FamilienErgo

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FamilienErgo ist ein schulvorbereitendes Kompetenztraining von Rupert Dernick für Vorschulkinder und ihre Eltern. Es dient dem effizienten Erwerb schulrelevanter Fähigkeiten und Kompetenzen im familiären Alltag. Durch häusliche Alltagstätigkeiten wie Socken legen, Tisch decken oder eigenständiges Anziehen können Kinder sich auf die Schule vorbereiten, da sie motorische, kognitive, lebenspraktische und soziale Aspekte fördern.

Ziele[Bearbeiten]

Die verschiedenen Alltagstätigkeiten trainieren die genannten schulrelevanten Entwicklungsbereiche und bereiten damit auf die schulischen Anforderungen vor. Kinder sollen dadurch in ihrer Wahrnehmung geschult und zum eigenständigen Handeln angeleitet werden und dabei Selbstständigkeit und ein höheres Selbstbewusstsein erlangen.

Entstehung[Bearbeiten]

Im Jahr 2012 erhielt fast jeder siebte (13,1%) AOK-versicherte sechsjährige Junge Ergotherapie. 42,4% der ergotherapeutischen Leitungen mit einem Gesamtvolumen von 704 Millionen Euro wurden für Kinder bis 14 Jahre verordnet, 70% davon für Jungen.[1] Die Ursachen für den Anstieg der Erkrankungen im Bereich der „neuen Morbiditäten“,[2] insbesondere die Zunahme der Diagnose des Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und der dafür eingesetzten Therapien wie Verhaltenstherapie, Ergotherapie und Medikation mit Methylphenidat sind regelmäßig Inhalt kontroverser gesellschaftlicher Diskussionen[3][4][5] und waren ein Schwerpunkt der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS).[6]

Ende der 1980er Jahre arbeiteten Ergotherapeuten überwiegend in Kliniken.[7] Durch die Vergütungsvereinbarung mit gesetzlichen Krankenkassen 1991 und die Verbreitung des Konzepts der Wahrnehmungsstörungen (z. B. Sensomotorische Integrationstherapie von Jean Ayres[8] und das Affollter-Konzept[9]) gab es bald eine flächendeckende Versorgung mit ambulanter Ergotherapie. Behinderungen und Entwicklungsauffälligkeiten wurden als Störung der Verarbeitung in den basalen Wahrnehmungsfunktionen interpretiert. Damit in Verbindung stand die Aussicht auf Verbesserung der Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit auch für bisher als gesund geltende Kinder; beides weckte Hoffnungen in vielen Eltern.

Die gesetzlichen Krankenkassen reagierten auf die Zunahme der Heilmittelverordnungen (nicht nur im Bereich der pädiatrischen Ergotherapie) mit der Einführung von Heilmittelbudgets (s. Gesundheitsstrukturgesetz), für deren Überziehung die Vertragsärzte mit Ihren Einnahmen haften. 2004 wurden verbindliche Heilmittelrichtlinien (HMR) veröffentlicht, 2011 durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) überarbeitet.

In den 90er Jahren zeigten Studien und Metaanalysen,[10] dass die Konzepte der basalen Wahrnehmungsstörung die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen konnten. Es gelang nicht, eine Wirksamkeit nachzuweisen, die über den Effekt des Übens von Alltagstätigkeiten in derselben zeitlichen Intensität hinausgingen.[11][12]

Innerhalb der Ergotherapie wandelte sich seit ca. 2005 das Vorgehen vom Bottom-up Ansatz (Förderung der basalen Wahrnehmung führt zur Verbesserung der Aktivitäten) zu einem Top-down-Ansatz (Unterstützung des Patienten in der Ausführung von für ihn wichtigen Aktivitäten verbessert (auch) die basale Wahrnehmung).[13]

In diesem Spannungsfeld zwischen ergotherapeutischen Angeboten und elterlichen Ängsten und Erwartungen bezüglich Schulfähigkeit ihrer Kinder einerseits, und begrenzten Ressourcen in der vertragsärztlichen Versorgung andererseits wuchs der Bedarf für eine Elternanleitung zur Förderung von Vorschulkindern. Diese sollte sich nicht nur auf kognitive Aspekte (wie in Vorschulmalbüchern) oder motorische Fertigkeiten (durch Teilnahme an sportlichen Aktivitäten) beschränken; eine ernst zu nehmende Anleitung sollte auch die elterlichen Kompetenzen in Bezug auf die Förderung von Wahrnehmung, Konzentration, Ausdauer, Handlungsplanung etc. verbessern.

In der Entstehung der FamilienErgo orientierte sich der Kinder- und Jugendarzt Rupert Dernick an Handzetteln, die der Ergotherapeut und Kinder- und Jugendarzt Ziegler-Kirbach[14] zur häuslichen Förderung der Fein- und Mundmotorik für seine Patienten entwickelt hatte. Dernick erweiterte das Konzept und fand Alltagstätigkeiten für jeden „Förderbedarf“, der in seiner Praxis von Kindertagesstätten oder Ergotherapeuten zur Schulvorbereitung angeregt wurde. Diese Alltagstätigkeiten unterstützen im Sinne des Top-down-Konzepts nicht nur die Selbstständigkeit der Kinder, sondern auch den „förderbedürftigen“ Entwicklungsbereich (s. Tabelle).

Bei der Weitergabe an die Patienteneltern zeigte sich, dass viele Eltern erleichtert darüber waren, selbst etwas für die Entwicklung ihres Kindes tun zu können. Die 2005 durchgeführte KiKA-Studie[15] zeigte, dass viele Kinder altersgemäße Alltagstätigkeiten nicht (mehr?) durchführen, dass aber eine gute Alltagskompetenz der Kinder mit eine positiven Einschätzung des gelungenen Schulstarts im Lehrerurteil einherging. Daraufhin publizierte Dernick das Konzept als „FamilienErgo“ zur Förderung gesunder Kinder und zur Schulvorbereitung im Familienalltag.

FamilienErgo wurde 2005 als Marke Nr. 305 50 498 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen. FamilienErgo ist offizieller Kooperationspartner des Niedersächsischen Instituts für Frühkindliche Bildung und Entwicklung (Nifbe).

Methode[Bearbeiten]

Das Training umfasst acht exemplarische Alltagstätigkeiten, durch die die vier Bereiche schulfördernder Kriterien Motorik, kognitive Entwicklung, Sprache und Sozialverhalten/Selbstständigkeit angesprochen und gefördert werden sollen.

Es ist aufgebaut in acht Einheiten, in denen jeweils eine Alltagstätigkeit intensiv erlernt und trainiert wird. Die vorgestellten Alltagstätigkeiten sind

  • selbständiges Anziehen,
  • Tisch decken,
  • Spülmaschine ein- bzw. ausräumen,
  • abspülen/abtrocknen,
  • Obst und Gemüse schälen und zerteilen/ Brot schmieren,
  • einfache Wäschestücke falten/ Socken legen/ Wäsche aufhängen,
  • telefonieren,
  • kleinere Einkäufe selbständig erledigen.

Die einzelnen Tätigkeiten weisen Parallelen zu den benötigten Kompetenzen im Schulalltag auf und können durch zahlreiche Vorschläge ergänzt werden:

Kompetenz Einzelne Fähigkeiten Bedeutung für die Schule Übungsmöglichkeiten in der Familie
Motorik Feinmotorik Grafomotorik Bilder malen, basteln


Brot schmieren
abwaschen und abtrocknen
Obst und Gemüse schneiden
Hilfe beim Backen und Kochen
Anziehen

Grobmotorik Körperliche Ausdauer bei Schulweg, Sport und Spielen Bewegungsfreude fördern durch


Spielen und Toben
Ballspiele, Klettern
Schwimmen lernen
Bewegungsanlässe schaffen durch
Fußwege/Radfahren
Staubsaugen, (Schnee-)Fegen
Fernsehzeiten und Autofahrten begrenzen

Kognition Seriation: Zusammenhänge und Unterschiede erkennen Vergleich v. Mengen, Längen, Formen als Grundlage f. mathemat. Fähigkeiten u. Strategien d. Rechtschreibung „Sockenmemory“: Vergleichen, Sortieren und Zuordnen von Sockenpaaren


Müll trennen
Geschirr wegräumen

Beziehungen herstellen Räumliche und zeitliche Angaben verstehen und umsetzen Aufträge beim Einkaufen


rechts und links benennen
Tisch decken

Zahlenwissen und Mengenverständnis Anweisungen verstehen, z.B. Buchseite aufschlagen, Gruppen bilden zählen lernen bis 10, z.B. beim Treppensteigen


Zahlensymbole kennen, z.B. durch Kartenspiele
Telefonnummern wählen

Konzentration Aufträge in einer unruhigen Schulklasse hören und ausführen können


15 Minuten bei einer Aufgabe bleiben

mehrere kleine Aufträge beim Einkaufen hören, behalten und ausführen


Inhalt eines kurzen Telefonats wiedergeben
Tisch vollständig decken

Gedächtnisleistung Kurzzeitgedächtnis f. d. Erledigen von Anweisungen


Langzeitgedächtnis f. d. Behalten von Lerninhalten

Spracherwerb deutliches, verständliches Sprechen wahrgenommen und verstanden werden Mit dem Kind reden, Handlungen erklären


zum Sprechen motivieren durch Interesse und Aufmerksamkeit
Vorlesen

Verstehen des alphabetischen Prinzips Vorbereitung auf den Schriftspracherwerb Buchstaben kennenlernen und wiedererkennen, z.B. im eigenen Namen
Phonologische Bewusstheit Reime sprechen und dazu klatschen
Sozialverhalten Soziale Kontakte bzw. Freundschaften herstellen und pflegen können


Regeln einhalten
Andere respektieren und wertschätzen
Aufforderungen befolgen

Wohlfühlen in der Gruppe und sich einfügen können


Bereitschaft und Ideen zur Konfliktlösung

Eltern als Vorbilder im Umgang mit anderen Menschen, Freunden und Erzieherinnen/Lehrern


Im Kindergarten und zuhause Zeit mit anderen Kindern verbringen

Selbständigkeit Alleine zurechtkommen


Zutrauen in eigene Fähigkeiten

Wege und Orte alleine finden und bewältigen


Namen, Adresse, Telefonnummer kennen
Verantwortung für eigene Sachen tragen
Materialien finden und wegräumen

Schulweg üben


Fußwege gehen und einprägen
Merkfähigkeit fördern
dem Kind etwas zutrauen, kleine Aufgaben selbständig erledigen lassen
alleine anziehen
aufräumen

Vgl. Dernick/Küstenmacher 2010; zusammengestellt von K. Raudonat

Jede Kompetenz wird durch aufeinander aufbauende, kleine Einzelfertigkeiten erworben. Es geht nicht nur um den absoluten Erfolg, sondern um jeden einzelnen Schritt, der auf dem Weg dorthin absolviert wird. Das Kind soll lernen, dass Anforderungen und Probleme in kleinen, überschaubaren Schritten bewältigt werden können und dadurch einen pragmatischen Ansatz zur Bewältigung des Lebens entwickeln. Das stärkt Selbstbewusstsein sowie die Selbstwirksamkeitserwartung als wichtige psychische Ressource: Kleine Schritte kann jeder schaffen.

Den Eltern sollen durch die Methode Gelegenheiten deutlich gemacht werden, ihr Kind zu loben: Schon wenn ein Schritt getan ist, ist ein sichtbarer und nennenswerter Erfolg erkennbar. Dieses dem Kind gegenüber zu artikulieren, unterstützt es in seinem Bemühen und trägt dazu bei, die Beziehung zu stärken.

Bei der Einheit „selbständiges Anziehen“ wird zum Beispiel mit Hilfe der „Anziehstraße“ jede Woche ein neues Kleidungsstück vom Kind statt von einem Elternteil angezogen. Alle anderen Kleidungsstücke übernehmen noch die Eltern, bis sich das Kind nach ca. sechs Wochen vollständig alleine anziehen kann. Das Erfolgserlebnis, sich schließlich selbstständig komplett anziehen zu können, soll durch Lob und evtl. durch eine vorher in Aussicht gestellte Belohnung (z.B. gemeinsame Aktivität) anerkannt werden.

Wissenschaftliche Ansätze zum Übergang in die Grundschule und FamilienErgo[Bearbeiten]

In Deutschland gibt es keinen bundesweit gültigen verbindlichen Kanon von Einschulungskriterien. Kindertagesstätten und Grundschulen sind aufgefordert, auf lokaler Ebene durch Kooperationen gemeinsame Kriterien festzulegen und diese den Eltern der Vorschulkinder bekannt zu machen.[16] Wissenschaftliche Untersuchungen in der Pädagogik zeigen aber, dass bestimmte vorschulische Fähigkeiten immer wieder genannt werden, sowohl von Erzieher/innen und Lehrer/innen als auch von Eltern.[17] Dennoch verspüren viele Eltern hohe Erwartungen an sich selbst, wenn es darum geht, ihren Kindern ein zufriedenstellendes Leben zu ermöglichen. Dazu gehört der Schulerfolg, der die Weichen für berufliche Qualifikationen und Abschlüsse stellt. Um den eigenen Kindern eine gute Ausgangsposition in Bezug auf diesen Wettstreit zu verschaffen, suchen Eltern schon früh nach besonderen Fördermöglichkeiten. Auf der anderen Seite gibt es Familien, in denen die Kinder nur wenig gefördert werden.[18]

In der Forschung wird unterschieden zwischen allgemeinen oder lernzielfernen Vorläuferfähigkeiten (distale Kriterien) einerseits und spezifischen oder lernzielnahen Vorläuferfähigkeiten (proximale Kriterien) andererseits. Zu den distalen Kriterien gehören unter anderem Wahrnehmung, Konzentration, und Sozialverhalten. Die proximalen Kriterien, die als Voraussetzung für das Erlernen der Kulturtechniken gelten, beinhalten Sprachfähigkeit, Gliederungsfähigkeit (zu der die phonologische Bewusstheit gehört), sowie ein Vorwissen über Schrift, Zahlen- und Mengenbegriffe.[19]

Die Motorik ist ein immer wieder genanntes Kriterium für einen erfolgreichen Schulstart und kann den allgemeinen Schulkompetenzen zugeordnet werden. Sowohl Lehrer/innen und Erzieher/innen als auch Eltern bewerten sie in zwar unterschiedlicher Stärke, aber als wichtige Vorläuferfähigkeit.[20][21]

Die im FamilienErgo-Konzept vorgestellten Alltagstätigkeiten lassen sich den unterschiedlichen Bereichen zuordnen, z.B. distale Kriterien: Gemüse schälen/ Anziehen: Motorik, Einkaufen: Konzentration; proximale Kriterien: Telefonieren: Sprachfähigkeit/ Zahlenbegriff, Tisch decken: Mengenbegriff. Sie können daher als Übung für die schulrelevanten Kompetenzen angesehen werden.

KIKA-Studie[Bearbeiten]

In der Studie „Kindliche Kompetenzen im Alltag (KIKA) und gelungener Schulstart“[22] befragten Günter Esser von der Abteilung für Klinische Psychologie der Universität Potsdam und Rupert Dernick über 500 Eltern von viereinhalb- bis achteinhalbjährigen Kindern zu deren Alltagskompetenz. Die Eltern machten Angaben zu Selbständigkeit ihrer Kinder bei 16 verschiedenen durchgeführten Alltagstätigkeiten, z.B. An- und Ausziehen, Brot schmieren oder Verabredungen am Telefon treffen. Bei den Vorschulkindern ging es dabei um die Häufigkeit der Tätigkeiten, damit nicht die theoretische, sondern die aktive Kompetenz gemessen wurde.

Folgende Fragestellungen lagen der Untersuchung zugrunde:

  1. In welchem Ausmaß werden Kinder zwischen viereinhalb und siebeneinhalb Jahren in Alltagstätigkeiten einbezogen? Über welche Alltagskompetenzen verfügen Kinder im (Vor-)Schulalter?
  2. Ist Alltagskompetenz an Elternbildung gekoppelt?
  3. Korreliert die Alltagskompetenz mit einem gelungenen Schulstart?
  4. Welche Gründe stehen dem Erwerb von Alltagskompetenz entgegen?

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Kinder im Vorschulalter zwar in der Lage sind, alle abgefragten Tätigkeiten auszuführen, es aber nicht regelmäßig tun. Die Eltern begründeten dieses in der Mehrzahl damit, dass es schneller ginge, die Tätigkeiten alleine zu erledigen bzw. dass es sich noch nicht ergeben habe, die Kinder anzuleiten. Dabei empfinden die meisten Eltern es als wichtig bzw. richtig, wenn Kinder bei diesen Arbeiten helfen und stellen auch keine vollständige Verweigerung bei ihren Kindern fest.

Die Lehrer der Grundschulkinder aus der Studie legten neun Kriterien zur Messung der Lernvoraussetzungen am Schulanfang fest:

  • Mündliche Mitarbeit im Unterricht
  • Grafomotorik
  • Räumliche Orientierung
  • Lebenspraxis
  • Sozialverhalten
  • Emotionale Stabilität
  • Auffassungsgabe.

Bei einer Beurteilung der Lehrer hinsichtlich eines gelungenen Schulstartes mit Hilfe dieser Kriterien (sechs Wochen nach Schulbeginn) zeigten sich die stärksten Zusammenhänge mit den Faktoren ‚Schulbildung des Vaters‘ und ‚FamilienErgo-Tätigkeiten‘; zwischen diesen beiden gab es aber keine signifikante Korrelation. Das weist darauf hin, dass die Durchführung alltäglicher häuslicher Aufgaben – unabhängig von der elterlichen Schulbildung – einen ebenso starken Einfluss auf die Schulvorbereitung hat wie diese. Dernick interpretiert die Ergebnisse dahingehend, dass Kinder, die nicht die Gelegenheit bekommen, einfache Alltagstätigkeiten regelmäßig zu verrichten, viele Möglichkeiten versäumen, schulvorbereitende Kompetenzen zu erwerben und zu trainieren. Die in der Pädiatrie beobachtete Zunahme motorischer Störungen könnte in Zusammenhang damit stehen, dass vielfache Trainingsmöglichkeiten für Motorik und Wahrnehmung ausgelassen werden.

Kritik[Bearbeiten]

Kritisiert wird das Konzept vor allem von Ergotherapeuten. Der Name 'FamilienErgo' sei irreführend und suggeriere, dass Eltern mit FamilienErgo die Ergotherapie ersetzen könnten. Der Deutsche Verband der Ergotherapeuten (DVE) hat dazu eine Stellungnahme herausgegeben, in der betont wird, dass Hausübungsprogramme wie FamilienErgo eine ärztliche indizierte Therapie nicht ersetzen können. Der Autor bemüht sich (unter anderem auf seiner Homepage) um Klarstellung, dass FamilienErgo ein Präventionsprogramm für gesunde Vorschulkinder und für Kinder mit leichten Entwicklungsauffälligkeiten und kein Ersatz für Therapien sei. Dennoch berichten Ergotherapeuten, dass das Konzept von einigen Ärzten bei Kindern eingesetzt werde, bei denen die Therapeuten auf Grund ihrer Kriterien bereits eine Therapie für notwendig erachten würden. Die Ärzte hingegen verweisen auf §9 der Heilmittel-Richtlinien, wonach Heilmittel nur verordnet werden dürfen, wenn „das angestrebte Behandlungsziel auch durch eigenverantwortliche Maßnahmen der Patientin oder des Patienten (z. B. nach Erlernen eines Eigenübungsprogramms, durch allgemeine sportliche Betätigung oder Änderung der Lebensführung) […] erreicht werden kann“.[23]

2009 entwickelte Rupert Dernick gemeinsam mit der Ergotherapeutin Gabriele König, 1. Vorsitzende des Bundesverbandes der Ergotherapeuten in Deutschland, das RopE-Konzept (Ressourcen-orientierte pädiatrische Ergotherapie) in dem für Ergotherapeuten und Ärzte nachvollziehbare Stufenmodelle zum Einsatz von FamilienErgo und Ergotherapie auf der Basis der Heilmittelrichtlinien und der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) der WHO vorgeschlagen werden. Dies wurde bundesweit auf Seminaren für Kinder- und Jugendärzte und Ergotherapeuten diskutiert.[24]

Literatur[Bearbeiten]

  • Rupert Dernick: FamilienErgo. Schulvorbereitung im Familienalltag. Ein Kompetenztraining für Kinder von 4 bis 7 Jahren. 17. erweiterte Auflage. Heiber Druck & Verlag, Schortens 2014.
  • Rupert Dernick: FamilienErgo-Coaching. Elternberatung zur Förderung im Alltag durch Erzieher und Medizinische Fachangestellte. Heiber Druck & Verlag, Schortens 2011.
  • Kirsten Raudonat: Eltern im Übergang. Die Rolle und Beteiligung von Eltern im Prozess des Übergangs vom Kindergarten in die Grundschule am Beispiel des niedersächsischen Modellprojekts ‚Das letzte Kindergartenjahr als Brückenjahr zur Grundschule‘. Diplomarbeit an der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg 2012. (PDF-Datei online)
  • K. Stollhoff: Kompetenzen im Alltag richtig interpretieren. In: Pädiatrie. Kinder- und Jugendmedizin hautnah. Ausgabe 2/2010, ISSN 1437-1782, S. 91.
  • Kindliche Alltagskompetenz und gelungener Schulstart. In: Kinderarzt Telegramm. Ausgabe September 2010.
  • Simone Kaiser/ Nicole Serocka: Wir prüfen die Motivation. In: Spiegel-Sonderheft: Was Kinder klug und glücklich macht. Nr. 7/2008, ISSN 1612-6017, S. 81.
  • Eckhard Ziegler-Kirbach: Topfit für die Schule- und noch viel mehr. In: Kinder- und Jugendarzt. 39. Jg Nr. 10, 2008, ISSN 1436-9559, S. 746 (PDF-Datei online).
  • Kathrin Ruf: Fit für die Schule. In: Schule + Familie. Ausgabe 1/2009, S. 22–25
  • Almut Siegert: Fit fürs echte Leben. In: Familie & Co. Ausgabe 1/2009, ISSN 1431-9543, S. 17–25
  • Wiebke Schönbohm-Wilke: Schnibbeln macht schlau. In: Kinder. Ausgabe 9/2008, S. 50
  • Sandra Ott: Topfit für die Schule. In: Ja zum Kind. Ausgabe Winter 2010/2011, S. 6f

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Hochspringen Andrea Waltersbacher: AOK Heilmittelbericht 2012. Wissenschaftliches Institut der AOK (WidO) im AOK-Bundesverband GbR. (Online bei wido.de)
  2. Hochspringen Hans G. Schlack/Ute Thyen/Rüdiger von Kries: Sozialpädiatrie. Gesundheitswissenschaft und pädiatrischer Alltag. Springer Medizin Verlag 2009, S. 2ff. ISBN 978-3-642-01476-5
  3. Hochspringen Michael Hauch: Ein Arzt empört sich – Lasst die Kinder in Ruhe! faz.net, 22. Februar 2014
  4. Hochspringen Ritalin und Co: Verbrauch von ADHS–Arzneimitteln nimmt erstmals ab. Spiegel online, 1. April 2014
  5. Hochspringen Maren Wernecke: Wenn Kinder nicht zur Ruhe kommen. Stern.de, 9. Mai 2014
  6. Hochspringen Lebensphasenspezifische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Robert Koch-Institut, 2008
  7. Hochspringen Beate Kubny-Lüke: Geschichte der Ergotherapie. In: Ute Steding-Albrecht, Peter Jehn: Ergotherapie. Vom Behandeln zum Handeln. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2007. ISBN 978-3-13-114344-3
  8. Hochspringen Jean Ayres: Bausteine kindlicher Entwicklung. 3. Auflage. Springerverlag, Hamburg 1998. ISBN 978-3540637417
  9. Hochspringen Felicie Affolter: Wahrnehmung, Wirklichkeit und Sprache. 10. Auflage. Neckar-Verlag, Villingen-Schwenningen 2007. ISBN 3-7883-0255-0
  10. Hochspringen S. Vargas, G. Camilli: A meta-analysis of research on sensory integration treatment. In: American Journal of Occupational Therapy. Jg. 1999 (53), ISSN 0272-9490, S. 189–198
  11. Hochspringen T. W. Humphries, L. Snider, B. McDougall: A comparison of the effectiveness of sensory integrative and perceptual motor therapy in improving sensory integrative function in treating children with learning disabilities. In: Journal of Developmental and Behavioral Pediatrics. 1992, 13, ISSN 0196-206X S. 31–40.
  12. Hochspringen D. Karch, G. Groß-Selbeck, J. Pietz, H. G. Schlack: Sensorische Integrationstherapie nach Jean Ayres. Stellungnahme der Gesellschaft für Neuropädiatrie. In: Monatsschrift für Kinderheilkunde. 2003, Nr. 151, ISSN 0026-9298, S. 218–220.
  13. Hochspringen Barbara Heller: Behandlungsprozess. In: Heidrun Becker, Ute Steding-Albrecht: Ergotherapie im Arbeitsfeld Pädiatrie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2006, S. 91-107. ISBN 978-3131255914
  14. Hochspringen Eckhard Ziegler-Kirbach: Nehmen Sie die Eltern in die Pflicht. In: Der Allgemeinarzt. Ausgabe 13/2010, ISSN 0172-7249, S. 48–53. (Online)
  15. Hochspringen Rupert Dernick, Sabine Lange, Günter Esser: Kindliche Kompetenzen im Alltag (KiKA) und gelungener Schulstart. In: Kinderärztliche Praxis, Jahrgang 80, Heft Nr. 5, 2009, ISSN 0023-1495, S. 322–331.
  16. Hochspringen Kultusministerkonferenz/Jugendministerkonferenz: Den Übergang von der Tageseinrichtung für Kinder in die Grundschule sinnvoll und wirksam gestalten – Das Zusammenwirken von Elementarbereich und Primarstufe optimieren. 2009. (Online, PDF-Datei)
  17. Hochspringen Sanna Pohlmann-Rother, Jens Kratzmann, Gabriele Faust: Schulfähigkeit in der Sicht von Eltern, Erzieher/innen und Lehrkräften. In: Diskurs Kindheits- und Jugendforschung. Heft 1/2011, 2011.
  18. Hochspringen Christine Henry-Huthmacher: Eltern unter Druck. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Studie. In: Christine Henry-Huthmacher, Michael Borchard (Hrsg.): Eltern unter Druck. Selbstverständnisse, Befindlichkeiten und Bedürfnisse von Eltern in verschiedenen Lebenswelten. Lucius&Lucius, Stuttgart 2008, S. 12–14. ISBN 978-3-8282-0424-9
  19. Hochspringen Gisela Kammermeyer: Förderung der Schulfähigkeit. In: Karl-Heinz Arnold, Olga Graumann, Anatoli Rakhkochkine (Hrsg.): Handbuch Förderung. Grundlagen, Bereiche und Methoden der individuellen Förderung von Schülern. Beltz Verlag, Weinheim und Basel 2008. ISBN 978-3-407-83158-3
  20. Hochspringen Sanna Pohlmann-Rother, Jens Kratzmann, Gabriele Faust: Schulfähigkeit in der Sicht von Eltern, Erzieher/innen und Lehrkräften. In: Diskurs Kindheits- und Jugendforschung. Heft 1/2011, 2011.
  21. Hochspringen Gisela Kammermeyer: Schulfähigkeit. In: Gabriele Faust-Siehl, Angelika Speck-Hamdan (Hrsg.): Schulanfang ohne Umwege. Mehr Flexibilität im Bildungswesen. Grundschulverband – Arbeitskreis Grundschule, Frankfurt a.M. 2001. ISBN 3-930024-79-9
  22. Hochspringen Rupert Dernick, Sabine Lange, Günter Esser: Kindliche Kompetenzen im Alltag (KiKA) und gelungener Schulstart. In: Kinderärztliche Praxis, Jahrgang 80, Heft Nr. 5, 2009, ISSN 0023-1495, S. 322–331.
  23. Hochspringen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung, §9. Fassung vom 20. Januar 2011/19. Mai 2011, S. 9. (Online)
  24. Hochspringen Pädiatrie und Ergotherapie. Wege zum besseren Miteinander. In: Kinder- und Jugendarzt. 40. Jahrgang, Nr. 1, 2009 ISSN 1436-9559.
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