Finanzielle Ruhestandsplanung
Finanzielle Ruhestandsplanung ist ein Begriff der Versicherungsindustrie und bezeichnet die Planung der Maßnahmen zur finanziellen Versorgung im Ruhestand. Der Begriff wird von der Altersvorsorge unterschieden, bei welcher der Vermögensaufbau im Fokus steht. Dem gegenüber setzt sich die finanzielle Ruhestandsplanung mit dem Verbrauch oder Erhalt des aufgebauten Vermögens auseinander.
Inhaltsverzeichnis
[Verbergen]Definition[Bearbeiten]
Die finanzielle Ruhestandsplanung ist eine ganzheitliche, zielgruppenspezifische Beratung. Unter Berücksichtigung der Ungewissheit hinsichtlich der verbleibenden Restlebensdauer, ist dieser Beratungsansatz auf die Bedürfnisse der Generation 50plus kurz vor und im Ruhestand zugeschnitten. Dieser ist als systematisch koordinativer Prozess – bestehend aus Datenaufnahme, Analyse und Planung – organisiert. Bezogen auf den Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand konkretisieren Personen ihre finanziellen Wünsche und Ziele um diese unter Berücksichtigung ihrer individuellen, finanziellen und familiären Ausgangslage sowie externen Rahmenbedingungen optimal zu erreichen.
Hinführung[Bearbeiten]
Die individuelle Altersvorsorgeberatung mit gängigen Produktlösungen wie Lebens- und Rentenversicherungen, Aktien oder Fonds beherrscht das Alltagsgeschäft vieler Berater in der Finanz- und Versicherungsbranche. Die herkömmliche Planung der Altersvorsorge richtet sich meist an Mandanten ab Alter 30 bis 50 Jahre und zielt auf den Vermögensaufbau bis zum Eintritt des Ruhestands ab. Ziel der finanziellen Ruhestandsplanung ist die Sicherung der Liquidität bis zum Lebensende, um den gewünschten Lebensstandard zu erhalten. Die finanzielle Ruhestandsplanung schafft einen Perspektivwechsel und eröffnet neue Chancen in der Beratung. Da Langlebigkeitsrisiken[1] ein Kernthema der finanziellen Ruhestandsplanung sind, sollten diese durch ein kontinuierliches Ruhestandseinkommen abgesichert werden. Gemeinsam mit vermögenden Mandanten 50plus betrachten Ruhestandsplaner gezielt die individuelle finanzielle Absicherung ab dem Zeitpunkt des eintretenden Ruhestands. Dafür sind ein strukturierter Beratungsansatz und passende Lösungsmöglichkeiten nötig.
Paradigmenwechsel im Prozess[Bearbeiten]
Die Zielgruppe vermögende Kunden 50plus erwartet insbesondere für den Lebensabschnitt des Ruhestandes eine qualifizierte, neutrale und umfassende Betreuung.[2] Um dies zu ermöglichen, müssen herkömmlichen Beratungsinhalte und Themen an die Ziele, Wünsche und Bedürfnisse dieser Klientel angepasst werden. Als strategischer Beratungsansatz für Finanzberater hilft die finanzielle Ruhestandsplanung bedarfsgerecht auf die nahende Lebensphase vorzubereiten und diese strukturiert mit passenden Finanzproduktlösungen auszugestalten. Die Zielgruppe 50plus kann keinesfalls als homogene Gruppe angesehen werden, was in der Beratung zu berücksichtigen ist. Während sich die traditionelle Altersvorsorgeberatung mit dem Vermögensaufbau beschäftigt, ist das bewusste Auflösen von Ersparnissen, das sog. Entsparen, ein wesentlicher Aspekt der finanziellen Ruhestandsplanung.[3] Dabei werden alle bestehenden Vorsorgebausteine, von der gesetzlichen Rente bis hin zu Geldanlagen und Versicherungsverträgen, in die Planung miteinbezogen.
Die finanzielle Ruhestandsplanung zielt auf eine bedarfsgerechte Vermögensallokation und den realen Erhalt (Inflationsschutz) bestehender Vermögenswerte ab, um im Ruhestand aus dem vorhandenen Vermögen jederzeit ausreichend Einkommen zur Deckung der laufenden Ausgaben bereit stellen zu können. Ruhestandsgerechte Vermögensallokation beinhaltet auch die bestehende Liquiditäts- und Risikostruktur des Kunden neu zu ordnen. Von besonderer Bedeutung sind die zentralen Fragestellungen des Ruhestands, z.B. wie lange das vorhandene Vermögen angesichts ungewisser Lebenserwartung und unbekannter Bedarfssituation (Umzug, Krankheit, Pflege) reichen soll.
In der Ruhestandsplanung geht es somit unter anderem um folgende Fragestellungen:
- Wie strukturiere ich mein Vermögen im Ruhestand und welchen Vermögensanteil soll ich verrenten?
- Welchen Teil meines Vermögens möchte ich selbst verbrauchen, welchen vererben?
- Wie sichere ich meinen Partner / Hinterbliebene ab?
- Passt meine heutige Wohnsituation zu meiner zukünftigen Lebensplanung?
- Wie sichere ich den Pflegefall ab? Warum ist das Thema Patientenverfügung wichtig?
- Wie vererbe ich richtig?
Um diese vermögende Zielgruppe bedarfsgerecht, neutral und umfassend zu betreuen, sollte eine Ruhestandsplanung als mehrstufiger Prozess durchgeführt werden. Der Beratungsansatz kongruiert mit den Ansätzen üblicher Beratungsstrukturen im Financial Planning (unabhängige Finanzplanung). Die Betreuung endet nicht mit dem Beginn des Ruhestandes, sondern geht weit darüber hinaus und trägt den Kernthemen dieser Zielgruppe Rechnung. Eine professionelle Ruhestandsplanung ermittelt den tatsächlichen Kapitalbedarf, bis ins hohe Alter, unter Einbeziehung von Inflation und Steuer. Im Rahmen eines auf den Mandanten fokussierten Planungsgespräches verschafft sich der Berater im ersten Schritt einen Überblick der Vermögenssituation und ermittelt, zusammen mit dem Mandanten, dessen Bedarf. In Schritt zwei, dem Vertiefungsgespräch, stellt der Berater gezielte Fragen um den Handlungsbedarf zu vertiefen und die relevanten Informationen für das Lösungskonzept zu erfahren – wobei der Hauptredeanteil beim Mandanten liegt. Durch eine offene Diskussion, sowie dem gezielten Erfragen, formulieren Mandanten ihre Wünsche, erkennen einen Mehrwert und stellen ihren persönlichen Nutzen fest. Aus den Erkenntnissen des Vertiefungsgesprächs kann der Berater im dritten und letzten Schritt des Beratungsprozesses, dem Abschlussgespräch, das maßgeschneiderte Lösungskonzept vorstellen, welches den individuellen Zielen, Wünschen und Bedürfnissen des Mandanten entspricht. Der Berater muss durch die vorgestellte Lösung einen Nutz- bzw. Mehrwert für den Mandanten schaffen und diesen klar kommunizieren.
Der Beratungsprozess in der finanziellen Ruhestandsplanung ist folglich ein Interaktionsprozess zwischen Berater und Mandanten, in welchem der Berater nie als Verkäufer, sondern als Berater fungiert.[4] Der Inhalt sowie die Vorgehensweise dieses Planungsprozesses werden durch zwei entscheidende Aspekte bestimmt: Zum einen verlagert sich der Fokus von der Ansparphase, also wie Vermögen effizient aufgebaut wird, dahingehend, wie, wann und in welchem Zeitraum das akkumulierte Vermögen sinnvoll verbraucht wird. Zum anderen ist das Ziel der finanziellen Ruhestandsplanung nicht der Verkauf eines bestimmten Produkts, sondern die individuelle, bedarfsgerechte und optimale Lösung eines Mandantenproblems.
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- Hochspringen ↑ Wilhelm Bühler: Finanzplanung im Ruhestand – Damit ihr Geld lange genug reicht. Linde, Wien 2009, ISBN 978-3-7093-0267-5.
- Hochspringen ↑ B. Nolte und P. Ambrozy (2005): Kunden mit viel Potenzial. In: Bankmagazin, 2. Jg., S. 19 - 22
- Hochspringen ↑ Finanz-Lexikon (2013c): Definition Entsparen; abgerufen am 5. August 2014.
- Hochspringen ↑ G. L. Manning, M. Ahearne und B. L. Reece (2012): Selling today – Creating customer value. Upper Saddle River: Pearson Prentice Hall