte, dass 2010 lediglich der Antrag der RAG gestellt, aber dann erst 2013 genehmigt worden war, also 10 Monate nach Ausscheiden der Grünen aus der Koalition. Die Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer versprach, das Genehmigungsprozedere im Kabinett aufzugreifen. Letzteres sollte angeblich von Einwendungen der Fachbehörden keine Kenntnis gehabt haben.[12]

Saarländische Gemeinden wehren sich gegen die Flutungen, 2015 – 2016[Bearbeiten]

Währenddessen regte sich auch betroffenen Gemeinden in der engeren Flutungszone (vor allem Kreis Saarlouis) aktiver Widerstand. Die Gemeinde Nalbach überlegte sich die Klage gegen den Sonderbetriebsplan 2013, um einen Flutungsstop zu bewirken.[13] Lebach forderte einen Flutungsstopp nebst Abpumpen des Grubenwassers, bis die umfassende Würdigung aller Fragestellungen und Bedenken bezüglich möglicher Folgen abgeschlossen sei.[14]

In Saarwellingen berichteten der Wirtschafts-Staatssekretär Jürken Barke und RAG-Vertreter Michael Drobniewski den örtlichen Vertretern über den weiteren geplanten Ablauf der Flutungen nebst Genehmigungsverfahren. Was ist mit der Flutung 2013? nn Man beabsichtige einen Wasseranstieg bis 320 m u.N. und schließlich das Abstellen der Pumpen, so dass das Wasser dann in die Saar abfließen könnte. Alles werde aber bei völliger Erhaltung des Grundwassers geschehen. Der momentane Wasseranstieg in der Primsmulde solle vor allem Erderschütterungen vorbeugen. Durch die Flutung seien die Geländehebungen gleichmäßiger. Vor allem dauere das Fluten nur acht Jahre im Gegensatz zum Verfüllen der Stollen in 80 Jahren. [15]

Die betroffenen Gemeinden ließen sich jedoch nicht beschwichtigen. In Saarlouis gaben CDU und Grüne eine Resolution heraus mit der Forderung „absoluten Vorrang für Mensch und Natur bei der Grubenwasserhaltung“, was größtmögliche Transparenz der Vorgänge nebst Beratung, unabhängiger Begleitung und Bürgerbeteiligung miteinschloss.[16]

Zur gleichen Zeit beschloss der Gemeinderat Nalbach einstimmig, Rechtsmittel gegen die 2013 genehmigten Flutungen Primsmulde und Dilsburg einzulegen. Die Ensdorfer Grünen beantragten, sich diesem Vorhaben anzuschließen.[17]

Am 15. April 2015 nahm die RAG das Abpumpen der beiden erwähnten Bergwerke wieder auf, zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass die Bergbehörde den Widerspruch Nalbachs ablehnen würde.[18]

Ende Juni 2015 kündigte Jost an, die saarländischen Fließgewässer genauer auf PCB prüfen zu lassen, wobei das Grubenwasser von Reden, Camphausen und in der Rossel Überschreitungen der Grenzwerte zeigten, Saar, Blies und Nied aber unterhalb der Werte lägen. Der Landtagsfraktion der Grünen reichte dieses Vorhaben nicht. Sie forderten Giftproben direkt an den Austrittsstellen der Gruben, außerdem des Fluss-Schlamms in der Saar und das Sickerwasser der Bergehalden. Ulrich warf CDU/SPD vor, die Werte verschleiern und kleinreden zu wollen. [19]

Als nächster verabschiedete der Riegelsberger Gemeinderat einstimmig eine Resolution für Grubenwasserhaltung, damit Grund- und Trinkwasser geschützt werde, aber auch weiteren Schäden wie Erdbewegungen, Vernässungen, Austritt von Methan vorzubeugen. Der Gemeinderat Heusweiler lehnte dagegen eine ähnliche Resolution mit CDU, SPD und Linken mehrheitlich ab.[20]

In Schwalbach lehnte der Gemeinderat auf Antrag des Grünen Michael Nagelski einstimmig die Flutungen ab und verabschiedete eine Resolution zur Grubenwasserhaltung. Sie richtete sich auch an die Landesregierung, keine Genehmigungen der Flutungen zu erteilen, wenn die befürchteten Schäden nicht komplett ausgeschlossen werden könnten. Der Bürgermeister Hans-Joachim Neumeyer merkte dazu an, dass man sich auf eine lange Zeit des Prozesses einstellen müsste. [21]

Im Juli 2015 veröffentliche der Nalbacher Gemeinderat eine zweite Resolution, nach der bei einer Flutung das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben im Saarland auf Dauer höchst gefährdet sei. So müsse die RAG in der Bergaufsicht verbleiben, bis alle Pflichten erfüllt seien. Außerdem werden in der Resolution die Einhaltung der EU-Wasser-Rahmen-Richtlinie, Aufbereitungsanlagen für Wasserreinigung, Analyse der zu erwarteten Finanzierung die Ewigkeitslasten betreffend gefordert.[22]

Damit die Hauseigentümer im Saarland sich über eventuelle Bodenbewegungen durch den drohenden Wasseranstieg auf 320 m u.N. informieren konnten, kündigte im Oktober 2015 Jost die Versorgung mit Geländedaten durch den ESA Satelliten 1A an. Außerdem sollte ein Kataster mit Erfassung von PCB-verseuchten Gewässern im Saarland erstellt werden.[23]

Nachdem die saarländische Landesregierung zur Auffassung gelangt war, dass die RAG bzw. die RAG-Stiftung das in die Bäche eingeleiteten toxischen Grubenwassers reinigen müsse, tagte im Dez. 2015 der Ausschuss für Grubensicherheit und Nachbergbau des saarländischen Landtags. Er kam zu der Auffassung, dass die RAG bzw. die RAG-Stiftung für die Kosten der Grubenwasserreinigung aufkommen müssten.[24]

RAG strebt die Flutung an, saarländische Landesregierung in der Defensive, 2016/17[Bearbeiten]

Im April 2016 stellte die RAG den Antrag auf Teilflutung der Gruben Reden und Duhamel auf zunächst 320 m u.N. Dafür sollten die Pumpen in diesen Gruben abgestellt werden. Das Grubenwasser sollte schrittweise ansteigen, bis man es letztendlich in die Saar ableiten könnte. Das Wirtschaftsministerium äußerte sich, dass alle notwendigen Unterlagen öffentlich zugänglich gemacht würden, so dass sich betroffene Bürger Einwände erheben könnten. Das Oberbergamt habe dann das letzte Wort. Die Grünen befürchteten, dass dieses stufenweise Genehmigungsverfahren eine gesamte Würdigung der drohenden Flutungsschäden ausheble. Hubert Ulrich forderte daher das Oberbergamt auf, diesen RAG-Antrag abzulehnen. [25]

Im Oktober 2016 erschienen Heiko Maas und Annegret Kramp-Karrenbauer vor dem Untersuchungsausschuss Grubenwasser. Thematisiert wurde die 2012 erteilte Genehmigung für die RAG, die Flutungen von Primsmulde und Dilsburg auf 400 m u.N. Die RAG hatte die Notwendigkeit dafür so begründet, dass die leeren Gruben mit der Zeit durch das Berggewicht einstürzen würden, was zu unkontrollierbaren Erderschütterungen führte. Dem könnte man mit einer kontrollierten Flutung über einen Zeitraum von acht Jahren entgegenwirken, wohingegen das natürliche Volllaufen der Gruben etwa 80 Jahre dauerte. Das Bergamt genehmigte die Alternative mit den acht Jahren. Daraufhin sagte Wirtschaftsminister Maas der Flutung zu. Im Februar wurde die Ministerpräsidentin informiert. Die Grünen warfen nun Maas und Kramp-Karrenbauer vor, auf die Bergbehörden Einfluss genommen zu haben, also das Tor zu einer Gesamtflutung der Bergwerke geöffnet zu haben. Die beiden Beschuldigten wiesen die Vorwürfe zurück. Maas berief sich auf die Vorteile der gepriesenen Acht-Jahres-Variante und Kramp-Karrenbauer auf die Einschätzungen kompetenter Fachleute. Dem hielten die Grünen entgegen, dass als Grundlage für die Entscheidung ein achtseitiges Gutachten diente, das aus der Quelle der RAG kam. Während Ulrich den zuständigen Behörden Willfährigkeit gegenüber der RAG vorwarf, nahm die Ministerpräsidentin diese in Schutz. Die Obmänner von CDU und SPD bescheinigten die Anschuldigungen der Grünen als haltlos.[26]

Im November 2016 erschien der ehemalige RAG-Direktor Peter Fischer vor dem Untersuchungsausschuss Grubenwasser. War man 2006, angelehnt an ein Gutachten der KPMG, noch davon ausgegangen, dass die Pumpen untertage ewig laufen müssten, veröffentlichte man 2013 das Vorhaben, das Wasser komplett ansteigen zu lassen. Fischer erläuterte, dass das erste Gutachten nur eine vorläufige Einschätzung gewesen wäre. In weiteren Zeitverlauf sei man zu dem Schluss gekommen, dass eine Grubenflutung machbar sein müsste. Allerdings war diese Einschätzung nicht wissenschaftlich untermauert. Es bestünde aber keinerlei Gefahr für das Trinkwasser. Für die weitere Flutung über 320 m lägen aber noch keine Erkenntnisse vor. [27]

Im Januar 2017 wurden die befürchteten Beeinträchtigungen der wasserführenden Schichten durch die Grubenwasserflutung näher beleuchtet. Fachleute des saarländischen Umweltministeriums hielten die zu erwartende Salzkonzentration neben dem Eisengehalt im Grubenwassers für eine größere Gefahr als das PCB. Diese Substanzen waschen sich aus dem Gestein. Die Experten nahmen an, dass die Grubenflutung ohnehin die Konzentration der Schadstoffe reduziere, wenn man die gestiegene Flüssigkeit, wie geplant, kanalisiert in Ensdorf in die Saar leite. Die RAG befürchtete außerdem, dass eine PCB-Reinigung des Grubenwasser eigentlich kaum möglich, und wenn, dann zu aufwendig sei. Das Entfernen der Salze wurde als noch viel problematischer eingeschätzt, denn die Anteile, die nicht in die Saar flössen, würden das Grundwasser bedrohen.[28]

Nachdem sich die Entsorgung des Grubenwassers doch nicht so reibungslos zeigte, rückte im Februar 2017 die Aufgabe der RAG ins Blickfeld, das Wasser dauerhaft abzupumpen. Die Grünen lasen diese Verpflichtung aus dem Erblastenvertrag von 2007 heraus, zwischen RAG, Saarland und Nordrhein-Westfalen abgeschlossen. Danach sollte die RAG ein Konzept für die „langfristige“ Optimierung der Grubenwasserhaltung“ erstellen. Die RAG verstand darunter allerdings vor allem, die Gruben vollständig zu fluten. Hubert Ulrich, seinerzeit Vorsitzender des Untersuchungsausschusses Grubenwasser, verdächtigte die RAG, zu ihrem Vorteil die Forderung nach Grubenwasserhaltung umzuinterpretieren. Der RAG-Vorsitzende Bernd Tönjes verwahrte sich dagegen. Die komplette Flutung sei für die Umwelt optimal, da die belasteten Bäche gereinigt würden.

Vor dem Untersuchungsausschuss erklärte jedoch der ehemalige saarländische Ministerpräsident Peter Müller, dass die RAG das Grubenwasser ewig abpumpen wollte, da die Verunreinigung des Trinkwassers nicht ausgeschlossen werden könnte. Es sei nicht die Rede von Abstellen der Pumpen gewesen, sondern von wirtschaftlichem Vorgehen, um die Existenz der Stiftung zu sichern. Diese Aussage deckte sich im Wesentlichen der Grünen-Auffassung. SPD-Mitglied Magnus Jung stellte anschließend fest, dass die seinerzeit genehmigte Flutung auf 400 m u.N. rechtlich korrekt erfolgt sei und dass die RAG den Antrag auf weitere Flutung stellen dürfe. Es war auch der Wasserexperte Harald Friedrich in den U-Ausschuss geladen worden, wo er ebenfalls für ewiges Pumpen plädierte, da man niemals annehmen könnte, dass Gesteinsschichten steigendes Grubenwasser völlig von Grundwasser trennen könnte. Vor allem die Kontamination der Bäche mit PCB sei rechtlos und der Gehalt in Fließgewässern sei nicht relevant, sondern der in den Gruben. Dagegen vertrat die RAG den Standpunkt, dass im Gegenteil der Grubenwasseranstieg zur Reinigung der Gewässer beitragen würde, da sich die PBC-Teilchen an absinkende Schwebstoffe bindeten. Auch die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen sei aufgrund eines Gutachtens zu diesem Schluss gekommen.[29]

Im September 2017 wurde die RAG vom Verwaltungsgericht Saarlouis verpflichtet, für das entnommene Grubenwasser Grundwassergebühren zu zahlen. Auch wenn das Abpumpen nicht mehr einem betrieblichen Zweck diene, so seien doch Folgeschäden aus dem vorherigen Kohleabbau zu verhindern. Allerdings ließ das Gericht Berufung an höherer Stelle zu.[30]

Im Dezember 2017 riet der Illinger Bürgermeister Armin Koch, dass alle Saarländer, die einem Bergschadensverzicht zugestimmt hatten, bei Oberbergamt Einspruch gegen die angestrebte Flutung der Gruben einzulegen. Für Verzichterklärungen nach 2011 könne sogar Sittenwidrigkeit vermutet werden, da ja derzeit die Rag schon geplant hatte, die Gruben zu fluten. Es handelte sich um insgesamt ca. 600.000 Saarländer in über 30 Kommunen.[31]

Die RAG hingegen strebte die Flutung auf 320 m u.N. klar an, um im nächsten Schritt das Wasser zu Tage steigen und dann einfach in die Saar laufen zu lassen. Der von der Landesregierung beauftragte Wasserexperte Jürgen Wagner sah für den ersten Schritt keine Bedenken bezüglich der Wasserverunreinigung. Allerdings ließen diese sich nicht vollständig ausschließen.

Auswirkungen auf das Kanalsystem durch Bodenhebungen hielt Tönjes von der RAG für vernachlässigbar. Es handele sich lediglich um leichte Veränderungen von drei bis elf Zentimetern. Außerdem würde die RAG Schäden gegebenenfalls begleichen. Das Gleiche gelte auch für Bergschäden an Gebäuden. Auch seien Methanausgasungen und Vernässungen nur in vernachlässigbarem Umfang zu erwarten.

Tönjes wies die Vermutungen, die RAG wolle durch das Erhöhen des Wasserspiegels lediglich Geld sparen, von sich. Die RAG würde die Kosten für das Abpumpen nach Vereinbarung bis Ende 2018 tragen. Dann übernähme die RAG Stiftung die Lasten. Allerdings sei man seinerzeit bei der Kalkulation von einer Flutung bis -320 m ausgegangen.[32]

Widerstand gegen die Grubenflutungen organisiert sich, 2018[Bearbeiten]

Anfang 2018 ließ die Landesregierung verlauten, dass man vor der Entscheidung zur Genehmigung der Grubenflutung alle Bedenken sorgsam prüfen werden.[33] Derweil waren zum Stichtag 15.1.18 über 4500 Einwendungen beim Oberbergamt eingegangen und 6600 Personen hatten gegen die Flutung eine Online-Petition eingereicht.[34]

Ende Januar 2018 erklärte ein Vertreter der Oberbergamts Schiffweiler, dass Bodenbewegungen zu erwarten, aber harmlos seien. In der Anfangsphase seien lediglich im Gebiet des Landkreises Saarlouis Beben zu erwarten. Leichte Bergschäden wären entlang der Bruchkanten Quierschied- Illingen denkbar. Die Wasserqualität würde sich auf Dauer verbessern, denn es würden dann weniger Salze freigesetzt, also auch weniger Schadstoffe in die Saar eingeleitet. Die Gefahr von Radon und Methan würde durch die Flutung verringert, weil diese die Gase einschlösse.[35]

Der Regionalverband Saarbrücken lehnte im Februar 2018 den geplanten Anstieg des Grubenwassers ab. Man monierte, dass die von der RAG in Auftrag gegebenen Gutachten sich nur sehr oberflächlich mit möglichen Auswirkungen der Flutung befasst hätten.[36]

Im März 2018 gab Armin König bekannt, das Wasser in den Gruben sei wesentlich stärker durch PCB kontaminiert als bisher angenommen. Verglichen mit der der Umweltqualitätsnorm von 20 Mikrogramm pro Liter lägen die gemessenen Werte in einigen Gruben 15 bis 20 mal höher. Auch wisse man jetzt, dass einige Bäche belastet seien. Armin König warf dem Umweltministerium vor, die Messwerte, die schon Ende 2017 vorgelegen hatten, erst nach Ende der Einwendungsfrist bekanntgemacht zu haben. Linke und Grüne forderten Auflagen zur Entgiftung des Grubenwassers, was technisch möglich und auch von geringen Kosten sei. Das Umweltministerium wies die Beanstandungen zurück. König seien die Werte schon bekannt gewesen, da sie bereits vor der Messung 2017 bekannt waren. Mitte 2021 sollen zeitgleich mit der Entscheidung wegen der Einleitung des Grubenwasser auch die Behandlung desselben angeordnet werden.[37]

Mitte März 2018 ging Armin König mit der Beobachtung an die Öffentlichkeit, dass in der Nähe von Reden Strommasten auf einem alten Absinkweiher in Schieflage geraten seien. Man könne nicht ausschließen, dass dies auf ein ungeplantes Ansteigen des Grubenwassers, etwa durch Entfernen oder Austauschen von Pumpen in der Grube Reden zurückzuführen sei. Auch soll es in näherer Nachbarschaft zur Grube Reden im Februar 2018 zu stärkeren Erdbewegungen mit schweren Gebäudeschäden gekommen sein. Die RAG stufte die Schäden als üblich und in ihrer Stärke vernachlässigbar ein. Das Wasserniveau habe sich nicht merkbar verändert und auch Bodenhebungen in den genannten Gebieten seien vernachlässigbar. Die Ursache für die verbogenen Strommasten müssten jedoch noch ermittelt werden.[38]

Zwei Wochen später wurde die Gefahr von Radonfreisetzung durch die Grubenflutung in der Öffentlichkeit thematisiert. Ein in Quierschied ansässiger Arzt äußerte Bedenken hinsichtlich der erhöhten Freisetzung radioaktiven Radons, verursacht durch flutungsbedingte Erdbewegungen. Dieses Gas sucht sich durch kleinste Risse den Weg nach oben und kann sich vor allem in Kellerräumen ansammeln. Der Arzt war durch die Auswertung des saarländischen Krebsregisters auf auffällig hohe Lungenkrebsraten in alten Bergbaugemeinden gestoßen. Der saarländische FDP-Abgeordnete Oliver Luksic bat hierauf die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages um eine Einschätzung. Die Auswertung verschiedener Expertisen ergab, dass die Radonfreisetzung bei einer Grubenflutung ansteigen. Außerdem sei keine Mindestmenge von Radon bekannt, unter der das Lungenkrebsrisiko insignifikant sei. Allerdings könne bei ausreichend belüfteten Räumen die Gefahr ausgeschlossen werden.[39]

Im April 2018 wurde der Verein ProH2O Saar ins Leben gerufen, der den Schutz der saarländischen Oberflächengewässer und des Grund- und Trinkwassers zum Zweck hat. Namhafte Gründungsmitglieder sind der Illinger Bürgermeister Armin König und die stellvertretende Landesvorsitzende der Grünen, Barbara Meyer-Gluche und Hubert Ulrich, ehemaliger Landesvorsitzender der Grünen.[40]

Beim Oberbergamt waren insgesamt fast 7000 Einwendungen gegen die Genehmigung der Grubenflutungen eingegangen. Über 6000 Personen im Saarland haben auch bei einer Volksinitiative mitgewirkt, in der saarländische Landtag aufgefordert wird, die beabsichtigten Grubenflutungen der RAG im Saarland abzulehnen. [41]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. [1]Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  2. [2]Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  3. [3]Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  4. [4]Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  5. [5]Sol.de. Abgerufen am 3.5.2018
  6. [6]Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  7. [7] von Ute Kirch, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  8. [8] von Johannes Schleuning, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  9. [9] von Johannes Schleuning, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  10. [10] Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  11. [11]von Daniel Kirch, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  12. [12]von Daniel Kirch, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  13. [13] Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  14. [14] Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  15. [15] Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  16. [16] Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  17. [17] von Alexander Zewe, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  18. [18] Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  19. [19] von Dietmar Klostermann Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  20. [20] von Fredy Dittgen, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  21. [21] von Alexander Zewe, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  22. [22] von Johannes A. Bodwing ,Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  23. [23] von Dietmar Klostermann, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  24. [24] von Dietmar Klostermann ,Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  25. [25] Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  26. [26] von Nora Ernst, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  27. [27] von Nora Ernst, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  28. [28] von Johannes Schleuning, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  29. [29] von Johannes Schleuning, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  30. [30] von Hélène Maillasson, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  31. [31] von Dietmar Klostermann, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  32. [32] von Nora Ernst, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  33. [33] DPA, Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  34. [34] DPA, Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  35. [35] von Johannes Schleuning, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  36. [36] von Nora Ernst, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  37. [37] von Ute Kirch, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  38. [38] von Michael Kipp und Marc Prams, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  39. [39] von Oliver Schwambach, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  40. [40] von Nora Ernst, Saarbrücker Zeitung. Abgerufen am 3.5.2018
  41. [41] Newsticker von RTL am 4. Juni 2018, abgerufen am 4.6.18
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