Fahrradboom

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Eine Anzeige, die für den Fahrradboom der 1890er Jahre in Nordamerika mitverantwortlich war.

Hauptartikel: Geschichte des Fahrrads

Der Begriff „Fahrradboom“ bezieht sich auf mehrere voneinander unabhängige Abschnitte in der jüngeren Vergangenheit in denen sich das Fahrrad in der Bevölkerung einer gesteigerten Beliebtheit erfreute, welche sich über erhöhte Verkaufszahlen äußerte.

Herausragende Bespiele markieren unter anderem die Jahre 1819 und 1868. In den 1890er und 1970er Jahren waren vergleichbare Phänomene in Nordamerika bemerkbar. In den 2010er Jahren auch im Vereinigten Königreich.

1819[Bearbeiten]

Hauptartikel: Geschichte des Fahrrads – 1817 Drais’ Laufmaschine

Ein Vierrad

Die erste Periode, die später den Begriff des Fahrradboom erfüllen sollte, bezieht sich eigentlich auf einen Vorfahren des Fahrrades, der durch den selben Bewegungsablauf wie beim Gehen in Fahrt gesetzt wurde und keine Pedale besaß.

Die Maschine wurde von Baron Karl von Drais in Deutschland entwickelt und wurde nach ihrem Erfinder „Draisine“ benannt. Im Englischsprachingen Raum kennt man sie auch unter dem Namen „Velocipede“.

Drais ließ seine Erfindung 1818 unter Patent stellen und der erste Fahrradboom erreichte über Europa die Vereinigten Staaten von Amerika im Sommer 1819. Viele Hersteller, darunter zum Beispiel Denis Johnson, kopierten Drais’ Erfindung oder entwickelten ihre eigenen Versionen der Draisine.

Der erste Fahrradboom endete schnell, da sich Fußgänger von den ungewohnten Geräten bedroht fühlten. Gemeinden und Bezirke erließen daraufhin Gesetze, die die Verwendung der Draisine unter Strafe stellten.

In den nächsten 43 Jahren beschäftigten sich Erfinder weiter mit dem Konzept der Fortbewegung durch Muskelkraft, wobei England eine Vorreiterrolle einnahm.

Die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet orientierte sich jedoch weg vom Konzept der zweirädrigen, hin zu drei- und vierrädrigen Fahrzeugen, sogenannte Drei- bzw. Vierräder.

Der Vorteil solcher Gefährte gegenüber ihren zweirädrigen Pendants liegt in der höheren Stabilität, die das Balancieren einer Draisine überflüssig machten.

Keine dieser Entwicklungen konnte sich jedoch durchsetzen.

1860er und 1870er Jahre[Bearbeiten]

Hauptartikel: Geschichte des Fahrrads – 1866: Balancieren und Kurbeln zugleich

Im Paris der frühen 1860er Jahre wurde das erste Fahrrad mit Pedalbetrieb erfunden: An der Achse des Vorderrades einer Draisine wurden direkt Kurbelarme und an ihnen Pedale angebracht.

Die Gebrüder Olivier erkannten das Marktpotential der Erfindung und gründeten gemeinsam mit Pierre Michaux unter dessen in der noch jungen Szene bereits bekanntem Namen eine Firma.

Die Firma startete 1868 als erste die Massenproduktion von Fahrrädern. Bereits 1867 war es wieder zu vermehrten Verkäufen gekommen, doch erst 1869 erreichte diese zweite Phase des Fahrradbooms ihren Höhepunkt in Europa und Nordamerika.

Die neue Erfindung erlitt aber schnell dasselbe Schicksal wie die Draisine vor ihr: Fußgänger beschwerten sich über Gefahren die von dem Gefährt ausgingen und Gesetze verboten vielerorts die Verwendung.

Dem Velociped mangelte es aber auch an Komfort. Der Schmiedeeisene Rahmen und die Holzfelgen, welche zum Schutz mit Eisen ummantelt waren gaben dem Gefährt im Volksmund schnell den Namen „Boneshaker“, zu Deutsch also etwa „Knochenschüttler“

Der Begriff wird auch heute noch in umgangssprachlichem Englisch verwendet um ein in die Jahre gekommenes Fahrrad zu beschreiben.

Im Gegensatz zu Kontinentaleuropa genoss diese frühe Art des Fahrrades in England noch bis in die frühen 1870er Jahre Popularität. Dies lag vor allem an der kontinuierlichen Entwicklung die das Rad in England durchmachte. Die Antriebsweise veränderte sich zwar nicht, das Vorderrad aber wurde immer größer und Anpassungen der Geometrie machten dieses heute als Hochrad bekannte Gefährt deutlich bequemer als seine Vorgänger.

Im England der 1870er war das Rad auch als „Pennyfarthing“ bekannt. Der Name bezieht sich auf das Größenverhältnis der der beiden Räder zueinander und zieht einen Vergleich zu Münzen („Pennies“) der damaligen britischen Münzwährung.

Vorderräder solcher Hochräder erreichten einen Durchmesser von bis zu 1,5 Metern. Durch die schwer zu erlernende Fahrweise galten auch sie als gefährlich für Fußgänger. Die Räder waren typischerweise relativ teuer, sodass bald junge, reiche Männer die elitäre Zielgruppe der Verkäufer wurden. Fahrradrennen jedoch waren in der Öffentlichkeit sehr beliebt und gut besucht, was den Berühmtheitsgrad der Gefährte über die weitverbreiteten Britischen Kolonien in der ganzen Welt steigerte. Albert Pope erwarb Lallement’s Patent und erfand 1878 das „Columbia“ Fahrrad, welches er in den Vereinigten Staaten von Amerika tausendfach produzierte und verkaufte.

1890er Jahre[Bearbeiten]

Einschienenbahn-Rad 1892–1898

Hauptartikel: Geschichte des Fahrrads – 1884/1885 Niederrad mit Kettenantrieb

Viele Erfindungen, die das moderne Fahrrad ausmachen, lassen sich auf die 1890er Jahre zurückdatieren. Deren Tempo und zeitliche Nähe lösten einen der größten Fahrradbooms der Geschichte aus.

Als wichtigste der Erfindungen gilt die grundlegende Änderung der Geometrie von den Rahmen der Hochräder hin zum so genannten „Safety Bicycle“ wie es auch heute produziert wird. Dies ließ eine Verkleinerung der Reifen zu, ohne dass an Fahrgeschwindigkeit eingebüßt werden musste. Weitere wesentliche Erfindungen dieses Jahrzehnts waren der Kettenantrieb, sowie Luftgefüllte Schläuche und Mäntel, die den Fahrkomfort erheblich verbesserten.[1]

Ein Overman "Victor Flyer". Ein in den 1890er Jahren verbreitetes Fahrrad.

Der Kettenantrieb war dabei durchaus keine neue Erfindung: Schon in den Jahren 1869 und 1879 hatte es Experimente in diese Richtung gegeben, jedoch war das erste kommerziell erfolgreiche Fahrrad mit dieser Art des Vortriebs der „Rover“ der 1885 von John Kemp Starley produziert wurde.

Hochräder verloren mit der Erfindung des „Safety“ schnell an Popularität und kamen aus der Mode.

Am 13 September 1892 wurde die Einschienenbahn-Strecke zwischen Mount Holly und der H. B. Smith Manufacturing Company in Smithville, in New Jersey in den Vereinigten Staaten von Amerika eröffnet. Die Strecke konnte mit eigens dafür geschaffenen fahrradähnlichen Gefährten befahren werden. In der ersten Woche nutzten über 3000 Menschen diese Art des Transportes.

Auch auf Coney Island sollte eine solche Strecke gebaut werden und auf der World’s Columbian Exposition wurde ebenfalls eine solche Strecke demonstriert.

Andere Strecken wurden hauptsächlich für Unterhaltungs- und weniger für Transportzwecke in Atlantic City (1893), Ocean City (1893) und Gloucester City (1894), New Jersey, USA gebaut.[2]

Das Jahr 1896 brachte einerseits einen weiteren Fahrradboom und andererseits eine Wirtschaftskrise in den USA mit sich.[3] Bemerkenswert war dabei, dass die Fahrradindustrie eine der einzigen mit steigenden Verkaufs- und Umsatzzahlen war. Menschen kauften Räder „ob sie sie sich leisten konnten, oder nicht“.[3]

Diese Entwicklung brachte hunderte neue Fahrradhersteller auf den Markt.[3] Der plötzliche Einstieg vieler Hersteller in den Markt führte allerdings bald zu einer Übersättigung und damit einhergehend zu einem Einbrechen der Preise vieler Modelle.[3] Viele Hersteller verließen den Markt aufgrund dieser Situation schnell wieder. Die Preise waren zu niedrig, um Gewinne abwerfen zu können.

1899 schlossen sich mehrere Duzend Hersteller zur American Bicycle Company zusammen.

Einige Hersteller brachten an ihren Modellen Verbrennungsmotoren an. Diese heute als Motorräder bekannten Vehikel und die Erfindung des Automobils verdrängten viele Fahrradhersteller vom Markt.

20. Jahrhundert[Bearbeiten]

1977 Nishiki International. Ein für den Fahrradboom der 1970er Jahre Typisches zehngang Rennrad.

Fahrradboom in den USA zwischen 1965 und 1975: Die Zeit zwischen 1965 und 1975 brachte einen starken Anstieg der Beliebtheit von Fahrrädern unter Erwachsenen und zum Transport mit sich. Das Time Magazine nannte diese Entwicklung "Die Größte Welle der Beliebtheit in der 154-jährigen Geschichte des Fahrrades"[4]

Der Anstieg endete aber abrupt[5], was zu hohen Lagerbeständen bei den Händlern führte.

Sieben Millionen Räder wurden in den USA 1970 verkauft.[6] Davon waren 5,5 Millionen Kinderräder. 1,2 Millionen waren Erwachsenenräder mit einer Rücktrittbremse und Balloonreifen und nur 200.000 waren leichtere 3- oder Mehrgang Fahrräder mit Umwerfer.[6]

Die Gesamtzahl der verkauften Räder verdoppelte sich bis 1972, wobei Kinderräder stabil bei 5,5 Millionen verkauften Stück lagen. Die Räder mit Rücktrittbremse und Balloonreifen fielen in der Statistik auf 0,5 Millionen verkaufte Stück. Die dritte Kategorie, Rennräder mit mehreren Gängen jedoch, vervierzigfachte sich auf 8 Millionen Stück.[6] Das Time Magazine berichtete schon 1971, dass zum ersten Mal seit den 1890er Jahren, fast die Hälfte aller hergestellten Fahrräder für Erwachsene produziert wurden.[4]

Der Boom wurde Mitte der 1960er Jahre durch den Verkaufsstart von einigen Modellen wie dem „Stingray“ von Schwinn und anderen Bonanzarädern befeuert. Die Gesamten Fahrradverkäufe in den USA übertriefen erstmals überhaupt vier Millionen Stück pro Jahr.[7]

Zum Höhepunkt des Booms, in den Jahre 1972, 1973 und 1974 wurde in den Vereinigten Staaten mehr Fahrräder als Autos verkauft.[8][6]

Ein weiterer Faktor für die gesteigerten Verkaufszahlen war die erstmalige weite Verfügbarkeit von leistbaren und leichteren so genannten „10 – Speed“ also 10 gang Rennrädern.[9]

Die Generation der Baby Boomer interessierte sich für Arten der Fortbewegung, die einerseits günstiger, andererseits weniger Umweltschädlich waren als das Auto.[4][9] Die Ölkrise 1973 trieb die Kosten für Autofahrten stark in die Höhe. Dies machte das Fahrrad auch als Transportmittel abseits des Sports interessanter und beliebter. Tatsächlich erreichte der Fahrradboom jedoch im Jahr 1973 seinen Höhepunkt und die Verkäufe gingen in den Folgejahren wieder zurück.[10]

Die 1990er Jahre brachten mit dem neuen Markt der Mountain Bikes einen Fahrradboom im Vereinigten Königreich mit sich.

Während Rennradfahrer als Zielgruppe nicht mehr Profitabel waren, eröffneten Mountain Bikes mit neuen Features wie Federgabeln einen frischen Markt für Hersteller. Die Zeit brachte auch neue Materialien im Rahmenbau, wie Carbon, Aluminium und Titan mit sich, welche ebenfalls neue Kunden anzogen. Der Markt implodierte mit dem Ausbruch der Klauenseuche in Großbritannien 2001. Verkaufszahlen wie in den 1990er Jahren wurden seitdem nicht mehr erreicht.[11]

21. Jahrhundert[Bearbeiten]

Seit 2008 erkennen Industrieanalysten eine gesteigerte Nachfrage am Fahrradmarkt.[12]

Die Presse in Großbritannien rief 2012 als Jahr des Fahrradbooms aus, nachdem britische Sportler bei der Tour de France und den Olympischen Spielen in London Erfolge gefeiert hatten.[13][14] Hervorzuheben sind dabei Bradley Wiggins und Laura Kenny[15] sowie Chris Froome.[16]

2016 führte Simon Mottram, Gründer der Fahrradbekleidungsmarke Rapha den erneuten Anstieg der Popularität auf Nachwirkungen der Bombenanschläge in London am 7 Juli 2005 zurück.

Damals mussten Teile der U-Bahn gesperrt werden, woraufhin viele Menschen das Fahrrad als Transportmittel für den Weg in die Arbeit für sich entdeckten.

Zwei Jahre später startete die Tour de France in London am Jahrestag der Anschläge und im Jahr darauf dominierte das Britische Team die Wettkämpfe bei den Olympischen Spielen in Peking.

Er nannte auch das 1999 in Großbritannien initiierte „Cycle to Work“ – Programm als Grund für die gesteigerte Beliebtheit des Fahrrades.[16]

British Cycling, der nationale britische Radsportverband behauptete 2016, dass über zwei Millionen Menschen zumindest einmal pro Woche mit dem Fahrrad unterwegs waren. Dies entspreche einem neuen Höchststand seit Beginn der Aufzeichnungen.[16]

"Halfords", eine Britische Warenhauskette, die einen Marktanteil von einem Drittel der im Vereinigten Königreich verkauften Fahrräder hält, berichtete im März 2015 von einem Anstieg bei den Verkäufen um 11 %.[16]

Große Teile der neu gewonnenen Aufmerksamkeit in der Fahrradszene entfielen auf so genannte "MAMILs", „Middle-Aged Men in Lycra“. Tatsächlich aber ist die am stärksten wachsende Kundengruppe jene der Frauen.[16]

Peter Murray, ein britischer Autor, beschrieb den Radsport als „das neue Golf“. So würden beispielsweise Geschäftspartnerschaften während langen Radtouren geschlossen und gepflegt.[16]

Siehe auch[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Herlihy, David V. (2004). Bicycle: the History. Yale University Press. p. 225. ISBN ISBN 0-300-10418-9. ...it not only prevailed as the universal bicycle style, it also triggered an unprecedented world-wide demand that culminated in the great boom.
  2. Herlihy, David V. (Spring 1992). "The Bicycle Story". Invention & Technology Magazine.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 "Overman’s Struggle, Splendor, and Failure". New York, NY: The World. 29 December 1897. p. 9. Retrieved 8 February 2016
  4. 4,0 4,1 4,2 "They Like Bikes". Time, Jun. 14, 1971. June 14, 1971. Retrieved April 26, 2010.
  5. "A Look at the Bicycle Industry’s Vital Statistics". The National Bicycle Dealers Association, 2008.
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 "Sunset for Suntour". Van der Plas Publications, Frank Berto, August 26, 1998.
  7. Herlihy, David V. (2004). Bicycle, The History. Yale University Press. p. 363. ISBN ISBN 0-300-10418-9.Meanwhile, a new juvenile craze broke out and propelled domestic bicycle sales past the four million mark for the first time. This time around, the demand was for new-fangled "high-risers" like Schwinn’s Sting-Ray.
  8. "A Surge in Bicyclists Appears to Be Waiting". The New York Times, Jan Ellen Spiegel, December 31, 2008. January 1, 2009. Retrieved April 26, 2010.
  9. 9,0 9,1 Bicycle Glossary von Sheldon Brown
  10. Cross, Kenneth (August 1978). "Bicycle Safety Education: Facts and Issues". AAA Foundation for Traffic Safety. Retrieved 2012-07-29.
  11. "When did it all start to go downhill for mountain biking?". 2014-03-23. Retrieved 2016-09-24.
  12. Harker, Jonathon (2008-11-28). "Cycling’s zeitgeist is now'". Archived from the original on 7 January 2009. Retrieved 2008-11-29
  13. De Lacey, Martha (August 13, 2012). "On your bikes, girls! Team GB's golden girls of Olympic cycling causes sales spike in women’s bicycles…FEMAIL picks the best". Daily Mail.
  14. https://web.archive.org/web/20130811130706/http://corporate.sky.com/documents/pdf/publications/olympic_cycling_effect. Archivierte Version des Originales am 11. August, 2013. Verfügbar: 7. May, 2017.
  15. "Heroics of Bradley Wiggins and Laura Trott ensure boom in cycling". 2012-12-06. Retrieved 2016-09-27.
  16. 16,0 16,1 16,2 16,3 16,4 16,5 Smale, Will (2016-01-04). "Pedal power – the unstoppable growth of cycling". BBC News. Retrieved 2016-09-27.
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