Gotano

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Gotano ist ein Wermut, der bis 2009 in Gotha hergestellt wurde und der meistverkaufte Wermut in der DDR war.

Geschichte[Bearbeiten]

Ab 1934 stellte die im Jahr zuvor von Fritz Köllner und Dr. Italo Brosio gegründete deutsch-italienische Firma Rolando & Co. am Standort Stielerstraße 4 in Gotha italienische Spirituosen nach Originalrezepten her, darunter auch Wermut. Nach kriegsbedingten Unterbrechungen der Produktion und der Enteignung der deutschen Anteile der Firma im Jahre 1952 wurde Ende der 1950er-Jahre durch den nunmehrigen VEB (K) Spirituosenfabrik Gotha wieder mit der Herstellung von Wermut begonnen, zunächst gemeinsam mit einer jugoslawischen Partnerfirma in Zagreb. Um Konflikte mit den italienischen Anteilseignern der früheren Firma Rolando zu vermeiden, wurde der Wermut ab 1962 jedoch nicht mehr unter dem bisherigen Markennamen Rolando vertrieben, sondern zunächst unter dem Namen Gotha-Wermut. Aus dieser Bezeichnung wurde Ende der 1960er-Jahre der Markenname GOTHANO entwickelt. Um auch im internationalen Wettbewerb bestehen zu können und eine problemfreie Aussprache der Bezeichnung im Englischen zu gewährleisten, wurde daraus schließlich GOTANO (ohne „h“).

GOTANO wurde zur bekanntesten Wermut-Marke in der DDR und hatte dort einen Marktanteil von etwa 75 Prozent. 1972 wurden der VEB (K) Spirituosenfabrik Gotha, die Apfelkellerei Stadtilm und die Sektkellerei Bad Langensalza zum VEB Vereinigte Thüringer Weinkellereien vereinigt. Nach der Auflösung des VEB durch die Treuhandanstalt im Jahre 1990 blieb der Gothaer Betrieb, nunmehr unter dem Namen Thüringer Weinkellereien Gotha GmbH als einziger von ehemals sechs Wermut-Herstellern der DDR erhalten. 1997 ergänzte das Unternehmen sein Wermutsortiment auf nicht zwischenerzeugnissteuerpflichtige Produkte, die unter der Bezeichnung GOTANO COOL auf den Markt kamen. Es gab verschiedene Sorten in den Geschmacksrichtungen „Bitter“, „Zartbitter“, „Lieblich“ und „Dry“ jeweils als Farbvariante Bianco (weiß) und Rosso (rot). Zusätzlich wurde ein Wermut für Diabetiker angeboten. Dieser hieß Diano und war ebenfalls in beiden Farben erhältlich. GOTANO fungierte schließlich auch als Markenname für andere Getränke des Unternehmens, z.B. Glühwein.

2008 war GOTANO die Nummer 3 auf dem deutschen Markt und in den neuen Bundesländern die Nummer 2 im Handel. Im Dezember 2009 meldete die Thüringer Weinkellereien Gotha GmbH jedoch Insolvenz an, die Produktion wurde eingestellt und das Unternehmen nach 75 Jahren am Standort Gotha aufgelöst. Ein neu gegründetes Unternehmen in Suhl führt seitdem den Traditionsnamen GOTANO im Firmentitel, die Produktion von Glühwein und Wermut unter dem eingeführten Markennamen erfolgt jedoch in Stadtilm.

Sonstiges[Bearbeiten]

1965/66 wurde in Gotha auf dem einstigen Theaterplatz anstelle des im Krieg zerstörten und 1958 abgerissenen Landestheaters ein moderner zehnstöckiger Hochhausbau errichtet, der aufgrund seiner auf dem Dach angebrachten Leuchtschrift-Werbung „Gotha-Wermut – Ein Genuss“ im Volksmund als Wermutsäule[1] verspottet wurde. Obwohl die Bezeichnung des Wermuts Ende der 1960er-Jahre von Gotha-Wermut in GOTANO geändert wurde, blieb der Schriftzug unverändert und verschwand erst mit dem Abbruch der Wermutsäule im Jahre 1998.

GOTANO spielt auch in der alljährlich am Silvestervorabend in Gotha als Bühnenstück aufgeführten Mundartversion des Silvesterklassikers Dinner for One[2] eine wichtige Rolle. Darin serviert der Diener Herzogin Sophies zum ersten Gang des Geburtstagsessens, einer Linsensuppe, einen GOTANO – nach eigenen Worten „grad erschd heud morchn uss dar Stielerstraßn gehold“. Auf die Frage der Herzogin, ob es sich dabei um einen trockenen GOTANO handele, antwortet der Diener in breitester Gothaer Mundart: „Jeja, e gans e droggner! Forzdroggn sozesaachng!“

Der zum Theaterstück passende Roman Dinner for One auf Goth’sch[3] behauptet, dass es sich bei dem auf der Bühne nachgestellten Geburtstagsessen Herzogin Sophie Karoline Amalies von Sachsen-Gotha-Altenburg (1771–1848) um eine historische Tatsache handelt und bereits damals GOTANO aus der Stielerstraße serviert wurde. Die Geschichte vom seltsamen Geburtstagsritual der Herzogin sei, so der Roman, im Jahre 1845 über Sophie Karoline Amalies Enkel Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha nach Großbritannien gekommen, wo sie der Theaterautor Lauri Wylie in den 1930er-Jahren zufällig wiederentdeckte und für die Bühne adaptierte. Um Essen und Getränke englischen Gepflogenheiten anzupassen, habe Wylie aus dem GOTANO kurzerhand einen Sherry gemacht.[4]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Hochspringen Andreas M. Cramer: Echt Goth'sch. Kleines Handbuch des Gothaer Volksmundes ..., Gotha 1995, S. 68
  2. Hochspringen Dinner for One auf Goth’sch
  3. Hochspringen Andreas M. Cramer: Dinner for One auf Goth’sch – Die beinahe wahre Geschichte des Dinners, Gotha 2011
  4. Hochspringen ebda., S. 74f.

Weblinks[Bearbeiten]

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