Godesberger Verband der Sportschaften an Deutschen Hochschulen
Der Godesberger Verband der Sportschaften an Deutschen Hochschulen war ein studentischer Korporationsverband. Er entstand ähnlich dem Akademischen Fliegerring oder dem Wernigeroder Jagdkorporationen-Senioren-Convent (WJSC) im Zuge der verstärkten Ausdifferenzierung und fachlichen Spezialisierung der studentischen Korporationen zur Zeit der Weimarer Republik.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte[Bearbeiten]
Gegründet wurde der Godesberger Verband am 10. Juli 1926 als Verband farbentragender Sportschaften mit unbedingter Satisfaktion und Bestimmungsmensur durch die Sportschaft Rugia Bonn (gegründet als Akademische Sportverbindung am 3. Juli 1922) und den Alt-Herren-Verband der suspendierten Akademischen Verbindung Teutonia Darmstadt (gegründet als freischlagende Verbindung Cimbria am 4. September 1914). Mit der Einbeziehung moderner Sportarten (einschließlich Mannschaftssport wie Fußball, Handball, Hockey und Wasserball) in den Aktivenbetrieb und der Teilnahme an entsprechenden Wettkämpfen grenzte sich der Godesberger Verband von älteren, dem Jahnschen Schauturnen verpflichteten Turnerschaften ab. Mit der Sportschaft begründete er einen neuen Typus studentischer Korporationen. Im Gegensatz zu den etablierten Verbänden, die sportliche Betätigung nach dem Ersten Weltkrieg vor dem Hintergrund der Abschaffung der Allgemeinen Wehtrpflicht in erster Linie als paramilitärische Ausbildung (Wehrsport) oder in dem von Arthur Mallwitz auf dem Studententag 1920 propagierten "Harmonie von Geist und Körper" im Sinne des antiken griechischen Bildungsideals pflegten, standen Sport und das Training bis zur Wettkampfreife bei den Korporationen des Godesberger Verbandes im Zentrum des korporativen Lebens. Dagegen wurde der Mensurbetrieb als überlieferte Form des studentischen Vergleichskampfs auf ein Mindestmaß beschränkt. Zu häufige Mensurtage sollte nicht vom Trainingsbetrieb ablenken. Ähnliche Ziele vertrat der Verband akademischer Sportverbindungen (VASpV), der allerdings im Gegensatz zum Godesberger Verband auch die Bestimmungsmensur und das Tragen von Farben verwarf.
Trotz des geringen Stellenwerts, den der Verband und seine Korporationen der Mensur beimaßen, bemühte er sich um eine Einbeziehung in das waffenstudentische Beziehungsgeflecht und die Anerkennung durch die etablierten waffenstudentischen Verbände, die im Hinblick auf die teilweise wenig renommierten Hochschulen, an denen der Verband angesiedelt war, auch eine Frage des Sozialprestiges war. Der Antrag auf Aufnahme in den Allgemeinen Deutschen Waffenring wurde gleichwohl auf dem Waffenstudententag in Hannover am 15. Januar 1928 abschlägig beschieden, da sich die ADW-Korporationen wegen des kurzen Bestehens noch kein Urteil über die Eignung erlauben wollten. Der Verband breitete sich dennoch rasch auf andere Hochschulstandorte aus. In Berlin wurden 1927 Herminonia (an der Hochschule für Leibesübungen in Spandau), im Wintersemester 1927/28 Teuto-Cheruskia und 1928 Guestphalia (gegründet am 10. Februar 1894 als Verbindung Wallonia in Rostock) und Sprevio-Marchia aufgenommen. 1927 kamen außerdem hinzu: Saxo-Borussia Köln, Angaria Leipzig, Rheno-Frankonia Mainz und Franco-Germania Nürnberg, im Wintersemester 1927/28 Borussia Leipzig (probendes Mitglied, wenig später vertagt), 1928 Guestphalia Hamburg, Teja-Bavaria München und Teuto-Silesia Leipzig (Aktivitas 1930 aus dem Verband ausgeschlossen). Eine Verbindung Saxo-Bavaria in Weimar wurde nach 1930 als probendes Mitglied aufgenommen, schied aber vor dem Sommersemester 1932 wieder aus. Pfingsten 1931 folgte die schon am 5. Dezember 1887 in Köthen gegründete Burgundia-Charlottenburg.
Fanden die jährlichen Pfingsttagungen anfangs im namensgebenden Godesberg bei Bonn statt, so wurde wegen der zunehmenden Ausdehnung des Verbandes auf mitteldeutsche Hochschulen bald eine Verlegung diskutiert. Die Tagung des Jahres 1928, auf der mit der Trennung in aktive Bünde und Altherrenschaften die Verbandsorganisation auf eine neue Grundlage gestellt wurde, wurde von Angaria in Leipzig ausgerichtet. Noch im gleichen Jahr konstituierte sich der Altherrenbund des Godesberger Verbandes, dessen Verbandsgeschäftsführer auch die Herausgabe der Zeitschrift "Der Sportschafter" oblag. 1929 wurde Goslar fester Tagungsort. 1930 beschloss der Godesberger Verband den Beitritt zum Erlanger Verbände- und Ehrenabkommen (EVA). 1931/32 übernahm er selbst die EVA-Geschäftsführung.
Bereits im Wintersemester 1932/33 löste sich der Verband wohl auf. Zu diesem Zeitpunkt bestand er noch aus elf Sportschaften. Franco-Germania Nürnberg war 1928 in die Deutsche Sängerschaft gewechselt. Sprevio-Marchia Berlin fand eine neue Heimat im Rudolstädter Senioren-Convent, Rheno-Frankonia Mainz ebenfalls in der Deutschen Sängerschaft. Burgundia Berlin wurde nach Übernahme der Guestphalia Berlin Mitglied der Deutschen Wehrschaft. Rugia Bonn verschmolz mit Suevia Gießen und trat als Rugo-Suevia dem Wernigeroder Jagdkorporationen-Senioren-Convent bei. Die Altherrenschaft der Angaria Leipzig wurde 1953 teilweise von der Burschenschaft Ghibellinia-Leipzig zu Hannover übernommen. Bei vielen Sportschaften ist der weitere Verbleib nicht gesichert.
Bekannte Mitglieder[Bearbeiten]
- Josias zu Waldeck und Pyrmont (1896–1967), SS-Obergruppenführer, Chef des Hauses Waldeck-Pyrmont (Teja-Bavaria München)
Publikationen[Bearbeiten]
Verbandsorgan war die von Georg Eckert herausgegebene Zeitschrift „Der Sportschafter“, die im Dezember 1927 erstmals erschien.
Quellen[Bearbeiten]
- Akten des geschäftsführenden Verbandes des Erlanger Verbände- und Ehrenabkommens, Kösener Archiv (Bestand B 7), Institut für Hochschulkunde, Würzburg
Literatur[Bearbeiten]
- Paulgerhard Gladen: Geschichte der studentischen Korporationsverbände. Band I. Die schlagenden Verbände. Würzburg 1981, S. 218–220.
- Paulgerhard Gladen: Der Godesberger Verband der Sportschaften 1926–1934. In: ders.: Die deutschsprachigen Korporationsverbände. WJK-Verlag, Hilden 2014. S. 508–509.
- Florian Hoffmann: "Frei im freien Vaterlande!" Der Godesberger Verband der Sportschaften an deutschen Hochschulen. In: Sebastian Sigler (Hrsg.): Beiträge zur deutschen Studentengeschichte. Die Vorträge der 72. Studentenhistorikertagung Freiburg 2012. Essen 2013, S. 127–166.
- Georg Köbler: Godesberger Verband der Sportschaften an deutschen Hochschulen (G.V.). In: Michael Doeberl (Hrsg.): Das akademische Deutschland. Band 2: Die deutschen Hochschulen und ihre akademischen Bürger. C. A. Weller, Berlin 1931. S. 363–368.