Ganzheitliche Fremdsprachenvermittlung

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Grundhaltung für die Vermittlung einer Fremdsprache: Holzkamps Kritische Psychologie[Bearbeiten]

Bevor eine Sprache gelehrt wird, sollten gesamtgesellschaftliche Prozesse beobachtet und beschrieben werden. Auf dieser Grundlage kann den Schülern die Denkweise verdeutlicht werden, die sich in sprachlichen Zeichen und Lauten ausdrückt. Erst ein solcher Zusammenhang erleichtert den Schülern sowohl das Verständnis der Gesellschaft als auch der Sprache. Übersetzen und Dolmetschen erweist sich als schwierig, da nicht nur Wörter übertragen werden, sondern Sinnträger. Gleiches gilt für den Sprachunterricht. Im folgenden Abschnitt soll Holzkamps Kritische Psychologie auf die Entwicklung und Gestaltung von Deutschunterricht bezogen werden.

Ich möchte mit einem Zitat Morus Markards anfangen, der Holzkamps Anspruch ausspricht: „Ich glaube, daß dies auch als Motto des Denkens und Handelns Klaus Holzkamps gelten kann, der wissenschaftliche Strenge mit überragender Menschlichkeit, methodische Gewissenhaftigkeit mit emanzipatorischem Interesse und, so streitbar er war, theoretische Gegnerschaft mit persönlicher Achtung zu verbinden verstand.“

Diese Ganzheitlichkeit erweist sich als wesentlich, insofern als eine Verknüpfung von Gegensätzen erreicht werden sollte. Der gewissenhafte Gebrauch von Sprache ist wesentlich, um ein friedliches Zusammenleben nachhaltig zu gewährleisten; dazu sind Urteilsfähigkeit und Unabhängigkeit – zumindest während des Denkprozesses - die Grundvoraussetzung: „Er (Holzkamp) verfolgte ihm als relevant erscheinende Problemstellungen unabhängig von Theoriemoden und ursprünglichen Zeitplanungen, eine integere Haltung, die mit wissenschaftsexternen Forschungs- und Zeitplanungen schlecht kompatibel ist.“ Es ist eine Herausforderung diese Einstellung langfristig zu vertreten, da es sich scheinbar leichter lebt, wenn die eigene Haltung abgeschwächt wird.

Darstellung der Kritischen Psychologie[Bearbeiten]

Lernen gelte laut den von Holzkamp untersuchten Lerntheorien als etwas Fremdkontrolliertes, d.h. dass die Schüler keine Urteilsfähigkeit entwickeln sollten. "Das benannte widersprüchliche Lernverständnis (Lernen als Zumutung und als Lebensmöglichkeit) (ist) mit den bisher vorliegenden Lerntheorien nicht konzeptualisierbar, sondern Lernen (wird) lediglich platt als Kontrollfunktion abgebildet" (Universität Hamburg). Solche Einstellungen beziehen sich auf vorwiegend Länder, in denen keine demokratische Struktur vorliegt. Die Machthaber sind darauf angewiesen, dass die Bürger ihren Äußerungen glauben oder zumindest keinen Ausweg aus der Unterdrückung sehen. Dennoch wird diese Art zu unterrichten – zwar in geringerem Ausmaße – auch in Deutschland umgesetzt.

Dabei ist die Entwicklung von Urteilsfähigkeit äußerst wichtig, um eine Gesellschaft zu entwickeln, deren Mitglieder zufrieden und handlungsfähig sind. „Die Vorstellung, das Subjekt könnte ein Lebensinteresse am Lernen haben, ist in den von ihm analysierten Lerntheorien nicht zu finden.“ Gerade das Interesse der Menschen an ihrer eigenen Leistungsfähigkeit zeichnet ein Volk aus, welches wirtschaftlich und gesellschaftlich erfolgreich; eine solche Ausrichtung ist vor allem in einem vereinten Europa wesentlich.

Lernen wird hier als Lernen aufgrund einer speziell darauf gerichteten Handlungsvornahme (verstanden). Dabei erweist sich die Aufgliederung nach expansivem und defensivem Lernen als wesentlich. Lernen wird als spezielle Art von Handlungen aufgefasst. Eine Handlungsproblematik, die nicht ohne weiteres zu bewältigen ist, kann unterlassen werden - oder es kann eine "Lernschleife" eingelegt werden. Muss die Handlung unter Androhung von Sanktionen vollzogen werden, kann sie vorgetäuscht werden oder es kommt zu defensivem Lernen: Die Betroffenen überwinden die gestellte Problematik durch Lernen, aber sie versuchen dabei mit dem geringsten Aufwand auszukommen

Expansives Lernen ist anders gelagert: Aufgrund eigener Prämissen erscheint es sinnvoll, die spezielle Handlung zu bewältigen und so die eigenen Verfügungsmöglichkeiten erweitern zu wollen. Diese Art des Lernens ist auf Entfaltung ausgerichtet, d.h. dass der Mensch seine gesamten Fähigkeiten und Kräfte einsetzt, um die Fragestellung zu lösen. Da dies aber zunächst nicht geht, begründet sich ein Lerninteresse. Die Wahrnehmung der eigenen Unzulänglichkeit wird von Holzkamp als "Diskrepanzerfahrung" bezeichnet: Lernen wird nicht von Lehrenden initiiert, sondern aus potentiellen Lerngegenständen wird ein aktueller Lerngegenstand aufgrund einer Diskrepanzerfahrung ausgegliedert. Diese löst einen "Gefühlszustand des Ungenügens" aus. Eine solche Erfahrung ist die Basis der Lernmotivation.

Um zum expansiven Lernen überzugehen, muss zudem antizipiert werden, dass die angestrebte Verfügungserweiterung durch Lernen erreichbar ist. Ist die notwendige Lernanstrengung subjektiv angemessen, wird "vernünftigerweise" expansiv gelernt, um das Problem zu lösen. Gemäß der dargestellten These, dass jeder Mensch aus für sich vernünftigen Gründen handelt, ist das Lernen ein fast schon notwendig folgender Schritt. Die Bereitschaft, Widrigkeiten und sogar Rückschläge in Kauf zu nehmen, ist entsprechend den subjektiven Gründen relativ hoch, in jedem Fall ist sie aber höher als bei defensivem Lernen. Expansives Lernen ist insofern effektiver als defensives Lernen.

Der Ablauf expansiver Lernprozesse[Bearbeiten]

Aus einem bisher nur ungenügend bekannten Lernproblem wird im Verlauf des Lernens eine Dimension ausgegliedert, die eine bestimmte inhaltliche Flachheit bzw. Tiefe beinhaltet. Dimensionen sind Aspekte oder Ausschnitte des potentiellen Lerngegenstandes. Flachheit und Tiefe bezeichnen die im Gegenstand unterschiedlich stark enthaltenen möglichen Verweise zu größeren (z.B. gesellschaftlichen) Zusammenhängen.

Bei der lernenden Annäherung an den Gegenstand wird nach einem zunächst als angemessen betrachteten Lernprinzip gearbeitet. So kann ich zum Beispiel versuchen, mich einem Kunstwerk zu nähern, indem ich nach dem Motiv suche. Hat der Gegenstand die nötige Tiefe (die ich aufgrund meines Vorwissens noch nicht erfassen kann), kommt es im Verlauf des Lernens zu Umstrukturierungen, die HOLZKAMP als "qualitativen Lernsprung" bezeichnet (HOLZKAMP 1993:239ff). Bezogen auf das Kunstwerk kann das z.B. bedeuten, daß ich mich mit expressiver Malerei auseinandersetzen muß, um zu begreifen, warum es keinen Sinn ergibt, im Spätwerk von Kandinsky nach einem Motiv zu suchen. Die Erfahrung, daß das bisherige Lernprinzip ungenügend ist, wird als "Diskrepanzerfahrung höherer Ordnung" begrifflich gefaßt (HOLZKAMP 1993:243).

Vom Subjektstandpunkt aus gesehen bedeutet das: Die Unzufriedenheit mit meinem Lernfortschritt begründet meine Reflexion, aus der die "lernende Veränderung des bisherigen Lernprinzips" entsteht (HOLZKAMP 1993:241). Mit dem neuen Lernprinzip gerät eine neue Lernproblematik in den Vordergrund (z.B. abstrakte Malerei). An dieser Stelle wird nun auch erkennbar, daß das alte Lernprinzip mich in meiner Erkenntnis behindert hat: Die Motivsuche läßt es nicht zu, die abstrakten Werke des Expressionismus als kunstvoll wahrzunehmen. Eine weitere Voraussetzung für expansives Lernen ist nach HOLZKAMP die Möglichkeit des Wechsels zwischen "definitiven" und "affinitiven" Lernphasen.

Definitive Zuwendung zum Lerngegenstand ist in erster Linie "ausschließend", sie läßt Verweise auf Benachbartes oder Vergangenes nicht zu, sondern versucht zu fixieren. Affinitive Herangehensweisen sind gekennzeichnet durch den Zugriff auf die Vergangenheit, den Überblick über Bezüge und Zusammenhänge, in denen der ausgegliederte Lerngegenstand steht (vgl. HOLZKAMP 1993:328). Äußerlich sind affinitive Lernphasen durch absichtliches "Zurücklehnen", "Abschweifen" etc. erkennbar, wobei es von der jeweiligen Konzentration abhängt, ob mir der Lerngegenstand dabei entgleitet, oder ob ich Zusammenhänge erkennen und begrifflich fassen kann, die mir in dieser Phase "in den Sinn kommen" (HOLZKAMP 1993: 329f).

Affinitive Lernphasen sind notwendig, um das bisherige Lernprinzip zu reflektieren und so die Voraussetzung für einen qualitativen Lernsprung zu schaffen. Zur Förderung expansiven Lernens ist es daher wünschenswert, in Schule und Bildungsurlaub Gelegenheiten zu "konzentriertem Abschweifen" zu schaffen. Entscheidend ist es, die Affinativen Lernphasen der Deutschschüler zu erhöhen. Aufgrund der Lernbiographien lässt sich dieser Anspruch nicht überall im gleichen Maße umsetzen.

Gestaltung der Rahmenbedingungen: Didaktische Überlegungen[Bearbeiten]

Als Grundlage des Unterrichts gilt es den Unterricht zu planen, durchzuführen und anschließend zu bewerten. Bereits Comenius bezeichnete Didaktik als „die vollständige Kunst, alle(n) Menschen alles zu lehren“ (Jank, Meyer: S.11), was als grundsätzliche Ausrichtung auch heutzutage anzustreben gilt. Als Einschränkung ist sein Anspruch bezüglich Ganzheitlichkeit anzuführen, insofern als nicht mehr alle Wissensbestände aufgenommen werden können. Als wichtiges didaktisches Ziel, welches sich insbesondere auf die gesellschaftlichen Zusammenhänge bezieht, bezeichnet Comenius die „sichere und vorzügliche Art und Weise, in allen Gemeinden, Städten und Dörfern eines jeden christlichen Landes Schulen zu errichten, in denen die gesamte Jugend beiderlei Geschlechts ohne jede Ausnahme: rasch, angenehm und gründlich in den Wissenschaften gebildet, zu guten Sitten geführt, mit Frömmigkeit erfüllt und auf diese Weise in den Jugendjahren zu allem, was für dieses und das künftige Leben nötig ist, angeleitet zu werden kann…“ (ebenda, 11)

Comenius Gottes Bezug ist heute nicht mehr zwingend notwendig, da die Menschen sich in Freiheit entweder zu einem Gottesbild bekennen können oder zu einem Leben ohne religiöse Autorität. Der Bildungsanspruch, den Comenius entwirft, gilt in seinem gesellschaftlichen Ausmaß bis in die heutige Zeit. Comenius differenziert seine Einstellung wie folgt aus: „die Grundlage (sei) in der Natur der Sache selbst gezeigt, die Wahrheit (sei) durch Vergleichsbeispiele aus den mechanischen Künsten dargetan, die Reihenfolge (sei) nach Jahren, Monaten, Tagen und Stunden festgelegt und schließlich (sei) der Weg gewiesen, auf dem sich alles leicht und mit Sicherheit erreichen lässt. (ebenda, 12) Die Fähigkeit Vergleiche auf der Grundlage von Beobachtung zu erkennen, erweist sich in einer sehr komplexen Gesellschaft als Grundvoraussetzung. Bereits Herbart entwarf eine Didaktik, mit deren Hilfe Lehrer einen gottgefälligen Staatsbürger zu entwickeln hatten. Dennoch hatte Herbart ebenfalls weltliche Ansichten zu bieten: „Unbedingter Zweck der Erziehung sollte die Entwicklung der Person des Educandus und die Förderung der Selbstbestimmungsfähigkeit des Einzelnen sein.“ (ebenda, 12) Diese Sichtweise hat einen entscheidenden Einfluss auf die Gestaltung des Unterrichtszusammenhanges, insofern als sich die Fragestellung nach den Ansprüchen eines mündigen Staatsbürger richten. Die Fragestellungen sollen Menschen befähigen, selbständig und kritisch zu denken, so dass die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gestalten können. Ein Staat, der langfristig bestehen will, muss zwangsläufig die Überlebensfähigkeit seiner Bürger gewährleisten.

Strukturierung der Rahmenbedingungen: Allgememeiner Europäischer Qualifikationsrahmen[Bearbeiten]

Genau diese Fähigkeiten erweisen sich in der heutigen Zeit wichtiger als je zuvor, so dass die Gestaltung der unterschiedlichen didaktischen Ebenen notwendig ist. Während der einzelne Lehrer zielgerichtet seinen Unterricht plant, durchführt und bewertet, werden bildungstheoretische Überlegungen auf den folgenden Ebenen verhandelt: Organisationsebene, nationale und internationale (europaweite) Ebenen. Aufgrund dieser Vernetzungen wurde eine allgemeine Vorgabe hinsichtlich der wichtigsten Qualifikationen beschlossen. Entsprechend wurde in der Maastrichter Erklärung des Europäischen Rates vom Dezember 2004 die Entwicklung eines Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) zur Förderung von Transparenz und Mobilität innerhalb und zwischen den nationalen Bildungs- und Beschäftigungssystemen beschlossen. (www.bibb.de) Um die Leistungsfähigkeit der europäischen Staatsbürger nachhaltig zu erhöhen, gilt es die Qualität der Bildungsgänge zu erhöhen. „In der Erklärung wird dies auch mit den Zielen verknüpft, die Qualität der Berufsbildung zu sichern und zu steigern sowie ihre Gleichwertigkeit gegenüber der schulisch-akademischen Bildung zu fördern. Gleichzeitig wird für die Berufsbildung eine enge Verknüpfung wischen der Entwicklung eines EQR und eines europäischen Leistungspunktesystems (ECVET) beschlossen.“ (http://www.bibb.de/de/25724.htm)

Konkretisierung der Rahmenbedingungen: Europäischer Qualifikationsrahmen für Sprachen[Bearbeiten]

Der allgemeine Europäische Qualifikationsrahmen für Sprachen ist wie folgt aufgebaut: Kompetenzen sind hier als eine Kombination aus Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen definiert, die an den jeweiligen Kontext angepasst sind. Schlüsselkompetenzen sind diejenigen Kompetenzen, die alle Menschen für ihre persönliche Entfaltung, soziale Integration, Bürgersinn und Beschäftigung benötigen. Der Referenzrahmen umfasst acht Schlüsselkompetenzen: Muttersprachliche Kompetenz, Fremdsprachliche Kompetenz, Mathematische Kompetenz und grundlegende naturwissenschaftlich-technische Kompetenz, Computerkompetenz, Lernkompetenz, Soziale Kompetenz und Bürgerkompetenz, Eigeninitiative und unternehmerische Kompetenz und Kulturbewusstsein und kulturelle Ausdrucksfähigkeit.

Der Europäischer Rat verfolgt als Ziel bezüglich des Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, „dass das reiche Erbe der Vielfalt der Sprachen und Kulturen in Europa ein wertvoller gemeinsamer Schatz ist, den es zu schützen und zu entwickeln gilt, und dass es großer Anstrengungen im Bildungs- und Erziehungswesen bedarf, um diese Vielfalt aus einem Hindernis für die Verständigung in eine Quelle gegenseitiger Bereicherung und gegenseitigen Verstehens umzuwandeln;..“ Die Bereicherung ist insofern zu verstehen, als die Menschen nicht nur ihr Umfeld wahrnehmen, sondern - zumindest europaweite - politische und gesellschaftliche Prozesse erkennen. Sprache gilt als Grundvoraussetzung um an der Gesellschaft im Kleinen und im Großen dauerhaft teilnehmen zu können.

Die Umsetzung dieses Anspruchs erfolgt durch eine Zusammenarbeit, die auf der Grundlage der folgenden Vorgabe durchgeführt wird: Der mehrstufige Europäische Qualifikationsrahmen soll als ein solches Handwerkszeug gelten. Eine Unterteilung erfolgt in elementare, selbständige und kompetente Sprachverwendung. Jede dieser Ebenen untergliedert sich in Grundstufe und Aufbaustufe. In welcher Weise kann die Ausdrucksfähigkeit den unterschiedlichen Stufen zugeordnet werden? Zuerst erfolgt eine Aufteilung nach Ausdruckbereichen (Lesen, Schreiben, Hören und Sprechen). Im nächsten Schritt gilt es die unterschiedlichen Ausdrucksbereiche auf die verschiedenen Niveaustufen zu beziehen.

Kompetente Sprachverwendung[Bearbeiten]

Stufe: C2[Bearbeiten]

Der Teilnehmer kann praktisch alles, was er / sie liest oder hört, mühelos verstehen. Er kann Informationen aus verschiedenen schriftlichen und mündlichen Quellen zusammenfassen und dabei Begründungen und Erklärungen in einer zusammenhängenden Darstellung wiedergeben. Er kann sich spontan, sehr flüssig und genau ausdrücken und auch bei komplexeren Sachverhalten feinere Bedeutungsnuancen deutlich machen.

Stufe C1[Bearbeiten]

Er kann ein breites Spektrum anspruchsvoller, längerer Texte verstehen und auch implizite Bedeutungen erfassen. Er kann sich spontan und fließend ausdrücken, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen. Er kann die Sprache im gesellschaftlichen und beruflichen Leben oder in Ausbildung und Studium wirksam und flexibel gebrauchen. Er kann sich klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten äußern und dabei verschiedene Mittel zur Textverknüpfung angemessen verwenden.

Selbständige Sprachverwendung[Bearbeiten]

Stufe B2[Bearbeiten]

Er kann die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen verstehen; er versteht im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen. Er kann sich so spontan und fließend verständigen, dass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne größere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich ist. Er kann sich zu einem breiten Themenspektrum klar und detailliert ausdrücken, einen Standpunkt zu einer aktuellen Frage erläutern und die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten angeben.

Stufe B1[Bearbeiten]

Er kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Er kann die meisten Situationen bewältigen, denen man auf Reisen im Sprachgebiet begegnet. Er kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern. Er kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben.

Elementare Sprachverwendung[Bearbeiten]

Stufe A2[Bearbeiten]

Er kann Sätze und häufig gebrauchte Ausdrücke verstehen, die mit Bereichen von ganz unmittelbarer Bedeutung zusammenhängen (z. B. Informationen zur Person und zur Familie, Einkaufen, Arbeit, nähere Umgebung). Er kann sich in einfachen, routinemäßigen Situationen verständigen, in denen es um einen einfachen und direkten Austausch von Informationen über vertraute und geläufige Dinge geht. Er kann mit einfachen Mitteln die eigene Herkunft und Ausbildung, die direkte Umgebung und Dinge im Zusammenhang mit unmittelbaren Bedürfnissen beschreiben.

Stufe A1[Bearbeiten]

Er kann vertraute, alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verstehen und verwenden, die auf die Befriedigung konkreter Bedürfnisse zielen. Kann sich und andere vorstellen und anderen Leuten Fragen zu ihrer Person stellen - z. B. wo sie wohnen, was für Leute sie kennen oder was für Dinge sie haben - und er kann auf Fragen dieser Art Antwort geben.

Er kann sich auf einfache Art verständigen, wenn die Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartner langsam und deutlich sprechen und bereit sind zu helfen.

Anmerkungen zur Ausgestaltung des Sprachunterrichts[Bearbeiten]

Die Ausgestaltung des Sprachunterrichts im Allgemeinen und des Deutschunterrichts im Besonderen sollte institutionsübergreifend erfolgen, insofern als die unterschiedlichen Sprachniveaus anzustreben sind. Eine gründliche und zügige Umsetzung des Spracherwerbs setzt die oben erwähnte Selbständigkeit des Schülers voraus. Der Schüler gestaltet seine Lernprozesse selbst, d.h. dass er auf vielfältige für ihn überwiegend nützliche Handwerkszeuge zurückgreift. Er versteht die Lehrkraft als Helfer, der bei der Umsetzung des Spracherwerbs möglichst überflüssig wird. Die Erstellung eines Lernplanes, welcher auf den einzelnen Schüler bezogen ist und langfristig angelegt ist, ist sinnvoll. Der Schüler kann Lerntagebücher führen, um seine Lernfortschritte festzuhalten. Auf dieser Grundlage kann er lernen, seine Lernprozesse zu hinterfragen, um sie zukünftig zu verbessern. Auf diese Weise können genaue Anpassungen hinsichtlich der Stärken und Schwächen erfolgen, die lebenslang erfolgen sollten. Im Zeitalter des lebenslangen Lernens erweist sich eine solche langfristige Denkweise, vor allem vor dem Hintergrund des vereinten und kulturell unterschiedlichen Europa, als sinnvoll. Auf der Grundlage dieser theoretischen Vorarbeit lässt sich die Gestaltung des Sprachunterrichts darstellen:

Strukturmodell des Unterrichts[Bearbeiten]

Das Strukturmodell dient als Handwerkszeug, um die unterschiedlichen Einflussgröße einordnen zu können. Die Untergliederung erfolgt nach Zielen, Inhalten, Zeit, sozialen Beziehungen und Handeln. Die folgende Tabelle dient der weiteren Ausdifferenzierung:

Ziele Lehr-Lern-Logik Zielvorgaben und Absprachen Aufgabenstellung Inhalt Sachlogik Zugänglichkeit Themenstellung Zeit methodischer Gang Unterrichtsschritte Verlaufsplanung soziale Beziehungen Beziehungsarbeit sozialräumliche Gestaltung Soziale Architektur Handeln Lehr-Lern-Formen Handlungslogik Handlungsplanung (eigene Zusammenstellung)

Dieses Modell dient als Grundlage, um Unterricht jeglicher Fachrichtung ausreichend beschreiben zu können. „Unterricht kann mit den fünf Grundkategorien Ziel-, Inhalts-, Sozial-, Handlungs- und Prozessstruktur vollständig beschrieben werden.“ (Jank, Meyer, S. 62) Die Gewichtung der unterschiedlichen Grundkategorien obliegt dem jeweiligen Unterrichtsplaner. Ein Abgleich zwischen den unterschiedlichen Ebenen ist anzustreben. Es sind Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Kategorien zu erkennen, die keineswegs gleichförmig sind. Die Wechselwirkungen werden durch die Setzung eines Schwerpunktes (Analyse, Planung und Umsetzung von Unterricht) bestimmt. Die Berücksichtigung verschiedener Methoden erweist sich nachhaltig als sinnvoll, dennoch sollte das jeweilige Ziel verfolgt werden. Grundvoraussetzung ist der Einbezug der Lebenswelten der Schüler. „Erst durch die Frage nach der Zugänglichkeit für die Schülerinnen und Schüler werden aus den vom Lehrer fachlich aufbereiteten Sachzusammenhängen die Themen und Inhalte des Unterrichts.“ (ebenda, S. 76)

Sobald ein Lebensweltbezug vorliegt, können zeitnah Vernetzungen zwischen den eigenen Erfahrungen und dem Lernstoff gebildet werden. „Alle methodische Kunst liegt darin beschlossen, tote Sachverhalte in lebendige Handlungen rückzuverwandeln, aus denen sie entsprungen sind: Gegenstände in Erfindungen und Entdeckungen, Werke in Schöpfungen, Pläne in Sorgen, Verträge in Beschlüsse, Lösungen in Aufgaben, Phänomene in Urphänomene.“ (ebenda, S. 82) Schüler benötigen Gründe, weshalb sie lernen sollten. Der Notendruck als Druckmittel reicht meistens nicht aus, um nachhaltiges Lernen zu gewährleisten.

Sobald Schüler nicht nur den Lebensweltbezug, sondern eine Notwendigkeit erkennen, um mit dem Lernstoff aktuelle Fragestellungen besser bearbeiten zu können, dann ist der Wirkungsgrad besonders hoch. „Lernen kann beschrieben werden als Aufbau, Weiterentwicklung oder Umstrukturierung unserer mentalen Repräsentationen.“ (ebenda, S. 180)

Übertragung auf die Unterrichtsdurchführung (im Bereich Deutsch als Fremdsprache)[Bearbeiten]

Als Gegenstand des Unterrichts gilt die deutsche Sprache, die in ihren Grundzügen angewendet werden sollte. Da die Schüler vorwiegend über geringe Vorkenntnisse verfügen, sollte zunächst die Sprachverwendung im Alltag entwickelt werden, bevor das Verständnis hinsichtlich anspruchsvoller Schreiben von Behörden angestrebt wird. Die Schüler sollten Rollenspiele einüben und durchführen. Darüber hinaus sollten sie alltagsnahe Gesprächsanlässe nachahmen, d.h. dass beispielsweise der Gang durch ein Kaufhaus nachgebildet wird. Die Schüler sollten viele Wörter an die Tafel schreiben.

Es erweist sich als hinderlich, wenn die Schüler die gesamte Zeit an ihrem Platz verharren. Lernfortschritte sind vor dem Hintergrund dieser Voraussetzungen zu betrachten. Selbst kleine Fortschritte, die in der deutschen Gesellschaft als selbstverständlich gelten, sollten in diesem Zusammenhang wahrgenommen werden, wonach eine positive Rückmeldung erfolgen sollte.

Durchführung einer Unterrichtsstunde im Bereich Alphabetisierung[Bearbeiten]

Als Ziel dieser Unterrichtsstunde im Bereich Alphabetisierung ist der Erwerb von Handlungsfähigkeit zu erwerben, insofern als die Teilnehmer den notwendigen Spracherwerb durchführen, um ihren Lebensmitteleinkauf selbst erledigen zu können. Zunächst wird ein Lebensmittelgeschäft in seinen Grundzügen nachgebildet, d.h. dass die Schüler einen räumlichen Bezug erhalten. Sie können auf diese Weise den entsprechenden Wortschatz der Umwelt zuordnen.

Die Teilnehmer können als Kunden und als Einzelhandelskaufleute auftreten, so dass u.a. ein wertvoller Perspektivenwechsel stattfindet. Sie können die Materialien selbst mitbringen oder erstellen, so dass die Teilnehmer mit solchen Waren arbeiten, die sie selbst kaufen würden. An dieser Stelle ließe sich Unterschiede zwischen deren Heimatländern und Deutschland herausarbeiten.

Einstieg[Bearbeiten]

Als Einstieg erweist sich eine Einführung in den für diese Stunde wichtigen Wortschatz als notwendig. Auf der Grundlage eines Fachbuches erfolgt eine Systematisierung des Wortschatzes. An dieser Stelle sei auf die Wichtigkeit der Systematisierung verwiesen, insofern als dafür die Grundlage geschaffen wird, dass die Teilnehmer die wichtigsten Wörter lernen, um eine möglichst gute Textdeckung zu erreichen.

Es galt die folgenden Wörter aufzunehmen: Dose, Flasche, Wagen, Kasse, Zeitung, Geld, Supermarkt, Tüte, Preis, Lebensmittel, Eingang und Liter. Der Lehrer schreibt sowohl Wörter als auch Sätze (die weiter unten aufgeführt sind), in denen diese Wörter enthalten sind, an die Tafel. Die Schüler schreiben diese Wörter und Sätze in ihre Übungshefte.

Der Prozess dieser Übertragung wird betreut, insofern als auf Vollständigkeit der Ausführungen geachtet wird. An dieser Stelle dürfen keineswegs Abweichungen von der Rechtschreibung zugelassen werden, da diese Sätze eine Grundlage für die nächste Arbeitsphase bilden.

Hauptteil[Bearbeiten]

Eine Nachstellung eines Einkaufs in einem Lebensmittelmarkt wird nachgestellt. Die Schüler werden nach Kunden und Kaufleuten eingeteilt, so dass sie den im Einstieg aufgenommenen Wortschatz anwenden lernen.

Diese Herangehensweise ist sehr anwendungsorientiert, d.h. dass Schüler keinen theoretischen Einblick erhalten, sondern sofort Sätze erhalten, die sie anwenden können. Auszugsweise werden die Sätze dargestellt, mit denen die Schüler handlungsfähig werden:

Zunächst einmal ist die Beschreibung der Umwelt wichtig: „Durch den Eingang kommt man in ein Gebäude: Brot gibt es gleich am Eingang.“ „Durch den Ausgang geht man nach draußen: Die Kassen sind am Ausgang“. (ebenda) Eine Verfeinerung der Ausdrucksweise wird auf den nächsten Stufen erfolgen, so dass die Schüler im Alltag noch besser mit der Sprache umgehen lernen. Darüber hinaus sollten Fragen gestellt werden können, die sich ebenfalls auf den eigenen Lebensbereich beziehen. Danach wird diese erste Arbeitsphase abgeschlossen.

Die zweite Arbeitsphase beinhaltet die Herausforderung, einen gesamten Text abzuschreiben, der sich auf die gemachten Erfahrungen der ersten Arbeitsphase bezieht. Der Text könnte wie folgt lauten. „Ich habe Bananen und Äpfel eingekauft, weil ich sie gerne esse. Danach habe ich Bohnen in den Wagen gelegt usw.“ (eigene Zusammenstellung)

Dann können die Schüler Änderungsvorschläge einbringen, sofern sie sie sprachlich ausdrücken können.

Ausklang[Bearbeiten]

Zum Abschluss dürfen die Schüler das Angebot bezüglich Gesellschaftspielen nutzen. Sie können Wörter ihrer Wahl auf dem Tisch legen, so dass sie ihre Kreativität entwickeln lernen. Natürlich kann sich die Lehrkraft – sofern den Schülern nicht genügend Wörter einfallen – auch auf den Hauptteil beziehen.

Vorgabe des Europäischen Qualifikationsrahmens für Sprachen:

Er kann die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen verstehen; er versteht im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen. Er kann sich so spontan und fließend verständigen, dass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne größere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich ist. Er kann sich zu einem breiten Themenspektrum klar und detailliert ausdrücken, einen Standpunkt zu einer aktuellen Frage erläutern und die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten angeben.

Quellen[Bearbeiten]

  • Goethe Institut: www.goethe.de
  • HOLZKAMP 1993
  • Jank und Meyer
  • Kritische Psychologie nach Holzkamp: www.kritische-psychologie.de/holzkamp.html
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